BMW M235i im Test
Perfekt wie ein GTI mit Heckantrieb

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Vom BMW M235i gibt es eine Rennversion für Langstreckenrennen. Ergibt Sinn, denn Marathon kann er: Die Ultradistanz riss die Straßenversion des Mini-M3 im Dauertest routiniert herunter – eine echte Spaßkanone für Wetzer.

Verstehen Sie Spaß? Wir nicht immer, im doppelten Sinn: Erstens nehmen wir den Spaß am Autofahren sehr ernst, zweitens wollen wir herausfinden, warum ein Auto Spaß macht und ein anderes nicht. Aber wie misst man die berühmte Freude am Fahren?

Doofer Kreisverkehr macht im M235i helle Freude

Das finale Autospaßometer haben wir auch nach 47 Jahren sport auto noch nicht erfunden, aber wir arbeiten dran. Man kann unendlich viel messen, von Fahrleistungen über Bremswerte bis hin zum Kurvenspeed, aber manchmal sind es ganz blödsinnige Dinge, die Spaß auf den Punkt bringen. Der M235i von BMW ist so ein Fall: Wenn ein doofer Kreisverkehr helle Vorfreude bereitet, sagt das oft mehr über ein Auto als eine schnelle Rundenzeit – was nicht bedeutet, dass wir in Zukunft Rundenzeiten im Kreisverkehr als Messkriterium einführen, keine Sorge.

Unsere Highlights

Der Mini-M3, der noch nicht mal ein echter M2 ist, macht einfach immer Spaß: Die Freude auf die nächste Kurve, die grüne Ampel, die leere Landstraße fährt immer mit, nein, sie verfolgt den Fahrer. Selbst im Kolonnenverkehr schaltet man das Radio aus, hat beide Hände am Lenkrad – es könnte ja gleich losgehen, und das will man im BMW M235i auf keinen Fall verpassen.

Gleichzeitig aber zermürbt der BMW M235i den Fahrer nicht durch Aufdringlichkeit. Neben dem zivilen Ungehorsam, der in ihm lauert und pocht, kann er auch gleiten, den Irrsinn des Massenverkehrs herunterwürgen. Fraglos gibt es auch andere Autos, die ein Permanentkribbeln auslösen, aber die Frage ist nur: wie lange? Der Dauertest mit dem BMW M235i über exakt 81.267 Kilometer hat ergeben, dass er nicht nur kribbelt, weil er neu ist, sondern auch, obwohl er alt ist. Er hört nicht auf, Spaß zu machen. Warum? Es ist die Mischung aus dem, was seine Schöpfer bei der BMW M GmbH richtig gemacht haben – die Addition der Freude sozusagen. Was auch beweist, dass ein Baukasten kein Spaßkiller sein muss. Wer die richtigen Teile nimmt, sie ordnungsgemäß zusammenfügt und gekonnt mit Pfeffer und Salz abschmeckt, kann auch einen Zweier-Trolley zum Spaßmobil umstricken.

BMW M235i - Dauertest - Kompaktsportwagen
Hans Maier
Wäre die Twinscroll-Biene unter der Haube eine Frau, man müsste sie heiraten.

Ein Heiratsantrag für den BMW-Motor

Natürlich hilft es, wenn die Bauteile was können. Wäre die Twinscroll-Biene unter der Haube eine Frau, man müsste sie heiraten: Sie kann einem die Haare ausreißen, den Kopf streicheln oder die Sporen geben. Der 3-Liter-Motor ist eine wahre Druckmaschine, ab 1.300 U/min stehen 450 federnde Nm im Anschlag, dazu die Drehfreude – einfach souverän.

Auf der Rennstrecke kraxelt das Drehzahlbarometer gerne auf 7.000/min – ohne Schwindelgefühle: Denn die Leistungsabgabe ist gleichmäßig, das Ansprechverhalten fast perfekt. Der Alleskönner klingt trotz Turbo-Dämpfung dabei noch leicht diabolisch, zumindest wenn der hauseigene Sport-Endschalldämpfer (1.049 €) im Takt mitröcheln darf. Gleichzeitig ist dieses Triebwerk genügsam wie ein griechischer Esel: Bei moderater Pace weigert es sich hartnäckig, mehr als zehn Liter auf 100 km zu verbrennen, auf Marathonetappen mit Topspeeds unter 200 km/h verlangt er elf bis zwölf Liter – nur bei echter Tempobolzerei auf freien Autobahnen wird der ICE-Zuschlag fällig.

In Summe kamen wir im Dauertest mit 11,3 Litern aus – recht wenig für so viel. Mit der optionalen Achtgangautomatik, die wir als Schaltfetischisten nicht auswählten, ginge es vermutlich noch genügsamer, denn acht Gänge senken auch die Drehzahlen bei Speeds oberhalb 200 km/h. Aber ganz ehrlich: Wir lieben das manuelle Sechsganggetriebe – aus vielen Gründen.

BMW M235i eine Spaßkanone

Erstens ist es manuell, zweitens passt die Übersetzung perfekt: Der Topspeed liegt im höchsten Gang bei höchster Drehzahl an, was dazu führt, dass man außerorts das wohlige Gefühl von expandierendem Druck in einem einzigen Fahrgang genießen darf. Ist es nicht herrlich, bei einem Schaltgetriebe nicht schalten zu müssen? Und drittens rasten die Gänge so selbstverständlich und präzise ein, dass man dann trotzdem schaltet – selten war Unlogik auf so charmante Art logisch! Motor und Getriebe waren wie Nitro und Glycerin – Sprengstoff im Alltag, Sprengstoff im Zweikampf, Sprengstoff für die Seele – ein Grund, warum der BMW M235i eine Spaßkanone war.

Das allein macht aus dem ordinären Zweier noch keine Höllenkutsche, aber auch das Umfeld hat Charme: Die kompakten Abmessungen des Coupés spielen größenmäßig in der richtigen Klasse. Vielen sind M3 oder M4 schon deutlich zu groß, da sitzt der BMW M235i wie ein Rennhandschuh. Dazu hat man – wie früher beim M3 – den Vorteil der Praktikabilität: Man kann auch mal vier Personen mitnehmen, hat ordentlich Kofferraum, und dank der umlegbaren Rücksitzbank taugt der Alleskönner auch noch zum Lastesel.

Der Baukasten hat nur einen Nachteil: All das, was in anderen Anwendungen sehr stimmig ist, schwappt bei der Sportapplikation ein wenig über. 1.521 Kilo sind viel, vielleicht zu viel, aber sie ruinieren gottlob nicht gleich die ganze Party. Denn erstens ist die Gewichtsverteilung – wie fast immer bei BMW – im Lot (52,5 Prozent vorne, 47,5 hinten), zweitens bewirkt der Heckantrieb, dass die richtige Autohälfte in Bewegung bleibt: Das drückende Heck sorgt für eine drückende Überlegenheit im Spaßkapitel.

Kann man durch Mangel Pluspunkte sammeln?

Natürlich hatten wir noch die Differenzialsperre (Preis: 3.047 Euro) an Bord, sodass der genetisch bedingte Hauch des Untersteuerns mittels Gaspedal jederzeit aufgelöst werden konnte – in strikte Neutralität, in ein mitlenkendes Übersteuern oder in hellen Rauch beim herzhaft grantigen Drift. Die Tagesform des Fahrers wird beim M235i von BMW eindeutig in Winkelgraden gemessen – und bei sport auto der Spaß nun wohl auch. Die serienmäßige variable Sportlenkung arbeitete als zielgenaues Tast- und Richtungsorgan, jedoch waren Nörgler mit dem Anlenkverhalten nicht immer d’accord: zu lasch, zu undefiniert, zu unkonturiert. Für echte Kontroversen in der Redaktion sorgte aber nur das Fahrwerk, genauer: seine Unfähigkeit, Bodenwellen bei hohem Tempo so zu absorbieren, dass man die Fuhre auf Richtung halten konnte.

Der Fairness halber sollte darauf hingewiesen werden, dass das unstrittige Phänomen stark von der Bereifungsgröße abhing – und zwar exponentiell: Bei 17-Zoll war’s am schlimmsten, bei 19-Zoll am geringsten. „In den Kasseler Bergen benimmt sich der M235i wie eine Schaukelbude“, grantelte Christian Gebhardt. Es sollte in Summe der einzige echt negative Vermerk im Klassenbuch des Dauertest-M235i sein – und man kann ja bekanntlich auch durch einen Mangel an Kritikpunkten Pluspunkte sammeln. Über die Gründe für die bockige Vertikalschaukelei bei Highspeed in Kombination mit Bodenwellen herrscht leider kein Konsens: Aus BMW-Kreisen wird eine zu weiche Lagerung der Hinterachse kolportiert. Wer hat da an der falschen Stelle gespart?

Beim Thema Qualität und Verarbeitung spielt der BMW M235i in der Champions League. Die Alcantara-Sportsitze sahen nach 80.000 Kilometern aus wie flatschneu. Da sagen wir kurz: Setzen, Eins! Mitten im Dauertest wurde noch allerhand Lametta über den kleinen M gestreut – aus dem Performance-Zubehörkatalog: Zierstreifen hier, Sportauspuff dort, 19-Zöller, Frontlippe, Heckspoiler. Es ist wie mit Klamotten: Sie ändern den Charakter nicht – ob sie das Auto schöner machen, soll jeder für sich selbst entscheiden. Leider war Unsinn darunter, wie das teure Lenkrad mit Race-Display, das hübsch aussah, dessen Funktionalität aber beschönigend als unterdurchschnittlich beschrieben werden könnte. Den Spaß konnte das nicht schmälern. Dafür war die Quersumme der Freude aus Motor, Leistung, Getriebe, Sperre, Heckantrieb, Größe und Handling viel zu optimal.

Fazit

Können Spaßkanonen vernünftig sein? Ja. Der Beweis: BMW M235i.

Technische Daten
BMW M235i Coupé
Grundpreis45.100 €
Außenmaße4454 x 1774 x 1408 mm
Kofferraumvolumen390 l
Hubraum / Motor2979 cm³ / 6-Zylinder
Leistung240 kW / 326 PS bei 5800 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
Verbrauch8,1 l/100 km