Mercedes GLB, Audi Q5, Volvo XC60
Der Kampf der Premium-SUV

Bereits zum dritten Mal in diesem Jahr balgt sich der neue Mercedes GLB mit der Konkurrenz. Diesmal geht’s gegen die Premium-SUV Audi Q5 und Volvo XC60, die mit Allradantrieb und kräftigen, mildhybridisierten Turbobenzinern antreten.

Audi Q5 45 TFSI Quattro Sport, Mercedes GLB 250 4matic Progressive, Volvo XC60 Bs AWD Inscription, Exterieur
Foto: Achim Hartmann

Schon wieder ein GLB-Vergleichstest? Hatten wir den nicht zuletzt erst? Ja, hatten wir. Wird das nicht langweilig? Nein, versprochen. Wir denken uns ja auch was dabei. Denn Mercedes sortiert den GLB nicht nur alphabetisch zwischen GLA und GLC ein. Nein, die Stuttgarter platzieren ihn auch zwischen zwei Klassen. Nachdem der kastige SUV nun die kompakteren BMW X1 und VW Tiguan sowie dessen längere Allspace-Variante geputzt hat, muss er jetzt gegen die ausgewachsenen Premium-Vertreter Audi Q5 und Volvo XC60 ran. Und die bringen für zusätzliche Spannung standesgemäße Turbo-Benzinmotoren samt 48-Volt-Technik mit.

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Audi Q5 45 TFSI Quattro Sport, Mercedes GLB 250 4matic Progressive, Volvo XC60 Bs AWD Inscription, Exterieur
Achim Hartmann
Der Mercedes GLB tritt ohne Mildhybridisierung an, sein Vierzylinder muss allein überzeugen.

Da muss der Vierzylinder des GLB 250 passen. Doch auch ohne Mildhybridisierung erfüllt er wie der XC60 bereits die Euro-6d-Norm. Und er ist mit einem Testverbrauch von 9,3 Litern pro 100 km sogar der Sparsamste des Trios (Audi 9,8, Volvo 10,2). Zurückhaltend gefahren, drückt man den Superverbrauch sogar unter sieben Liter. Anders herum ist’s aber auch ein Leichtes, diesen Wert fast zu verdoppeln. Mit 224 PS mag er nominell zwar der Schwächste sein, zu spüren ist das dank 350 Nm Drehmoment aber keineswegs.

So spricht der Motor spontan aus jeder Drehzahllage an und beschleunigt den Allradler in unter sieben Sekunden auf Tempo 100. Damit lässt er zwar den Volvo (7,7 s) hinter sich, muss sich aber knapp dem Audi (6,6 s) geschlagen geben. Unter Last brummt der Vierzylinder aber und auf der Autobahn bricht sich der Wind hörbar an der steilen A-Säule.

Mercedes GLB 250 4matic Progressive, Interieur
Achim Hartmann
Der Motor spricht spontan aus jeder Drehzahllage an und beschleunigt den Allradler in unter sieben Sekunden auf Tempo 100.

Fast nur Gutes können wir dagegen über das Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern berichten. Auf schlechten Straßen gönnt es sich zwar mehr Bewegung, verputzt lange Wellen jedoch fast so souverän wie die luftgefederte Konkurrenz. Zudem mag der Schwabe Kurven, egal ob Albsträßchen oder Pylonengasse. Der GLB zirkelt agil mit seiner harmonisch und direkt abgestimmten Lenkung. Dank optionaler Bremsanlage (nur im Technikpaket für 2.522 Euro) liefert der GLB auf der Teststrecke die besten Verzögerungswerte ab, wenngleich mit nur geringem Abstand.

Das Beste kostet weniger

Dass der mit 4,63 Metern Außenlänge kürzeste SUV in diesem Vergleich der Kompaktklasse entspringt, zeigt sich beim Einsteigen. Im Stil des A-Klasse-Cockpits infotaint hier MBUX auf zwei breiten Zehn-Zoll-Touchscreens. Das System navigiert mit Onlinedaten, zeigt den Weg mit virtuellen Pfeilen, die hervorragende Sprachbedienung hört sogar auf Alltagsfloskeln. Bedienungs-Alternative: etwas fummelige Touchpads am Lenkrad und in der Mittelkonsole. Wer alle modernen Funktionen inklusive der nahezu lückenlosen Fahrassistenz nutzen will, investiert dafür jedoch einige Tausender.

Mercedes GLB 250 4matic Progressive, Interieur
Achim Hartmann
Im Stil des A-Klasse-Cockpits infotaint hier MBUX auf zwei breiten Zehn-Zoll-Touchscreens.

Das haben Sie schon mal gelesen? Stimmt, doch verglichen mit Audi und Volvo ist der Mercedes-Testwagen mit einem Preis von rund 52.944 Euro inklusive bewertungsrelevanter Extras diesmal nicht der Teuerste, sondern der Günstigste, und zwar mit Abstand. So kostet der Q5 als Sport-Modell rund 6.000 Euro, der XC60 als Inscription sogar über 12.000 Euro mehr. Zur Wahrheit gehört hier jedoch, dass der Mercedes weniger Extras mitbringt. Gleicht man das Ausstattungsniveau an, schmilzt der Kostenvorteil auf ein- beziehungsweise zweitausend Euro zusammen.

Mercedes GLB 250 4matic Progressive, Interieur
Achim Hartmann
Beim Kunststoff unterhalb der Gürtellinie haben die Schwaben gespart.

Wer so viel Geld für einen SUV ausgibt, will das natürlich auch spüren. Mercedes hübscht S-LB 5039 deshalb mit Ledermassagesitzen und Holzdekor auf, was von den harten Kunststoffen unterhalb der Gürtellinie ablenkt. Durch die großen Fensterscheiben entsteht nicht nur hervorragende Rundumsicht, sondern auch ein großzügiges Raumgefühl. Hinten findet die verschiebbare Rückbank samt verstellbarer Lehne (428 Euro) wegen kurzer Oberschenkelauflagen und wenig Seitenhalt aber kaum Beifall. Dafür wäre im größten Kofferraum (565 bis 1.800 Liter) unter der höhenverstellbaren Ladebodenplatte noch Platz für zwei zusätzliche Sitze.

Vorsprung durch Mildhybrid

Der Q5 versteckt unter dem Kofferraumboden lieber einen Teil der 48-Volt-Technik des 45-TFSI-Motors sowie den ausladenden Subwoofer der 290 Euro teuren Audioanlage. So kann der Q5 zwar nicht mehr ein-, dafür aber deutlich mehr zuladen. Die Rücksitzlehne klappt fernentriegelt in drei Teilen zu einer ebenen Fläche um. Zudem lässt sich die Ladekante dank Niveauregulierung wie im Volvo um ein paar Zentimeter absenken. Mitreisende im Fond fühlen sich auf der verschiebbaren (350 Euro) sowie bestens ausgeformten Bank fast genauso gut aufgehoben wie Fahrer und Beifahrer auf den vielfältig, aber nur manuell einstellbaren S-Line-Sitzen.

Audi Q5 45 TFSI Quattro Sport, Interieur
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Fahrer und Beifahrer fühlen sich auf den vielfältig, aber nur manuell einstellbaren S-Line-Sitzen des Q5 bestens aufgehoben.

Von hier aus will das MMI noch mit Dreh-Drück-Steller samt Touchpad bedient werden. Mittels gefräster Alu-Knöpfe durchklickt man die Dreizonenklima, informiert sich mittels Digitalcockpit (500 Euro) über die Vitalfunktionen sowie den Streckenverlauf und stellt wieder einmal fest, dass das alles mit Touchscreens nicht besser wäre. Den großzügig geschnittenen Innenraum schmückt Audi zudem mit reichlich Alcantara und Leder aus. Billige Kunststoffe wie im GLB sucht man selbst an den hinteren Türtafeln vergeblich. Der Preis für so viel Detailverliebtheit ist hoch: Mit bewertungsrelevanten Extras kostet der Testwagen 59.295 Euro.

Audi Q5 45 TFSI Quattro Sport, Interieur
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Den großzügig geschnittenen Innenraum schmückt Audi mit reichlich Alcantara und Leder aus.

Seine Extraklasse spürt man dafür auch beim Fahren. Der mildhybridisierte Vierzylinder hält sich nicht nur akustisch zurück, sondern animiert zum vorausschauenden Fahrstil. Der Motor schaltet in Rollphasen komplett ab, um dann in Sekundenbruchteilen wieder anzuspringen. Doch hohes Gewicht (1.849 kg) sowie 20-Zoll-Räder mindern den Spartrieb. Zudem hat der 45 TFSI subjektiv und messbar leichtes Spiel mit dem Allradler. Auch weil das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe zielsicher die Gänge zuordnet. Selbst wenn es mal schneller ums Eck geht, hält die 1.950 Euro teure Luftfederung den Aufbau ruhig und bügelt Unebenheiten im Straßenbelag einfach glatt.

Schwedische Gelassenheit

Da kann der ebenfalls optional luftgefederte Volvo XC60 nicht ganz mithalten, der auch wegen der großen 20-Zöller nervöser über kurze Wellen rollt. Lässt man es entspannt angehen, drückt das 48-Volt-System mit sanftem Rekuperieren oder entkoppeltem Dahinrollen den Verbrauch auf der Eco-Runde auf 7,1 Liter. Da passt es ins Bild, dass die Schweden alle neuen Modelle bei 180 km/h abregeln – für den Testwagen gilt das noch nicht. Unabhängig davon muss sich sein Vierzylinder hörbar anstrengen, damit der XC60 den anderen folgen kann. Die 250 PS und 350 Nm Drehmoment des B5 wuchten 1.969 kg Schwedenstahl durch die Landschaft. Gewicht, das dem SUV auch bei der Fahrdynamik im Weg steht. Zudem lassen das intensiv regelnde ESP, die leblose Lenkung sowie die träge schaltende Automatik auf kurvigen Landstraßen kaum Fahrspaß aufkommen.

Volvo XC60 Bs AWD Inscription, Exterieur
Achim Hartmann
Die Schweden regeln alle neuen Modelle bei 180 km/h ab – für den XC60-Testwagen gilt das noch nicht.

Mag ja sein, dass man einen Volvo sowieso eher wegen der umfangreichen sowie größtenteils serienmäßigen Sicherheitsassistenz und des stilvollen Ambientes schätzt. Das tröstet auch darüber hinweg, dass sich das Touch-only-Infotainment samt Klimasteuerung umständlich bedient und die freundliche Sprachassistentin wohl nur Schwedisch versteht. Die Jüngsten, die in in die Rückbank integrierten Kindersitzen (350 Euro) Platz nehmen, stört das nicht. Sie richten sich ihre eigenen Klimazonen ein und genießen den Ausblick durch das Panoramadach, während Musik mit der Akustik der Göteborger Konzerthalle die Ohren verwöhnt. Feine Extras, die den 65.350 Euro teuren Testwagen noch kostspieliger machen. Blöd nur, dass es für kein Geld der Welt eine dreiteilige Lehne oder mehr Kofferraumvolumen gibt.

Mit dem Sieg hat der Volvo XC60 somit nichts zu tun. Das Triple des Mercedes GLB vereitelt am Ende der ausgewogene Audi Q5.

Fazit

1. Audi
443 von 1000 Punkte

Mit harmonischem sowie kräftigem Mildhybrid, wattigem Federungskomfort sowie penibel verarbeitetem Innenraum rechtfertig der Q5 seinen Preis und somit Platz eins.

2. Mercedes
440 von 1000 Punkte

Dass er geräumig und sicher ist, dazu noch agil fährt, wussten wir schon. In diesem Vergleich ist der GLB am wenigsten teuer und fährt auch ohne 48-Volt-Technik relativ sparsam.

3. Volvo
410 von 1000 Punkte

Der umfangreich ausgestattete Schwede bietet in stilvollem Ambiente am wenigsten Platz. Der teure Mildhybrid kann in puncto Fahrdynamik und Verbrauch nicht mithalten.

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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024

Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten