Porsche Panamera 4S E-Hybrid im Test
Schwergewicht mit Öko-Power

Zwischen Panamera 4 E-Hybrid und Turbo S E-Hybrid sei noch Platz für ein drittes Plug-in-Schwergewicht, findet Porsche – und schiebt den 4S E-Hybrid mit einer Systemleistung von 560 PS in die Lücke. Erweist er sich tatsächlich als die goldene Mitte?

Porsche Panamera 4S E-Hybrid
Foto: Achim Hartmann

Noch etwas Sahne dazu? Na, da regt ja schon die Frage auf. Lässt sich Zwetschgendatschi auch ohne essen? Und ja, gern noch einen Kaffee dazu. Der Porsche Panamera 4S E-Hybrid jedenfalls fährt auch nach dem Testfahrt-Zwischenstopp beim Bäcker des Vertrauens so, als wäre Masse vorwiegend virtuell denn real. Immerhin wiegt die Limousine bereits ohne Fahrer 2.323 kg, von denen 52,2 Prozent die Hinterachse belasten, denn dort haust der Akku. Dessen Füllstand beträgt gerade 18 Prozent, zu oft und zu gern rufst du eben den Boost ab. Einfach weil der Antrieb die Komplexität des Zusammenspiels von 440-PS-Verbrenner und 100-kW-E-Motor zur Banalität degradiert, immer mächtigen Schub generiert.

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Wucht nach vorn

Porsche Panamera 4S E-Hybrid
Achim Hartmann
Der 4S mit 560 PS startet bei 130.121 Euro. Zum Vergleich: Den 4 E-Hybrid mit 462 PS gibt es ab 113.223 Euro, den Turbo S E-Hybrid mit 700 PS ab 190.335 Euro. Konkurrenten gibt es keine, wenn es unbedingt ein PHEV sein muss.

Das Systemdrehmoment von 750 Newtonmetern schultert die 5,05 Meter lange Karosserie, als wäre sie ein leerer 100-Liter-Wanderrucksack, begleitet von einer Idee zu arg überhöhtem Sechszylinder-Sportmotorklang, also heiser-kehlig blechbläsernd. Den steuert die optionale Sport-Abgasanlage bei, versucht so, akustisch Emotionen in das Hybrid-Konzept zu mischen. Leiser? Auch möglich. Zumindest bis 140 km/h. Dafür reicht die im Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe untergebrachte Elektromotor-Scheibe. Sie bleibt bis zu einem Fahrpedalwinkel von 50 Prozent. Damit der Fahrer den Übergang zum Verbrenner deutlich merkt und bewusst elektrisch fahren kann, setzt der V6 erst bei einem Fahrpedalwinkel von 60 Prozent ein.

Ausschweifende E-Touren allerdings sieht Porsche nicht vor, denn die Reichweite beträgt 52 km – nur unter engagierter Ignoranz der Leistungsfähigkeit. Immerhin: Damit erfüllt der 4S die Werksangabe nach WLTP von 49 bis 54 km. Und: Gegenüber den Hybridmodellen vor der Modellpflege baut der Akku trotz höherer Kapazität (17,9 statt 14,1 kWh) nicht größer. Geändertes Kathodenmaterial und optimiertes Anodenmaterial tragen dazu ebenso bei wie eine Erhöhung der Menge an Zellchemie durch dünnere Zellseparatoren. Nur das Gewicht der Batterie steigt um sechs auf 158,76 Kilo.

Die Elektrifizierungskomponenten der drei Plug-in-Panamera variieren übrigens nicht, lediglich ihre Benzinmotoren. Das 2,9-Liter-Aggregat des 4S entspricht dem der Basis, nur eine modifizierte Motorsteuerung sowie der von 0,8 auf 1,4 bar erhöhte Ladedruck unterscheidet die beiden. Ein mögliches Anfahrzaudern des mit 10,5 : 1 verdichteten Triebwerks überspielen Getriebe und E-Motor, der für Beschleunigungsvorgänge immer mit Energie versorgt wird, selbst wenn die Ladestandsanzeige auf null steht.

So tobt die Fuhre bei Bedarf in 3,8 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h, zieht in 13,6 Sekunden auf 200 km/h und soll laut Hersteller eine Höchstgeschwindigkeit von 298 km/h erreichen. Wie so oft jedoch überwältigt das Relative das Absolute, die mühelosen Zwischenspurts, das druckvolle Herausbeschleunigen aus Kurven stechen stumpfes Geradeaus-Ballern auf der Autobahn aus.

Tour-Schatten

Porsche Panamera Turbo S E-Hybrid Facelift
Porsche
Der hybridische Testverbrauch lag bei 10,5 l/100 km. Schließlich geht es hier um einen 2,3-Tonnen-Koffer, der wie ein Sportwagen beschleunigt und kurvt.

Dort erlaubt der Porsche durchaus eine gewisse Lässigkeit, mag zügige Reisetempi, sicher, allerdings ohne permanentes Ausreizen aller Reserven. Dann lässt dich die Lenkung in Ruhe, ermöglicht ungeachtet der üppigen Bereifung einen entspannten Geradeauslauf. Zudem zeigt die modifizierte Abstimmung des Fahrwerks mit Dreikammer-Luftfederung mehr Engagement darin, selbst kurze, kräftige Impulse von Unebenheiten zu verarbeiten. Nicht falsch verstehen: Von der Fluffigkeit eines Sahnehäubchens bleibt der Federungskomfort ein gutes Kuchenstück entfernt. Im Selbstverständnis von Porsche, durch das der Panamera ja als viertüriger Sportwagen kurvt, darf die Auslegung der Abstimmung gern bejubelt werden. Und die Agilität? Nun, Frage, Aufregung – Sie wissen schon. Den Panamera bringt auf unseren Lieblings-Landstraßen weniger sein Talent als vielmehr seine stattliche Breite ans Limit. Bei entsprechend übersichtlichem Straßenverlauf verzahnst du dich per Fingerschnipp mit dem Auto, das dich wiederum in direkten Austausch mit Fahrbahn-Beschaffenheit und Kurvenverlauf bringt.

Also plaudert man sich angeregt durch alle möglichen Kehren, schätzt die unverblümte, jedoch nie hitzige Kommunikation. Geringe Seitenneigung selbst diesseits des schärfsten Fahrwerksmodus, eine direkte Lenkung mit homogenem Lenkkraftaufbau sowie ein weitgehend neutrales Eigenlenkverhalten – du musst schon aufpassen, um nicht zu wüst über Land zu pfeffern. Also brems dich ein, den Porsche auch, was bislang in einem Plug-in-Hybrid eher ernüchterte. Das Pedalgefühl der Bremse matschig, das Ansprechen träge – vorbei. Der optimierte elektromechanische Bremskraftverstärker funktioniert, realisiert ein authentisches Pedalgefühl mit klarem Druckpunkt. Und die Verzögerung selbst? Auf markentypisch hohem Niveau.

Wichtig: Im Panamera fühlst du dich als Fahrer ernst genommen, integriert, unterstützt. Tiefe Sitzposition, optimal einstellbare Sitze mit 18-facher Verstellmöglichkeit (natürlich aufpreispflichtig), beste Ergonomie. Die Assistenten funktionieren im Test ohne Beanstandungen, lassen sich aber auch deaktivieren, inklusive Fahrdynamik-Regelsystem. Selbst jetzt hetzt der Porsche mit unverminderter Geschwindigkeit durch den Slalom, räumt beim doppelten Spurwechsel nur geringfügig früher die ersten Pylonen ab. Also passt die Fahrwerks-Hardware. Die Antriebs-Hardware packt dich ebenfalls, wirkt kraftvoll, aber nicht zu starr.

Wichtig allerdings: Ein Plug-in-Hybrid ergibt ökonomisch nur Sinn, wenn er regelmäßig Strom zapfen darf. An einer 22-kW-Wallbox dauert eine Vollladung 2,3 Stunden; eine geänderte Leistungselektronik hilft, die Energie effizient zu nutzen. So liegt der Fokus auf lokal emissionsfreiem Fahren im Stadtgebiet und dem Boosten, also dem Bereitstellen der vollen Antriebsleistung. Sollte dafür der Ladestand zu gering sein, erhöht sich die Ladeleistung des Antriebs, der Verbrenner lädt dann mit bis zu 12 kW im Modus Sport Plus. Generell jedoch füllt der V6 den Akku nicht zu 100, sondern nur zu 80 Prozent, da sich dieses Ziel deutlich schneller erreichen lässt.

Doch wie effizient fährt der 4S nun? Rein elektrisch fällt der Verbrauch mit 30,5 kWh/100 km eher hoch aus, da hier das Gewicht bei den zahlreichen Beschleunigungsphasen im Kurzstreckenbetrieb die Bilanz verhagelt. Allerdings fällt einem in Anbetracht des hybridischen Testverbrauchs von 10,5 l/100 km schon mal die Kuchengabel vor Überraschung aus der Hand. Schließlich geht es hier um einen 2,3-Tonnen-Koffer, der wie ein Sportwagen beschleunigt und kurvt. Ja, selbst Verbrauchswerte mit einer Acht vor dem Komma stehen nicht zwangsläufig im Märchenbuch. Wessen Fahrprofil dem auto motor und sport-Standard nahekommt, also einer Jahresfahrleistung von 15.000 km, zu zwei Dritteln rein elektrisch auf Kurzstrecken (40 km max.), der kann mit einem Verbrauch von 2,8 l/ 100 km plus 22,5 kWh/100 km rechnen. Wichtig: konsequent laden.

Sicher, der Porsche begeistert auch mit leerem Akku, dann zum Ballast degradiert. Albern, oder? Ist ein bisschen so, als ließe man sich zum Zwetschgendatschi statt Sahne Magerquark reichen.

Hilfe bei der Infrastruktur

Porsche Panamera 4S E-Hybrid
Achim Hartmann
An einer 22-kW-Wallbox dauert eine Vollladung 2,3 Stunden.

Bei einem Plug-in-Hybrid-Modell durchaus wichtig: Gibt’s günstige Strompauschalen oder Unterstützung bei der Anschaffung einer Wallbox? Käufer eines Plug-in-Hybrids überlässt Porsche weitestgehend sich selbst. Zur Serienausstattung des Panamera 4S E-Hybrid zählen je ein Netzkabel für Haushalts- und Industriesteckdose (beide mit 4,5 Metern Länge), das entsprechende Ladegerät inklusive Stautasche sowie ein On-Board-Lader mit 3,6 Kilowatt Ladeleistung. Wer auf 7,2 kW aufrüsten möchte, muss 714 Euro extra zahlen. Daher ergibt eine Wallbox, die mindestens 11 kW liefert, ohnehin keinen Sinn. Eine Strompauschale, die in einer Ladekarte (wahlweise App oder Chip) die Tarife mehrerer Anbieter bündelt, wäre hingegen wünschenswert – ist aber aktuell nicht vorgesehen. Das volle ökonomische und ökologische Potenzial eines Plug-in-Hybrids lässt sich bekanntlich nur nutzen, wenn er regelmäßig geladen wird.

Vor- und Nachteile
Karosserie
Gutes Platzangebot vorn
Sportwagen-adäquate tiefe Sitzposition
Penible Verarbeitung
Bequemer Einstieg vorn
Ausreichende Variabilität
Eingeschränkte Sicht nach schräg hinten
Wenig Kopffreiheit im Fond
Hohe Ladekante
Kein Staufach für Ladekabel
Fahrkomfort
Ausgewogener Federungskomfort
Bequem gepolsterte, seitenhaltstarke Sitze
Teils überpräsenter Klang der Sport-Abgasanlage
Antrieb
Fahrleistungen auf hohem Niveau
Harmonisches Zusammenspiel der Motoren
Fahreigenschaften
Agiles Kurvenverhalten
Hohe Fahrsicherheit
Penibel applizierte Regelelektronik
Problemloser Geradeauslauf
Sicherheit
Hervorragende Bremsleistung
Homogenes Pedalgefühl
Zahlreiche, unauffällige Assistenzsysteme
Umwelt
Niedriger Hybrid-Verbrauch
Sparsamer V6-Motor
Hilfreiche Fahrmodi
Geringe Emissionen
Nur durchschnittliche E-Reichweite
Kosten
Umfangreiche Grundausstattung
Hohes Kostenniveau
Ungewisser Restwert

Fazit

Der Panamera fährt durch die Chassis-Modifikationen nun ausgewogener, der Hybridantrieb generiert mächtigen Schub, arbeitet zudem effizient. Die E-Reichweite ist überschaubar, die Kosten nicht.

Technische Daten
Porsche Panamera 4S E-Hybrid S
Grundpreis135.388 €
Außenmaße5049 x 1937 x 1423 mm
Kofferraumvolumen403 bis 1242 l
Hubraum / Motor2894 cm³ / 6-Zylinder
Leistung324 kW / 440 PS bei 5650 U/min
Höchstgeschwindigkeit298 km/h
0-100 km/h3,8 s
Verbrauch2,2 kWh/100 km
Testverbrauch10,5 kWh/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten