Golf GTI vs. GTD und Scirocco TSI vs. TDI
Diesel oder Benziner? Limousine oder Coupé?

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Diesel oder Benziner? Limousine oder Coupé? Bei VW werben vier Varianten um die Gunst des Sportfahrers: Golf GTI und GTD sowie Scirocco 2.0 TSI und TDI. Wer erfüllt die fahrdynamischen Ansprüche am besten?

VW Golf GTI vs. GTD und Scirocco TSI vs.TDI
Foto: Rossen Gargolov

Klingt das nicht verlockend: Der VW Golf GTD ist der VW Golf GTI für Vielfahrer – gleicher Fahrspaß, aber deutlich weniger Verbrauch und Unterhaltskosten? Gleiches würde dann wohl für den VW Scirocco gelten, dem Sportcoupé auf Golfbasis, wenn man so will; ihn bietet VW sowohl als Benziner mit 220 PS wie auch als Diesel mit 184 PS an. Doch generieren die Selbstzünder wirklich den gleichen Fahrspaß?

VW-Diesel verbrauchsgünstiger, aber deutlich teurer

Bei den Verbrauchskosten jedenfalls lässt sich die eingangs gestellte Frage im Test schnell mit Ja beantworten. VW Golf GTD zu VW Golf GTI bedeutet im Schnitt 8,0 zu 10,1 Liter auf 100 Kilometer, VW Scirocco 2.0 TDI zu TSI 8,4 zu 10,2 l/100 km, nicht zu vergessen der günstigere Literpreis für Diesel.

Doch erstens sprechen die Auguren davon, dass Kraftstoff deutlich teurer werden wird. Und zweitens berechnet VW für die Dieselmodelle einen nicht unerheblichen Aufschlag. Beim VW Scirocco macht das rund 1.200 Euro aus – ein Benzinäquivalent, das für einige äußerst spaßreiche Kilometer im VW Scirocco 2.0 TSI stehen könnte.

Doch starten wir im Test zunächst im VW Golf GTD. Den Ölbrenner-Charakter seines Urahns hat er komplett abgelegt. Nur noch geschulte Ohren vernehmen ein Nageln – und dann vor allem während der Kaltlaufphase. Sobald Last anliegt, übertönt tiefes Knurren jegliches Verbrennungs-Stakkato. Ein Soundgenerator transportiert es laut vernehmlich in den Innenraum des VW Golf GTD. Das sollte sogar ausgesprochene Dieselphobiker milde stimmen. Zumindest nimmt es all jenen die Vorbehalte, die einen Selbstzünder vor allem wegen seines harten Akzents ablehnen.

VW Golf GTD hängt matt am Gas

Eine andere Besonderheit des Diesels stößt dagegen kaum auf Ablehnung: sein hohes und früh anliegendes maximales Drehmoment. Und so legt sich der Diesel tapfer ins Zeug, stemmt 380 Nm auf die Kurbelwelle, wuchtet den VW Golf GTD damit stramm nach vorn. Wer nun bei 2.500/min hochschaltet, surft im nächsten Gang erneut die Nm-Welle ab.

Sportfahrer wollen aber höher drehen, und da liefert der VW Golf GTD im Test Grund zur Kritik: Er hängt matt am Gas. Schnell scheint ihm die Luft auszugehen, und er dreht, ohne den Eindruck von Leistung zu vermitteln. Zudem geht ihm auf der Autobahn schnell die Puste aus. Er schleppt sich über die 200-km/h-Marke und muss gegen den Luftwiderstand klein beigeben. Da ist für den VW Golf GTI noch lange nicht Schluss – er setzt im Test locker einen drauf.

Dabei hat auch er wie ein Büffel aus dem Drehzahlkeller losgezogen. Sein Turbolader fördert bereits bei niedrigen Motordrehzahlen so viel Luft in die Brennräume, dass er das maximale Drehmoment von 350 Nm sogar schon bei 1.500 ans Getriebe schickt – und damit 250/min früher als der Diesel.

VW Golf GTI schiebt noch früher als GTD

Längst ist das niedertourige Fahren eben kein Diesel-Alleinstellungsmerkmal mehr; in riesigen Schritten haben die aufgeladenen Benziner aufgeholt und teilweise überholt. Der VW Golf GTI lässt sich mindestens so schaltfaul bewegen wie der Golf GTD und schiebt dabei sogar noch feister an, wie die Elastizitätswerte im Test beweisen. Hier liegt der Benziner durchgehend vorn, teilweise deklassiert er den Diesel sogar – der Unterschied wird bei mittleren Drehzahlen noch gewaltiger, wenn der Zweiliter-Turbo im VW Golf GTI seinen zweiten Wind entfacht. Seine Gier lässt erst kurz vor dem roten Bereich nach. Doch dann hat der VW Golf GTI den GTD längst nach Strich und Faden abgeledert.

Ähnlich ist es übrigens bei den VW Scirocco – nur dramatischer. Der 2.0 TDI fällt im Test noch stärker gegen den 2.0 TSI ab. Schon bis Tempo 100 liegt der Benziner deutlich vorn, baut seinen Vorsprung bis 160 km/h weiter aus; von 0 auf 200 km/h benötigt der Diesel 17,5 Sekunden länger!

So fühlt sich der VW Scirocco 2.0 TDI auf dem Kleinen Kurs von Hockenheim einfach nur matt an. Hier, wo bei Kompaktsportlern um die 200 PS praktisch ständig Volllast gefragt ist, kommt der unterdurchschnittliche Eifer noch viel stärker zum Tragen. Den Selbstzünder auszuquetschen, bringt nichts; doch selbst frühes Schalten entfacht nicht gerade euphorischen Vortrieb. So entsteht am Ende ein drastischer Zeitenunterschied, der mit dem Gefühl auf der Rennstrecke selbst übereinstimmt. Fast drei Sekunden hinkt der Diesel hinterher, ist sogar ein Zehntel langsamer als der VW Golf GTD – man verspürt ständig das Verlangen nach mehr Leistung.

VW Scirocco liegt die Rennstrecke besser

Dabei liegt dem VW Scirocco prinzipiell die Rennstrecke viel mehr als dem VW Golf. Sein niedrigerer Schwerpunkt lässt ihn präziser einlenken, wobei seine fahraktivere Auslegung entscheidend hilft. Zunächst begeistert das Fahrwerk mit leicht übersteuerndem Eigenlenkverhalten bei Lastwechseln. Dem will die Lenkung in nichts nachstehen und vermittelt viel Fahrbahnkontakt, ohne übertrieben sensibel anzusprechen.

Doch gerade beim VW Golf GTI zeigt sich, dass der Feuereifer des Hecks nicht die Zustimmung des ESP findet. Es lässt sich nur scheinbar abschalten, wobei beim Druck auf die entsprechende Taste lediglich der Schwellwert hochgesetzt wird – komplett deaktivierbar ist die Stabilitätskontrolle im VW Golf GTI jedoch nicht. Sie funkt bremsend dazwischen, sobald ein gewisser Schwimmwinkel anliegt, und gibt die Leistung anschließend erst wieder frei, wenn die Vorderräder gerade stehen.

Wer auf brauchbare Zeiten kommen will, muss deshalb knapp unterhalb der Regelgrenze bleiben und im Scheitelpunkt vorsichtig ans Gas gehen, denn die Triebwerke schicken meistens mehr Drehmoment an die Vorderachse, als diese auf den Asphalt übertragen kann. Hier zeigt sich die Grenze des reinen Frontantriebs auf der Rennstrecke; Besserung verspräche neben Sportreifen nur eine mechanische Sperre, wie sie der GTI Performance an Bord hat. XDS, die elektronische Variante, jongliert zwar auch mit den Newtonmetern von links nach rechts, kommt dabei auf dem Kleinen Kurs aber an die Grenzen.

Alle vier VW-Modelle - egal ob Benziner oder Diesel, Limousine oder Coupé - verlangen nach einem sauberen Fahrstil und vorsichtigem Anbremsen; ein Ankerwurf hat unweigerlich den Einsatz des ABS und das damit verbundene zeitweilige Öffnen der Bremszangen zur Folge. Daraus wiederum resultiert folgende Eigenart: Die Fronttriebler schieben über die Vorderachse zum Kurvenausgang, was die Ideallinie gründlich verhagelt.

VW-Diesel schwerer als Benziner

Beim Scirocco und Golf bietet VW sowohl für die jeweilige Diesel- als auch die Benzinervariante adaptive Stoßdämpfer. Diese Option ist eine überzeugende Alternative zu einem klassischen Sportfahrwerk: In Hockenheim nutzt man die Stellung Sport, um das Wanken und Rollen einzudämmen, kann gleichzeitig für das Dahinrollen auf der Langstrecke aber die Segnung einer schluckfreudigen Dämpfung nutzen (Stellung Komfort). Letztere bringt auf schlechten Landstraßen zudem einen nicht zu verachtenden Traktionsvorteil – weil geschmeidiger geführt die Vorderräder festeren Bodenkontakt pflegen.

Auch auf der Landstraße wird übrigens deutlich, dass die Dieseltriebwerke mit ihrem höheren Gewicht etwas stärker auf der Vorderachse lasten und somit die Balance zwischen vorne und hinten verschlechtern. So kündigt sich bei den Selbstzündern der Grenzbereich einen Hauch früher durch Rutschen Richtung Kurvenausgang an.

Bis auf den Spritverbrauch spricht am Ende alles gegen die beiden Diesel, die in der Wertung gleichauf liegen. Die für Sportfahrer entscheidenden Kriterien erfüllen die Benziner deutlich besser. Um einen Punkt überflügelt der VW Scirocco 2.0 TSI dabei den VW Golf GTI im Test, was an seiner besseren Rundenzeit liegt und ins Weltbild passt. Schließlich sollen Sportcoupés immer schneller als Limousinen sein – das ist eine Frage der Ehre.

Technische Daten
VW Golf GTI GTIVW Scirocco 2.0 TDI VW Scirocco 2.0 TSI BlueMotion TechnologyVW Golf GTD GTD
Grundpreis30.525 €32.950 €30.975 €31.600 €
Außenmaße4268 x 1799 x 1442 mm4256 x 1810 x 1406 mm4256 x 1810 x 1406 mm4268 x 1799 x 1442 mm
Kofferraumvolumen380 bis 1270 l312 bis 1006 l312 bis 1006 l380 bis 1270 l
Hubraum / Motor1984 cm³ / 4-Zylinder1968 cm³ / 4-Zylinder1984 cm³ / 4-Zylinder1968 cm³ / 4-Zylinder
Leistung162 kW / 220 PS bei 4500 U/min135 kW / 184 PS bei 3500 U/min162 kW / 220 PS bei 4500 U/min135 kW / 184 PS bei 3500 U/min
Höchstgeschwindigkeit246 km/h228 km/h244 km/h230 km/h
0-100 km/h6,7 s7,7 s6,4 s7,5 s
Verbrauch6,0 l/100 km4,8 l/100 km6,4 l/100 km4,2 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten