Insignia Country Tourer gegen V60 Cross Country
Offroad-Kombis von Opel und Volvo im Test

Volvo V60 Cross Country und Opel Insignia Country Tourer verknüpfen Kombi-Nutzwert und Offroad-Robustheit. Na, dann testen wir doch mal, welcher Diesel-Allradler sich hier besser schlägt.

Opel Insignia Country Tourer 2.0 BiTurbo Diesel 4x4, Volvo V60 Cross Country D4 AWD Pro, Exterieur
Foto: Achim Hartmann

Parallel zu Subaru kam Volvo schon 1997 auf die clevere Idee, einen Kombi mit Allradantrieb, mehr Bodenfreiheit und solider Beplankung für höhere Aufgaben fit zu machen. Damit eröffneten die Schweden nicht nur der Spezies Kombi eine neue Perspektive, sie setzten auch einen Trend, dem viele andere folgten: Erst Audi mit den Allroad-Modellen, später Skoda mit dem Octavia Scout, dann viele weitere Nachahmer, von denen die meisten ein „All“ oder „Cross“ im Namen tragen. Seit 2013 hat auch Opel mit dem Insignia Country Tourer einen solchen Alleskönner im Programm, der nun in der zweiten Generation gegen den jüngsten Cross Country antritt.

Mit seinem quadratisch-praktischen Vorfahren V70 hat der neue V60 kaum mehr als den Namenszusatz gemeinsam. Optisch gleicht er mit seinen dezenten Kunststoffanbauteilen dem 16 Zentimeter längeren V90, der wiederum sechs Zentimeter kürzer ist als der üppiger beplankte Opel Insignia.

Volvoness mit Offroad-Chic

Volvo V60 Cross Country D4 AWD Pro, Interieur
Achim Hartmann
Als Pro ist der Cross Country gut ausgestattet. Das edle Interieur ist zu schade für den Steinbruch.

Drinnen herrscht die typische Volvoness: Hochglanzlackierte Flächen, fein säuberlich gestochene Nähte im lederbespannten Armaturenbrett und kühle Metalle sind dermaßen stilvoll arrangiert, dass man gar nicht anders kann, als immer wieder mit der Hand darüberzustreichen. Der feinherbe Nappalederduft verwöhnt die Nase, während die Komfortsitze sich elektrisch an den Körper schmiegen, heizen oder kühlen und auf Wunsch jeden Bereich des Rückens massieren.

Ja, es könnte alles so schön sein, wenn da nicht das Sensus-Connect-Infotainment wäre: An dessen umständliche Menüstruktur würden wir uns wirklich gerne gewöhnen, können es aber einfach nicht. Gleiches gilt für die Spracherkennung, die leider noch immer nur starre Begrifflichkeiten verstehen will und selbst das nicht immer zuverlässig tut. Da lauschen wir lieber der Bowers-&- Wilkins-Soundanlage, deren Hoch- und Mitteltöner – versteckt hinter perforierten Edelstahlabdeckungen – gekonnt eine opernhausartige Klangkulisse erzeugen.

Diese genießen auch die Hinterbänkler, die zwar beheizt und in einer eigenen Klimazone, aber auch etwas beengter sitzen. Der Kardantunnel baut so hoch, dass der Kombi eher als Viersitzer taugt, zumal die Volvo-typischen integrierten Kindersitzerhöhungen im V60 nicht angeboten werden. Immerhin entschädigt die grandiose Aussicht durch das zweiteilige Panorama-Schiebedach (ab 1.300 Euro).

Ganz hinten öffnet die Klappe wie beim Insignia via Fußschwenk und gibt mit 529 Litern etwas weniger Stauraum als im Opel-Kombi (560 Liter) frei. Doch selbst das reicht locker für fünf Wasserkisten und zwei große Einkaufsboxen. Wird weniger transportiert, lässt sich das Ladeabteil mit einer im Boden versteckten aufstellbaren Klappe unterteilen. Für sperrige Güter fällt die Rücksitzlehne im Verhältnis 60 : 40 federvorgespannt und elektrisch fernentriegelt vor und ergibt einen ebenen Ladeboden. Zusammen mit dem großen Fach darunter wächst das Volumen auf maximal 1.441 Liter.

Opel Insignia mit mehr Gepäckraumvolumen

Opel Insignia Country Tourer 2.0 BiTurbo Diesel 4x4,  Interieur
Achim Hartmann
224 Liter mehr gepäck als der V60 schluckt der Insignia maximal. Dazu darf der Opel 97 Kilogramm mehr zuladen.

Nicht schlecht, doch wenn beim Opel alle drei Teile der Rücksitzlehne fernentriegelt umklappen, schluckt der Insignia über 200 Liter mehr, darf knapp 100 Kilogramm zusätzlich zuladen und bietet zudem eine gut zwei Meter lange Ladefläche. Trotz seines kürzeren Radstands sitzen im großzügiger geschnittenen Fond bis zu drei Passagiere recht bequem. Fahrer- und Beifahrersitz sind ähnlich vielseitig einstellbar wie im Volvo, müssen im Testwagen jedoch manuell in Form gebracht werden. Allerdings steht auch hier gegen Zuzahlung von 550 Euro eine elektrische Betätigung zur Wahl, und für weitere 1.495 Euro wird das Interieur mit Echtleder ausgekleidet.

Ansonsten präsentiert sich die Einrichtung im Country Tourer nicht ganz so fein wie im Cross Country, aber keinesfalls billig oder gar schlecht verarbeitet. Die Serienausstattung reicht von Zwei-Zonen-Klimaautomatik und Ambientebeleuchtung über Parksensoren rundum bis hin zum Teilleder. Weitere Punkte sammelt der Opel mit der durchdachten Bedienung: Während der Volvo beispielsweise die Head-up-Display-Optionen in Untermenüs versteckt, lässt sich dies im Insignia über Tasten neben dem Lenkrad feinjustieren.

Auch das zügig reagierende acht Zoll große Touchscreen-Infotainment für 1.685 Euro gliedert sich dank bunter Felder logischer, lässt sich mit zwei Smartphones koppeln und navigiert dann mit Echtzeit-Daten durch den Verkehr. Die digitalen Anzeigen bringen zudem mehr Informationen in das Sichtfeld des Fahrers. Im Unklaren ist sich dieser dafür oft beim Rangieren, denn der Fünf-Meter-Kombi ist trotz 360-Grad-Kamera eher unübersichtlich. Ein Gefühl, das auch auf engen Landstraßen immer mitfährt, obwohl der Opel hier mit seiner direkteren Lenkung und dem Torque Vectoring des Allradantriebs deutlich handlicher wirkt.

In flotten Kurven gerät sein Aufbau weniger stark ins Wanken, doch im Grenzbereich greift sein ESP spürbar stärker ein. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass er den Slalom und Spurwechsel schneller absolviert als der Volvo. Insgesamt gefällt sein serienmäßiges Adaptivfahrwerk FlexRide mit einer ausgewogenen Spreizung von sportlich-straff bis komfortabel („Tour“), wobei nicht nur die Stoßdämpfer, sondern auch Lenkung, Gaspedalkennlinie und Schaltpunkte der Automatik wirkungsvoll angepasst werden.

Volvo V60 als komfortabler Kletterer

Volvo V60 Cross Country D4 AWD Pro, Exterieur
Achim Hartmann
Zwei Handbreit Bodenfreiheit, Allradantrieb und Offroad-Fahrmodus - der V60 meint es durchaus ernst.

So agil fährt der V60 nicht, federt jedoch stets betont komfortabel. Auf der Autobahn schluckt die Akustikverglasung Windgeräusche effektiv, und die Pilot Assist genannte Kombination von adaptivem Abstandsregler und Spurhalter chauffiert ihn bis Tempo 130 teilautonom.

Wie alle großen Volvo-Modelle steht er auf der Skalierbaren Plattform-Architektur (SPA), doch die für den normalen Kombi lieferbare Hybridvariante wird für den CC noch nicht angeboten. Das angehobene Fahrwerk mit Doppelquerlenkern vorn und Integralachse hinten schafft eine beachtliche Bodenfreiheit von 21 Zentimetern, womit er nicht nur den Insignia Country Tourer um 2,5 Zentimeter, sondern auch viele SUV übertrifft. Obwohl die langen Karosserieüberhänge abseits befestigter Straßen eher hinderlich sind, unterstützt ein Offroad-Modus samt Untersetzung und bremst via Bergabfahrhilfe beim Querfeldeinfahren.

Apropos bremsen: Aus Tempo 100 steht der Schwede auf Asphalt bereits nach sportwagenverdächtigen 33,8 Metern (Opel: 36,3 Meter). Allerdings ist das die einzige Fahrdynamik-Disziplin, in der der Volvo auf der Straße brillieren kann. Das liegt zum einen an der zu leichtgängigen und gefühllosen Lenkung, zum anderen am schlaffen D4-Diesel mit 190 PS und serienmäßiger Achtstufenautomatik, deren Stärke eher sanfte als spontane Gangwechsel sind.

Im direkten Vergleich zum ebenfalls zwei Liter großen Opel-Diesel fehlen dem Volvo schon auf dem Papier 20 PS und 80 Newtonmeter Drehmoment. In der Praxis hat er zudem mit knapp 1,9 Tonnen rund 100 Kilogramm mehr zu beschleunigen, sodass er bei Zwischenspurts und Topspeed den Opel ziehen lassen muss. Dafür verbraucht sein nach Euro 6d-Temp zertifizierter Vierzylinder mit 8,4 l/100 km im Testmittel etwas weniger Diesel als der Insignia (8,8 Liter), der einstweilen noch nach Euro 6c eingestuft ist.

Am Ende gewinnt der V60 Cross Country dank umfangreicher Sicherheitsausstattung und guten Bremswerten recht eindeutig. Allerdings hat das seinen Preis: Mit 54.350 Euro ist er mehr als 10.000 Euro teurer als der Insignia Country Tourer.

Fazit

1. Volvo V60 Cross Country D4 AWD Pro
432 von 1000 Punkte

Der feine Volvo V60 Cross Country kostet zwar viel, bietet dafür aber jede Menge Komfort, Sicherheitsausstattung und Luxusambiente. Nur der Fahrspaß bleibt etwas auf der Strecke.

2. Opel Insignia Country Tourer 2.0 BiTurbo Diesel 4x4
407 von 1000 Punkte

Der Opel Insignia Country Tourer hat mehr Platz und fährt dank des kräftigeren Dieselmotors unterhaltsamer. Schwache Bremswerte und weniger Assistenz kosten jedoch zu viele Punkte.

Technische Daten
Opel Insignia Country Tourer 2.0 BiTurbo Diesel 4x4 Country TourerVolvo V60 Cross Country D4 AWD Pro
Grundpreis43.375 €55.700 €
Außenmaße5004 x 1871 x 1525 mm4784 x 1850 x 1499 mm
Kofferraumvolumen560 bis 1665 l495 bis 1407 l
Hubraum / Motor1956 cm³ / 4-Zylinder1969 cm³ / 4-Zylinder
Leistung154 kW / 210 PS bei 4000 U/min140 kW / 190 PS bei 4250 U/min
Höchstgeschwindigkeit228 km/h180 km/h
0-100 km/h8,3 s9,1 s
Verbrauch7,2 l/100 km5,1 l/100 km
Testverbrauch8,8 l/100 km8,4 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten