Gebrauchtwagencheck Ford Kuga 2
Vieleskönner mit einem großen Problem

Der Ford Kuga ist nicht ohne Grund ein beliebtes und gutes Familienauto. Sein Erfolg gibt ihm recht. Dennoch besitzt er echte Achillesfersen, auf die Sie beim Kauf genau achten müssen. Wer Pech hat, kommt einem wirtschaftlichen Totalschaden nahe. Nur wer Bescheid weiß, kauft das richtig. Dann ist der geräumige Ford jedoch ein treuer Begleiter für jeden Zweck.

Ford Kuga Gebrauchtwagencheck 23/22
Foto: Lena Willgalis

Ist der Ford Kuga nicht so ein Auto, mit dem man eigentlich nichts falsch machen kann? Zu Tausenden fährt er herum, die ganze Familie passt prima hinein, außerdem lobte auto motor und sport in jedem Test das gut abgestimmte Fahrwerk.

Stimmt. Allerdings muss man beim Gebrauchtkauf genau wissen, worauf es ankommt. Denn obwohl der Kuga auf dem Papier ein moderner Vorzeige-SUV ist, kämpft er mit einem hässlichen alten Autoproblem: Rost. Das liegt nicht etwa an billigem Blech oder Konstruktionsfehlern, sondern meist an einer nicht ganz perfekten Karosserieverarbeitung, genauer der Versiegelung von Blechkanten. Die kleinste Lücke, Unreinheit oder Abplatzung genügt, um durch den Kapillareffekt Feuchtigkeit eintreten zu lassen. Das gilt leider nicht nur für einzelne Stellen, sondern für fast alle Bereiche, die Feuchtigkeit abbekommen.

Das große Gebrauchtwagen-Spezial

Karosserie: Klare Kanten sind überlebenswichtig

Öffnen Sie mal eine Autotür, und betrachten Sie genau den Falz an der Türkante, wo sich die umgeschlagene Außenhaut um die Unterkonstruktion legt. Dort findet sich bei fast jedem Auto eine überlackierte Dichtmassespur. Beim Kuga sind wir hier bereits an der ersten möglichen Roststelle. Findet sich dort mal ein Pickel, ist das noch Makulatur, die sich mit dem Lackstift beheben lässt. Bedenken Sie aber: Das Risiko besteht beim Kuga an jeder Kante – auch am Unterboden. Ein gründlicher Check auf der Hebebühne ist also Pflicht. Im Zweifel schützt die Investition in einen Gebrauchtwagencheck bei einer Prüforganisation vor teuren Fehlkäufen.

Ford Kuga Gebrauchtwagencheck 23/22
Lena Willgalis
Überall wo einzelne Blechteile aneinander stoßen, schützt fast immer Karosseriedichtmasse vor Wassereintritt - vorausgesetzt, sie ist perfekt sauber aufgetragen. Das ist am Kuga leider nicht immer der Fall.

Unser Kuga stammt aus dem Gebrauchtwagenangebot von Autohero und glänzt mit überdurchschnittlich gutem Pflegezustand. Der Kenner sieht: Hier wurde nicht nur rasch aufbereitet, sondern vom Vorbesitzer echte Liebe investiert. Die Ventilkäppchen tragen noch Positionsmarkierungen vom Radwechsel (VL, VR …). Die abnehmbare Anhängerkupplung wirkt fast unbenutzt.

Nur knapp allerdings hält unser Kuga Blicken nach Rost stand. Die Auspuffanlage dürfte in ein, zwei Jahren Ersatz erfordern. Das könnte zwar in unserem Fall augenscheinlich häufigem Kurzstreckenverkehr geschuldet sein, kommt aber bei Ford gar nicht so selten vor. Auch die Kanten der gestanzten Fahrwerksteile und die bereits erwähnten, von Karosserie-Dichtmasse versiegelten Nahtstellen sehen nicht mehr taufrisch aus.

Würde hier niemand Hand anlegen, könnten die ersten gravierenderen Rostmängel bereits bei der nächsten oder übernächsten Hauptuntersuchung auftauchen. Selbst Hersteller im niedrigeren Preissegment meistern das Kapitel Rostschutz besser als Ford es beim Kuga gelang. Immerhin: Wo die Korrosion noch nicht zugeschlagen hat, lässt sich die nachlässige Karosserieverarbeitung durch eigene Konservierungsmaßnahmen korrigieren. Etwas Arbeit mit der Drahtbürste, einige Pinselstriche Rostschutzlack sowie der großzügige Einsatz von Konservierungswachs sind also bald vonnöten. Das würden wir ohnehin allen Kuga-Fahrern wärmstens empfehlen. Noch mal: Unser Fotomodell ist top gepflegt und hat erst 30.000 Kilometer auf der Uhr. Die Korrosionsneigung ist überdurchschnittlich hoch und leider keine Seltenheit.

Innnenraum: Praktische Raumfülle mit guter Haltbarkeit

So gepflegt wie unser Fotoauto von außen wirkt, so adrett kommt auch der Innenraum daher. Jedes Stück Bodenteppich ist mit einer passenden Gummimatte geschützt – ein echter Glücksgriff also? Grundsätzlich ja. Das Interieur sieht bis auf minimale Fältchen in der Fahrersitzwange aus wie neu, die mit dem Facelift 2017 deutlich verfeinerten Oberflächen im Cockpit wirken unberührt. Im Vergleich zum Nachfolger Kuga 3 fällt uns die aufrechte und hohe Sitzposition auf, die viele am SUV-Fahren schätzen. Hinten kann die Rücksitzbank flexibel in der Neigung verstellt werden, wovon wahlweise Passagiere oder Gepäckraum profitieren.

Ford Kuga Gebrauchtwagencheck 23/22
Lena Willgalis
Das etwas wuchtig ausgefallene Cockpit gefällt mit guter Ergonomie. Die größtenteils Tastenbezogene Bedienung geht leichter von der Hand, als es häufig geschrieben wird.

Im Kofferraum selbst finden sich 456 bis 1.638 Liter gut nutzbarer Stauraum. Zu beachten gibt es hier allein die Gummidichtung der Heckklappenöffnung. Sie löst sich häufig aus ihrer Halterung, klemmt dann und geht schließlich kaputt. An unserem Testwagen ist sie in Ordnung.

Die oft kritisierte Bedienung ist gar nicht so komplex; allein die Tasten dürften klarer gekennzeichnet sein. Sehr übersichtlich gelang dagegen die Gestaltung des Kombi-Instruments und der späteren Sync-3-Infotainment-Systeme. Beide haben hochauflösende Farbdisplays und lassen sich so gut nutzen.

Kleine Macke: Die Software des Infotainments neigt zu Trägheit oder zum Hängenbleiben. Ein Update schafft seit 2018 Abhilfe. Das Lenkrad gefällt mit handlichen Bedientasten und hochwertiger Verarbeitung. So sticht es im eher durchschnittlich gefertigten Cockpit positiv hervor.

Motoren: Haltbare Diesel, teils problematische Benziner

Doch zurück zu den Stärken des in Spanien gebauten Ford: Zu verhältnismäßig günstigen Preisen bietet er den Platz, den Komfort und die Fahrleistungen, die von einem modernen Kompakt-SUV erwartet werden. Für leisen und adäquaten Vortrieb sorgen Vierzylinder-Benzin- und -Dieselmotoren, die ab September 2014 durchweg die Euro-6-Norm erfüllen. Bei beiden Motorvarianten raten wir zur 150-PS-Version. Die im Drehmoment ähnlichen beziehungsweise identischen 120-PS-Versionen sind zwar im Alltag flink genug, schwächeln aber etwas bei Beladung oder auf der Autobahn. Mehr PS dürfen es gern sein, aber bitte eher beim Diesel. Die stärkeren Benziner sind recht trinkfest und im Alltag mit mindestens neun Litern unterwegs. Außerdem ist Allradantrieb hier Standardausstattung.

Ford Kuga Gebrauchtwagencheck 23/22
Lena Willgalis
Im Testwagen, in der Motorenempfehlung, sowie in den meisten Gebrauchtexemplaren findet sich der problemlose Zweiliter-Turbodiesel, der von PSA stammt. Eine Art Einheitsdiesel, der in unzähligen Fahrzeugen verbaut wird.

Aufmerksamkeit gebührt dem 1,5-Liter-EcoBoost-Benziner, wie er zum Beispiel in unserem Exemplar verbaut ist. Wo die anderen Motoren höchstens hier und da mal an der Kraftstoff- oder Ladedruckregelung kränkeln (dann ist nur ein Sensor defekt) oder etwas Öl verlieren, kommt es bei den ab 2014 verbauten 1,5ern vereinzelt zu Rissen in den Zylinderwänden und somit zu Motorschäden. Genaue Zahlen liegen hierzu seitens Ford nicht vor. Tausende Kuga sind problemlos mit diesem Motor unterwegs, doch Betroffene tummeln sich in Internetforen und sprechen von einem großflächigen Problem. Ein bei Ford durchgestempeltes Wartungsheft dürfte im Falle einer Kulanz nicht schaden, zumal sich der Fehler kaum vorhersehen lässt.

Getriebe: Vortrieb nicht immer bedingungslos

Neben der Motorenwahl stellt sich auch die Frage, ob es ein Allradler sein muss oder ob Frontantrieb genügt. Traktionstechnisch ist Allrad nicht unbedingt nötig, jedoch an alle Benziner über 150 PS gebunden. Dieselfahrer haben indes bei den 140- bzw. 150-PS-Kuga-Modellen die Wahl, wohin die Antriebskraft gehen soll. Wir raten zur Frontantriebsversion. Sie ist günstiger im Verbrauch und umgeht außerdem vollständig potenzielle Probleme mit dem Verteilergetriebe vor Baujahr 2017. Hier kann es im Gehäuse des kompakten Verteilergetriebes zu Rissen kommen, die sich zunächst nur durch leichten Ölverlust bemerkbar machen. Ford tauscht zwar solche Aggregate meist auf Kulanz aus – ansonsten fallen mit Austauschteil und Einbau rund 1.000 Euro Werkstattkosten an –, allerdings kommt es immer häufiger zu Lieferproblemen der von Ford in England produzierten Verteilergetriebe. Über das Ford-Werkstattsystem ETIS lässt sich anhand des Getriebecodes prüfen, ob ein Aggregat zu den gefährdeten Teilen gehört oder nicht.

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Lena Willgalis
In diesem Wimmelbild blicken wir vom Motorraum aus aufs fahrerseitig montierte Automatikgetriebe. Sein Baumuster lässt sich unter dem Luftfilterkasten, sowie im Ford-Werkstattsystem nachschlagen und gibt Aufschluss über das möglicherweise problematische Allrad-Verteilergetriebe.

Egal ob mit oder ohne hinteren Kraftabtrieb: Die Schalt- und Automatikgetriebe selbst machen im Kuga keine Probleme. Zur Wahl stehen eine handgeschaltete Sechsgangbox, eine Sechsstufen-Wandlerautomatik für die Benziner, Serie ab 176 PS, sowie ein Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe, optional für alle Diesel.

Die Wandlerautomatik ist eine US-Entwicklung in Kooperation mit GM. Sie geht derart weich ans Werk, dass sie manch einer für ein Stufenlosgetriebe halten könnte. Der Vortrieb ist also sehr wattig. Das DKG der Dieselmotoren schaltet dagegen bedeutend zackiger und ist angenehm treffsicher abgestimmt.

Fahrwerk: Prima abgestimmt und ohne Problemzonen

Wenn der Antrieb stimmt, fehlt zum Glück nur noch ein gut funktionierendes Fahrwerk. Hier gibt es beim Kuga nur Gutes zu berichten. Verschleiß hält sich in engen Grenzen: Selten schlagen vorn Traggelenke und/oder Domlager aus – das ist bei mindestens 1.600 Kilo Leergewicht aber auch hinzunehmen. Noch seltener, vornehmlich nach häufigem Anhängerbetrieb bei Allradfahrzeugen, klappern die hinteren Querlenkerbuchsen. Diese Verschleißteile sind aber in vertretbarem Preisrahmen zu beheben. Was die Abstimmung anbelangt, gilt auch das Kuga-Fahrwerk Ford-typisch als Musterbeispiel. Es sorgt für ein agiles Handling bei tadellosem Komfort, sowie unterm Strich für eine Handlichkeit, die man sonst beim stattlich auftretenden SUV eher nicht vermuten würde.

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Lena Willgalis
Flott, präzise, fahrsicher und zu alledem noch komfortabel: Das Fahrwerk ist so vielseitig wie der Kuga selbst. Dazu ist es nach Art des Hauses auch noch fein abgestimmt und haltbar noch dazu.

Leider zeigt sich im Umkehrschluss auch die Anhängelast nicht allzu SUV-artig. Selbst mit Allrad und Automatik ist bei 1.850 Kilogramm Schluss. Das reicht für einen ordentlichen Caravan, mehr darf aber nicht an den Haken. Die Konkurrenz zieht zum Teil erheblich mehr.

Mängel: Nur wer Schwachstellen umgeht, fährt problemlos

Wir erwähnten es bereits zur Genüge: Nicht wenige Kuga 2 besitzen Rostprobleme. Andere stehen kurz davor, und mit viel Glück findet sich ein makelloses Exemplar. Hierhin (gerade am Unterboden) gehört die Hauptaufmerksamkeit. Wo es noch nicht blüht, da sollte gleich nach dem Kauf konserviert werden. Wer sich für einen potenziell kritischen 1.5er-Benziner entscheidet, bekommt den harmonischsten Ottomotor im Portfolio, aber eben möglicherweise auch Risse im Motorblock – eine potenzielle Zeitbombe. In den meisten Fällen bleibt der Motor stabil, So empfehlen wir unterm Strich einen Kauf nur mit bei Ford durchgestempelten Checkheft. Das verbessert im Falle eines Falles die Lage zur Kulanzübernahme. Wer sicher geht, verzichtet wie gesagt auch auf den Allradantrieb. Und sonst? Grünes Licht! Der Kuga kennt keine weiteren Krisenherde. Ab und zu fällt mal ein Motorsensor aus, doch hier wird nichts wirklich teuer.

Ford Kuga Gebrauchtwagencheck 23/22
Lena Willgalis
Kleinkram wie sich lösende Dichtgummis (meistens wie hier an der Heckklappe, seltener an den Seitentüren) gehören zu den wenigen Problemchen, die der Kuga außerhalb seiner echten Achillesfersen besitzt.

Preise: Großes Angebot, günstige Preise

Über 5.500 Kuga in kaufbarem Zustand finden sich aktuell im Gebrauchtmarkt. Das Angebot ist also groß. So gibt es gepflegte Exemplare bereits für knapp unter 10.000 Euro – und das gilt nicht nur für die ganz frühen Euro-5-Diesel. Zwischen hier und gut 20.000 Euro gibt es eine Menge Auswahl an Ausstattungen und Laufleistungen.

Wer nun über einen Kauf nachdenkt, sich genau über mögliche Antriebsrisiken informiert hat und dann noch ein rostfreies oder zumindest rostarmes Exemplar erwischt, macht beim Ford Kuga nichts falsch. Er ist ein guter Allrounder mit einem gekonnt abgestimmten Fahrwerk, der sich gravierende Schwächen verkneift. Sofern Zustand und Historie passen, können wir Ihrem Gebrauchtkandidaten grünes Licht geben.

Vor- und Nachteile
Auf einen Blick: Ford Kuga (Typ DM2; 2012-2020)
Viel Platz, praktische Raumausnutzung
Prima Fahrwerksabstimmung
Gute Sitze
Unproblematische, sparsame Dieselmotoren
Günstiges, hinreichend großes Gebrauchtangebot
Optional ausreichendes Fahrassistenzangebot
Agiler Fahreindruck
Rostprobleme
Wenig haltbare Abgasanlage
Magere Basisausstattung
Langer Bremsweg

Fazit

Jetzt haben wir herausgearbeitet, dass der Kuga 2 ein guter Gebrauchter ist, sofern er nicht rostet und den richtigen Antrieb trägt. Was macht ihn aber zur echten Kaufempfehlung, speziell im Vergleich zur starken Konkurrenz aus der VW-Tiguan-Baukastenfamilie? Nun, er ist günstiger, bietet oft mehr Komfort und bessere Doppelkupplungsgetriebe. Wen das überzeugt, darf zuvor aber auch gerne noch einen Seitenblick auf Hyundai Tucson oder Kia Sportage werfen.

Technische Daten
Ford Kuga 2.0 TDCi 4x4 TitaniumFord Kuga 1.5 EcoBoost ST-Line
Grundpreis34.100 €31.650 €
Außenmaße4524 x 1838 x 1689 mm4541 x 1838 x 1737 mm
Kofferraumvolumen456 bis 1653 l456 bis 1653 l
Hubraum / Motor1997 cm³ / 4-Zylinder1498 cm³ / 4-Zylinder
Leistung110 kW / 150 PS bei 3500 U/min110 kW / 150 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit192 km/h195 km/h
0-100 km/h10,1 s9,7 s
Verbrauch5,2 l/100 km6,3 l/100 km
Testverbrauch7,8 l/100 km9,4 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten