Golf, V40, 1er, A3 und A-Klasse im Test
Fährt der neue VW Golf allen davon?

Der VW Golf prägt die Kompaktklasse wie kein anderes Modell – und kein Zweiter muss seine Vormachtstellung so häufig verteidigen. Diesmal gegen BMW 1er, Mercedes A-Klasse, Volvo V40 und Audi A3.

VW Golf 2.0 TDI, Audi A3 2.0 TDI, Mercedes A 200 CDI, BMW 118d Sport Line, Volvo V40 D3, Seitenansicht
Foto: Rossen Gargolov

Nicht nur am Wachstum der Kinder sieht man, wie schnell die Zeit vergeht – auch am VW Golf. Es scheint noch gar nicht lange her (2008), dass Nummer sechs auf den Markt kam, und schon soll sie wieder zum alten Eisen gehören? Die Rolle des ewigen Besten hat sich der Kompakte als einstiger Nachfolger des legendären VW Käfer mit beständigen Verbesserungen gesichert. Immer wieder scheint er sich genau dann in die Neuzeit zu reinkarnieren, wenn ernsthafte Konkurrenten zum Sturz des Souveräns auftauchen. Kann auch Nummer sieben, in dem Fall der VW Golf 2.0 TDI, ihre Vormachtstellung verteidigen – diesmal gegen den Audi A3 2.0 TDI, den BMW 118d, die Mercedes A 200 CDI und den Volvo V40 D3, alle mit 136 bis 150 PS starken Vierzylinder-Dieseln?

Audi A3 2.0 TDI Ambition ab 28.200 Euro

Im Juni kam der Audi A3 auf den Markt und baut als Erster im VW-Konzern auf dem so genannten modularen Querbaukasten auf, was für eine flexible Fahrzeug-Architektur mit quer eingebautem Frontmotor steht. Diese nutzt jetzt auch der neue VW Golf VII. Formal hebt sich der Audi A3 deutlich von seiner Wolfsburger Verwandtschaft ab. Er sieht schon im Stand eine Spur schneller aus, was auch daran liegt, dass er als Einziger im Vergleich als Zweitürer antritt (der viertürige Sportback folgt erst noch). Das bringt zwar Schnittigkeit, verschlechtert aber die Funktionalität. Mitfahrer müssen in den Fond krabbeln.

Bekanntlich zählt der erste Eindruck, und da punktet der Audi A3 2.0 TDI Ambition mit lupenreiner Verarbeitung sowie einem oberklassigen Qualitätseindruck. Das Cockpit ist angenehm reduziert – Bauhaus-Fans werden es lieben – und leicht zu durchblicken. Alles wirkt auf Agilität getrimmt, doch glücklicherweise tritt der kompakte Audi zwar in der S Line, aber ohne Sportfahrwerk an. Trotzdem sind Federn und Dämpfer straff genug, dass sich der 2.0 TDI mit Vorliebe ins Kurvengetümmel stürzen kann und dort mit seiner zielgenauen Lenkung keine Unsicherheiten aufkommen lässt.

Anders als bei früheren Testwagen reicht nun auch der Federungskomfort für lange Autobahn-Passagen. Auffällig gut ist der Zweiliter-TDI akustisch gedämmt und legt bei Vollgas vehement los. Dessen ungeachtet lässt sich der Audi A3 als Leichtgewicht unter den fünf Kandidaten sparsam bewegen.

BMW 118d Sport Line ab 30.100 Euro

In der Sport Line ist der BMW 118d der Teuerste im Feld. Der BMW 1er lässt sich seine Einzigartigkeit bezahlen: den Hinterradantrieb. Dynamiker pfeifen deshalb auf den engen Innenraum sowie die etwas schlichte Anmutung – und wählen ihn, weil kein anderer kleine Landsträßchen mit dem gleichen Feuereifer nimmt. Hier übertrifft er sogar den Audi A3, was sich weniger an Fahrdynamik-Werten als vielmehr an der Präzision der Rückmeldung zeigt. Erst voll beladen tritt ein gravierender Nachteil auf: Auf derben Bodenwellen geht die Federung des BMW 11d auf Block. Doch hart werden die optionalen adaptiven Stoßdämpfer nicht einmal in Stellung Sport; mit ihrer gelungenen Spreizung sind sie eine unbedingte Empfehlung. Der Fahrer wird maximal ins Geschehen eingebunden, muss dann auf der Autobahn allerdings mit einem leicht fahrigen Geradeauslauf leben – und mit einem relativ rauen Motor.

Entgegen der Vermutung, dass die Bayerischen Motoren Werke hervorragende Antriebe ins Rennen schicken, wirkt der Zweiliter des BMW 118d zugeschnürt; seine 143 PS lassen sich immer etwas bitten. Das Getriebe wiederum enttäuscht Schnellschalter mit der mittlerweile markentypischen Knorpeligkeit. Für Interessenten ist der Achtstufen-Automat trotz hohem Aufpreis eine echte Überlegung wert; er hat sich in früheren Tests sehr empfohlen.

Nicht mehr ganz auf der Höhe zeigt sich der BMW 1er bei der Sicherheitsausstattung; speziell bei nassem Untergrund beißen die Bremsanlagen von VW Golf und Audi A3 eiserner zu. Hier wertvolle Punkte zu verlieren, rächt sich am Ende in der Addition.

Mercedes A 200 CDI Style ab 28.554 Euro

Nur wer den besternten Kompakten noch aus der ersten Generation mit einem einfachen Einstieg, einer hohen Sitzposition und guter Rundumsicht kennt, wird enttäuscht – alle anderen dagegen von der jugendlichen Erscheinung überrascht. Die Mercedes A-Klasse wendet sich selbstbewusst Jungdynamikern zu. Wegen des flachen, nach hinten abgesenkten Dachs muss man beim Einsteigen in den Fond den Kopf einziehen, und dort wartet eine höhlenhafte Enge. Vorne sitzt man auf tief montierten Sitzen fast wie in einem Sportwagen, dessen Charakteristik das Fahrwerk nachahmen will. So stiebt der Fronttriebler durch die Lande, wie das außer einem AMG noch kein anderer Mercedes zustande brachte.

Allerdings ging damit auch der Komfort weitgehend flöten. Selbst ohne das optionale Fahrwerk mit strafferen Federn kopiert die der Mercedes A 200 CDI Unebenheiten eher, als sie in ihren Stoßdämpfern aufzunehmen. Da müssen die Passagiere hart im Nehmen sein – es sei denn, der Mercedes ist voll beladen, dann bessert sich das Schluckvermögen etwas. Sein klanglich deutlich als Diesel zu erkennender 1,8-Liter mit 136 PS müht sich redlich, den Leistungs-Nachteil auf die stärkeren Konkurrenten wett zu machen, fällt beim Beschleunigen aber speziell zum Audi A3 2.0 TDI und VW Golf 2.0 TDI ab.

Dass auf Praxisnutzen kein gesteigerter Wert gelegt wird – Mercedes verweist hier auf die B-Klasse –, zeigt sich auch am Kofferraum der neuen A-Klasse. Er ist nicht nur klein, sondern zudem durch die enge Ladeluke auch schwer zugänglich.

Volvo V40 D3 Momentum ab 29.380

Wie Audi A3, BMW 1er und Mercedes A-Klasse setzt auch der Volvo V40 in der Kompaktklasse voll auf Agilität, was die Frage provoziert, ob tatsächlich alle potenziellen Kunden Freizeit-Racer sind. Speziell beim schnellen Ausweichen als Teil der Fahrdynamikprüfung legt der Volvo V40 D3 im Vergleich die flotteste Sohle aufs Asphalt-Parkett. Im realen Verkehrsleben sieht es allerdings anders aus. Mangels detaillierter Kommunikation zwischen Fahrwerk und Fahrer kommt dieser gar nicht auf die Idee, durch Kurven zu räubern: Die Lenkung fühlt sich synthetisch an und vermittelt nicht das Vertrauen, das fürs Fahren im Grenzbereich notwendig ist. So lässt man es im Volvo V40 D3 lieber gemütlich angehen, lümmelt sich in die bequemen, aber etwas weichen Sitze, erfreut sich am knapp geschnittenen, aber nett gemachten Innenraum – und vor allem daran, ein ungewöhnlich designtes Auto zu fahren.

Das Blubbern des Fünfzylinders steuert satte Wohlfühl-Frequenzen bei, und das Drehmoment befähigt zu sämigen Zwischenspurts. Da überlegt man sich zweimal, zurückzuschalten, zumal das nicht besonders exakte Getriebe hierzu nicht gerade animiert. Nicht in Ordnung geht der Verbrauch: Er liegt im Schnitt 1,2 Liter auf 100 Kilometer über dem des VW Golf 2.0 TDI. Hier rächt sich das hohe Gewicht des Volvo V40 D3 Momentum. Am meisten stört beim Cruisen jedoch die zu straffe Abstimmung des Fahrwerks. Wie gesagt: Es gibt in Wirklichkeit weniger Freizeit-Racer, als die Marketing-Abteilungen annehmen – aber mehr schlechte als gute Straßen.

VW Golf 2.0 TDI Highline ab 28.815 Euro

Mit den optionalen adaptiven Stoßdämpfern gerüstet, ist dem neuen VW Golf der Zustand der Straßen ziemlich egal. In der weichen Stellung spürt man auf Berg-und-Tal-Bahnen nicht viel mehr als das sanfte Wiegen der Karosserie. Wer besseren Federungskomfort wünscht, muss mindestens eine Klasse höher suchen. Das macht den VW-Fahrer aber deshalb noch lange nicht zum Kapitän der Landstraße, denn das Wanken hält sich trotz nachgiebiger Stoßdämpfer in Grenzen. Wer will, schaltet auf Sport und genießt einen Hauch GTI, ohne sich dafür von Bodenwellen geißeln lassen zu müssen. Dazu passt die zielgenaue und leichtgängige Lenkung mit definierter Mittellage. Wobei: Der A3 ist im Handling noch besser.

Es ist den Entwicklern wieder mal gelungen, ihren Bestseller der Perfektion ein gutes Stück näher zu bringen – selbst kritische Tester verzweifeln beim VW Golf auf der Suche nach Schwächen. Geräumig? Haken dran. Kofferraum? Groß. Sicherheitsausstattung? Klassenbester. Bedienbarkeit? Einfach. Letzteres hängt mit dem Touchscreen in der Mittelkonsole zusammen: Er bildet gestochen scharf ab, reagiert bereits auf den sich nähernden Finger, und die zugehörige Software ist frei von Logikfehlern. Das Ganze fügt sich in ein hochwertiges, geradliniges Umfeld ein.

Kaum schwerer als der zweitürige Audi, bietet der viertürige VW Golf 2.0 TDI nahezu die gleichen Fahrleistungen bei nochmals höherer Wirtschaftlichkeit: Den Vortrieb von 320 Nm bei einem Durchschnittsverbrauch von 6,1 Liter auf 100 Kilometer genießen zu dürfen, ist schon eine Ingenieursleistung. Und die ausgesprochenen Knauser-Motoren kommen erst noch an den Start. Was kann man diesem Gewinnertyp vorwerfen? Dass es diese Qualität nicht zum Discount-Preis geben kann jedenfalls nicht. Zumal man sich ja nicht unbedingt für die hier angetretene teure Highline-Variante entscheiden muss – sie besitzt sogar Bixenon-Scheinwerfer serienmäßig.

Fazit

1. VW Golf 2.0 TDI Highline
545 von 1000 Punkte

Die Sache mit dem Umsturz muss noch warten, der neue VW Golf sitzt fester im Sattel als jeder seiner sechs Vorgänger. Nur in Sachen Sportlichkeit sind Audi und BMW besser, sonst gewinnt der VW jedes Kapitel. Deutlicher kann man seinen Herrschaftsanspruch nicht beweisen – bis die nächsten Herausforderer kommen.

2. Audi A3 2.0 TDI Ambition
524 von 1000 Punkte

Zweitbester mit Respektabstand. Der Audi brilliert mit beeindruckender Qualität, leichtfüßigem Handling sowie kräftigem, sparsamen Motor. Als Zweitürer erhält er aber Funktionalitäts-Abzüge. Zudem bremst er nicht so zackig wie der VW.

3. Mercedes A 200 CDI Style
493 von 1000 Punkte

Zu einseitig hart wurde die A-Klasse abgestimmt, zu eng ist ihr Innenraum, als dass sie einen besseren Platz erreichen könnte. Der schwächste Diesel-Vierzylinder in diesem Vergleich kann nicht ganz mit den Konkurrenten mithalten.

4. BMW 118d Sport Line
486 von 1000 Punkte

Dank adaptivem Fahrwerk federt der teure Fahrdynamiker auch gut, kommt aber beladen an seine Grenzen. Lückenhafte Sicherheitsausstattung, geringe Zuladung und sein schlapp wirkender Motor werfen ihn auf den vierten Platz zurück.

5. Volvo V40 D3 Momentum
478 von 1000 Punkte

Alleinstellungsmerkmale: stilvoller Innenraum und angenehmer Fünfzylinder-Sound. Synthetische Lenkung mit mangelnder Rückmeldung, hoher Verbrauch, knappes Raumangebot und umständliche Bedienbarkeit reichen aber nur für den letzten Platz.

Technische Daten
VW Golf 2.0 TDI HighlineAudi A3 2.0 TDI AmbitionMercedes A 200 CDI StyleBMW 118d Volvo V40 D3 Momentum
Grundpreis29.325 €28.500 €28.554 €27.400 €29.380 €
Außenmaße4255 x 1799 x 1452 mm4237 x 1777 x 1421 mm4292 x 1780 x 1433 mm4324 x 1765 x 1440 mm4369 x 1783 x 1420 mm
Kofferraumvolumen380 bis 1270 l365 bis 1100 l341 bis 1157 l360 bis 1200 l335 bis 1032 l
Hubraum / Motor1968 cm³ / 4-Zylinder1968 cm³ / 4-Zylinder1796 cm³ / 4-Zylinder1995 cm³ / 4-Zylinder1984 cm³ / 5-Zylinder
Leistung110 kW / 150 PS bei 3500 U/min110 kW / 150 PS bei 3500 U/min100 kW / 136 PS bei 3600 U/min105 kW / 143 PS bei 4000 U/min110 kW / 150 PS bei 3500 U/min
Höchstgeschwindigkeit216 km/h216 km/h210 km/h212 km/h210 km/h
0-100 km/h8,6 s8,5 s9,0 s9,0 s8,6 s
Verbrauch4,2 l/100 km4,1 l/100 km4,3 l/100 km4,1 l/100 km4,3 l/100 km
Testverbrauch6,3 l/100 km6,5 l/100 km6,2 l/100 km7,3 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten