BMW 220d GC, Genesis G70 2.2D, Mercedes CLA 220 d
Feine Limousinen mit bis zu 200 Diesel-PS im Test

Die "Viertürer-Coupés" BMW 2er Gran Coupé und Mercedes CLA sind eigentlich der Kompaktklasse zugeordnet, dürfen sich in diesem Test aber mit dem Genesis G70 aus der Mittelklasse messen.

BMW 2er Gran Coupé, Genesis G70, Mercedes CLA
Foto: Achim Hartmann

Es liegt nicht an Unterforderung, sondern am Preis, dass der BMW 2er Gran Coupé und der Mercedes CLA heute eine Klasse überspringen. Als Elitekinder aus bestem Haus mit teurer Ausbildung (Schrägstrich: Entwicklung) samt Exzellenzzeugnis kann man das schon mal machen. Der Genesis dagegen? Abkömmling einer koreanischen Arbeiterfamilie namens Hyundai-Kia-Motors-Corporation, die sich ihren Platz im Premiumsegment noch erschuften muss.

Bleiben wir zunächst beim CLA, der die Kompaktlimousine anno 2013 wieder sexy gemacht hat. Für den damaligen Rekord-cW-Wert von 0,22 brauchte es die tropfige oder je nach Blickwinkel bananige Form. Trotzdem tat der Mercedes CLA das, was er sollte: junge Neukunden gewinnen – auch in mittlerweile zweiter Generation. Dafür bekam er kürzlich ein kleines Facelift mit frischen Leuchtengrafiken, sternengesäumtem Kühlergrill, neuen Farben und einem leicht überarbeiteten Interieur. Mercedes ersetzte das Touchpad zur Infotainment-Bedienung mitsamt den umliegenden Direktwahltasten durch ein flaches Fach für … nun, ja was eigentlich? Die meisten Smartphones passen nicht rein, und der Schlüsselbund fliegt in Kurven raus.

Unsere Highlights
Mercedes CLA, Mittelkonsole, Ablage
Achim Hartmann

Statt Touchpad und Direktwahltasten sitzt ein Fach ohne erkennbaren Zweck auf dem Mitteltunnel.

Da die kompakten Mercedes-Modelle noch auf das alte System mit Screen im Querformat setzen, sind die Wege in die Menüs lang. Jedes Umschalten zwischen Medien und Navigation benötigt mehrere Schritte. Immerhin hilft die umfangreiche Sprachsteuerung im Gegensatz zu den fummeligen kapazitiven Lenkradtasten, mit denen man sich ebenfalls durch die Menüs wischen kann. Geblieben ist das hübsche Ambiente mit hochwertigen Materialien. Außer dem leicht faltigen Leder an der Oberschenkelauflage gibt es hier wenig Anlass zur Kritik. Dazu glasklar auflösende Displays und eine ordentliche Sitzergonomie auf etwas haltlosen Integralsitzen. Hinten sieht das anders aus: flache Bank, steiler Kniewinkel, wenig Kopffreiheit. Der Mercedes CLA lebt eher nach dem Credo "kompakt" denn "Limousine". Chauffeur spielen kann man höchstens mit den Kindern auf der Rückbank. Immerhin ist der Kofferraum der größte im Test, auch wenn man das Gepäck über eine mächtige Ladekante hieven muss.

Markenreue?

Wofür also Mercedes fahren? Na, um des Fahrens willen! Mit dem optionalen Adaptivfahrwerk kontrolliert der CLA seinen Aufbau hervorragend. Kurze Unebenheiten kommen zwar spürbar im Fahrersitz an, gröbere federt er aber mit galanten Schwüngen aus. Dabei verfällt er nie in Unruhe oder Aufbaupumpen, sondern beruhigt sich schnell – eine gute Abstimmung eben. Stellt man die Regler auf Sport, lässt das Fahrwerk noch etwas weniger Seitenneigung zu und wird präziser. Zielgenau und direkt, so wie der ganze CLA, schmiegt sich die Lenkung nicht mit Feedback und Intensität an, sondern legt dir bekräftigend eine imaginäre Hand auf die Schulter. Dementsprechend wählt man selbstbewusst Einlenkgeschwindigkeit und Lenkwinkel, auch bei miesem Wetter. Der Mercedes CLA 220 d folgt brav, verfällt nie in Nervosität und vernascht Landstraßen gekonnt mit hohen Kurventempi.

Zwar verpennt der Achtgang-Doppelkuppler hier und da seinen Einsatz, überwiegend aber sortiert er für den kräftigen, bei Langsamfahrt etwas nageligen Diesel die Fahrstufen treffsicher. Trotzdem trifft der Mercedes-Vierzylinder den Nagel auf den Kopf, indem er im Test nicht nur die anderen ausbeschleunigt und den CLA auf fast 250 km/h treibt, sondern auch in allen Fahrzyklen der sparsamste ist – ein Elitekind mit Elitefähigkeiten.

Das könnte man so auch vom BMW erwarten, der im etwas undurchsichtigen Van-Coupé-Viertürersonstwas-Dickicht der 2er-Baureihe die zweite Coupérolle einnimmt, sie jedoch auf Basis der Frontantriebsarchitektur spielt. Mangels passender Testwagenauswahl darf der 2er mit Allradantrieb antreten, was ihn 2.000 Euro teurer macht. Als Edition Colorvision kommt er mit vielen aus dem M-Paket bekannten Optionen. Die Integralsitze mit ihren etwas zu schmalen Kopfstützen tragen rote Lederteile als Akzente, die allerdings unsauber vernäht sind. Der Rest ist bekannte Ware im überwiegend wertigen, aber für die Preisklasse etwas tristen Cockpit.

Bedienbarkeit und Ergonomie sind, typisch für diese BMW-Generation, top – dank der vielen Tasten, der guten Sitzposition und des via Berührung, Dreh-Drück-Stellers und Sprache bedienbaren Infotainments. Weiter hinten indes quetschen sich die Mitfahrer durch einen noch engeren Türausschnitt als beim Mercedes. Weniger Innenhöhe, weniger Innenbreite: Als groß gewachsener Fondpassagier im BMW 220d xdrive gran coupé fühlt man sich wie in einem 55.750 Euro teuren Ryanair-Flug. Immerhin schluckt das wuchtige Heck eine passable Menge Gepäck und lässt sich mit der klappbaren Rückbank erweitern. Dank Dreiteilung geht’s mit kurzen Freunden auch mal zu viert in den Skiurlaub.

Der BMW-Kofferraum ist durch die kleine Luke nicht sperrguttauglich, lässt sich aber mit der dreiteiligen Rückbanklehne erweitern.

In diesem Sinne: Ab auf die Piste! Hier glänzt der BMW mit Allradtraktion, aber nicht mit höherer Fahrstabilität als der Mercedes. Der CLA wirkt haftstärker, inniger mit dem Asphalt verbunden als der mit seinem M-Adaptivfahrwerk straff federnde 2er. Brückenfugen kommen nur schwach gefiltert in Lenkrad und Sitz an. Zusammen mit der um die Mittellage schwer zu lesenden Lenkung wirkt das große kleine Coupé etwas sprunghaft. Immerhin kann man das M-Fahrwerk aufpreisfrei zugunsten des Serienfahrwerks im Regal lassen. Ohne die optionale Sportlenkung biegt der BMW zwar weniger zackig ab, der Harmonie tut dies jedoch gut und dem Geradeauslauf ebenfalls.

Erfolgreich hochgearbeitet

Trotz der Lenkung kann man mit dem 2er Spaß haben. Er baut ordentlich Querbeschleunigung auf, zieht sich willig in Kurven, und auch sein Antrieb spielt mit. Ihm fehlt zwar der letzte Punch des Benz-Diesels, dafür dreht er ausdauernder in die hohen Lagen. Und das Getriebe schaltet passender und schneller und reagiert flink auf manuelle Eingriffe. Dank Allradtraktion scharrt an der Vorderachse nichts beim Rausbeschleunigen aus engen Kehren. Im Slalom ist der BMW eine Klasse für sich, verbraucht jedoch ein paar Zehntelliter mehr als der Mercedes.

6,0 Liter je 100 Kilometer nimmt sich der Genesis auf der Eco-Runde.

Kann das Arbeiterkind im Premiumgewand da mithalten? Im Auftritt allemal, schließlich merkt man dem Genesis schon von außen an, dass er normalerweise eine Klasse höher unterwegs ist – aber nur von außen. Innen wirkt er nur wenig geräumiger als BMW und Benz. Auch hier ist der Fond eng, der Kofferraum gar überraschend winzig.

Dafür hält der Koreaner qualitativ mit dem Schwaben mit. Hübsches, gestepptes Leder, feine Kunststoffe und sauber klickende Regler machen den Genesis-Innenraum zu einem Wohlfühlort. Einfacher lässt sich in diesem Trio keiner bedienen, zumindest in Sachen Fahrzeugfunktionen, dank logischer Tastenverteilung und dem Fakt, dass es überhaupt so viele Knöpfe für Fahrmodi, Klimaanlage, Displayhelligkeit und Menüs im Infotainment gibt. Die Sitze bieten die umfangreichsten Einstellmöglichkeiten, stützen gut und sind einfach bequem. Dazu existiert umfangreiche Assistenz serienmäßig, und der Spurhalter macht sogar einen guten Job. Viel weniger engagiert ist die Verkehrszeichenerkennung, und auf Autobahnen mit trennender Betonmauer in der Mitte sollte man den Totwinkelassi deaktivieren, da der Genesis G70 sonst Geister sieht und ständig warnt. Und seine deutlich einfacher gestrickte Sprachsteuerung kann nicht mit den deutschen Digital-Linguistikern mithalten.

Einfache, tastenbasierte Bedienung im hochwertigen Genesis-Cockpit.


Der Sieg für die aufstrebende Arbeiterklasse? Nicht ganz: Zwischen dem Genesis G70 und der selbst ernannten Elite steht sein Antrieb. Der Vierzylinder-Diesel mit rund 200 Kubikzentimetern Hubraumbonus legt sich mit rauen Manieren und trinkfestem Naturell selbst große Steine in den Weg. Fast zwei Liter mehr als der Mercedes CLA gönnt er sich im Testschnitt. Dazu wirkt die Automatik weniger präzise und souverän als die der Konkurrenten. Und dann ist da noch das etwas unentschlossene Fahrverhalten, das einerseits grobe Unebenheiten mit starken Aufbaubewegungen beantwortet und andererseits kurze Unebenheiten bei langsamer Fahrt ordentlich in die Dome krachen lässt. Die Lenkung wirkt um die Mittellage leblos und wird mit steigendem Lenkwinkel spitz, ohne dass Rückmeldung oder Rückstellmoment eine klare Orientierung liefern würden.

Wegen des Hinterradantriebs und des ESP-Sportmodus macht der Genesis durchaus Spaß, wirkt dank williger Vorderachse sogar recht dynamisch. In schmierigen Bedingungen jedoch bietet er zu wenig Traktion. Das kann lustig sein – bis man tatsächlich auf Traktion angewiesen ist. Im Genesis G70 2.2D herrscht ein ständiges Ringen zwischen Sport und Komfort statt harmonischer Koexistenz.

Das Umweltkapitel besiegelt die Niederlage des Genesis, da hilft auch der knapp geglückte Überholversuch im Kostenkapitel nichts. Vor allem der CLA lässt sich seine unbestreitbare Klasse beinahe unverschämt teuer bezahlen – mehr als 60.000 Euro ruft man in Stuttgart für den Testwagen auf. Aber selbst bei Mercedes scheint man die Preise nicht mehr beliebig anziehen zu können: Der Konfigurator verspricht sieben Prozent Rabatt.

Der BMW schwimmt überall gut mit, kann aber außer bei der Bedienung nirgends wirklich glänzen. Er kostet über 55.000 Euro, bietet dafür jedoch zumindest ein brauchbares Maß an Ausstattung. Trotzdem bleiben er und der CLA die Klassenbrecher. Der Genesis schuftet weiter.

Umfrage
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14798 Mal abgestimmt
Den Genesis. Endlich bricht einer aus dem üblichen Mittelklasse-Einerlei aus.Die deutsche Konkurrenz. Da weiß man einfach, was man hat.

Fazit

1. Mercedes CLA 220 d
581 von 1000 Punkte
2. BMW 220d xDrive Gran Coupé
568 von 1000 Punkte
3. Genesis G70 2.2D
532 von 1000 Punkte
Technische Daten
Mercedes CLA 220 d BMW 220d Gran Coupé xDrive Edition ColorvisionGenesis G70 2.2 D Sport
Grundpreis50.962 €55.750 €46.700 €
Außenmaße4692 x 1830 x 1439 mm4526 x 1800 x 1410 mm4685 x 1850 x 1400 mm
Kofferraumvolumen450 l430 l330 l
Hubraum / Motor1950 cm³ / 4-Zylinder1995 cm³ / 4-Zylinder2199 cm³ / 4-Zylinder
Leistung140 kW / 190 PS bei 3800 U/min140 kW / 190 PS bei 4000 U/min147 kW / 200 PS bei 3800 U/min
Höchstgeschwindigkeit244 km/h234 km/h230 km/h
0-100 km/h7,2 s7,3 s7,7 s
Verbrauch4,9 l/100 km4,8 l/100 km7,1 l/100 km
Testverbrauch6,0 l/100 km6,6 l/100 km7,9 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
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Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten