Audi TTS, Mercedes-AMG SLC 43, Porsche 718 Boxster
Boxster fährt Kreise um die Konkurrenz

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Audi TTS und Mercedes-AMG SLC 43 liegen in der Wahrnehmung oftmals irgendwo zwischen Modeaccessoire und Sportgerät. Nun wird auch der Porsche 718 Boxster einer Annäherung an die Damenwelt bezichtigt. Zu Recht?

Audi TTS Roadster, Mercedes-AMG SLC 43, Porsche 718 Boxster, Frontansicht
Foto: Rossen Gargolov

Der Gedanke, dass womöglich doch nicht alles so schrecklich ist am Porsche 718 Boxster, weht mit der Abendbrise ins Cockpit. Der Boxster hat soeben eine Haarnadel durcheilt – pfeilschnell, aber stoisch, wie das so seine Art ist mittlerweile – und setzt nun zu jenem neonostalgischen Vierzylinder-Geschnatter an, wegen dem so viele derzeit von seiner emotionalen Demontage reden.

Audi TTS Roadster, Mercedes-AMG SLC 43, Porsche 718 Boxster, Heckansicht
Rossen Gargolov
In Hockenheim ist der Boxster eine Klasse für sich.

Der Sturz ins Verderben?

Aber mal ehrlich: Ist die Lage wirklich so prekär? Oder steht das Einstiegsmodell in Porsches Sportwagenszene mit seinem kräftigen Motor und dem gemäßigten Handling nun nicht vielleicht einfach nur genau dort, wo es schon von Anfang an hingehört hätte?

Wir lassen beide Fragen mal im Innenraum stehen und vergleichstesten zunächst. Angetreten sind zwei, denen sich der Boxster nun anzunähern scheint. Teils konzeptionell, aber – so fürchtet man – vor allem charakterlich. Weder ein Audi TTS Roadster noch der kürzlich vom SLK zum SLC verzauberte Mercedes-AMG sind besonders maskuline Vertreter des Offenfahrens. Vielmehr rüschen sie ihren Performance-Anspruch in Roadster-Romantik, sodass jeweils eine Art Unisex-Version entsteht, die – frei nach den gängigen Klischees – den Damen nicht zu rabiat, den Herren aber auch nicht zu verschmust erscheinen dürfte.

Auch der Boxster steht seit jeher unter dem Generalverdacht einer gewissen Weiblichkeit, wusste sich bei sachgemäßer Behandlung bisher aber immer wieder davon freizufahren: mit seinem anspruchsvollen Fahrverhalten einerseits und andererseits durch den Sauger, der einen gerade deswegen herausforderte, weil er nur dann ging, wenn man ihm einpeitschte.

Mit der Neuausrichtung der Baureihe entspannt sich dieses Verhältnis aus Aufwand und Ertrag jedoch. Und da Veränderungen in bestimmten Kreisen ja pauschal als Verrat an den Werten gelten, schimpfen sie nun wieder wie die Rohrspatzen. Von Gesichtsverlust ist da die Rede, und auch der gute alte Hausfrauen-Porsche wird wieder rausgekramt.

Herzlos wirkt der Porsche 718 Boxster keineswegs

Diesmal ist es ein Vierzylinder-Turbo, der nach Meinung der Gusseisernen alles ins Verderben stürzen werde – ein Boxer immerhin, der in seiner Zweiliter-Basisausführung 35 PS und 100 Nm mehr generiert als der 2,7-Liter-Sauger des Vorgängers. Freilich braucht sein Lader, der im Gegensatz zum 718 Boxster S ohne variable Turbinengeometrie auskommen muss, eine Zeit lang, bis er die vollen 1,4 bar aufbaut, und na freilich dauert es deswegen länger als bisher, bis sich die Kraft entfaltet.

Aber: Es ist nun wenigstens Kraft da, die sich entfalten kann. Oder anders ausgedrückt: Früher ist man beim Durchziehen schon an stinknormalen TDI verzweifelt – ich betone: an stinknormalen –, jetzt sprintet der Boxster auf dem Level eines 140 Nm stärkeren Mercedes-AMG SLC 43. Und auch wenn die ganz große Drehfreude trotz der kurzhubigen Auslegung dabei leider nicht mehr aufkommt, herzlos wirkt der Boxster keineswegs – zumindest nicht in diesem Umfeld.

Mercedes-AMG SLC 43 macht zu wenig aus Motor-Sonderstellung

Vor allem der Mercedes muss sich vorwerfen lassen, nicht mehr zu machen aus seiner motorischen Sonderstellung. Der Dreiliter-Turbo legt zwar zünftig los, gräbt sich dann aber zäher durchs Drehzahlspektrum als die Vierzylinder. Außerdem fehlt es dem Klang an Identität. Speziell mit geöffneter Auspuffklappe rollt sich der Mischmasch aus Knurren, Schnauben und Auspuffgebrabbel als derart dichter Teppich über die Kraftentfaltung, dass sich weder seine Sechszylindrigkeit heraushören lässt noch das anliegende Drehzahlniveau.

Und auch das Fahrgefühl wirkt eher desorientiert. Es ist einerseits zu fokussiert, als dass man sich einfach zurücklehnen möchte, so richtig aufraffen zum Kurvenkratzen mag man sich aber genauso wenig. So erinnert das Ganze ein wenig an den einstigen SLK 350 Sport – der mit der Formel-1-Schnauze, Sie wissen schon. Der war im Grunde eine recht stimmige Komposition aus Flair und Agilität – bloß ist das nun schon über acht Jahre her.

Und seitdem haben sich die Maßstäbe für Sportlichkeit dann doch weiterentwickelt – und offenbar schneller als der SLK. Die teigige Lenkung, die ausladenden Federwege, die Wallungen der Karosserie, all das fühlt sich neben Boxster und TT schon ein bisschen nach vergangenen Tagen an – und eben auch längst nicht so exakt, wie man das von moderneren Mercedes mittlerweile kennt.

Technikkonstrukt im Wesentlichen aus dem SLK 55 AMG

Natürlich kommt das nicht von ungefähr: Zwar wurden im Zuge der Modellpflege ein paar Dinge umgemodelt, allen voran das Getriebe, das nun mit neun Stufen hantiert. Das Technikkonstrukt des 43er jedoch stammt im Wesentlichen aus dem SLK 55 AMG – und der war trotz seiner 1.14er-Zeit in Hockenheim nicht gerade ein Meilenstein der Querdynamik.

Ob der Mercedes-AMG SLC 43 wegen seiner entspannten Haltung zum Kurvenfahren ein halb garer AMG geworden ist oder einfach nur zielgruppenorientiert, darf jeder mit sich selbst ausmachen – zumal das unaufgeregte Einschwingen in Kurven, der ungezwungene Umgang mit der Fahrbahnoberfläche und auch der schaumige Schub der 520 Nm durchaus Charme haben. Nur sport auto-Vergleichstests gewinnt man damit eben nicht.

Mühelos schnell im Audi TTS Roadster

Die anderen beiden entwickeln jedenfalls den größeren Ehrgeiz. Beim Porsche 718 Boxster liegt er quasi in den Genen, wobei er wegen der sachteren Federung und der indirekter übersetzten Lenkung vielleicht nicht mehr ganz so allgegenwärtig ist wie früher. Und auch derAudi TTS Roadster weiß sein S-Versprechen durchaus einzulösen. Der Fahrbahnkontakt wirkt weitaus intensiver als im SLC, die Lenkung agiert flüssiger, griffiger und vor allem bissiger in ihrem Ansprechverhalten, und der Reihenvierzylinder ist trotz der vergleichsweise hageren 380 Nm entschlossener in deren Entfaltung.

Es sind also keine neuen Erkenntnisse, die dieser TT S zu Tage fördert, aber das Bekannte ist noch immer gut – vor allem in Anbetracht der Rahmenbedingungen: Denn wie bei allen Mitgliedern der MQ-Baukaste fläzt sich sein Zweiliter-Turbo pritschenbreit auf der Vorderachse. Über das Allradsystem, das einen Teil der Kraft schon zu Beginn des Einlenkvorgangs nach hinten abzweigt, bekommt er seine Kopflastigkeit aber prima ausgehebelt. Auf Landstraßen spürt man wenig bis gar nichts von ihr, und auch auf der Rennstrecke tritt sie nur dann in Erscheinung, wenn man groben Unfug anstellt. Wobei das mit dem Unfug gar nicht so einfach ist, weil es derzeit wahrscheinlich kein zweites Auto gibt, mit dem sich so mühelos so schnell fahren lässt. Anbremsen, einlenken, rausbeschleunigen – das schreibt sich immer so leicht, beim TT jedoch ist es das auch. Die trockene Abstimmung hält ihn wankstabil, die gute Rückmeldung stets in engem Kontakt zum Fahrer und das permanent aktive ESP immer aus dem Gröbsten raus.

Dass dabei nicht der Sturm der Fahrgefühle losbricht, ist auch klar, aber die Rolle des Entertainers gehört in der TT-Family ja ohnehin dem RS-Modell. Er hier hingegen fährt unaufgeregt, erfolgszentriert und dadurch auf der Runde sogar knapp vor dem geradeaus gnadenlos überlegenen SLC.

Eher Gymnastik als Twist

Dass der Mercedes-AMG SLC 43 im Test seine motorische Überlegenheit nicht umsetzen kann, liegt am hohen Gewicht von 1.637 Kilogramm beziehungsweise an der Tatsache, dass er seiner Pfunde nicht habhaft wird. Stichwort: Rollneigung. Schon der Slalom ähnelt eher einer Gymnastikübung als einem veritablen Twist, und auch auf der Rennstrecke wirkt sein Elan eher gehemmt. Hinzu kommt, dass man sich als Fahrer nie so richtig involviert fühlt in die fahrdynamischen Geschehnisse. Die Lenkung eiert immer wieder an Befehlen vorbei, ihr Gefühl führt komplett ins Nichts, die Bremse verlagert ihren Druckpunkt scheinbar wahllos über den Pedalweg, während das ganze Gebinde von den Fliehkräften auch noch ganz schön gebeutelt wird.

Zugegeben, das liest sich jetzt wie eine Erlebniserzählung aus einer Hüpfburg, und isoliert betrachtet ist es ganz so natürlich nicht. Im Vergleich zu seinen eher durchtrainierten Kontrahenten wirkt der Bewegungsapparat des SLC jedoch schon ziemlich kaugummiert. Seine Kraft liegt in der Ruhe. Gezwungenermaßen. Man muss ihm Zeit geben in Kurven, sollte ihn nicht reintreiben, sondern eher treiben lassen, um dann den Dampf des Motors möglichst zeitig und möglichst hochprozentig auszunutzen. Und auch wenn dabei nie der Eindruck entsteht, er hätte Freude an solchen Betätigungen, kommt am Schluss eine klassengemäße Zeit heraus.

Bloß was heißt „klassengemäß“, wenn seine Klasse aus deren zwei besteht? Eine, die er zusammen mit dem TTS besetzt. Und eine andere, die der Porsche für sich ist. Wieder einmal.

Porsche 718 Boxster im Test nicht zu schlagen

Okay, dass der Boxster schneller sein könnte als seine Kollegen, lag vielleicht im Bereich des Denkbaren. Schließlich ist er leichter, hat durch seine Mittelmotorbauweise körperliche Vorteile und dank des Turbos nun auch richtig Druck – aber, Freunde der Sonne, wir reden hier von zwei Sekunden Differenz.

Und die bedeuten im Umkehrschluss, dass die Basisversion des 718er – Obacht, Pointe – nun praktisch genauso schnell ist wie der alte Boxster S. Sorry, werte Kritiker, aber rein faktisch ist das Ding ein fahrdynamisches Gesamtkunstwerk. Unerbittlich beim Anbremsen, unerschütterlich in der Traktion und dank der Querstabilität des Fahrwerks im Kurvenverlauf praktisch unbeugsam. Allerdings – und das ist die Krux – kündigt er sein Limit nun eben dadurch an, dass er anfängt, über die Vorderräder zu drängeln. Ja, das nennt man Untersteuern, und ja, das ist eigentlich etwas ganz, ganz Scheußliches.

Beim 718 Boxster jedoch geschieht es auf einem derart hohen Niveau, dass es weniger als Schwäche zu werten ist, sondern vielmehr als Instrument. Und das dient eben nicht zum Rausekeln der Hardliner, sondern dazu, den Grenzbereich besser begehbar zu machen. Beim Vorgängermodell ging es – wenn man es bunt trieb – zu wie bei den Hottentotten. Die Hinterachse keilte unvermittelt aus, sodass man abwechselnd mit Korrigieren oder Auf-der-Hut-Sein beschäftigt war. Jetzt hingegen sitzt du da und dirigierst ihn ganz locker und ganz exakt an der Haftungsgrenze entlang.

Wenn der Auspuff die Klappe hält ...

Skandal? Nein! Denn erstens wurde der Boxster durch das Reset nicht zu einem dieser Ideallinienmagneten – die nur ganz haften oder gar nicht. Man braucht ihm beim Einlenken nach wie vor nur einen Lastwechselrempler mitzugeben, dann segelt er genauso wunderbar quer ums Eck wie eh und je. Und zweitens reden wir hier immer noch von einem Einstiegsmodell, und da darf, nein, da muss das Handling auch für Einsteiger geeignet sein. Außerdem hat Porsche ja durchaus noch Möglichkeiten zur Versöhnung. Ich denke da an die GTS-Version, die ruhig etwas mehr Pfiff im Heck vertragen kann.

Ein Streitpunkt ließe sich damit jedoch auch nicht lösen – womit wir beim Klang wären und den geschiedenen Geistern. An das feinmechanische Sägen des Vorgängers wird der Zwoliter nie rankommen, auch weil die Sportabgasanlage die Akustik nur rumpelig macht.

Wenn der Auspuff aber die Klappe hält und es ab 2.000 rauskäfert aus der Taille, passt die Stimmung schon zum Thema. Nicht dass das Gegruschel hocherotisch wäre, nein, aber es klingt echt, nach dem, was es erzeugt. Und das ist längst nicht so schrecklich wie diese Unsitte, irgendwas imitieren zu wollen.

Fazit

Kommen wir auf die eingangs gestellten Fragen zurück. Was ist der Boxster nun? Emotional demontiert oder ein Volltreffer? Ich meine: Beim S-Modell müsste man darüber streiten, weil der Vorgänger rundum schlüssig gewesen ist. Er hier jedoch erfüllt seine Aufgabe als Einstiegsmodell erst jetzt. Der Turbomotor vermittelt im Gegensatz zum laschen Sauger des 981 auch im Alltag das Gefühl von Sportlichkeit, während die Querdynamik einerseits gesteigert wurde, ihr Maximum andererseits aber leichter zu erreichen ist. Schimpfen sollte man jedenfalls eher über den Preis, der den Vorsprung auf den satten TTS und den wuchtigen SLC dann doch ein gutes Stück weit relativiert.

Technische Daten
Audi TTS Roadster Mercedes AMG SLC 43 Mercedes-AMGPorsche 718 Boxster Boxster
Grundpreis56.100 €60.583 €57.543 €
Außenmaße4191 x 1832 x 1345 mm4133 x 1810 x 1304 mm4374 x 1801 x 1282 mm
Kofferraumvolumen280 bis 712 l225 l275 l
Hubraum / Motor1984 cm³ / 4-Zylinder2996 cm³ / 6-Zylinder1988 cm³ / 4-Zylinder
Leistung228 kW / 310 PS bei 5800 U/min270 kW / 367 PS bei 5500 U/min220 kW / 300 PS bei 6500 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h275 km/h
0-100 km/h5,1 s5,0 s4,9 s
Verbrauch6,9 l/100 km7,8 l/100 km6,9 l/100 km