Namen sind zwar angeblich Schall und Rauch, aber sie werden ja nicht unbedacht gewählt. Nicht nur werdende Eltern kennen das, sondern auch Autobauer. So darf man davon ausgehen, dass das Namensfindungskomitee im Hause Genesis, der in Europa noch jungen Edelmarke von Hyundai, das Topmodell der mittleren SUV-Baureihe GV60 nicht ohne Grund Sport Plus genannt hat. Will sagen: Da geht was beim Tritt aufs Fahrpedal, formerly known as Gaspedal oder auch: Pinsel.
Bei Ford ist die Idee hinterm Top-Stromer ein wenig sublimer. Mustang, okay: So heißt auch ein Sportwagen-Klassiker aus Detroit, was orthodoxe Sprachhüter womöglich von kultureller Aneignung reden lässt. Doch hey, dem Jahrtausendwende-Coupé Puma ging es ja auch nicht anders.
Langer Rede kurzer Sinn: Mit etwa 490 PS sind die zwei Crossover, deren Lacke Sao Paulo Lime (870 Euro, Genesis) und Dynamic Orange (1.200 Euro, Ford) sich auch gut auf Rennwagen in der Boxengasse machen würden, keine Pappkameraden. Doch auf den Track – jetzt spoilern wir mal – gehören die zwei Allradler ganz sicher nicht.
Massage und Seitenhalt
Ganz grundsätzlich sind die zwei erst einmal so geräumig, wie es die Abmaße erwarten lassen. Der Ford ist länger und schmaler als der Genesis, was sich jedoch weniger auswirkt als gedacht: Ellbogenbreite gibt es – auf gutem Niveau – etwas weniger, Kopffreiheit dagegen etwas mehr. Hinten leisten sich beide Schwächen: Im Ford kommen die Köpfe der Außensitzenden den Dacheinzügen recht nahe und die Sitzbänke sind nur wenig ausgeformt; im Genesis sitzt es sich ein wenig kommoder, doch wollen die Füße nicht so recht unter die Vordersitze passen.
Dann sitzt man doch lieber vorn, und da natürlich links. Hier trumpft der Mustang mit viel Seitenhalt, angenehmer Polsterhärte und allgemein guter Passform auf, die lediglich eine wulstige Aufpolsterung im Nackenbereich stört. Nicht ganz so körperbetont eng geschnitten sind die Polster des Genesis, was auf langen Autobahntouren allerdings angenehmer sein kann. Man rutscht ja doch gelegentlich gern ein wenig hin und her. Und auf Wunsch plustern sich die Seitenwangen im GV60 haltfördernd auf, wenn die Fahrzeugsensorik nennenswerte Querbeschleunigungen erkennt – passt also. Um lockere Muskeln bemüht sich darüber hinaus ein Massageprogramm, und in allfälligen Ladepausen morphen sich die Sitze zu Liegen.
GV60 ist schneller schnell
Doch widmen wir uns erst mal der Längsdynamik, denn die muss ja angesichts der großen Zahlen wirklich amtlich sein. Und richtig: In vier Sekunden beamen sich die 2,2-Tonner schlupffrei und leise, aber nackenmuskelfordernd auf 100 km/h. Doch wenig später schwächelt der Ford dramatisch, verliert auf den Genesis bis 180 km/h fast zehn Sekunden.
Volle Power gibt es im Mustang Mach-E immer nur für einige Sekunden, dann greift die Schutzfunktion der Leistungselektronik beschwichtigend ein – natürlich auch auf engagiert gefahrenen Landstraßen. Dann schießt der Ford nicht mehr böse aus den Kurven, sondern nimmt lediglich brav wieder Tempo auf, während der gelbgrüne Genesis – vor allem bei gedrücktem Boost-Knopf im Lenkrad – Richtung Horizont entschwindet. Klar, dass das mit Abzügen in der Leistungsentfaltung geahndet wird.
Immerhin lässt sich der Mustang nicht lumpen, wenn es um die Querdynamik geht. Er lenkt dank der spontaner ansprechenden Lenkung etwas williger ein als der Genesis, will aber auf der letzten Rille sehr bewusst gefahren werden. So ganz weiß man bei ihm außerdem nie, ob er in die Kurve schiebt oder doch lieber das Heck raushängt. Auch Lastwechsel streut er gern mal ins Unterhaltungsprogramm ein, während der Genesis neutral bis leicht untersteuernd seiner harmonischen, aber wenig agilen Lenkung folgt und deutlich langsamer um die Ecken pfeift. Hin und wieder leistet er sich im Sport-Modus sogar Leistungsuntersteuern, wenn man zu früh aufs Pedal geht. Auf abgesperrter Strecke wiederum erfreut er mit seinem Drift-Modus, der es auch wenig talentierten Fahrern erlaubt, spektakulär quer zu fahren – bis der Gedanke übergroß wird, dass neben den breiten 21-Zöllern mit jedem Drift eben auch einige Geldscheine in Rauch aufgehen.
Zwei Motoren
Für lustvolles Angasen auf dem Track sind beide also nicht gemacht. Das wäre aber auch ein sehr kurioser Grund, sich ein Elektroauto anzuschaffen. In der Regel werden die zwei Kraftmeier wohl wegen ihres Beschleunigungs-Wumms – ach nein: Doppelwumms, sie haben ja zwei Motoren – auf der Beschleunigungsspur oder beim Überholen gekauft. Gut zu wissen, dass die Bremsen mitspielen: Der Ford bremst bemerkenswert gut, der Genesis ordentlich, dafür mit mehr Transparenz im schön linear ansprechenden Bremspedal.
Überragenden Federungskomfort sollte man sich von beiden nicht erwarten, vor allem kurze Stöße dringen deutlich in die Sitzpolster vor. Insgesamt gibt sich der Genesis aber verbindlicher als der Ford. Der GV60 leistet sich dafür nicht nur in Kurven stärkeres Wanken, sondern auf dauergewellten Landstraßen auch ausgeprägtere Hubbewegungen über die Hinterachse.
Es gibt noch Tasten
Bei Materialgüte und Verarbeitung macht der Genesis – seinen Hang zum Bling-Bling einmal außen vor gelassen – einen etwas besseren Eindruck als der Ford. Der wirkt schon sehr nüchtern – oder positiv formuliert: sportlich – eingerichtet, ist aber durchaus solide zusammengebaut. Einig sind sich beide Hersteller darin, dass ein modernes Elektroauto auch in Details Innovationsfreude zeigen muss. Die geht bei den Sensorfeldern zum Türöffnen des Ford zulasten der Bedienfreundlichkeit, während die bei Annäherung ausfahrenden Türgriffe des Genesis eine Komplikation eines an sich ausentwickelten Systems mit fraglicher Dauerhaltbarkeit darstellen.
Immerhin hält der GV60 sich bei der Bedienung im Innenraum an bewährte Lösungen. Die digitalen Anzeigen machen zwar ganz cool und bildgewaltig auf Zukunft, ein Dreh-Drück-Steller und viele mechanische Tasten erleichtern es aber, den GV60 ohne langes Fremdeln zu bedienen.
Lob auch für den Ford: Er hat zwar, anders als der Genesis, kein Head-up-Display, weil die Entwickler das kleine Hauptdisplay hinterm Lenkrad wohl als ausreichend hoch positioniert ansehen. Auch er verzichtet aber nicht auf einen konventionellen Lautstärkeregler und andere haptisch rückmeldende Elemente. Die Musik spielt aber dann schon auf dem übergroßen Hochkant-Monitor in der Mitte, auf dem sogar in mehreren Schritten der angenehme One-Pedal-Modus angewählt werden muss. Im Lenkrad wäre dieser Taster besser aufgehoben.
Fünf Jahre Gratis-Service
Bliebe noch das Finanzielle. Beginnen wir mit dem Verbrauch. Der ist bei beiden nicht eben gering, mit tendenziellem Vorsprung für den Genesis. Um die 30 kWh pro 100 Kilometer sind die Regel, bei sportlicher Gangart mit starkem Drang Richtung 40 kWh. Wer da ausschließlich an den teuren Schnellladern an der Autobahn lädt, wäre mit einem kräftigen Diesel billiger unterwegs – und schneller, da alle 200 Kilometer eine Ladepause fällig ist. So pendelt sich das Reisetempo wohl eher bei 120 bis 150 km/h ein, wofür man wiederum keine knapp 500 PS bräuchte. Nun gut.
Nach der letzten, heftigen Preiserhöhung kostet der Top-Ford über 86.000 Euro, wobei der Konfigurator als nicht näher begründeten Aktionspreis 84.415 Euro nennt – vielleicht Ausdruck eines schlechten Gewissens, da der Mach-E GT vor einem Jahr noch 77.200 Euro kostete. Wie auch immer: Der Genesis (73.100 Euro) ist sogar mit dem Technikpaket für 3.430 Euro (Head-up-Display, mehr Assistenz und besseres Licht) noch spürbar billiger und hält auch die Unterhaltskosten klein – während der fünfjährigen Garantie (Ford: zwei Jahre) oder für 75.000 Kilometer ist die Wartung gratis. So geht das Kostenkapitel erwartbar an den Genesis – und der verdiente Gesamtsieg auch.
Fazit
Ford Mustang Mach E Extended AWD GT | Genesis GV60 Sport Plus | |
Grundpreis | 77.300 € | 73.100 € |
Außenmaße | 4743 x 1881 x 1613 mm | 4515 x 1890 x 1580 mm |
Kofferraumvolumen | 502 bis 1520 l | 432 l |
Höchstgeschwindigkeit | 200 km/h | 235 km/h |
0-100 km/h | 4,1 s | 4,0 s |
Verbrauch | 0,0 kWh/100 km | 0,0 kWh/100 km |
Testverbrauch | 30,2 kWh/100 km | 28,0 kWh/100 km |