Honda Civic 2.2i-DTEC im Test
Alles wollen, nicht viel sein

Mit dem Honda Civic in der neunten Auflage, beweist Honda Mut. Wir haben den eigenwilligen und auffälligen Kompakten im Test.

Honda Civic 2.2i-DTEC, Heck
Foto: Arturo Rivas

Honda zeigt Mut und bleibt dem futuristisch-keilförmigen Design treu. Mit breiter, niedrig angesetzter Haube und flacher Frontscheibe. Mit einer nach hinten ansteigenden Karosserielinie. Mit Rückleuchten, die in einem Spoiler auf der zweigeteilten Heckscheibe auslaufen. Damit soll der Honda Civic in der Masse kompakter Viertürer auffallen und Kunden aus aller Welt in die Verkaufshallen locken. Sie trauen sich also was bei Honda.

Schwierig wird es nur dann, wenn die Form im Alltag nervt und zu Kompromissen zwingt. Wenn beispielsweise die vordere Kante des Dachhimmels zu nahe an der Fahrerstirn ist – trotz tief gestelltem Sitz und (nur) 183 Zentimeter großem Fahrer. Wo bleibt da das Raumgefühl? Oder wenn die Insassen im Fond des Honda Civic 2.2i-DTEC Nackenstarre bekommen, da sie mit dem Kopf sonst an der Innenverkleidung schubbern. Wo bleibt da die Gemütlichkeit?

Honda Civic immer noch unübersichtlich nach hinten

Dass es angesichts der massiven C-Säulen und des Spoilers immer noch an Übersicht nach hinten mangelt, macht die Freundschaft nicht leichter. Dabei können die bequemen, weich gepolsterten Sessel, die teils verbesserte Materialqualität und der digitale Tacho, der gut im Blickfeld liegt, durchaus gefallen. Ebenso der TFT-Monitor des Bordcomputers i-MID, dessen Programmierung sich allerdings als besonders eigensinnig entpuppt. Wer beispielsweise nur zwischen Tages- und Gesamtkilometerzähler wechseln möchte, muss sich mittels Lenkradtasten umständlich durch ein Untermenü klickern. Und es geht noch umständlicher: Der Wechsel zwischen Momentan- und Durchschnittsverbrauch gelingt im Honda Civic 2.2i-DTEC nur bei stillgelegtem Motor – und nach dem Studium der Seiten 111 bis 115 im Bordbuch.

Jenes sollte auch bei der ersten Tankung bereitliegen (weiter vorn auf Seite 22), denn der Zughebel zum Entriegeln der Tankklappe sitzt links unten im Fahrerfußraum – unbeleuchtet und intuitiv schwer zu finden. Mietwagenverleiher sollten am besten gleich eine Hinweiskarte mit ins Auto legen.

Rückbankkonzept bleibt erfreulich variabel

Genug gemeckert, es gibt auch Positives zu melden. Honda ist sich im Innenraum treu geblieben und setzt weiterhin auf das clevere Rückbankkonzept des Honda Civic. So lassen sich zum einen die Sitzflächen wie im Kino einzeln nach oben klappen – ideal für hohe Koffer- und Palmentransporte. Oder, wie normalerweise üblich, komplett umlegen. Das prächtige Resultat: eine ebene Ladefläche im Format 1,6 mal 1,35 Meter. Damit nicht genug: Auch der Standard-Kofferraum des Honda Civic 2.2i-DTEC liegt mit 477 Liter deutlich über dem Klassendurchschnitt. Optional ist eine variable Bodenklappe zu haben (Serie ab Comfort), die bei Bedarf ein 76 Liter großes Zusatzfach abzwackt.

Längeren Ausflügen steht also wenig entgegen, zumal auch das Fahrwerk des Honda Civic 2.2i-DTEC an Komfort gewonnen hat. An der Verbundlenkerhinterachse kommen nun Hydrauliklager statt Gummibuchsen zum Einsatz. Vorne sollen neu abgestimmte Stoßdämpfer für einen ruhigeren Vorderbau sorgen. Auf gepflegten Autobahnpisten gelingt das auch – auf geflickten Landstraßen oder innerstädtischen Gullydeckeln bleiben den Passagieren einige Rumpler aber nicht erspart. Warum? Honda wollte dem Civic unbedingt etwas Sportlichkeit mit auf den Weg geben. Das beweist auch die verfeinerte, elektronische Zahnstangenlenkung. Willig lenkt der Honda Civic 2.2i-DTEC ein, folgt präzise und ohne Gezerre der angedachten Linie. Das Manko zeigt sich kurz nach der Auffahrt zur A8, denn bei flotter Autobahnfahrt ist die Lenkung um die Mittellage zu leichtgängig und zu nervös. Wer nur schnell geradeaus fahren will, braucht eine ruhige Hand. In letzter Konsequenz fehlt es dem Civic so an Sportlichkeit und an Komfort gleichermaßen.

Honda Civic 2.2i-DTEC in 8,7 Sekunden auf Tempo 100

Deutlich stimmiger präsentiert sich der renovierte, 2,2 Liter große Diesel. Kernig brummend bringt er den 1.430 Kilo schweren Honda Civic 2.2i-DTEC schnell auf Trab, beschleunigt besser als die Werksangaben und dringt bereitwilig in höhere Geschwindigkeitsbereiche vor. Für gute Laune hinterm Steuer sorgt auch das mit kurzen Schaltwegen arbeitende Getriebe, wobei das hohe Drehmoment nur selten zum Schalten nötigt. Mit seinen 350 Newtonmetern zählt der Vierzylinder zu den Drehmomentstärksten seiner Klasse und zieht auch aus hohen Gängen flott in Richtung Horizont. Ein 140 PS starker Golf 2.0 TDI bringt 30 Nm weniger auf die Welle und ist längst nicht so flott auf 100 km/h.

Doppelt erfreulich: Trotz zügiger Fahrweise mussten die Kollegen in der Redaktion nicht allzu oft die schon erwähnte Seite 22 aufschlagen. Mit einem Testverbrauch von 5,9 und einem Minimalwert von 4,4 Liter Diesel pro 100 km ist der Honda Civic 2.2i-DTEC ein seltener Tankstellengast. Möglich macht dies auch die Eco-Taste links neben dem Lenkrad, die ihm zusätzlich zum serienmäßigen Start-Stopp-System einen Sparmodus verordnet. Die Motordrehzahl wird dann sanfter erhöht, die Klimaanlage arbeitet nur nach Bedarf, und den Fahrer warnen und loben blau bis grün changierende Balken im mittigen Display für seine Fahrweise.

Kann sich der Honda Civic 2.2i-DTEC mit seinem Platzangebot und dem sparsam-kräftigen Diesel also zumindest vier Sterne sichern? Nein. Denn auch die hondatypische Ausstattungspolitik ist eigenwillig und kundenunfreundlich. Ein Beispiel: 21.950 Euro verlangt Honda für einen Civic in der Basisausführung. Gepäckraumabdeckung oder Heckscheibenwischer? Nicht dabei. Wer danach verlangt, muss 2.200 Euro mehr hinlegen. Es sollen auch Parksensoren und ein Tempomat sein? Macht 1.650 Euro mehr für die Sport-Ausführung. Xenon-Scheinwerfer und die viel beworbenen Fahrerassistenzsysteme? Die sind nur für die Topversion Executive optional zu haben. Basispreis für den Diesel mit Executive-Ausstattung: happige 30.250 Euro. Gerade im Vergleich zu europäischen Herstellern ist das denn doch ein bisschen zu mutig.

Vor- und Nachteile
Karosserie
Honda Civic 2.2 i-DTEC
Großer Kofferraum
Praktische Sitzkinematik
Gut positionierte Instrumente
Schlechte Übersicht
Eingeschränktes Raumgefühl
Wenig Ablagen
Mäßige Verarbeitung
Unpraktische Bedienung
Fahrkomfort
Akzeptabler Federungskomfort
Bequeme Sitze
Niedrige Innengeräusche
Im Stadtverkehr stößige Federung
Antrieb
Starker, sparsamer Diesel
Exaktes und leicht schaltbares Getriebe
Brummiger Unterton
Fahreigenschaften
Präzise Lenkung
Sicheres, agiles Kurvenverhalten
Gute Handlichkeit
Mäßiger Geradeauslauf
Sicherheit
Standfeste Bremsen
Optionale Assistenzsysteme
Kein City-Assist
Umwelt
Niedriger Verbrauch
Eco-Modus serienmäßig
Kein Umweltzertifikat
Kosten
Akzeptabler Grundpreis
Teure Aufpreisgestaltung
Hoher Wertverlust

Fazit

„Der Civic ist nicht stimmig. Mal sportlich, mal clever, mal eng, mal umständlich. Er will alles und bietet dann zu wenig.“ Michael von Maydell zum neuen Civic.

Technische Daten
Honda Civic 2.2 i-DTEC Sport
Grundpreis25.950 €
Außenmaße4300 x 1770 x 1470 mm
Kofferraumvolumen477 bis 1378 l
Hubraum / Motor2199 cm³ / 4-Zylinder
Leistung110 kW / 150 PS bei 4000 U/min
Höchstgeschwindigkeit217 km/h
0-100 km/h8,7 s
Verbrauch4,4 l/100 km
Testverbrauch5,9 l/100 km