Audi S7 Sportback gegen Porsche Panamera GTS
V8-Turbo gegen V8-Sauger im Vergleichstest

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Für Audis Sportlimos war der Turbo einst eine Erleichterung, dem Porsche Panamera GTS ist er das Damoklesschwert, das ihn eines Tages erwischen wird. Ein Kampf der Konzepte, den jedoch nicht die Motoren entscheiden.

Audi S7 Sportback, Porsche Panamera GTS, Seitenansicht
Foto: Rossen Gargolov

Keine Frage, wir haben das Turbovirus gewaltig unterschätzt. Am Anfang fanden wir es putzig, feierten es als wirksames Antidepressivum gegen dröge Basisbenziner und ließen uns – wenn wir ehrlich sind – zwischendurch auch mal ganz gern von seinem Ladedruck die Sinne vernebeln. Erst jetzt, wo es nach und nach auch unsere Heiligtümer befällt, wird einem das Ausmaß der Epidemie so richtig bewusst.

Porsche Panamera GTS mit 4,8-Liter-V8

Porsche ist ein besonders tragischer Fall. Jahrzehntelang züchtete man Lader dort in Quarantäne, isolierte sie in leistungsstarken Topmodellen – und sieht nun tatenlos zu, wie sie sich als Allheilmittel getarnt sukzessive über die Modellfamilie ausbreiten. Mit verheerenden Folgen.

Die beiden SUV-Baureihen sind bereits flächendeckend turboinfiziert; Boxster, Cayman, Carrera und GT3 werden sich wohl nur noch bis zum Modellwechsel erwehren können; und beim Porsche Panamera hat es schon zum Facelift vor anderthalb Jahren alle Saugmotorisierungen dahingerafft – alle bis auf den 4,8-Liter des GTS, der das Massaker wie durch ein Wunder unbeatmet überstanden hat.

Warum, ist eigentlich nicht zu erklären. Vielleicht weil man den Kunden die unvermeidliche Trendwende schonend beibringen will? Oder vielleicht weil man in der Porsche-Chefetage doch nicht nur nach VW-Handbuch, sondern auch mit Herz regiert? So oder so, das Fünkchen Hoffnung wird wohl von kurzer Dauer sein: Zwei, vielleicht drei Jahre hat er noch, der Porsche Panamera GTS, dann werden sie ihn ins Museum stellen – mit Reifenneu, Ganzkörpersalbung, roter Kordel ringsum und einer Emailletafel als Grabstein.

Audi S7 Sportback kommt auf 450 PS

Und die Tragweite des Porsche Panamera GTS ist höher, als man vielleicht meint. Bei Porsche mag er momentan nur einer von immer weniger Saugern sein, in seiner Liga jedoch ist er der letzte überhaupt. Gehen Sie es in Gedanken ruhig mal durch: Audi, BMW, Mercedes, Jaguar – nichts. Im Endeffekt: Zwischen den Old-School-V6 irgendwelcher Infiniti und dem V12-Hochadel à la Aston Martin Rapide S und Ferrari FF gibt es keinen mehr wie ihn.

Doch nicht immer tut scheiden weh. Oder erinnern Sie sich noch an den V10 des verblichenen Audi S6? Jenen 5,2-Liter-Brocken, der seine Lamborghini-Abstammung ebenso gut verbergen konnte wie die angeblichen 435 PS. Vor rund drei Jahren hat man ihn nach nur einer Amtszeit hochkant rausgeschmissen und ersetzt durch einen Biturbo, der die Tränen, wenn sie denn geflossen wären, im Nu getrocknet hätte – trotz geringerer Leistung wohlgemerkt.

Der Vierliter kümmert sich seither um alles, was an Hochleistung so anfällt im Konzern. Er mimt das 560-PS-Biest in RS-Modellen ebenso wie den Zartschmelz-V8 im A8 und hat es in diversen Bentley Continental sogar bis ins Königreich geschafft. Im Audi S7 Sportback, der seines fließenden Hecks wegen besser zum Porsche Panamera GTS passt als der baugleiche S6, bringt er anfänglich 420 PS.

Großer Unterschied in Hockenheim

Zur Modellpflege wurde der Audi S7 Sportback nun um weitere 30 PS aufgebauscht, die für das grundsätzliche Empfinden aber genauso unerheblich sind wie die 10 PS, die Porsche dem Panamera GTS zuletzt gutgeschrieben hat. Will heißen: Obwohl beide die versprochenen Wimpernschläge tatsächlich schneller geworden sind, müssen Besitzer vergangener Generationen keineswegs fürchten, technisch überholt zu sein – oder noch schlimmer: überholt zu werden.

Viel bemerkenswerter als die Frage, um wie viel sich die beiden von ihren Vorgängern absetzen, ist ohnehin die, wie sich zwei Autos derart unterscheiden können, die nominell so ähnlich sind. Audi S7 Sportback und Porsche Panamera GTS trennen 10 PS, 30 Nm und keine 40 Kilogramm, sechs Zehntel bis 200 km/h – am Ende aber enorme 3,1 Sekunden in Hockenheim.

Der Porsche Panamera GTS wirkt im Vergleichstest auf Anhieb fokussierter: Drehzahlmesser mittig, steil stehendes Alcantara-Lenkrad mit angedeuteter Mittenmarkierung und eine Sitzergonomie, die einen regelrecht ins Geschehen saugt. Beim Anlassen schneuzt der V8 des Porsche Panamera GTS erst mal verrotzt durch die Sportabgasanlage, ehe er sich entweder sanft an eine seiner beiden Kupplungen schmiegt oder per Launch Control mit knapp 6.000 Touren auf die Antriebsstränge einprügelt. 17,2 Sekunden gehen auf 200, 288 maximal, doch das Ziel ist eigentlich der Weg.

Audi S7 mit heftigem Drehmoment-Höhepunkt

Bis 4.000/min fräst man – na ja, sagen wir mal – zielstrebig voran, darüber jedoch feuert der Kurzhuber zornig tachoaufwärts, dreht, drückt, posaunt und kickt nicht nur, weil einem das PDK beim Hochschalten mal extra in den Hintern tritt. Klar merkt man, dass fast zwei Tonnen an den Drehzahlbändern hängen; klar ist man permanent am Schalten, wenn man wirklich vorankommen will; und klar auch, dass man den Drehmoment-Höhepunkt im Audi S7 Sportback nicht nur früher, sondern auch heftiger erlebt. Dennoch gibt es keinen anderen Viertürer, der – seine adipöse Anatomie mal ausgeblendet – die Illusion vom Sportwagen so täuschend echt rüberbringt.

Im Audi S7 Sportback hingegen entfaltet sie sich – wenn überhaupt – nur unterschwellig. Für sich genommen mag der S7 ein Athlet sein, in Relation zum Porsche Panamera GTS fühlt er sich wie Jacuzzi-Geblubber nach dem Work-out an. Das hat seinen Reiz, keine Frage, richtig fesselnd ist es aber nicht. Auch wegen des Biturbo-Konzepts.

Erklären wir es so: Statt sich wie der Porsche Gang für Gang neu aufzuraffen, zu strampeln, zu beißen und sich bis zum Begrenzer aufzuopfern, nimmt der Audi-V8 nur kurz Anlauf, hopst ein paar Hundert Umdrehungen hoch, um sich von der Ladedruckböe davontragen zu lassen. 43.00 Touren lang bläst er in der Theorie mit voller Kraft voraus. Langhubig, spielerisch, begleitet von unwetterartigem Auspuffgrollen, aber – Kompliment – dezent genug, um die Arbeitstakte der Verbrennung aus dem Turbo-Orkan noch herauszuspüren.

Porsche Panamera GTS trickst die Physik aus

Überhaupt finden Audi S7 Sportback und Porsche Panamera GTS in motorischer Hinsicht das richtige Maß: Denn im Gegensatz zu ihren nächststärkeren Modellgeschwistern lassen sie sich auch im zivilen Leben noch auskosten. Auf der Autobahn sowieso, aber auch auf der persönlichen Lieblingsstrecke: hintenrum, über die Käffer. Mit RS7 oder Panamera Turbo kachelst du dort ratzfatz mit zwohundert-plus zwischen Maisfeldern hindurch, Audi S7 Sportback und Porsche Panamera GTS hingegen lassen sich auf Anschlag fahren, ohne gleich mit einem Bein im Knast zu stehen.

Einschränkung: Auch wenn die Motoren die Größe der Karosserien ganz gut kaschieren, bleiben fast zwei Meter Breite am Ende eben doch zwei Meter breit; Traktor links, Begrenzungspfosten rechts, dreistellig auf der Uhr – Sie wissen schon.

Auf der Rennstrecke reduzieren sich derartige Äußerlichkeiten dann aber auf ihre Bedeutung für die Physik. Und über die schreiben wir ja gerne mal, dass sie sich nicht austricksen lässt. Nun ja, mit dem Panamera GTS hat es Porsche doch geschafft. Totaler Nonsens, werden die Herren Naturwissenschaftler jetzt sagen. Antwort: herkommen, mitfahren, glauben!

Audi S7 Sportback geht erhobenen Hauptes

Schon beim Dahinbummeln ist er im Vergleichstest permanent in Lauerstellung, reißt sofort kleine Gänge rein, sobald man ein bisschen kräftiger bremst und informiert mit Lenkung und Fahrwerk stets detailgetreu über das, was unter den Michelins abläuft. Auf der Landstraße mag das noch spaßig sein, in Hockenheim ist es bitterer Ernst. Wie er einlenkt, sich in Ecken schmeißt, die Karosserie in der Horizontalen verspreizt, sich an seinen radikalen Michelins abstützt und am Allrad superneutral aus der Kurve treibt – sorry, aber das ist nicht von dieser Welt.

Oder anders ausgedrückt: Zu begreifen ist die Performance eines Porsche Panamera GTS nicht, erklären lässt sie sich jedoch. Zum einen mit der generellen Porsche-Philosophie, selbst Autos nach Sportwagenmaßstäben zu bauen, die per se gar keine sind. Und zum anderen natürlich mit aufwendigen Technik-Gimmicks wie aktiven Stabilisatoren, intelligenten Luftfedern und Torque-Vektoren an der Hinterachse, deren Zusammenspiel Kurvengeschwindigkeiten jenseits (Ausrufezeichen) eines aktuellen 911 GT3 (drei Ausrufezeichen) ermöglicht. Im Klartext: Als GTS ist der Panamera jedem Elfer näher als dem Audi S7 Sportback, der sich hier nur damit trösten darf, erhobenen Hauptes hingerichtet worden zu sein.

Die völlig entkoppelte Dynamiklenkung mit ihrer matschigen Mittellage und die schunkeligen Aufbaubewegungen im Slalom ließen zunächst Schlimmes befürchten. Auf der Runde jedoch reißt sich sein Luftfahrwerk auf einmal zusammen, schlenzt ihn ohne Untersteuern ins Eck und carvt – quergesperrter Hinterachse und heckbetontem Allrad sei Dank – ausgangs sogar in ausgewachsene Drifts. Dass der Audi S7 Sportback dabei so überhaupt gar nicht an den Porsche rankommt, hat vielerlei Gründe: die konservativere Reifenmischung, die fehlende Wanktilgung oder das zahmere Getriebe zum Beispiel; dass er auch die heimliche Sympathiewertung verliert, hat nur einen: den unbeugsamen Sauger im Porsche, der – so absurd er inmitten lauter Turbos auch sein mag – noch das Normalste am ganzen Auto ist.

Technische Daten
Audi S7 Sportback 4.0 TFSI Quattro Porsche Panamera GTS GTS
Grundpreis84.600 €124.689 €
Außenmaße4981 x 1911 x 1398 mm5015 x 1931 x 1408 mm
Kofferraumvolumen535 bis 1390 l445 bis 1263 l
Hubraum / Motor3993 cm³ / 8-Zylinder4806 cm³ / 8-Zylinder
Leistung331 kW / 450 PS bei 5800 U/min324 kW / 440 PS bei 6700 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h288 km/h
0-100 km/h4,5 s4,3 s
Verbrauch9,3 l/100 km10,7 l/100 km