Seat Toledo im Gebrauchtwagen-Check
Gebrauchter mit viel Platz zum kleinen Preis

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Ein großes Feuerwerk konnte der Seat Toledo als Neuwagen nicht zünden – dabei hat er jede Menge Qualitäten. Ob er sich die als Gebrauchter bewahrt hat? Fragen wir Meister Wünsch im Gebrauchtwagen-Check.

Seat Toledo, Exterieur/Interieur
Foto: Dani Heyne

Seat hätte den Toledo mit dem Spruch ‚Mehr Auto braucht kein Mensch‘ bewerben sollen. Zum einen passt die Aussage perfekt, zum anderen hätte das Stufenheck etwas Werbung gut gebrauchen können", beginnt Meister Wünsch unseren heutigen Gebrauchtwagen-Check. Auf den Seat hat er sich gefreut, er mag Exoten. "Genau das ist dieses Modell – superselten. Ich glaub, Seat hat davon zuletzt so wenig verkauft, dass die immer noch daran zu knabbern haben – und deshalb auch keinen Nachfolger am Start haben."

Das große Gebrauchtwagen-Spezial

Dabei steht der Toledo auf einer technisch erstklassigen Basis: auf der Plattform des VW Golf IV. Seat bot also Golf-Format zum Polo-Preis – und dachte, das gehe sicher weg wie warme Semmeln. Tat es aber nicht. Zumal schon 2012 Stufenheck-Limou-sinen nicht mehr so ganz den Geschmack der Zeit trafen.

"Alles relativ", grätscht Meister Wünsch dazwischen. "Skoda hatte mit dem Rapid schließlich auch keine Absatzprobleme. Und der ist der Bruder des letzten Toledo – die Autos sind baugleich. Mehr noch: Skoda fertigte in Mladá Boleslav den Toledo gleich mit. Also gab’s auch keine qualitativen Unterschiede."

Seat Toledo, Exterieur/Interieur
Dani Heyne
Der nutzwertige Charakter gefällt auch Meister Wünsch sehr gut. Der Seat möchte die Bedürfnisse seiner Fahrer befriedigen – und ihnen nicht irgendeine Technik andrehen, die im Zweifel keiner braucht.

Unser Checker hat recht. Wobei Skoda den Rapid ja auch als Fließheck im Programm hatte – und gut verkaufte. Eine kurze Version gab’s vom Toledo nicht, die Rolle des kompakten Stummelhecks gehörte bei den Spaniern bereits dem Ibiza.

"Was mir am Toledo besonders gefällt, ist seine klare Ausrichtung. Er orientiert sich mehr daran, was Kunden von einem kompakten Auto brauchen – und weniger daran, was man ihnen andrehen könnte. Er liefert Nutzwert statt modischen Kram. Bietet zum Beispiel viel Platz für kleine Familien samt Gepäck und liefert anständigen Fahrkomfort."

Preise? Knapp unter 4.000 Euro geht’s los

Mit diesen Talenten konnte der Toledo vor allem bei einer Zielgruppe landen – bei den älteren Semestern. Was für den Gebrauchtwagenmarkt von heute Goldgräberstimmung bedeutet: Denn so gibt’s einige top gepflegte Exemplare aus erster Hand, die vergleichsweise wenig Kilometer hinter sich haben.

Generell starten die Preise für gebrauchte Toledo der letzten Generation (2012 bis 2019) bei knapp unter 4.000 Euro. Dafür gibt’s allerdings nur Kilometerfresser. Leckere Gebrauchte mit weniger als 70.000 Kilometern und lückenlosem Serviceheft kosten um die 6.000 Euro.

Seat Toledo, Exterieur/Interieur
Dani Heyne
Gebrochene Federn kommen beim Toledo selten vor. Auch die Stoßdämpfer des Spaniers halten lange durch.

"Klingt fair", urteilt Meister Wünsch. "Schließlich bekommt man dafür viel Auto." Anschließend nimmt er sich die Karosse unseres Testkandidaten vor. Ein schwarzer Toledo aus 2014, dessen Vorbesitzer sich für den 1.2er-TSI mit 105 PS entschieden hat. Das Sechsgang-Schaltgetriebe gab’s serienmäßig, das Winterpaket mit Sitzheizung vorn kostete damals Aufpreis. Ebenfalls an Bord: eine Klimaanlage, Parkpiepser hinten, Nebelscheinwerfer mit Abbiegelicht-Funktion und eine abnehmbare Anhängerkupplung.

"Gut gewählt", urteilt Meister Wünsch, der den Seat nun zum dritten Mal umrundet hat. "Zwei kleine Kratzer auf der Fahrertür und einer an der hinteren Stoßstange. Dafür keine Steinschläge in der Frontscheibe, keine ungleichen Spaltmaße, keine verblichenen Scheinwerfer, keine Brandlöcher im Innenraum. Und da die Dichtungen der Seitenfenster wie neu aussehen, war dieser Toledo ziemlich sicher ein Garagen-Schläfer", führt Meister Wünsch aus. Wer ihn kennt, weiß, dass er auf solche Details steht.

Fünf Minuten später ist er startklar für die Probefahrt. "Der Vierzylinder-Turbobenziner mit seinen 105 PS passt gut zum Toledo – und ist auf jeden Fall dem Dreizylinder-Basismotor vorzuziehen. Allein schon, weil er serienmäßig sechs Gänge mit sich bringt, was die Drehzahlen und den Durst auf der Autobahn senkt. Allerdings gibt’s bei dem Antrieb zwei Schwachstellen: Die Steuerkette kann ausleiern, was sich durch Klappern oder Rasseln bemerkbar macht. Dann bitte ohne Umwege in die Werkstatt. Zudem kann die Verstellung des Turboladers Probleme bereiten. Der Motor geht dann ziemlich sicher in den Notlauf. Auch dann führt kein Weg an einer kleinen Operation vorbei. Beides sind leider keine günstigen Eingriffe."

Seat Toledo, Exterieur/Interieur
Dani Heyne
Die TSI-Herzen stammen aus dem VWRegal. Sie überzeugen mit Turboschub, können aber mit ausgeleierten Steuerketten nerven

Zurück zur Probefahrt, die wie immer über ein garstiges Stück Kopfsteinpflaster führt – hier testet unser Checker das Fahrwerk. Sind Buchsen oder Spurstangenköpfe ausgeschlagen, hört man das – oder spürt es am Lenkrad. "Kein Klappern, kein Zittern in der Lenkung. Das ist doch schon mal ein gelungener Start ins Rendezvous", scherzt der Meister und steuert den Seat Richtung Landstraße. Dabei schaltet er fleißig alle Gänge durch, fordert den Motor mit hohen Drehzahlen und steigt bei passender Gelegenheit mehrmals scharf in die Eisen. "Die Bremsen packen tadellos zu, der Vierzylinder dreht sauber hoch. Die Kupplung ist noch weit vom Verschleißpunkt entfernt. Das passt so weit. Schauen wir dem Toledo als Nächstes doch mal auf den Unterboden."

Gesagt, getan. Keine zehn Minuten später hebt ihn die Hebebühne sanft in die Luft. Der Meister wirft zuerst einen langen Blick auf die Bremsen der Vorderachse. "Verschleiß ist bereits deutlich zu erkennen, aber alles noch im Rahmen. Hier sollte man in 10.000 bis 20.000 Kilometern noch mal prüfen. Dann dürfte der Seat nach neuen Belägen und Scheiben verlangen." Als Nächstes wandert der Schein von Meister Wünschs Taschenlampe zu den vorderen Stoßdämpfern. Wer hier die Staubmanschetten nach oben zieht, bekommt einen Blick auf die Kolbenstangen der Dämpfer. Sind sie schön blank und trocken wie bei diesem Seat, ist alles in bester Ordnung. Auch die Federn sind nicht gebrochen.

Seat Toledo, Exterieur/Interieur
Dani Heyne
Korrosion? Nicht bei diesem Exemplar. Der Unterboden sieht sehr gut aus.

Korrosion? Nur an den Achsträgern

Der Meister überprüft alle weiteren Verschleißteile: die Achsmanschetten und das Flexrohr der Abgas- anlage (nirgends Risse), die Ölwanne, die Bremsleitungen und die Kühler (alles dicht), die Schalldämpfer (keine Löcher), die Bremssättel der Hinterachse (leichtgängig), die Aufhängung der Achsen sowie die Radlager (kein auffälliges Spiel).

"Steht gut um den Toledo, große Überraschungen hat er uns nicht serviert. Er ist gut in Schuss, die Verschleißteile zeigen, dass es keinen Wartungsstau gibt. Korrosion kann ich nur an den Achsträgern finden – wären sie besser lackiert, gäb’s da auch keinen Rost."

Am Ende des Tages reckt der Toledo sein Stufenheck in die Sonne. Der Schatten zeigt ein Auto, wie es Kinder malen würden. Einfach. Übersichtlich. Durchaus liebenswert. Ein Typ, der selten geworden ist. Nicht hip, nicht hyper-kommunikativ, nicht vernetzt. "Allein dafür sollte man ihn lange fahren", sagt Meister Wünsch und schmunzelt.

Fazit

So ein Seat Toledo ist Ihr Typ, wenn Sie kein Feuerwerk an Innovation und Emotion erwarten. Sondern ein äußerst praktisches und grundsolides Kompaktauto suchen, dessen Innenraum mehr Platz bietet, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Vor allem der riesige Kofferraum wird Sie begeistern. Genau wie die sehr fairen Preise des Spaniers, der wie sein Schwestermodell Skoda Rapid in Tschechien vom Band lief. Dank seiner überwiegend soliden Technik verkörpert ein gebrauchter Seat Toledo genau das, was man allgemein unter einem Geheimtipp versteht.