Peugeot 308 GTi und Seat Leon Cupra 290 im Test
Brüllt der Löwen-GTi den Cupra nieder?

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Mit dem 308 will Peugeot zurück zu seiner verloren gegangenen GTi-Tradition. Und Seats Leon Cupra wird die Franzosen trotz PS-Spritze nicht aufhalten. Vergleichstest der Kompaktsportwagen.

Peugeot 308 GTi, Seat Leon Cupra 290
Foto: Rossen Gargolov

Das mit der richtigen Pflege ist ja oft so eine Sache, als Besitzer von Wollpullis, Begonien und Chinchillas wissen wir das. Besonders diffizil scheint es jedoch mit der Pflege von Traditionen zu sein, speziell wenn es sich um sportliche handelt. VW zum Beispiel übertreibt es zurzeit derart, dass man die Früchte der vielen Fürsorge selbst gar nicht mehr verwerten kann und sie an die angeheirateten Marken weitergeben muss. Heraus kommt dann so was wie der Seat Leon Cupra, den es aktuell gleich in zwei Züchtungen gibt.

Bei Peugeot hingegen läuft es genau andersrum. Auch dort hat man eine durchaus fruchtbare Sporthistorie, doch statt sie zu kultivieren oder gar zu überdüngen, ließ man sie immer wieder erst verrotten, um sie dann, kurz bevor es ganz aus war mit ihr, panisch zu reanimieren. Der vergangene 308 GTi hätte bereits so ein Wiederbeleber werden sollen – wurde am Ende aber kaum mehr als ein Alibi, um sagen zu können, es ja wenigstens versucht zu haben. Die Van-artige Karosserie, das absurd große Lenkrad, das couchig-holprige Fahrgefühl – sagen wir's so: Es grenzt an ein Wunder, dass das Sportabzeichen einen derartigen Rufmordanschlag in seinem labilen Zustand am Ende überstand.

Peugeot 308 GTi endlich wieder ein echter Sportler

Jetzt, endlich, scheint der ewige Patient aber überm Berg zu sein. Schon die GTi-Versionen des 208ers ließen Hoffnung schimmern, die reguläre ebenso wie das quietschfidele Rotpopo-Sondermodell. Mit dem neuen Peugeot 308 GTi kommt nun ein weiteres Lebenszeichen – und der endgültige Beweis, dass es mit der Sporttradition so vorbei, wie es zwischenzeitlich den Anschein hatte, längst nicht mehr ist. Denn trotz seiner ramponierten Bezeichnung hat er es diesmal in sich. Genauer gesagt hat er das in sich, was vom kürzlich verblichenen RCZ-R übrig blieb, dessen unsterbliche Überreste sozusagen: den auf 272 PS aufgepäppelten 1,6-Liter-Vierzylinder mit Twin-Scroll-Turbolader sowie das Torsen-Sperrdifferenzial. Beides hatte schon im Coupé hervorragend funktioniert, und – so viel sei verraten – es funktioniert auch im Peugeot-Kompaktsportwagen.

Peugeot 308 GTi, Heckansicht
Rossen Gargolov
Vorbildlich: Das schmale Gewicht des 308 GTi. Mit 1.338 Kilogramm ist er vollgetankt über 75 Kilo leichter als der Cupra.

Allerdings wird Funktionieren alleine nicht reichen, um sich nach Jahren der Abstinenz direkt zu etablieren. Denn der Kompaktsport ist nicht mehr nur ein wilder Haufen pubertierender Biederware, so wie vielleicht damals in den 80ern, als die Buchstaben G, T und i noch jung waren und Peugeot und VW praktisch unter sich; vielmehr ist er mittlerweile zu einem veritablen Wirtschaftszweig herangewachsen, mit zahllosen Verästelungen und einer strengen Hierarchie nach dem Gesetz des Stärkeren. Mit anderen Worten: Dabei sein ist das eine, besser sein als andere das Entscheidende. Und da, wo der Peugeot 308 GTi mit selbstbewussten 34.950 Euro Grundpreis nun hinzielt, trifft er ausgerechnet zwei besonders hochrangige Mitglieder des florierenden VW-Baukasten-Konsortiums: den VW Golf GTI Clubsport und den Seat Leon Cupra 290, die sich nicht kampflos ergeben werden.

Seat Leon Cupra 290 in 6,1 Sekunden auf Tempo 100

Ersterer konnte, wollte, durfte bedauerlicherweise zwar noch nicht mitmischen, ist in Form des Seat aber quasi eins zu eins repräsentiert. Bedeutet: Frontantrieb mit elektronisch gesteuerter Quersperre und als Herzstück das aufgeladene Zweiliter-Universalorgan, dem Seat jüngst noch eine kleine Leistungsspritze setzte. Zehn PS mehr entzieht sich der Vierzylinder nun, die so fürchterlich ausschlaggebend aber nicht sind. Für das Fahrgefühl sowieso nicht, da versickern sie im nochmals verbreiterten Drehmomentplateau, aber auch nicht im Sprint. Zumindest nicht direkt. Mit einer Nullhundert-Zeit von 6,1 Sekunden ist dieser Cupra im Test zwar der flinkste von uns je gemessene, aber immer noch ein gutes Stück entfernt von seiner Werksangabe. Das Problem liegt in der Launch Control des optionalen DSG, die den Launch so richtig nicht unter Kontrolle bringt. Mal regelt sie übereifrig rein, mal schlupfen ihr zu viele der 350 Nm durch, sodass man selbst Fuß anlegen muss. Mehr, weniger, Gefühlssache. Erst ab dem dritten Gang steht die Leitung zur Straße und die Kraft entfaltet sich: strotzig, stringent, straff.

Der Peugeot 308 GTi motorisiert im Test spürbar zierlicher, kriegt seine 330 Nm dadurch zwar zeitiger in den Griff – den Seat aber trotzdem nicht zu fassen. Drei Zehntel fehlen bis 100, 23 bis 200 km/h. Dennoch wirkt der 308 lebhafter, frischer in seiner Charakteristik, ist zum Fahren gemacht, nicht zum Bedienen, schon weil es statt der doppelten Kupplung nur eine gibt – mit Pedal für den linken Fuß, eben ganz gemäß der Tradition, in der er ja stehen soll. Dazu ist der Motor einfach ein fantastischer, kein Powerbürokrat wie sein Gegenüber, sondern ein echter Turbofratz. Die Gasannahme mag stellenweise etwas eckig sein, das Zusammenspiel zwischen Lader und Motor nicht ganz ausgefeilt, doch dafür ruckzuckt er vorwitziger los als der TSI, hängt sich rein in seine Drehzahlbänder, statt sie nur durchzuziehen, und strampelt mit seinen Aluschmiedekolben beschwingter zum Begrenzer hinauf.

Nur kleine Schönheitsfehler am Peugeot 308 GTi

Da jucken selbst die ein, zwei Ungereimtheiten nicht, die er sich leistet. Das winzige Lenkrad zum Beispiel, das an sich eine ach so wunderbare Idee gewesen wäre, würde der obere Teil seines Kranzes nicht wie ein Zensurbalken vor der Instrumenteneinheit stehen; auch der Sportmodus macht eigentlich alles richtig, dramatisiert den Klang und spitzt die Gasannahme.

Peugeot 308 GTi, Cockpit
Rossen Gargolov
Über den mickrigen Lenkraddurchmesser verstärkt sich die Agilität der Abstimmung. Allerdings leidet die Übersicht im Cockpit.

Allerdings switcht er auch die Cockpit-Beleuchtung von Weiß auf Rot, was stimmungsvoll aussieht, gar keine Frage, aber eben auch den Rotbereich des Drehzahlmessers unkenntlich macht, sodass man beim Ausdrehen immer mal wieder in den Begrenzer rasselt. Und noch was müssen wir ansprechen: Messieurs dames, wenn man ein Auto wie den 308 GTi zu einem Performance-Test schickt, dann erspart man ihm nach Möglichkeit Schnickschnack wie ein Panoramadach: So was führt erstens zu Mehrgewicht, zweitens an einer für den Schwerpunkt höchst ungünstigen Stelle und drittens normalerweise zu sehr schnippischen Kommentaren im Text – aber gut, Schwamm drüber, ihr wart ja lange weg.

Leon, der Profi

Greenhorn, denkt sich da der Seat, der mittlerweile Erfahrung hat, es allen recht zu machen, und daher standardmäßig mit Adaptivfahrwerk und dreistufiger Fahrprofil-Klaviatur anrückt. Dazu legt man stets auch einen Satz der im Umfang der Performance-Pakete offiziell erhältlichen Semi-Slicks parat – und freilich nie, ohne sie wärmstens zu empfehlen. Diesmal jedoch müssen sie der Vergleichbarkeit halber in der Garage bleiben, schließlich arbeitet Peugeot ausschließlich mit Straßenreifen – solchen vom Typ Michelin Pilot Super Sport, was die Ernsthaftigkeit der sportlichen Absichten durchaus unterstreicht.

Auf der Landstraße ist das Reifenthema kein entscheidendes. Hier geht es eher um den individuellen Geschmack. Satt und souverän im Seat oder quirlig und motiviert im 308? Beides hat Reiz. Auf der Rennstrecke jedoch gibt es auf einmal keine zwei Meinungen mehr. Und das liegt tatsächlich am Peugeot, dem du das, was er draufhat, aber nicht gleich anmerkst.

Peugeot 308 GTi – das Konzept geht auf

Im ersten Moment fühlt er sich noch hibbelig an: hektisch in der Lenkung und trotz des intensiven Fahrbahnkontakts etwas schlaksig im Fahrwerk. Am Ende resultiert aber genau daraus seine Agilität. Er bewegt sich wie ein Boxer, bleibt locker, leichtfüßig, damit er schnell und präzise reagieren kann, während der Seat eher plattfüßig im Ring herumstapft.

Peugeot 308 GTi, Seat Leon Cupra 290
Rossen Gargolov
Abgehängt: Der 308 GTi lässt sich am Untersteuern vorbeispitzeln, der Leon plumpst recht unaufhaltsam hinein.

Im Grunde dreht sich alles ums Untersteuern. Beide neigen im Test dazu – ganz zwangsläufig, wenn über 60 Prozent des Gewichts an der Vorderachse hängen. Im Peugeot jedoch ist es zu kontrollieren, was an der lockereren Grundabstimmung liegt, die dem Heck beim Einlenken ein wenig Mitspielraum gewährt, und vor allem an der Sperre – den richtigen Umgang mit ihr vorausgesetzt. Wer zu zaghaft angast, bekommt ihre drehmomentfühlende Mechanik nicht zum Arbeiten; übertreibt man es, schmirgeln die Vorderräder gnadenlos geradeaus. Dazwischen jedoch, wenn die Vorderräder mit dem richtigen Lenkwinkel und der richtigen Gasdosis auf der Ideallinie entlanggefädelt werden, geht das Konzept des 308 voll auf.

Und der Seat unter. Schon beim Einlenken versumpft er derart im Untersteuern, dass ihn auch seine diversen Sperrfunktionen nicht wieder rausbekommen – weder die mechanische noch die elektronische. Auch als Fahrer bist du machtlos. Einzig gangbarer Weg: ranpushen ans Griplimit und artig abwarten.

Leidige Konzern-Tradition: das tollpatschige ABS

All seine Erfolgsaussichten sind damit eigentlich schon in der Ameisenkurve futsch, was noch kein Drama wäre, zumal bei einem derart flinken Gegner. Zwei Ecken später läuft die Nummer jedoch völlig aus dem Ruder. Und wieder einmal ist die ABS-Regelung schuld: Zuerst bricht beim Anbremsen des Querspangenausgangs die Bremswirkung um die Hälfte ein, dann blockieren vor der Südkurve abwechselnd die Vorderräder, Runde um Runde, jedes Mal, was natürlich weder die Performance steigert noch das Vertrauen des Fahrers, der diese Performance rauskitzeln soll.

Klar, das sind extrem stressige Stellen: wellig, abschüssig, und in beiden Fällen liegen die Bremspunkte direkt ausgangs schneller Kurven. Bloß taugt das nicht als Ausrede, solange es die anderen auch gebacken kriegen. Und die anderen sind praktisch alle – alle außer diversen Quermotormodellen aus dem VW-Konzern wie zuletzt auch Audi S3 und der Ibiza.

Wo der Hund begraben liegt? Womöglich im Zusammenspiel der elektronischen Regelsysteme, die beim plötzlichen Übergang von Quer- in Negativbeschleunigung den Überblick verlieren. Wie auch immer, der Sache wird nun auf den Grund gegangen, erste Expertengespräche sind angeschoben – schließlich hat es nicht jede Tradition verdient, gepflegt zu werden.

Fazit

Sind Rundenzeiten ausschlaggebend für die sportliche Qualität eines Kompaktsportlers? Kann man so sehen, muss man aber nicht. Auf jeden Fall unterstreichen sie sie. Und im Falle des 308 GTi geschieht das mit demselben leuchtend roten Stift, mit dem er sich auch seine Frontlippe anmalt. Renault Mégane R.S. Trophy, BMW M135i, Ford Focus RS500 - sie alle sind keine Nasenbohrer, und sie sind kollektiv langsamer als er. Sogar seinem Organspender, dem RCZ-R, knöpft er in Hockenheim zwei Zehntel ab. Dicke Überraschung? Ausgehend von seinem halbgaren Vorgänger vielleicht; wenn man drinsitzt, fährt, merkt, wie sauber Fahrwerk, Sperre, Motor und auch die Sechsgangbox zusammenspielen, ist es nur die logische Konsequenz. Der Seat jedenfalls hätte gegen ihn nur mit seiner optionalen Sportbereifung eine Chance, sie fängt den Untersteuerdrang besser ab als die überforderten Contis hier und optimiert die Traktion. Ob solch radikale Maßnahmen aber zum Kompaktsportthema passen, wäre dann wieder eine ganz andere Frage.

Technische Daten
Peugeot 308 GTi THP 270 GTiSeat Leon SC Cupra 290 Cupra 290
Grundpreis34.950 €33.420 €
Außenmaße4253 x 1804 x 1446 mm4236 x 1810 x 1423 mm
Kofferraumvolumen470 bis 1309 l380 bis 1150 l
Hubraum / Motor1598 cm³ / 4-Zylinder1984 cm³ / 4-Zylinder
Leistung200 kW / 272 PS bei 6000 U/min213 kW / 290 PS bei 5600 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h
0-100 km/h6,4 s
Verbrauch6,0 l/100 km6,7 l/100 km