Ford Focus RS, Opel Astra OPC, VW Golf R
Kompakt-Kanonen aus zweiter Hand

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Für 16.000 Euro aufwärts einen turbobefeuerten Kompaktwagen mit 270 bis 305 PS? Unmöglich? Eben nicht, als Gebrauchte sind die Topmodelle von Focus, Astra und Golf jetzt erschwinglich – und mehr als eine Versuchung wert.

Ford Focus RS, Händler
Foto: Rossen Gargolov

Focus RS, Astra OPC oder Golf R? Für die meisten Fans keine wirkliche Frage, sie haben sich längst entschieden und ihren persönlichen Favoriten ausgemacht. Markentreue heißt das Stichwort. Kaum ein Opel-Fan begeistert sich plötzlich für einen Ford oder gar einen VW. Das erscheint ähnlich abwegig wie die Vorstellung, dass ein Schalke-Hooligan auf einmal mit Bayern- oder BVB-Anhängern rumgrölt.

So unterschiedlich die Fans auch ticken, die drei kompakten Kanonen folgen einem ähnlichen Strickmuster: Turbomotoren mit 270 bis 305 PS Leistung, dynamische Fahrwerke und Schrägheck-Karossen mit geräumigem Kofferraum und Platz für fünf.

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Ausreißer gibt es hier wie da: Der zweitürige Ford Focus RS überholt die anderen bei Zylinderzahl (fünf in Reihe) und Hubraum (2,5 Liter), was ihm die höchste PS- und Newtonmeter-Ausbeute beschert. Und ihn mit einer Vmax von 263 km/h zum Autobahnkönig macht. Der Astra J kam als Coupé GTC erst 2012 auf den Markt und ist als Einziger noch neu verfügbar. Beim Golf R wiederum ist zwar der Allradantrieb 4Motion Pflicht, dafür gab es ihn mit zwei oder vier Türen. Beim Getriebe konnte man zwischen sechs manuellen Gängen oder dem Sechsgang-DSG wählen.

Hochstapeln ab Werk als Serienausstattung

Zwei Fronttriebler mit mehr Leistung gegen einen Allradler also. Ford und Opel setzen serienmäßig eine Differenzialsperre ein, um den Traktionsnachteil zu kaschieren. Wer in älteren sport auto-Ausgaben blättert, muss feststellen: Keiner der drei kompakten Kanonen erreicht beim Spurt von 0 auf 100 km/h die Werksangaben. Ford Focus RS: 6,1 statt 5,9 Sekunden; Opel Astra OPC: 6,5 statt 6,0 Sekunden; VW Golf R: 6,1 statt 5,7 Sekunden beim Handschalter. Fast noch interessanter: die Rundenzeiten auf dem kleinen Kurs in Hockenheim. Mit Toyo-R888-Sportreifen benötigte der Ford Focus RS im Rahmen des Supertests 1.16,6 Minuten. Mit Serienpneus von Conti war er 1,2 Sekunden langsamer. Knapp zwei Jahre später erreichte der mit normalen Dunlops bereifte VW Golf R ein ähnliches Niveau – 1.17,4 Minuten. Und Opel Astra OPC? Er ging Ende 2012 mit serienmäßigen Pirelli-P-Zeros an den Start, die Uhr blieb bei 1.16,9 Minuten stehen.

Äpfel und Birnen

Sicher ist: Wer Äpfel mit Birnen vergleicht, muss schon genauer hinsehen. Erstens entwickeln sich Reifen, Fahrwerke und Autos im Laufe der Jahre weiter. Zweitens herrschten an den Testtagen unterschiedliche Außentemperaturen, was sich eben auf die Rundenzeit auswirkt.

Fest steht: Auch sechs Jahre nach seinem Debüt macht der Ford Focus RS am meisten auf dicke Hose. Breite Backen, riesiger Flügel, fetter Kühlerschlund, enormer Diffusor – der Über-Ford ist eine echte Ausnahmeerscheinung, was auch an seiner geringen Verbreitung liegt. Nach längerer Suche ist die sport auto-Crew in Groß-Aspach nördlich von Stuttgart fündig geworden. Rene Sailer, Verkäufer beim Autohaus Möhle: "Das ist das Auto vom Chef, der Motor hat knapp 400 PS!" Wie nett vom Chef, denken wir uns und schnappen nach dem Schlüssel des Ford Focus RS. Schon beim Warmfahren ahnt man, was im gedopten Fünfzylinder steckt. Fünf Minuten später, einsame Landstraße, zweiter Gang, Vollgas. Der Fahrerkopf schnalzt an die integrierte Kopfstütze, der Turbo presst eimerweise Frischluft in die fünf Brennräume, und der Sound, tja was soll man sagen? Das Ex-Volvo-Triebwerk brodelt, zischt, faucht und dröhnt, dass einem die Tränen in den Augen stehen.

Verantwortlich für den unvergleichlichen Klang ist auch die Abgasanlage von Loder1899. Die knapp 100-PS-Mehrleistung stammt von Wolf Racing und lässt den Ford Focus RS dermaßen nach vorn schießen, dass man ständig Angst um seinen Lappen haben muss.

Das straffe Serienfahrwerk ist leider eine Gefahr für die Bandscheiben. Trotz aufwendiger Vorderachskonstruktion und serienmäßiger Sperre: Die knapp 400 PS scheinen den Ford Focus RS leicht zu überfordern. Wer ihn tritt, spürt ein deutliches Zerren am Lenkrad. Mit serienmäßigen 305 PS gab es im Supertest hier nichts zu bemängeln. 34.880 Euro will der Ford-Händler für sein auch optisch gepimptes Baby. Der vier Jahre alte Zweitürer hat 20.000 Kilometer runter und ist bis auf Kleinigkeiten im Neuzustand.

Soundgewitter im Handumdrehen

Neuzustand: Das trifft auch auf den Opel Astra OPC von Opel Könninger in Süßen bei Göppingen zu. Juniorchef Johannes bewegt das im Juli 2014 erstmals zugelassenen Topmodell täglich. 32.490 Euro soll der Vorführwagen mit 10.000 Kilometern auf dem Tacho kosten. Auch er bietet eine mechanische Vorderachssperre und ein aufwendiges Fahrwerk.

OPC-Chef und Opel-Legende Volker Strycek hat es höchstpersönlich freigegeben. Antriebseinflüsse? Traktionsschwächen? Kennt der Opel Astra OPC nur vom Hörensagen. Der Zweiliter-Turbo zoomt das Coupé mit Wucht aus den Ecken, faucht dabei wie wild und animiert einen, die OPC-Taste zu drücken. Jetzt strafft sich das FlexRide-Fahrwerk und der Vierzylinder beißt noch agiler zu.

Einzig die zu langen Schaltwege wirken unsportlich. Sound-Fetischisten müssen übrigens nicht ihr Konto plündern: "Einfach die Rückbank umklappen", lacht Johannes Könninger, und schon entfaltet sich ein wahrhaft irres Klanggewitter im Opel Astra OPC-Interieur – das mit seiner Opulenz und Qualität eine Klasse hochwertiger daherkommt als das Ambiente des Ford Focus RS.

Mit einem schicken Cockpit kann traditionell auch ein VW Golf immer punkten, da macht der blaue Zweitürer Golf R von Schloss Automobile in Groß-Aspach keine Ausnahme. Innen sind dem VW Golf R fünf Jahre und 63.000 Kilometer kaum anzusehen. Außen entdeckt man einige Kratzer in den Felgen und wenig Profil an den Vorderreifen. "Den VW Golf R bieten wir im Kundenauftrag für 24.900 Euro an", so Verkäufer Marc Maier. Also gleich mal auf die Piste, um zu checken, ob der Wolfsburger Golf R sein Geld auch wert ist. Dumpf grollend, aber immer dezent schiebt der Vierzylinder an. Dank Allrad gibt es null Traktionsverluste, auch das DSG-Getriebe harmoniert bestens mit dem Turbomotor. Das Fahrwerk ist straff ausgelegt, die adaptiven Dämpfer sind nicht an Bord. Unauffällig schnell – so kennt man den VW Golf R. Einzig die alten Vorderreifen drängen sich akustisch in den Vordergrund. Verkäufer Maier versichert aber, "dass alles, was der TÜV bemängelt, noch gewechselt wird".

Bekannte Mängel bei den Kompakten

Ein faires Angebot, denn beim Sechser-Golf mit dem scharfen R gibt es schon den einen oder anderen Makel, der Sorgen bereiten kann. Vom EA113-Vierzylinder sind defekte Hochdruck-Einspritzpumpen bekannt. Auch das DSG kann Ärger machen, hier hilft unter Umständen eine neue Getriebesoftware.

Der Ford Focus RS kann durch ein hängendes Kupplungspedal, Leistungsschwund und Kühlwasserverlust auf sich aufmerksam machen. Für diese Probleme hat Ford aber Lösungen im Angebot. 2009er-Modelle können durch laute Servopumpen negativ auffallen – so zumindest die Einträge in den Internetforen.

Beim erst seit 2012 gebauten Opel Astra OPC kann bisher nur das Getriebe für Kopfzerbrechen sorgen. Unschöne Geräusche und hakelnde Gänge haben wohl schon den einen oder anderen Austausch verursacht.

Vertrauensfrage:

Attraktive Preise zwischen 16.000 und 20.000 Euro sind das eine, die Folgekosten das andere. Sicher können die scharfen Kompakten auch mit zehn Litern Super plus auf 100 Kilometer bewegt werden, aber wer die Kisten richtig fliegen lässt, fackelt locker fünf Liter mehr ab. Bei den Versicherungstarifen liegen Opel Astra OPC und Ford Focus RS auf ähnlich hohem Niveau. Der Golf R lockt mit der niedrigsten Einstufung für Haftpflicht und Vollkasko, fällt aber durch Vollkasko 28 aus dem Rahmen – das zeigt seine Beliebtheit bei Langfingern. Dafür spart er gegenüber seinen Konkurrenten ein wenig bei der Kfz-Steuer. Manche Ersatzteile bewegen sich preislich auf dem Level normaler Kompaktwagen, einige eher nicht: Während beim Ford Focus RS einzelne Komponenten wie der Generator oder die 19 Zoll großen Serienfelgen günstig sind, langen die Kölner beim Endschalldämpfer heftig zu. Beim Opel Astra OPC ist zwar kein Zahnriemenwechsel fällig, und auch die Inspektionen sind gewohnt günstig, aber wehe, die OPC-Bremsen oder der Anlasser schwächeln. Und VW? Der Golf R rangiert irgendwo in der Mitte. Die Extreme lauten Wasserpumpe (77 Euro) und Schaltgetriebe (5.129 Euro).

SPORTLICHE ALTERNATIVEN

Seat Leon Cupra R

Mit nominell 265 PS ist der Seat Leon Cupra R etwas schwächer als der VW Golf R. Doch viele der angebotenen Gebrauchten wurden getunt. DSG und Allrad waren, anders als bei Volkswagen, nicht verfügbar. Das von 2009 bis 2012 gebaute Sportmodell ist ab rund 12.000 Euro zu haben.

Renault Mégane R.S.

Der auffällig gestylte Franzose konnte bei sport auto sowohl im Vergleichsals auch im Dauertest überzeugen. Rennstreckentalent paart sich mit hoher Zuverlässigkeit. Frühe Modelle von 2011 mit dem 250 PS starken Vierzylinder- Turbomotor starten bereits bei rund 11.000 Euro.