BMW X2 M35i, Cupra Ateca und VW T-Roc R im Test
So gut wie klassische Kompaktsportler?

Kompakt-SUV gelten als vernünftig, praktisch und solide. In ihrer schärfsten Ausprägung leisten BMW X2, Cupra Ateca und VW T-Roc allerdings 300 PS und mehr, was ja schon mal eine sportliche Ansage ist. Doch reicht Leistung allein aus, um den klassischen Kompaktsportlern Paroli zu bieten?

BMW X2 M35i, Cupra Ateca, VW T-Roc R, Exterieur
Foto: Achim Hartmann

Ob diese drei SUV irgendwann den gleichen Kultstatus genießen werden wie ihre flacheren Kompakt-Brüder Einser, Leon Cupra oder gar Golf GTI? Wir wissen es nicht. Fakt ist aber, dass auch bei SUV-Kunden der Wunsch nach einer dynamischen Fortbewegung ungebrochen ist. Es liegt also nahe, beide Welten miteinander zu kombinieren. Unvereinbare Gegensätze? Schauen wir doch mal, was BMW X2 M35i und Cupra Ateca gegen den jüngsten Spross dieser Spezies, den T-Roc R von VW, ausrichten können.

Unsere Highlights

Im Sinne der Dramatik muss sich der Neue hinten anstellen, stattdessen fährt der Cupra Ateca vorweg. Der ist eigentlich ein klassischer Seat mit respektablem Nutzwert und sportiver Ausrichtung. Das Problem: Er darf kein Seat mehr sein, obwohl er auch optisch einer ist. Anscheinend sind zu wenig Leute bereit, viel Geld – hier mindestens 43.420 Euro – in einen SUV der 300-PS-Klasse zu investieren, der ein Seat-Logo an Front und Heck trägt. So wurde 2018 die Idee geboren, nach dem Vorbild von DS im PSA-Konzern eine besonders hochwertige Marke zu etablieren. Allerdings definiert sich Cupra – was dem Namen nach für „Cup Racer“ steht – über den Motorsport.

Viel Seat, wenig Cup Racer

Eine Rennversion des Ateca gibt es zwar nicht, doch das kann man dem SUV ja nicht vorwerfen. Schon gar nicht, wenn man sieht, wie viele Extras bereits im Grundpreis enthalten sind: schicke 19-Zoll-Räder, Rückfahrkamera und schlüsselloser Zugang – die Liste ist lang. Orangefarbige Cupra-Embleme und Carbonoptik-Stoff hübschen den Spanier innen deutlich auf. Die Sportsitze für 1.875 Euro punkten mit gutem Halt, sind jedoch recht hoch montiert und schmiegen sich trotz elektrischer Verstellung nicht jeder Statur perfekt an. Der Qualitätseindruck stimmt, auch dank großzügigem Einsatz von Alcantara. Lediglich die unzureichende Dämmung lässt auf der Autobahn Windgeräusche und auf schlechten Straßen Fahrwerkspoltern durch.

Dank seiner kastenförmigen Karosserie räumt der Ateca nicht nur den Fondpassagieren den meisten Platz ein. Der Kofferraum bietet 485 Liter Volumen, das sich dank fernentriegel- und umklappbarer Lehne auf 1.579 Liter erweitern lässt. Dass er älter ist als der VW T-Roc, merkt man zum einen an der eingeschränkten Multimedialität, aber auch an der Bedienung, Letzteres jedoch im positiven Sinne: Das Infotainment gefällt mit klassischen Schaltern und Drehreglern sowie übersichtlichen Lenkradtasten. Hinzu kommt ein Fahrdynamik- menü, das sich mittels Drehrad einfach justieren und dennoch in den Tiefen nachschärfen lässt, ohne dass man sich in ihnen verliert. Und mit diversen Sportanzeigen bietet das serienmäßige Digital-Cockpit einen echten Mehrwert.

Cupra Ateca, Interieur
Achim Hartmann
Der Kofferraum bietet 485 Liter Volumen, das sich dank fernentriegel- und umklappbarer Lehne auf 1.579 Liter erweitern lässt.

Apropos Leistung: Seine 300 PS spielt der Cupra am liebsten auf der freien Autobahn aus, ohne auf der Landstraße völlig deplatziert zu sein. Doch in flotten Kurven gerät der hohe Aufbau des Ateca gern ins Wanken, denn sein Fahrwerk überrascht mit beachtlichen Komfort-Reserven. Das hier serienmäßige Adaptivfahrwerk kostet beim VW übrigens 1.045 Euro extra, ist im Cupra zwar verbindlich, jedoch nicht ganz so straff wie im T-Roc abgestimmt.

Das spürt man auch bei der Fahrdynamik, wo ihn zusätzlich das sicherheitsbewusst abgestimmte ESP einbremst. Hinzu kommt eine aus der Mittellage heraus direkte, aber etwas gefühllose Lenkung, die den Ateca schwerfälliger wirken lässt, als er in Wirklichkeit ist. Etwas kräftiger könnte dagegen die 2.695 Euro teure Brembo-Bremsanlage zubeißen.

Mangelnde Agilität kann man dem BMW X2 zumindest auf der Teststrecke nicht vorwerfen, obwohl seine Frontantriebsplattform die BMW-Fan-Gemeinde in eine tiefe Glaubenskrise stürzte. Dabei bringt der X2 seine Motorkraft mit allen vieren auf die Straße. Wobei wir schon den nächsten Aufschrei hören, denn hinter dem Kürzel M35i steckt nicht wie früher ein Reihensechszylinder, sondern ein R4 mit Turboaufladung wie bei den VW-Konzernbrüdern.

X2 M35i: hart, aber herzlich

Beides sind übrigens keine Nachteile, denn der 306 PS starke Zweiliter-Benziner ist ein echter Reißer: 450 Nm Drehmoment – glatte 50 Nm mehr als bei Ateca und T-Roc – drücken schon unter 2.000/min und liegen damit spürbar früher an. Bei den Beschleunigungsmessungen hängt der BMW trotzdem leicht hinterher, woran das mit 1.660 Kilogramm höchste Leergewicht eine Mitschuld trägt. An der Achtgangautomatik, die in Sport-Stellung zielsicher den richtigen Gang findet und Schaltvorgänge mit sanftem Druck kommuniziert, liegt es jedenfalls nicht. Lediglich der Komfortmodus nervt mit künstlich langen Schaltpausen.

Weniger passend ist auch der Sound: nach außen dank Klappenauspuff durchaus präsent, innen vermurkst jedoch ein künstlich eingespielter Blechtrommel-Ton den Klang. Noch gewöhnungsbedürftiger ist jedoch das Fahrwerk, dessen Set-up härter ausfällt als bei manchem Sportwagen der M GmbH. Zudem bietet es kaum Einstellmöglichkeiten. Unter idealen Bedingungen auf einer topf-ebenen Rennstrecke funktioniert der M35i sicher gut, doch wie viele SUV haben Sie schon auf einem Trackday gesehen? Auf unperfekten Straßenbelägen springt der X2 über jede noch so kleine Unebenheit und zerrt dabei in der spitz ansprechenden Lenkung.

BMW X2 M35i, Exterieur
Achim Hartmann
Der 306 PS starke Zweiliter-Benziner ist ein echter Reißer: 450 Nm Drehmoment – glatte 50 Nm mehr als bei Ateca und T-Roc – drücken schon unter 2000/min und liegen damit spürbar früher an.

Trotz guter Verzögerungswerte baut die M-Performance-Bremse zu zaghaft Druck im Pedal auf, was bei falsch gewählten Kurveneingangs- tempi leicht in Untersteuern endet. Auf der anderen Seite lässt der X2 mit M-blem seinem Heck viel Raum: Bei plötzlichen Gaslupfern zuckt der Allradler mit dem Hintern, was geübte Piloten durchaus unterhaltsam finden, was aber einige Zeit erfordert, bis man mit dem Auto vertraut wird.

Sehr schnell gewöhnt man sich dagegen an das Ambiente des mindestens 55.300 Euro teuren BMW. Obwohl sich die Geister an der magmaroten, 1.400 Euro teuren Lederausstattung scheiden, wirkt er eine Klasse hochwertiger als seine Konkurrenten. Die aufpreispflichtigen Sportsitze sind BMW-typisch eng geschnitten und vielfältig einstellbar, aber zu hoch positioniert. Durch die niedrige Frontscheibe lassen sich so Ampeln kaum erspähen. Die Kopffreiheit im Fond leidet dagegen nur leicht unter dem flachen Dach. Im Heck findet sich hinter der elektrisch öffnenden Klappe ein 470 Liter großer Stauraum samt tiefem Fach, der sich mittels dreiteiliger Rücksitzlehne auf 1.355 Liter erweitern lässt.

Wie gewohnt punktet der BMW mit einfacher Bedienung, wobei es das Infotainment dem Nutzer überlässt, ob er Touchscreen, Dreh-Drück-Steller oder Sprachbefehle wählt. Allerdings ist das System nicht auf dem neuesten Stand, es beherrscht keine umgangssprachlichen Formulierungen. Ein Update könnten auch die Fahrassistenten gebrauchen. So ist der adaptive Tempomat auf 140 km/h begrenzt und regelt die Abstände zu anderen Verkehrsteilnehmern nur recht grobschlächtig.

T-Roc ’n’ Roll

Das ACC des VW unterstützt dagegen bis 210 km/h und überholt langsamere Fahrzeuge nicht auf der rechten Spur, doch das kann der normale T-Roc ohne Sportlerdress ebenfalls. Gleiches gilt für das Platzangebot im nur 4,23 Meter kurzen SUV, das abgesehen vom kleineren Kofferraum recht ordentlich ist. Viele Optionen, die im Cupra serienmäßig sind, müssen hier jedoch extra bezahlt werden.

Dazu zählt das Infotainment, das mit seinen vielen Bedienflächen nicht unbedingt zur schnelleren Zielfindung beiträgt. Die verwendeten Materialien muten hingegen für VW-Maßstäbe und einen Einstiegstarif von rund 44.000 Euro unterdurchschnittlich an. Vielleicht sparen harte Kunststoffe bei Türtafeln und Armaturenbrett nicht nur ein paar Cent, sondern auch Gewicht.

VW T-Roc R, Exterieur
Achim Hartmann
Der VW T-Roc kommt als R in unseren Test. Er ist ab 43.995 Euro erhältlich und der Basispreis der Baureihe liegte bei 21.435 Euro.

Tatsächlich erweckt der 1,5-Tonner beim Fahren den Eindruck, dass einige der gesparten Euro in fahrrelevante Elemente gesteckt wurden. So bietet der R über ein Wählrädchen mit Taste neben Offroad- und Schneemodi auch mehrere Fahrprofile von Eco über Komfort bis Race. Fast schon etwas zu viel des Guten, zumal sich die Einstellungen wie beim Ateca individualisieren lassen. In den Sportanzeigen findet sich sogar ein Lap-timer – sollte jemand auf die Idee kommen, einen neuen Rundenrekord für kompakte SUV auf dem Nürburgring aufstellen zu wollen. Gute Chancen hätte er mit dem T-Roc R, der straffer als der Cupra federt, was sich auf umfangreiche Fahrwerksmodifikationen zurückführen lässt. Im Gegensatz zum X2 bewahrt der Allradler aber genügend Restkomfort.

R wie „Racing“

Die angenehm tiefe Sitzposition suggeriert fast ein vertrautes Golf-Gefühl, und auch sonst kommt der SUV aus Wolfsburg dem Kompaktklasse-Primus erstaunlich nahe. Seine zielstrebige und schon im Normalmodus äußerst harmonisch ansprechende Lenkung gibt Feedback über die Fahrbahnbeschaffenheit, ohne sich dabei wie der X2 in Details zu verlieren. So durchkurvt der VW T-Roc R die Pylonengasse auf dem Niveau des noch aktuellen Golf GTI. Sein ESP greift erst spät ein, zieht sich jedoch nie gänzlich zurück. Damit bleibt er leicht kontrollierbar und schafft Vertrauen, ohne langweilig rüberzukommen.

Mit dieser Agilität hängt er die Konkurrenz schließlich selbst auf der Landstraße locker ab. Sein aufgeladener Vierzylinder geht wie vom wilden Watz gebissen, lässt sich dank linea- rer Gaspedalkennlinie gefühlvoller modellieren und verstrickt sich weniger in Widersprüche mit dem DSG als das Cupra-Pendant. Eingriffe erlaubt das Doppelkupplungsgetriebe mittels großer Schaltwippen am Lederlenkrad, doch beim Hochdrehen und Kick-down überstimmt es den Fahrer. Dafür entschädigt der 3.800 Euro teure Akrapovic-Auspuff mit pubertärem Sprotzeln und Grölen, das sich dank Klappensteuerung bei Bedarf auch nachbarschaftskonform einstellen lässt.

So verbläst der T-Roc R erst den Ateca und dann den X2, der am Ende über seinen Preis stolpert. Was aber viel wichtiger ist: Als Einziger erzeugt der T-Roc tatsächlich GTI-Gefühle.

Fazit

1. VW T-Roc R
432 von 1000 Punkte

Der T-Roc R beschleunigt brachial, bremst hervorragend, kurvt fantastisch und leistet sich bis auf die maue Materialanmutung und den kleinen Laderaum kaum Schwächen.

2. Cupra Ateca 2.0 TSI
424 von 1000 Punkte

Sehr geräumig, überraschend komfortabel, vollwertig eingerichtet und auch noch verhältnismäßig günstig ist der Ateca. Nur sportlich kann der Spanier nicht ganz mithalten.

3. BMW X2 M35i
414 von 1000 Punkte

Sein Antriebsstrang begeistert, das Fahrwerk ist für den Alltag übertrieben hart. Den hochwertigen Materialmix im Innenraum lässt sich BMW im ohnehin teuren X2 extra bezahlen.

Technische Daten
VW T-Roc R RBMW X2 M35i M35Cupra Ateca 2.0 TSI 4Drive
Grundpreis52.260 €54.491 €44.382 €
Außenmaße4236 x 1819 x 1568 mm4360 x 1824 x 1526 mm4394 x 1841 x 1615 mm
Kofferraumvolumen470 bis 1355 l485 bis 1579 l
Hubraum / Motor1984 cm³ / 4-Zylinder1998 cm³ / 4-Zylinder1984 cm³ / 4-Zylinder
Leistung221 kW / 300 PS bei 5000 U/min225 kW / 306 PS bei 5000 U/min221 kW / 300 PS bei 5300 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h247 km/h
0-100 km/h4,8 s5,2 s
Verbrauch6,8 l/100 km7,3 l/100 km
Testverbrauch10,1 l/100 km9,9 l/100 km