Mercedes C-Klasse im Gebrauchtwagen-Check
Eins mit Sternchen für den kantigen W204?

Viele sehen in der C-Klasse die Eintrittskarte für gediegenes Autovergnügen. Leider werden nicht alle Generationen dem Mercedes-Qualitäts-Nimbus gerecht. Die Baureihe W 204 trat im Jahr 2007 an, das schlechte Image des Vorgängers auszumerzen – mit Erfolg?

Mercedes C-Klasse W204, Gebrauchtwagen-Check, asv0618
Foto: Dani Heyne

Erinnert ihr euch noch an den Baby-Benz?„, beginnt Meister Wünsch fragend und begrüßt uns mit kräftigem Händedruck. 1982 hatte Mercedes mit dem 190er eine 4,42 Meter kurze Stufenheck-Limousine ins Rennen geschickt, die sich bis 1993 rund 1,9 Millionen Mal verkaufte. “Mir hat der Kleine ja sofort gefallen: optisch zeitlos, technisch mit Raumlenker-Hinterachse, gekapselten Dieselmotoren, guter passiver Sicherheitsausstattung sowie Fahrerairbag und ABS. Da sah die Konkurrenz alt aus.„ Eben ein echter Stern mit Heckantrieb, der heute längst am Young- und Oldtimer-Himmel strahlt.

Das große Gebrauchtwagen-Spezial

Als Meister Wünsch Luft holt, entdecken wir hinter ihm den heutigen Testkandidaten: eine C-Klasse der Baureihe 204, die von 2007 bis 2015 produziert wurde. Bekanntermaßen hat die C-Klasse 1993 das Erbe des 190ers angetreten. Dabei scherte deren erste Generation (W 202) stilistisch aber kaum aus dem Schatten ihres Vorgängers aus. Anders verhielt es sich mit dem zweiten C: Der W 203, von 2000 bis 2007 als Neuwagen erhältlich, brachte einen neuen Look mit Scheinwerfern im Spiegelei-Design, aber auch viel Kummer für die Kunden. Denn bei Entwicklung und Produktion wurde Sparsamkeit großgeschrieben.

Die Erwartungen an den W 204 waren hoch

“So könnte man es beschreiben, wenn man freundlich bleiben möchte„, sagt Meister Wünsch und schmunzelt. “Fakt ist, dass an diesen C-Klassen frühzeitig und heftig der Rost nagte, weil ihre Bleche nicht ausreichend vor Korrosion geschützt waren. Außerdem gab es viele unangenehme Elektronikfehler.„

Mercedes C-Klasse W204, Gebrauchtwagen-Check, asv0618
Dani Heyne
Man könnte sagen, dass die erste C-Klasse Mercedes 190 (intern W 201) hieß und 1982 als Konkurrent des BMW 3er auf den Markt kam. Der Baby-Benz erweiterte die Modellpalette von Daimler nach unten, die bis dahin hauptsächlich aus dem Mittelklasse-Mercedes W 123 und der S-Klasse W 126 bestand.

Kein Wunder, dass Mercedes mit der W-204-Generation alles besser machen wollte – und musste. Sonst wären die Kunden vermutlich dauerhaft zu Audi und BMW abgewandert. Doch den Warnschuss hat die Mercedes ernst genommen – und eine C-Klasse nachgeschoben, die dem Ruf der Marke gerecht wurde. Mit passendem Langzeiteffekt: Bei TÜV und DEKRA wird der W 204 bis heute als Musterknabe geführt. Die peinlichen Probleme des Vorgängers scheint er nicht vererbt bekommen zu haben. Meister Wünsch rät dennoch zur Vorsicht: “Blind würde ich auch einen gebrauchten 204er nicht kaufen. Denn ein paar typische Schwachstellen gibt es auch bei dieser C-Klasse.„ Die Traggelenke der Vorderachse zum Beispiel, die verschleißen gern und schnell. Ärgern können zudem auch die im Oktober 2008 eingeführten Dieselmotoren der Baureihe OM 651, bei denen die Kettenspanner ihren Geist aufgeben. Bei den beliebten Versionen C 220 CDI und C 250 CDI fallen häufig die teuren Piezo-Injektoren aus. Werden die vorderen Stoßdämpfer eines W 204 müde, kostet der Tausch ebenfalls ein paar Hunderter. Und bei den Scheibenbremsen kommt es in den frühen Baujahren erstaunlicherweise zu Rissen in den Ankerplatten. “Das Bauteil selbst kostet nicht viel, aber zum Wechsel müssen Bremssattel, Scheibe, Belag und die Nabe demontiert werden – was den hohen Preis dieser Reparatur erklärt.„

Wenn der Benz seinen Schlüssel nicht mehr erkennt, liegt es meist an einer kleinen Spule im Schloss, die rund 150 Euro kostet. Meister Wünsch denkt kurz nach, ob er etwas vergessen hat. Dann fällt es ihm wieder ein: “Bei den Automatikgetrieben wird nach 60.000 Kilometern neues Öl fällig. Macht rund 300 Euro. Und Rost kann es auch geben, aber meist nur rings um die Heckklappendämpfer.„ Genug der Theorie, starten wir zur Probefahrt.

In unserer C-Klasse des Baujahrs 2009 erwacht ein 1,8-Liter-Benziner mit 183 PS. Der Vorbesitzer hat ihn 109.200 Kilometer schnurren lassen und laut Unterlagen keine nennenswerten Probleme mit dem Vierzylinder gehabt. Im Scheckheft wurden alle Durchsichten ordentlich abgestempelt.

Bei den Extras war der gute Mann ebenfalls nicht sparsam: Klimaautomatik, Sitzheizung vorn, Parkpiepser rundum, Tempomat und eine bessere Radioanlage. Ebenso an Bord ist das Fünfgang- Automatikgetriebe, das sanft die Stufen wechselt und den Vierzylinder nicht zu lange in hohen Drehzahlen verweilen lässt. “Angenehme Kombination!„, ruft der Meister und lauscht auf dem anschließenden Stück Kopfsteinpflaster ins Fahrwerk hinein. “Da klappert etwas ganz leise„, murmelt er und parkt den Benz in der Nähe der Hebebühne. Bevor er ihn hinaufsurren lässt, muss der C 200 T noch auf den Bremsenprüfstand. “Wollen wir doch mal sehen, wie gleichmäßig er verzögert.„ Ergebnis: “Beste Werte!„

Wo kommen die Fahrwerksgeräusche her?

Nachdem der Mercedes von der Hebebühne hochgehoben wurde, checkt Meister Wünsch die Bremsen auf Verschleiß (“Die haben noch reichlich Reserven„) und überprüft den Unterboden auf Beschädigungen und Rost- spuren. “Fehlanzeige!„, ruft der Meister zufrieden. Auch der Auspuff sowie die Brems- und Kraftstoffleitungen sehen einwandfrei aus. Als er anschließend ausführlich die Vorderachse inspiziert, fällt auf, dass ein Traggelenk zu viel Spiel hat. “Daher kommt das Klappern auf schlechten Straßen„, diagnostiziert der Meister, um anschließend Motor, Getriebe und Hinterachsdifferenzial zu überprüfen – alle drei trocken. Zufrieden lässt er das T-Modell wieder auf den Boden und schaut sich zu guter Letzt das Blechkleid an. Mehr als zwei winzige Beulen in der Tür und ein paar Lackabplatzer auf der Haube (Steinschläge) kann er jedoch nicht finden. Letzter Check: die untere Kante der Heckklappe und die Aufnahmen der Gasdruckdämpfer. Auch hier ist nirgends ein Rostbläschen zu finden. “Der Kombi ist gut in Schuss – bereit für ein zweites langes Leben„, lautet sein Fazit.

Bleibt uns der Blick auf die Preisentwicklung. Vergleichbare C-Klassen (Baujahr 2009) starten mit rund 100.000 Kilometern Laufleistung bei gut 11.000 Euro. Dabei handelt es sich um Limousinen, die Kombis kosten im Schnitt ein paar Hundert Euro mehr. Interessant: Noch vor wenigen Monaten kosteten Dieselversionen mehr als Benziner, aktuell gibt es keinen Unterschied mehr.

So ist die Marktlage

Die C-Klasse ist längst eine wichtige Säule für das Wohlergehen der Marke. Daher lautet die Regel: Verkauft sie sich gut, geht es Mercedes gut. Mit der 204er-Generation lief es prächtig, entsprechend oft ist sie daher auf dem Gebrauchtwagenmarkt anzutreffen. Die Suche nach einem Wunschmodell dürfte also nicht allzu lange dauern.

Fazit

So ein C-Klasse T-Modell ist ihr Typ, wenn Sie auf Mercedes stehen. Und zwar auf das kantige Design der Marke kurz nach der Jahrtausendwende. Der Kombi ist naturgemäß praktischer als die Limousine – und beim Wiederverkauf wertstabiler. Wenn Sie sich für diese gebrauchte C-Klasse- Generation entschieden haben, werden Sie anders als beim Vorgänger kaum Ärger mit Rost, Elektronik oder Qualitätsproblemen haben. Sie bekommen einen Langläufer, den man auch mit 150.000 Vertreter-Kilometern kaufen kann – vorausgesetzt, er war regelmäßig beim Service und ist gepflegt.

Das gefällt uns:

Die Lernfähigkeit von Mercedes: Für den Vorgänger der hier vorgestellten C-Klasse hat Daimler – zu Recht – viel Kritik einstecken müssen. Mit der Baureihe W 204 (der Kombi läuft als S 204) gab es endlich wieder die bekannte Stern-Qualität. Die C-Klasse verkörpert für viele Käufer den kleinsten echten Benz, weil er mit Heckantrieb kommt.

Das stört uns:

Wenn wir auf die Details schauen, sind es die Materialien im Innenraum, die etwas Glanz und Gloria vermissen lassen: Die Kunststoffe des Armaturenbretts wirken billig, die Soft- lacke auf den Verkleidungen wurden sparsam aufgetragen. Mit dem Facelift 2011 reagierte Mercedes und überarbeitete unter anderem auch den Innenraum – zum Besseren.