VW Polo GTI, Ford Fiesta ST und Mini Cooper S
Kleine Wilde mit knapp 200 PS im Test

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Die wilden Kleinen von VW, Ford und Mini treten im Kräfteduell gegeneinander an. Ob sie noch dem Klischee der Knallbüchsen entsprechen, müssen sie im Vergleichstest zeigen. Deshalb: Leinen los!

VW Polo GTI, Ford Fiesta ST, Mini Cooper S, Frontansicht
Foto: Rossen Gargolov

Die Sache mit dem maximalen Gokart-Feeling darf man natürlich nicht zu ernst nehmen – wählt man im Mini den Sportmodus an, dann erscheint jenes Versprechen im Display, das natürlich kein Auto einlösen kann. Doch die Frage, ob der Mini Cooper S nach dem enormen Größenwachstum im Vergleich zur Vorgängergeneration noch der Sportlichste seiner Klasse ist, sollte man schon auf den Grund gehen. Beweisen muss er es gegen den Ford Fiesta ST und den VW Polo GTI.

Ein Blick auf die Daten der Turbo-Vierzylinder: Mit 192 PS liegt der Mini zehn PS über dem Ford und gleichauf mit dem Polo, den es endlich wieder mit Schaltgetriebe gibt. Der VW stemmt 20 Nm mehr als der Cooper S, gibt sein maximales Drehmoment allerdings erst 200/min später ab. So wundert es nicht, dass sich beide beim Sprint nahezu gleich aus den Startlöchern katapultieren und ihr Pari bis Tempo 180 aufrechterhalten. Der Ford ist dann bereits drei Sekunden im Hintertreffen – übrigens kein rein akademischer Wert: Sein 1,6-Liter fühlt sich im Alltag wie auf der Rennstrecke schwächer an. Nach der ersten Runde liegen demnach Mini und VW gleichauf vor Ford.

Zwar geht die Elastizität nicht in die Gesamtwertung ein, doch ein Gefühl für die Kraftentfaltung der Motoren gibt es allemal. Auch hier fällt der Ford Fiesta in jedem Gang ab. Der Polo nutzt sein zusätzliches Drehmoment und schiebt sich am Mini Cooper S vorbei. Letzterer kann seinen Hubraumvorteil (1,8 zu 2,0 Liter) nicht nutzen. Das straft den Allgemeinplatz Lügen, dass Hubraum durch nichts zu ersetzen sei. Ein leichteres Fahrzeuggewicht etwa kann über einen kleinen Motor hinweghelfen; doch demnach müsste der Ford einen Vorteil verbuchen: Er bringt rund 50 Kilogramm weniger auf die Waage als seine zueinander fast gleich schweren Konkurrenten.

Kurzer Exkurs: Für Kleinwagen sind alle drei zu schwer. Ford ist zumindest auf dem richtigen Weg, kommt trotzdem auf ein etwas schlechteres Leistungsgewicht – einfach deshalb, weil Leistung fehlt. Ungünstig in der Bewertung wirkt sich hier für den ST aus, dass er mit 6,6 kg/PS gerade so eben unter die Vierpunktegrenze fällt.

Das sollte ST-Fans aber nicht weiter stören. So wie er über die Landstraßen tollt, sucht das seinesgleichen. Maximales Gokart-Feeling? Wenn schon, dann hier – der Fiesta lässt sich wunderbar mit dem Gaspedal lenken. Wie stark das Heck beim Eindrehen mithilft, entscheidet die Stärke des Lastwechsels. Bevor der Schräglaufwinkel außer Kontrolle gerät, interveniert ESP oder besser der Fahrer mit der präzisen Lenkung. Da kann selbst der Mini nicht mithalten, geschweige denn der VW Polo.

Mini Cooper S mit zuschaltbarem Reisemodus

Beide bieten dafür gegen Aufpreis ein adaptives Fahrwerk, was den Erstauto-Charakter betont. Vor allem der Mini Cooper S erstaunt hier mit einer weiten Spreizung der Stoßdämpferkennlinien und gefällt auf langen Strecken mit dem besten Federungskomfort. Hier übertrifft er den Polo spürbar. Alleine die Möglichkeit, eines Reisemodus zu haben, ist ein echtes Plus, zumal es den Charakter des Mini weniger verwässert als seine schiere Karosseriegröße. Natürlich kann er auch anders: Ein Druck aufs Knöpfchen genügt, und da ist wieder diese erdverbundene Straffheit, für die der Mini bekannt ist. Doch wirklich kernig geht es erst im Ford Fiesta zu. Sie verlangen nach Sport? Sie erhalten Sport – immer, da gibt es keine Wahl. Hopp oder topp, der ST polarisiert mit seinem zugespitzten Charakter, den VW auch beim Polo zumindest in Ansätzen wieder herausarbeitet, nachdem sein Vorgänger wenig GTI-Artiges an sich hatte.

Und der Mini? Der übernimmt eine Eigenart des Vorgängers – er wird beim starken Bremsen aus hohem Tempo unruhig. Ob die Fans gerade danach verlangen? Wohl kaum. Auf der Rennstrecke lässt sich das durch geschicktes Anpendeln noch in den Streckenverlauf integrieren; auf der Autobahn dagegen erzeugt es gerade bei Nässe erhöhten Puls. Weil die Lenkung direkt anspricht, münden Korrekturversuche in Zickzackkurs.

Mit einer anderen Merkwürdigkeit fällt der VW Polo GTI beim Bremsen auf. Verzögert man im ABS-Bereich, was auf der Rennstrecke praktisch vor den meisten Kurven der Fall ist, so schiebt der Polo geradeaus. In diesem Fall ist die Ideallinie verhagelt und an eine gute Zeit nicht zu denken. Man muss den Fahrstil umstellen: früher, dafür sanfter auf die Bremse gehen und so knapp wie möglich unterhalb der ABS-Schwelle bleiben.

Ford Fiesta ST mit 182 PS

Diese Merkwürdigkeit kann durchaus auch auf der Landstraße zu unangenehmen Situationen führen: beim Ankerwurf auf Bodenwellen; dann machen die Bremszangen auf und der VW-Kleinwagen verzögert kaum.

Interessanterweise benötigt der VW Polo GTI aus 200 km/h über sieben Meter mehr bis zum Stillstand als der Cooper S. Dessen Pirelli P Zero verzahnen sich beim Bremsen aus allen Geschwindigkeiten am besten mit dem Asphalt, so auch beim für die Bewertung relevanten 100-auf-null – gemessen mit warmer Bremsanlage, was Rückschlüsse auf die Rennstreckensituation zulässt.

Schließlich werden gerade auf dem engen Kleinen Kurs von Hockenheim die Scheiben ständig in die Mangel genommen und müssen die Reibungsenergie in Form von Wärme ableiten. Mit diesem Stress kommen die Stopper des Ford Fiesta ST am schlechtesten klar. Das Delta zwischen kalter (36,7 Meter) und warmer (38 Meter) Bremsanlage ist hier mit 1,3 Metern am größten. Zwischenstand nach dem Bremsen: Der Mini Cooper S liegt vor VW und Ford.

Boden sollte der Fiesta endlich bei der Fahrdynamik gutmachen, schließlich waren alle Tester nach den Landstraßenrunden von der Agilität des ST angetan. Doch so freudig sich der Ford dort in Biegungen aller Art stürzt, so wenig beweist er die Kurvenkompetenz zwischen den Pylonen.

Das mitlenkende Heck bringt hier eher Unruhe als Fabelzeiten, und der ST kommt nicht am VW Polo GTI vorbei – geschweige denn am Cooper S. Der carvt unaufgeregt durch den 18-Meter-Slalom. Hier hilft ihm erneut die sportliche Gummimischung des Pirelli P Zero. Das macht einen weiteren Bonuspunkt auf seinem Vergleichstest-Konto.

Kurze Kostenkalkulation auf dem Weg nach Hockenheim: Bei Ford gibt es im Fiesta ST 182 PS für 20.390 Euro. Macht ein Preis-Leistungs-Verhältnis von 111 Euro pro PS – so verbraucherfreundlich sieht es bei den Konkurrenten nicht aus. VW lässt sich jedes PS mit 116 Euro bezahlen, Mini sogar mit 124. In der monetären Realität macht das viel aus, in der Punktewertung allerdings nichts, und der teure Mini bleibt weiter vorn.

Polo auf Rundkurs ein Zehntel schneller als Ford

Kann er seinen Vorsprung über die Ziellinie retten? Nicht selten wendet sich das Blatt auf dem Kleinen Kurs mit seinen eigenen Gesetzen. Im Slalom unruhige Geister werfen sich hier teilweise besonders motiviert ins Motodrom, wohingegen Pylonenflitzer zuweilen stumpf untersteuernd vom rechten Weg abschweifen.

So wie sich der Ford Fiesta auf der Landstraße ins Zeug gelegt hat, dürfte er Hockenheim so richtig derbe rocken. Sein kernig röhrender Vierzylinder holt sich zumindest schon einmal die Soundwertung und füllt den Fahrgastraum mit Emotionen bis zum Anschlag. Wie auf der Landstraße reagiert der ST wunderbar auf Lastwechsel, lässt sich präzise im Scheitelpunkt platzieren – doch dann fehlt Leistung.

Messbar ist das übrigens am Ende der Start-Ziel-Geraden mit zwei km/h, die ihm auf VW Polo GTI und Mini Cooper S fehlen. Das erscheint zunächst wenig, doch auch in der Querspange und in der Südkurve hat der Fahrer den Eindruck, dass es mit mehr Druck am Gas noch einen Hauch schneller ginge. Das neutral abgestimmte Fahrwerk jedenfalls würde sein Okay zu mehr Leistung geben.

Anders als der Fiesta bleibt sich der Polo als Untersteuerer treu, was allerdings leichter zu handhaben ist als das beim ambitionierten Bremsen auftretende ABS-Phänomen. Am Kurvenausgang regelt die nicht komplett deaktivierbare Traktionskontrolle so lange, bis die Räder wieder gerade stehen. Das vermittelt den Eindruck, man sei mit gebremstem Schaum unterwegs. Doch ein Blick auf die Rundenzeit zeigt: Der GTI ist sogar ein Zehntel schneller als der ST. Offensichtlich arbeitet die ESP-Elektronik feinfühlig.

Mini Cooper S mit Bestzeit

Wie das Gefühl täuschen kann, beweist auch der Cooper S. Scheinbar hat er ständig mehr Dampf als Traktion, scheinbar untersteuert er am stärksten, und scheinbar hat er gegen ST und GTI keine Chance. Doch tatsächlich ist es genau andersherum: Unspektakulär gefahren – mit langen Rollphasen bis zum Scheitelpunkt und dosiertem Gasgeben danach – sichert sich der Mini knapp die Bestzeit und untermauert damit seinen Sieg in diesem Vergleichstest. Dass der Vorsprung auf den Polo drei Punkte beträgt, ist vor allem der besseren Bremsperformance geschuldet.

Überraschender ist, dass der Fiesta so deutlich hinter dem Mini liegt. Gerade ihm als klassischem Vertreter der kleinen Wilden hätten wir mehr zugetraut.

Technische Daten
VW Polo GTI GTIMini Cooper S 2.0 Cooper SFord Fiesta ST 1.6 EcoBoost ST
Grundpreis22.525 €25.600 €20.840 €
Außenmaße3983 x 1682 x 1452 mm3850 x 1727 x 1414 mm3982 x 1722 x 1495 mm
Kofferraumvolumen204 bis 882 l211 bis 731 l295 bis 979 l
Hubraum / Motor1798 cm³ / 4-Zylinder1998 cm³ / 4-Zylinder1596 cm³ / 4-Zylinder
Leistung141 kW / 192 PS bei 4200 U/min141 kW / 192 PS bei 5000 U/min134 kW / 182 PS bei 5700 U/min
Höchstgeschwindigkeit236 km/h235 km/h223 km/h
0-100 km/h6,7 s6,8 s7,5 s
Verbrauch6,0 l/100 km6,0 l/100 km5,9 l/100 km
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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten