Ford Kuga 2.0 EcoBlue AWD im 100.000-km-Test
Nicht perfekt, aber sehr solide

Der Ford Kuga zählt zu den beliebtesten Modellen in Deutschland. Ob er auch zu den zuverlässigsten gehört, musste die 190 PS starke Diesel-Variante im Dauerlauf über 100.000 Kilometer beweisen. Wir jedenfalls konnten uns kaum beschweren – bis kurz vor dem Ende.

Ford Kuga
Foto: Ingolf Pompe

So ein Pech aber auch: Bis Kilometerstand 97.526 stehen die Chancen so gut, dass dieser dieselgetriebene Ford Kuga 2.0 EcoBlue AWD im Mängelindex mit seinem Vorgänger gleichzieht, einem 1.5 EcoBoost der zweiten Generation. Und zwar nicht auf den hinteren Rängen. Nein, ganz oben auf Platz eins.

Doch am 26. April erlebt Kollege Uli Holzwarth auf der Heimfahrt großes Kino. Der Kuga vermeldet den Ausfall von Allradantrieb, ESP und Traktionskontrolle. Also ab in die Werkstatt zum Auslesen und Löschen des Fehlerspeichers. In der Folge spielen die Techniker eine neue Software auf, doch der Ford zeigt beharrlich weiter Fehlermeldungen an. Im Mai steht der Kuga wieder in der Werkstatt. Letztlich ist ein Massefehler am Allradmodul die Ursache.

Unsere Highlights

Bitter, da der SUV bis dahin absolut zuverlässig gelaufen ist. Mehr als drei Standard-Inspektionen nach 30.000, 60.000 und 90.000 Kilometern standen nicht an. Die erste bescherte 6,4 Liter frisches 0W-30-Öl und einen Aktivkohlefilter, bei der zweiten tauschten die Mechaniker Öl sowie Filter für Luft, Pollen und Kraftstoff aus. Beim dritten, umfangreicheren Service erhielt der SUV neben Öl und Aktivkohlefilter auch neue Bremsscheiben und -beläge rundherum.

Geeignet für lange Strecken

Ford Kuga
Hans-Dieter Seufert
Dank Allradantrieb ist der Ford auch im Winter ein sicherer Begleiter.

Darüber hinaus wartet er mit zahlreichen Vorzügen auf. Wo anfangen? Bei der vielseitigen Kombination aus genügend Platz für vier Passagiere, einer variablen, da längsverschiebbaren Rücksitzbank plus verstellbarer Lehnenneigung sowie vielen praktischen Ablagen. So lassen sich etwa in allen Türfächern große Flaschen und weitere Utensilien locker verräumen. Und auf Fahrten mit viel Gepäck wächst das Kofferraumvolumen je nach Stellung der Bank um bis zu 141 Liter auf maximal 553 Liter. Ein Teil der Ladung findet in einem großen Unterbodenfach Platz. Nicht umsonst gebührte dem Ford in einer ams-Kaufberatung über ideale Urlaubsautos eine ganze Seite.

Schade nur, dass beim Aufklappen der soliden Bodenplatte die zierlichen Halterungen der ohnehin sehr instabilen Kofferraum-Stoffabdeckung im Weg sind. Weitaus nützlicher sind die automatisch aus- und einklappenden Türkantenschoner, die trotz aller Unkenrufe im Lauf des Tests nicht abbrechen, aber vor Blessuren in engen Parklücken schützen.

Nur das Infotainment Sync 3 erlaubt sich anfangs Systemabstürze und nervt bis zum Schluss schon mal mit langsamer Rechnerleistung, während das Navi Staus zu spät erkennt und Ausweichrouten träge ermittelt. Selbst die Sprachbedienung erweist sich als minderbemittelt. Zudem leidet der Ford unter einem längst nicht mehr zeitgemäßen, da kleinen Touchscreen. Entsprechend dürftig: die Kartendarstellung. Immerhin klappt das Andocken des Smartphones problemlos – via Bluetooth oder USB-Anschluss. An Bord sind mehrere USB-3.0- und USB-C-Buchsen. Eine große induktive Ladestation unterhalb der Klimaautomatik-Bedieneinheit erleichtert den kabellosen Umgang.

Sehr geschätzt sind auch die Drehregler ebendieser Klimaautomatik plus Tasten für Lenkrad-, Front- und Sitzheizung. Wobei Letztere – Zitat – "den Po grillt", während die Raumheizung bei Minusgraden laut vielen Kollegen schneller und kräftiger wärmen sollte.

Gelassen und sparsam

Ford Kuga
Clemens Hirschfeld
Bei starken Regenfällen fällt auf, dass sich ein unerwartet großer Wasserfilm auf den Seitenscheiben bildet.

Ein echter Charismatiker ackert unter der etwas flattrigen Haube: der Zweiliter-EcoBlue-Diesel. Derart brummige, vibrationsstarke Motoren findet man inzwischen eher selten. Das passt nicht jedem, aber der 190 PS und 400 Nm starke Diesel legt sich nach kurzer Bedenkzeit kräftig ins Zeug und verbraucht trotz meist eiliger Touren über die gesamte Strecke im Schnitt nur 6,9 Liter pro 100 km. Für einen Allradler ist das ein klasse Wert, zumal er sich bei gemäßigtem Fahrstil auch mit sechs Litern zufriedengibt.

Die Automatik, ein Wandlergetriebe mit acht Gängen, agiert gelassen, meist geschmeidig, aber gelegentlich etwas zögerlich. Ist Eile geboten, empfiehlt sich der Eingriff via Schaltwippe am griffigen und ergonomisch stimmig gestalteten Lenkrad. Viel leichter kann hierüber die Bedienung von Tempomat, Bordcomputer und Entertainment nicht laufen.

Ebenso erfreulich: Im Vergleich zum Vorgänger federt der Kuga deutlich komfortabler, trotz sportlicher Aufmachung und immerhin 19 Zoll großer Sommerräder. Dennoch erspart er seinen Passagieren ungebührliches Gewanke. Der Grund findet sich im Kleingedruckten: Das straffere ST-Fahrwerk wäre eigentlich gesetzt – außer bei unserer konservativen Diesel-Variante.

Mehr Kritik seitens der Tester fängt sich die Lenkung ein. Mit viel Rückstellmoment suggeriert sie zwar Sportlichkeit, da sie aber weder präzise noch mitteilungsfreudig lenkt, herrscht meist Fahrspaßflaute.

Ein bisschen enttäuscht sind wir auch von der Material- und Verarbeitungsqualität. Mit harten Kunststoffen geizt Ford nun wirklich nicht. Nur die feschen, teils mit Kunstleder bespannten, aber zu kurzen Sportsitze und das unten abgeflachte Lenkrad mit roten Ziernähten sorgen für etwas Pep. Standard sind sie freilich nicht. Dazu braucht es schon den 190-PS-Kuga als ST-Line X für anfangs 44.850 Euro, der trotz des stattlichen Preises ohne die üblichen Fahrassistenzsysteme vorfährt. Die gibt es im Paket für damals 1.300 Euro, und sie sind sehr zu empfehlen. Auf die Verkehrszeichen-Erkennung samt Tempoübernahme via Adaptiv- tempomat ist beispielsweise absolut Verlass. Klasse auch, dass der Fahrer zwischen ACC und herkömmlichem Tempomaten mit Bremseingriff wählen kann. Die adaptiven LED-Scheinwerfer überzeugen indes nicht. Die Fahrbahnausleuchtung könnte besser sein, und der Fernlichtassistent reagiert gelegentlich spät.

Der Abschied schmerzt

Ford Kuga
Arturo Rivas
Nach 100.000 Kilometern fällt das Loslassen schwer.

So, das war’s. Wir sagen: Danke und lebe wohl, Kuga. Zumindest mit Verbrennungsmotor wird es wohl kein Wiedersehen in der Langzeitflotte von auto motor und sport geben. Schließlich streicht Ford im Rahmen der Elektrostrategie nach Mondeo und Fiesta demnächst auch den Focus. Das ist kein Pech, sondern wirklich ein Jammer.

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Hohe Alltagstauglichkeit
Praktische Rückbank
Zahlreiche große Staufächer
Sehr effizienter Diesel
Gute Traktion dank Allradantrieb
Hohe Anhängelast
Vorwiegend einfache Bedienung
Zuverlässige Verkehrszeichenerkennung
Teils lascher Qualitätseindruck
Langsames Infotainment und Navi
Kleine Kartendarstellung
Hilflose Sprachbedienung
Unzeitgemäß kerniger Diesel
Trotz 190 PS vergleichsweise träge
Teils unharmonische Automatik
Inhomogene Lenkung
Maue Fahrbahnausleuchtung
Flatterhafte Motorhaube

Fazit

Gewiss: Dieser SUV ist kein Freund des flüsterleisen Reisekomforts, nicht mehr so agil wie sein Vorgänger und kein bestens vernetzter Entertainer. Dafür überzeugt der Kuga mit hohem Federungskomfort, viel Nutzwert, gutem Platzangebot und einem grandios sparsamen Diesel. Da lässt sich der im Grunde harmlose Aufreger kurz vor Dauertest-ende durchaus verschmerzen. Zumal wir an der Zuverlässigkeit des Kuga ohnehin nicht zweifeln. Die teils maue Qualität und eine lieblose Verarbeitung hinterlassen angesichts des hohen Preises aber einen bitteren Nachgeschmack.

Technische Daten
Ford Kuga 2.0 EcoBlue AWD ST-LINE X
Grundpreis46.650 €
Außenmaße4614 x 1883 x 1681 mm
Kofferraumvolumen475 bis 1534 l
Hubraum / Motor1995 cm³ / 4-Zylinder
Leistung140 kW / 190 PS bei 3500 U/min
Höchstgeschwindigkeit208 km/h
0-100 km/h9,3 s
Verbrauch4,8 l/100 km
Testverbrauch7,5 l/100 km
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

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