Lexus RC F Advantage im Test
Nix Hybrid. Fetter V8!

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Lexus und Hybrid? Nicht beim RC F. Das F steht für den Fuji Speeway, auf dem die Tests laufen. Lexus konzipiert den hinterradgetriebenen V8-Boliden rennstreckentauglich und mit richtig Dampf.

Lexus RC F Advantage, Frontansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

Ab und zu müssen sie bei Lexus einfach aus diesem Hybridzwinger ausbrechen. Vernünftig, zukunftssicher, technokratisch – schön und gut. Aber so ein bitterböses V8-Tier zu konstruieren, dürfte dem einen oder anderen Ingenieur geradezu diebische Freude bereiten: einen Fünfliter- Sauger mit 477 PS wie im Lexus RC F!

Schön, dass es heute noch so etwas gibt, schließlich ist der freisaugende V8 – außer in den USA – akut vom Aussterben bedroht. Und so nimmt der hinterradgetriebene RC F im deutschen Konkurrenzumfeld eine Sonderstellung ein: Der BMW M4 beschickt ebenfalls das Heck, ist aber aufgeladen. Den Audi RS5 treibt zwar (noch) ein Saug-V8 an, doch er leitet sein Drehmoment an alle vier Räder.

Ganz klassisch tritt selbst der Lexus RC F nicht auf, sorgt doch ein Achtgang-Automatikgetriebe für die Kraftverteilung. Das nutzt zwar ab Stufe zwei eine Wandlerüberbrückung, was Drehmomentverlusten entgegenwirkt. Doch beim Kick-down verirrt er sich in der Übersetzungsvielfalt, schaltet erst einmal, kurz darauf noch einmal zurück und reagiert verzögert auf Paddelzug.

Letzteres stört vor allem auf der Rennstrecke und ist schade, denn das Aggregat im Lexus RC F hätte ein gekonnter arbeitendes Getriebe verdient. Der Achtzylinder stammt aus demIS F. Neu sind Ansaugmodul, Drosselklappengehäuse, Ventiltrieb, Zylinderköpfe, Einspritzsystem, Abgaskrümmer, Kolben, Pleuel und Kurbelwelle. Nun beherrscht das Triebwerk im Eco-Modus sogar den sogenannten Atkinson-Zyklus, bei dem Pumpverluste durch die längere Öffnung des Einlassventils samt niedrigerer Kompression minimiert werden.

Lexus RC F mit 477 PS und 530 Nm

Doch auch an die emotionale Komponente im Lexus RC F dachte man: Herrlich tiefgründig brabbelt es aus der Vier-in-zwei-Auspuffanlage, bevor sich ab 3800/min ein Ansaugtrommeln beimischt, das sich zum rassigen Rennmotor-Timbre hocharbeitet. Die Lautsprecher der Stereoanlage verstärken das kehlige Geräusch, das sich dennoch natürlich anhört und entscheidend zum Fahrspaß beiträgt.

Der Sound passt zum Charakter des Saugers; er verlangt nach Drehzahlen. Die Nadel darf nicht unter 3.800/min fallen, wenn es wirklich vorwärtsgehen soll. Doch selbst dann zweifelt man die Anwesenheit aller 477 PS sowie 530 Nm an. So fett, wie man es sich erhofft hat, wirkt der V8 dann doch nicht. Weder bietet der Lexus RC F den Tiefdruck eines Big Block noch die Dreh-Hysterie eines Porsche-Boxers.

Möglicherweise steckt der V8 aber auch nur in der falschen, weil zu schweren Karosserie. Die auto motor und sport-Waage zeigt 1853 Kilogramm an – 261 Kilogramm mehr als bei einem BMW M4. Das drückt natürlich auf die Dynamik. Wobei sich die Ingenieure aller Kniffe bedienen, das Gewicht zu verschleiern: direktes Einlenkverhalten, straffe Federung, sportliche Reifen, feinfühlig regelndes ESP und aktive Kraftverteilung – damit wedelt der Lexus RC F im Fahrdynamiktest von auto motor und sport mit respektablen, wenngleich für eine Neuentwicklung nicht sensationellen 145,1 km/h durch die Pylonengasse.

Allerdings zeigt sich im Grenzbereich eine Nervosität, die nach schnellen Reflexen verlangt. Das aktive Hinterachsdifferenzial führt ein schwer nachvollziehbares Eigenleben: Je nach Schlupfsituation und vor gewähltem Modus verteilt das Torque- Vectoring-System die Kraft über zwei Mehrscheibenkupplungen samt Planetenradsatz, wobei die Eingriffe von „Normal“ über „Slalom“ bis „Track“ spürbarer werden – und der Lexus RC F immer forscher reagiert.

Beste Werte lassen sich mit der Stellung „Expert“ des ESP erzielen. Doch wer die Traktionskontrolle deaktiviert, muss sich auf ein wechselhaftes Eigenlenkverhalten einstellen. Im Schiebebetrieb untersteuert der Lexus zunächst, kippt dann aber unter Last ins Gegenteil. Im Drift finden die Michelin-Super-Sport-Reifen teils unvermutet wieder Grip, was zum Konter führen kann.

Da hilft es wenig, dass das Display auf Wunsch die Drehmomentverteilung an der Hinterachse anzeigt. Oder die G-Kräfte in alle vier Richtungen. Oder die Position des ausfahrbaren Heckspoilers. Oder die Rundenzeit. Wer will, kann seinen Spieltrieb voll befriedigen und sich durchs Menü zappen. Die Idee der digitalen Instrumente hat der Hersteller dennoch nicht zu Ende gedacht: Multimediale Daten werden auf einem zweiten Display in der Mitte angezeigt. Das dazugehörige berührungsempfindliche Wippenfeld auf dem Kardantunnel ist leider weniger intuitiv, als Lexus verspricht – und bedarf sowohl Fingerspitzengefühl als auch Eingewöhnungszeit.

Dass die japanische Nobelmarke als Benchmark in Sachen Interieur gilt, lässt sich beim Lexus RC F allenfalls erahnen. Zwar ist das Leder gut vernäht und alles spielfrei eingepasst. Doch die Kunststoffe sind von Premium-Anmutung weit entfernt. Bestens gelungen sind dagegen die vorderen Sportsitze; dank vieler Verstellmöglichkeiten findet man eine perfekte Position zum Lenkrad und fühlt sich optimal aufgehoben – anders hinten: Erwachsene stoßen mit dem Kopf an den Dachhimmel und gehen mit den Knien an den Vordersitzen auf Block.

Lexus RC F als interessante Alternative zu deutschen Konkurrenten

Zurück zum Fahrerlebnis selbst. Wohl fühlt sich der RC F vor allem auf der Landstraße. Dort, wo es nicht um Rundenzeiten und Drifts geht, sondern um die saubere, sichere Linie. Und auf der bleibt er bei Trockenheit kleben und kleben und kleben, nimmt Kurven am liebsten im weiten Schwung. Hier fällt sein Übergewicht nicht negativ auf – aber die Direktheit positiv.

Auf griffiger Fahrbahn lenkt der Lexus RC F zielgenau ein, stemmt sich mit feister Traktion aus dem Eck, während ESP und Sperre ihre Arbeit gekonnt erledigen. Anders als in den Extremdisziplinen auf abgesperrter Strecke stößt der Fahrer hier schnell in den Spaßbereich vor. Und er verweilt in ihm mit dem guten Gefühl, die Fuhre jederzeit unter Kontrolle zu haben.

Den querdynamischen Aha-Effekt eines Nissan GT-R bietet der Lexus allerdings nicht. Kultstatus könnte höchstens sein V8 erreichen – als einer der letzten Sauger in dieser Klasse. Nicht aber als einer der besten. Damit bleibt der Lexus RC F etwas hinter den Erwartungen zurück. Dennoch: Eine außergewöhnliche Alternative zu den deutschen Premium-Heroen ist er allemal.

Gegenpol zu Turbos

Interessant, dass gerade einer der letzten V8-Sauger von Lexus kommt – der Hybridmarke schlechthin. Damit ist der Lexus RC F eine der wenigen Alternativen zu den Downsizing-Turbos, die längst bei den Sportcoupés in der Mehrheit sind. So weit, so löblich. Schade nur, dass der V8 seine Besonderheit in der schweren Karosserie nicht so richtig ausspielen kann. Er bleibt deshalb nur ein technisches Kuriosum.

Vor- und Nachteile
Karosserie
Lexus RC F Advantage
gutes Raumangebot vorne
passgenaue Verarbeitung
perfekte Ergonomie dank variabler Sitzverstellung
viele Zusatzinstrumente
im Fond nur Notsitze
kleiner Kofferraum
veraltete Display-Grafik
komplexe Bedienung
teils einfache Kunststoffe
Fahrkomfort
guter Sitzkomfort vorn
breites Multimedia-Angebot
akzeptables Geräuschniveau
Stuckerneigung auf kurzen Bodenwellen
Antrieb
hohe Drehfreudigkeit
stockend zurückschaltendes Automatikgetriebe
verzögerte Reaktion auf Paddelzug
Fahreigenschaften
direktes Einlenkverhalten
gute Traktion
stabiler Geradeauslauf
hohe Agilität
unharmonisch im Grenzbereich
geringe Rückmeldung
Sicherheit
zahlreiche Assistenzsysteme
LED-Scheinwerfer (Option)
Auffahrwarnung
Umwelt
hoher Verbrauch
hohes Leergewicht
kein Start-Stopp-System
Kosten
umfangreiche Serienausstattung
drei Jahre Garantie
viele Optionen nur im Paket
hohe Versicherungsprämien
voraussichtlich geringe Wertstabilität

Fazit

Im Lexus RC F bollert ein sportlicher V8-Sauger nach bester Old-School-Manier. Dass es dennoch nicht atemberaubend vorwärtsgeht, dafür sorgt das hohe Fahrzeuggewicht. Mit ihm einher geht der hohe Verbrauch.

Technische Daten
Lexus RC F Advantage
Grundpreis85.400 €
Außenmaße4705 x 1845 x 1390 mm
Kofferraumvolumen366 l
Hubraum / Motor4969 cm³ / 8-Zylinder
Leistung351 kW / 477 PS bei 7100 U/min
Höchstgeschwindigkeit270 km/h
0-100 km/h4,8 s
Verbrauch10,8 l/100 km
Testverbrauch13,3 l/100 km
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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten