BMW 750d x-Drive im Test
Die Straßen der Welt oberklassieren

Der neuen BMW 750d x-Drive rollt mit dem dreifach aufgeladenen Dieselmotor und anderen ingeniösen Höchstleistungen an. Was der Käufer davon hat, klärt der Test.

BMW 750d x-Drive
Foto: Rossen Gargolov

Flex, Schleifmaschine und Stemmeisen dürfen in der Werkstatt bleiben. Als beim Vorgänger der aktuellen BMW 7er-Baureihe die Modellpflege anstand, war grobes Werkzeug nötig, denn sie litt unter Tränensäcken und akutem Kofferraum. Derlei maximal-invasive Maßnahmen konnten sich die Designer diesmal sparen, denn obwohl die Generation F01 seit Ende 2008 die Straßen der Welt oberklassiert, reichen kleine Retuschen, um das Design frisch zu halten – so kleine Retuschen, dass dieses Kapitel übersprungen werden darf.

Gleiches gilt für das Thema Gewicht, denn hier freuen sich die Entwickler bereits darüber, dass die Limousine trotz besserer Ausstattung (unter anderem mit serienmäßiger Luftfederung an der Hinterachse) nicht noch mehr wiegt als vorher. Der Testwagen massiert mit stattlichen 2.145 Kilogramm den Asphalt, was vor allem an seinem serienmäßigen Allradantrieb liegt. Offenbar traut BMW der Hinterachse allein die Verarbeitung von 740 Newtonmeter Drehmoment nicht zu. Woher diese Urgewalt stammt? Aus der reizvollen Liaison des bekannten Reihensechszylinder-Diesels und drei Turboladern. Ja, den kennen Sie bereits aus dem M550d x-Drive. Und wenn Sie sich nun fragen, wo beim BMW 750d x-Drive das M geblieben ist – schauen Sie mal unter der Haube nach.

M-freie Zone auf gesamten Blechkleid des BMW 750d x-Drive

Ansonsten herrscht auf dem gesamten Blechkleid M-freie Zone. Macht nichts, denn auch in der Oberklasse-Limousine pusten die drei Lader wahlweise Massiv-Häuser um oder wuppen den schweren Brocken mit 381 PS in 5,7 Sekunden von null auf 100 km/h. Damit bleibt der BMW 750d x-Drive deutlich hinter der Werksangabe von 4,9 Sekunden zurück, aber das gilt auch für das Gewicht, denn BMW kalkuliert mit 1.995 Kilogramm. Dennoch: Bereits knapp über der Leerlaufdrehzahl setzt der mit 16,5:1 verdichtete Direkteinspritzer überschäumende Kraft frei, um bei 2.000/min das gesamte Drehmoment-Paket an das Achtgang-Automatikgetriebe zu übergeben.

Dabei knurrt das Dreiliter-Aggregat des BMW 750d x-Drive grantig, aber dezent und imitiert mit beachtlichem Erfolg den Klang eines Benziners mit ein paar Halben mehr Hubraum. An der Stimmlage ändert sich auch im Sport-Modus nichts, anders als beim Fünfer also. Dafür flammt das neue, multifunktionale Instrumenten-Display rot auf, spuckt die Geschwindigkeit in großen Ziffern aus.

Gut so, denn das Tempo registrieren die Insassen ohnehin nur am Rande. Sie freuen sich über großzügige Platzverhältnisse, die selbst der ebenso großzügig bemessene Mitteltunnel nicht wirklich stört. Zudem lassen die bekannt bequemen Komfortsitze, ein weiterentwickeltes Infotainment-System sowie eine heftig bassende und frisch hochtönende Audioanlage von Bang & Olufsen die Umgebung immer unschärfer in den Hintergrund rücken. Allerdings wäre da noch was: Die ganzen schicken Features wirken sozusagen als Dreifach-Aufladung für den Kaufpreis. Wenigstens spendiert BMW allen 7ern die sanft arbeitende Achtgang-Automatik, die auch im manuellen Modus die Gänge ähnlich flott, aber dezenter wechselt als beim M550d. Im BMW 750d x-Drive verhindert sie allerdings auch, dass der Motor bis zum Begrenzer drehen darf – so sei es.

Antrieb war auf einem Knigge-Seminar

Den Antrieb schickte BMW also offenbar zum Knigge-Seminar, und auch das Fahrwerk soll sich jetzt zuvorkommender verhalten. Modifizierte Kugelgelenke, steifere Hydraulikdämpfer, neuartige Gummilager sowie eine überarbeitete Elastokinematik ergeben keinen spürbaren Unterschied zum Vorgänger. Einzig in der Comfort-Plus-Stellung nähern sich die adaptiven Dämpfer des BMW 750d x-Drive dem Komfort-Ideal, federn jedoch speziell beim Überfahren von Querfugen und Kanaldeckeln mit dem Elan einer Bierbank. Auf langen Wellen spricht die Abstimmung dagegen fix an und unterdrückt zugleich störende Karosseriebewegungen.

Dickschiff BMW 750d x-Drive schubbert untersteuern

Aber BMW steht ja ohnehin für brillante Fahrdynamik – zumindest hält sich dieses Gerücht hartnäckig. Stimmt, doch so sehr sich die Abstimmung gegen die schiere Masse wehrt, so wenig kommt sie dagegen an. Vorsichtig untersteuernd schubbert das Dickschiff BMW 750d x-Drive um forsch angegangene Biegungen und ignoriert dabei sämtliche Provokationen des Fahrers. Einzig die bei den x-Drive-Varianten nach wie vor hydraulisch betätigte Lenkung überzeugt mit Präzision und Rückmeldung. Dennoch: Das etwas unbeholfen arbeitende Fahrwerk kostet den BMW 750d x-Drive den fünften Stern. Da müssten die Ingenieure vielleicht doch mal mit grobem Werkzeug ran.

Vor- und Nachteile
Karosserie
BMW 750d x-Drive
Gutes Platzangebot vorne und hinten
Routinierte Verarbeitung
Hochwertige Materialien
Problemlose Bedienung
Hohe Steifigkeit
Geringe Zuladung
Wenig Ablagen
Keine Variabilität
Fahrkomfort
Bequeme Sitze
Angenehme Klimatisierung
Hoher Langstreckenkomfort
Niedriges Geräuschnivau
Mäßiger Abrollkomfort
Antrieb
Äußerst kräftiger und kultivierter Diesel
Spontanes Ansprechverhalten
Harmonische Automatik
Fahreigenschaften
Hohe Fahrsicherheit
Neutrales Eigenlenkverhalten
Präzise Lenkung
Wenig agiles Handling
Sicherheit
Wirksame Bremsen
Umfangreiche Sicherheitsausstattung
Zahlreiche Assistenzsysteme verfügbar
Umwelt
Erfüllt Euro 6
Niedriger CO2-Ausstoß
Angemessener Verbrauch
Hohes Gewicht
Kosten
Enorm hoher Kaufpreis
Teure Extras
Voraussichtlich hoher Wertverlust

Fazit

Ein leistungsstarker, effizienter und harmonischer Antriebsstrang trifft auf die bekannten 7er-Tugenden – inklusive des lückenhaften Federungskomforts. Daher keine fünf Sterne.

Technische Daten
BMW 750d xDrive
Grundpreis100.600 €
Außenmaße5079 x 1902 x 1476 mm
Kofferraumvolumen500 l
Hubraum / Motor2993 cm³ / 6-Zylinder
Leistung280 kW / 381 PS bei 4000 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
0-100 km/h5,7 s
Verbrauch6,4 l/100 km
Testverbrauch11,6 l/100 km