Jaguar F-Pace und I-Pace im Test
Ist der I-Pace der bessere F-Pace?

Im Jaguar-Angebot finden sich mit I-Pace EV400 und F-Pace P400 zwei edle SUV mit – na klar – 400 PS. Zeit also, die Frage zu beantworten, wer im direkten Vergleich mehr Raum, mehr Power und mehr Fahrspaß bei bestmöglicher Effizienz bietet.

Jaguar F-Pace P400, Jaguar I-Pace EV400, Exterieur
Foto: Rossen Gargolov

Parkplatz Skilift Halde an der L 1236, Schwäbische Alb. Vergleichsfahrt, Fahrzeugwechsel. Mit breitem Grinsen steigt der Kollege aus dem grimmig-grauen F-Pace R-Dynamic SE aus und schüttelt den Kopf. "Keine Chance – der hier ist gut, lenkt präzise ein und ist schnell, aber ich komm nicht hinterher. Als säße ich in einem torkligen Bus und du im ICE." Recht hat er. Wie satt der I-Pace auf der Straße liegt, stoisch und mit minimaler Seitenneigung Kurven durcheilt, Geschwindigkeiten erlaubt, die man hier bislang bei aller Legalität kaum wagte, ist sensationell.

Unsere Highlights

Die Zutaten? 13 Zentimeter niedrigerer Schwerpunkt als im F-Pace, feinfühlige Lenkung, Luftfederung, 22-Zoll-Räder. Dass der E-Jag mit einem Leergewicht von 2,23 Tonnen 150 Kilo mehr auf die Waage bringt, spielt da keine Rolle. Übrigens selbst bei Regen und niedrigen Temperaturen nicht. Natürlich gerät er auch mal ins Unter- oder Übersteuern, begreift aber blitzschnell, was los ist, zieht, schiebt oder bremst sich sehr geschickt aus jeder Bredouille. Dabei sollte ESP jedoch immer aktiv sein.

Jaguar I-Pace EV400, Exterieur
Rossen Gargolov
Wer den I-Pace fährt, ist sofort begeistert von der satten Straßenlage im Verbund mit einer feinfühligen Lenkung.

Nur bei forschen Bremsmanövern wird klar, wie schwer der 4,68-Meter-SUV ist und dass Bremsanlagen in E-Autos durchaus gewöhnungsbedürftig sind. Seine Bremsen sprechen zu zahm an, und wer wirklich zackig von Kurve zu Kurve sporteln möchte, muss gehörig aufs Pedal treten. Die Messwerte selbst (35,6 Meter aus 100 km/h) sind okay, teils sogar besser als beim F-Pace, der trotz imposanter Bremsanlage (380 Millimeter große Scheiben vorne, 325 Millimeter hinten) weniger vehement verzögert. Warum man ihm trotzdem mehr vertraut? Weil sie sich feiner und auf den Punkt genau dosieren lässt.

Famoser Sechszylinder

Gleichermaßen spannend ist der Vergleich der beiden Antriebe, die nominell mit der gleichen Leistung aufwarten. Im I-Pace kommen zwei permanenterregte Synchronmotoren mit jeweils 147 kW zum Einsatz – tief unten und platzsparend integriert in Vorder- und Hinterachse. Die Antriebswellen laufen durch die Motoren hindurch, ihr Drehmoment beträgt 348 Newtonmeter – je Maschine natürlich.

Vielversprechende Zahlen, aber der F-Pace hält gut dagegen. Sein neuer Reihensechszylinder ist ein technisches Meisterwerk: drei Liter Hubraum, elektrisch angetriebener Verdichter, Twin-Scroll-Lader, 550 Nm Drehmoment und dank Riemenstartergenerator auch noch milde hybridisiert. Damit legt der hecklastig ausgelegte Allradler dank hoher Traktion stürmisch los und besticht mit einer gleichmäßigen sowie stämmigen Kraftentfaltung. Ganz zu schweigen von der hohen Laufruhe und dem famosen Klang – übrigens ganz gleich, in welchem Fahrmodus oder Drehzahlniveau.

Jaguar F-Pace P400, Exterieur
Rossen Gargolov
Wer nicht zuvor den I-Pace fuhr, empfindet den F-Pace als sehr agilen und kurvenfreudigen SUV mit viel Power.

Doch seine 400 PS versammelt der große Verbrenner erst bei 5.500 Touren, während die gleiche Leistung und 696 Newtonmeter Drehmoment beim I-Pace bereits beim Start anliegen und er entsprechend fixer davonsprintet. Ein Blick auf die Messwerte zeigt aber, dass sich das P400-Motorenkonzept durchaus lohnt: Bis Tempo 30 und 60 liegt der F-Pace nur 0,1 und 0,3 Sekunden hinter dem I-Pace. Doch dann stehen die ersten Gangwechsel an, und der E-Jaguar schnurrt davon. 100 km/h sind nach 4,9 Sekunden erreicht, 160 nach 11,2 Sekunden (F-Pace: 5,8 und 12,6 s). Nur mit den möglichen 250 km/h des Benziner-SUV kann er nicht dienen, wobei 200 km/h für ein E-Auto durchaus hoch sind.

Auffällig: Bei verschärfter Fahrweise geht das ZF-Automatikgetriebe im F-Pace sehr ruppig vor. Flottes Runterschalten aus hohen Touren schätzt es dafür umso mehr. Der I-Pace wartet nur mit einer Rekuperationsstufe (0,4 g Bremskraft) auf, die sich nicht mittels Lenkradpaddel, sondern nur umständlich via Touchscreen aktivieren lässt.

Der Stromspeicher ist schnell leer

Ebenfalls wenig grandios: Stromkonsum, Reichweite und Ladezeiten. Der Testverbrauch beträgt 32,2 kWh, die Netto-Kapazität 85 kWh. Flott gefahren, hängt der I-Pace also schon nach rund 300 Kilometern am Kabel. Via Onboard-Lader müssen elf kW Ladeleistung reichen. An der Schnellladesäule kann sich der bei Magna Steyr in Graz gefertigte Jaguar mit bis zu 100 kW stärken. Nicht üppig für einen SUV mit 432 Pouchzellen im Unterboden. 35 Minuten sollte man für eine 20–80-Prozent-Füllung unter guten Bedingungen einplanen.

Jaguar I-Pace EV400, Interieur
Rossen Gargolov
295 Kilometer fährt der I-Pace mit vollem Akku bei flotter Fahrt – ein passabler Wert.

Freie Säulen sind dank eines kompetenten Navis, das sogar die erwarteten Stromkosten darstellt, schnell gefunden. Generell ist übrigens das neue Pivi Pro Infotainment, das in beiden SUV verbaut ist, ein feines Gerät – großer Screen, intuitive Bedienung, klare Kartendarstellung, zwei SIM-Karten, Schnittstellen für zwei Mobiltelefone, Wifi und einiges mehr. Auch Kraftfluss, Batteriestatus und Verbräuche zeigt Pivi Pro sehr anschaulich an.

Der Sechszylinder im F-Pace gönnt sich im Schnitt elf Liter, überzeugt auf der 275 Kilometer langen Eco-Runde mit einem Testverbrauch von lediglich 8,5 l/100 km – für einen Allrad-SUV mit derartiger Power keine schlechten Werte. Weil der Tank immerhin 83 Liter fasst, liegt eine Reichweite von nahezu 1.000 Kilometern bei geruhsamer Fahrweise gar nicht fern. Und natürlich ist der F-Pace schnell wieder fahrbereit. Als Standardzeit setzen wir acht Minuten an. Entsprechend sammelt er hier Punkte ein.

Jaguar F-Pace P400, Interieur
Rossen Gargolov
Bei zurückhaltender Fahrweise sind Verbräuche unter 10 Litern im F-Pace durchaus realisierbar.

Bei der Bewertung der Kohlendioxid-Emissionen sieht es für den P400 hingegen mies aus: 256 zu 129 Gramm. Oder in harten Punkten: fünf für den F-Pace, 37 für das erste E-Auto von Jaguar – ein massiver Vorsprung also. Wobei wir hier anmerken, dass wir den Aufwand für Batterieherstellung und Haltbarkeit nicht berücksichtigen. Jaguar gewährt eine Garantie von acht Jahren oder 160.000 Kilometern auf eine Batterieleistung von 70 Prozent. Erst im April investierte Jaguar Land Rover 20 Millionen Dollar in das Start-up-Unternehmen Battery Resourcers, das sich mit Recyclingmaßnahmen für alte Akkus beschäftigt.

Fahrkomfort, der überzeugt

Überraschend ähnlich sind die beiden Jaguar in puncto Federungskomfort. Selbst grobe Unebenheiten verarbeiten die SUV geschmeidig, wobei sich die Aufbaubewegungen in Grenzen halten. Der I-Pace rollt zudem bei langsamer Fahrt noch beflissener ab als sein hochbeiniger Kontrahent. Allerdings kostet das Komfort-Plus im E-Auto nochmals extra, denn der mindestens 77.300 Euro teure Testwagen hat die optionale Luftfederung mit zusätzlicher adaptiver Regelung an Bord (2.938 Euro). Hinzu kommen die gewaltigen 22-Zoll-Walzen (255/40 R 22), für die Jaguar völlig unbescheidene 5.500 Euro berechnet. Beim F-Pace R-Dynamic SE für 80.450 Euro sind die adaptiven Dämpfer und die großen Räder im Preis mit drin, aber ein Luftfahrwerk gibt es nicht. Entsprechend liegen die SUV preislich nahe beieinander.

Checken wir jetzt noch das Innenleben der beiden. Die Unterschiede in puncto Materialqualität und Platzangebot für die Insassen sind minimal und teils der unterschiedlichen Konfiguration geschuldet. So tritt der I-Pace mit kuscheligen Sportsitzen an, während Fahrer und Beifahrer des F-Pace auf seitenhaltstarken, aber nicht so gemütlichen Performance-Sitzen logieren. Hier wie dort sind sie aufpreispflichtig, wobei das mit veganen Stoffen bezogene Mobiliar im I-Pace rund 2.000 Euro teurer kalkuliert ist.

Jaguar F-Pace P400, Jaguar I-Pace EV400, Exterieur
Rossen Gargolov
Bis auf seine hohen Emissionswerte ist der F-Pace dem I-Pace meist ebenbürtig.

Obwohl beide Jaguar ja zur gehobenen SUV-Society zählen, sind sie erstaunlich nutzwertig. Zweigeteilte Lehnen, Laderaumschienen und Gepäcksicherungsnetze sind in diesem Segment längst nicht mehr selbstverständlich. Der F-Pace bietet unter dem Ladeboden sogar Platz für seine Gepäckabdeckung und könnte bis zu 2,4 Tonnen schwere Hänger ziehen. Mehr Gepäck (bei aufgestellten Lehnen) kann wiederum der I-Pace transportieren. Nicht zu vergessen der 27 Liter große Stauraum im Bug als perfekte Ablage für Ladekabel. Die Buchse sitzt vorne links.

Der I-Pace ist günstiger

Bleibt noch der Kostencheck, doch viel zu klären gibt es da nicht. Wie erwähnt ist der I-Pace im Grunde teurer als der besser ausstaffierte F-Pace, aber die staatliche Förderung (7.975 Euro) überkompensiert den Mehrpreis. Nimmt man dann allein die Energiekosten – fiktiv errechnet auf 100.000 Kilometer Laufleistung – hinzu (Sprit: 1,66 Euro, Strom: 0,31 Euro), ist der I-Pace über diese Distanz rund 6.000 Euro günstiger. Und damit sichert er sich vollends den Sieg.

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Super. Jaguar hat den SUV an genau den richtigen Stellen modernisiert.Gar nicht. Das Vor-Facelift-Modell finde ich deutlich besser.

Fazit

1. Jaguar I-Pace EV400
611 von 1000 Punkte

Etwas geräumiger, komfortabler abgestimmt und doch agiler – der I-Pace ist ein vorzüglicher Wagen und hier der bessere Jaguar. Größtes Manko: seine geringe Reichweite.

2. Jaguar F-Pace P400
590 von 1000 Punkte

Die hohen Emissionswerte des feinen Sechszylinders machen dem F-Pace zu schaffen. Ansonsten ist er dem I-Pace meist ebenbürtig und ein SUV mit enorm viel Charisma.