Porsche Panamera Diesel im Test
Wie schlägt sich der Diesel-Panamera im Alltag?

Ein Porsche im Alltag? Viele Elfer meistern zwar den Berufsverkehr, aber familientauglich ist die Ikone nicht. Eher schon der große Wagen der Marke, der Panamera. Dank vorbildlicher Verbrauchsangaben stößt er als Dreiliter-V6-Diesel nun in den Bereich der Vernunft vor. Ob zu Recht, klärt der große Praxistest.

Porsche Panamera Diesel, Tunnel, Aussenspiegel
Foto: Karl-Heinz Augustin

Bei Porsche schämen sie sich seiner nicht, und das zeugt von Selbstbewusstsein. „diesel“ steht in geschwungenen Lettern auf den vorderen Türen des Panamera, kein verschämtes „D“ oder gar eine Fantasie-Verklausulierung, die vom Selbstzünder-Prinzip ablenken soll.

Einzig akustisch verleugnet sich der Diesel. Aber heute gehört es schließlich zum guten Ton, fast nicht zu tönen. Wer in der Nähe des startenden Porsche Panamera Diesel steht, nimmt nur tiefgründigen Bass wahr, unspezifisch in Hubraum und Zündart, erkennt allenfalls an den Endrohren den Diesel. Verräterisch ist höchstens das Tickern unter der Fronthaube, das jedoch bereits in dezenten Alltagsgeräuschen untergeht.

Porsche Panamera Diesel kommt mit 8,9 Litern zurecht

Wer dagegen zu den Privilegierten zählt und im Porsche Panamera Diesel sitzen darf, der hört im sämigen Sechszylinder-Klang vernuschelte Kernigkeit. Allerdings reicht es bereits, gedämpfte Klassik aufzulegen, und schon bleibt nichts als das satte, undefinierbare Rauschen einer schweren Limousine – ganz zu schweigen davon, dass gesprächige Passagiere den Ton angeben. Zwei können hinten mitreisen, für Kindersitze gibt es Isofix-Vorrichtungen, für Teenager genug Platz, selbst wenn sie ihren Eltern bereits über den Kopf gewachsen sind.

Porsche hat die Panamera-Familie tatsächlich um den Familien-Panamera erweitert. Und das berechtigt ihn, am tiefschürfenden Praxistest von auto motor und sport teilzunehmen. Denn weit mehr als seine Benziner-Kollegen haushaltet der Porsche Panamera Diesel mit dem Kraftstoff und kann als wirtschaftliches Alltagsauto genutzt werden. Während des ausführlichen Test-Prozederes lässt sich die Limousine im Schnitt mit 8,9 Liter Diesel auf 100 Kilometer bewegen. Zum Vergleich: Der V8-Benziner Panamera S kam auf 15,2 L/100 km – was die Überlegenheit des Selbstzünder-Prinzips in schweren Wagen eindrucksvoll untermauert.

Zu allererst ein Porsche, dann eine Limousine

Der Alltäglichkeit des Nutzwert-Strebens beugt er dennoch vor – mit der Besonderheit seiner Marken-Aura: Der Porsche Panamera Diesel ist zu allererst ein Porsche, dann eine Limousine. So sieht es zumindest das autobegeisterte Publikum, das dem Viertürer deutlich begierigere Aufmerksamkeit schenkt als etwa einem dezenten Audi A7.

Als Porsche ist der Fünf-Meter-Bolide sofort auszumachen, trägt die Gesichtszüge des 911, und auch seine Rückansicht stellt die Verwandtschaftsverhältnisse klar. Praktisch ein Supersize-Elfer. Auch dass er ausschließlich viersitzig zu haben ist, zeugt von einer gewissen Großzügigkeit im Bezug auf Ressourcen-Nutzung – ebenso ein Merkmal des Luxus. Den dritten Platz der Rückbank beansprucht der Kardantunnel, der den Porsche Panamera Diesel in zwei Hälften teilt und die Fahrgäste keusch voneinander trennt.

Einzelsitze vermitteln Sportwagen-Feeling

Ein Wunder an Raum-Ökonomie ist der Porsche Panamera Diesel nicht. Zwar bietet er dank der Delle im Dachhimmel beachtlich viel Kopffreiheit. Die tief montierten Einzelsitze vermitteln sogar im Fond Sportwagen-Feeling, was abgesehen vom kostspieligeren Aston Martin Rapide keine zweite Limousine bietet, gestehen den Beinen aber nicht genug Auflage zu. Und die Füße passen nur schwer unter das Gestell der Vordersitze. Diese verdecken auch einen Großteil der Sicht nach vorne; seitlich dagegen beschneiden die sich verjüngenden Scheiben das Panorama. Das Heckfenster gleicht gar einer Schießscharte und erlaubt dem Fahrer nur einen ungefähren Blick auf das Geschehen hinter dem Wagen.

Das alles hinterlässt den Eindruck, in einem deutlich kleineren Auto zu sitzen, was die relativ schmal geschnittenen Vordersitze in Anlehnung an diverse 911-Modelle noch einmal untermauern. Im Testwagen sind adaptive Sportsitze mit erhöhten Seitenwangen und elektrischer 18-Wege-Verstellung montiert. Ihre Auflage ist fester als in Limousinen üblich, was zarte Naturen als unkomfortabel bemängeln, andererseits Rückenermüdungen vorbeugt. Die hinteren Sitze des Porsche Panamera Diesel ähneln den vorderen, lassen sich aber zu einer ebenen Fläche umklappen und erweitern so den Laderaum deutlich. Dann kann der Panamera sogar Sperriges transportieren.

Mittelkonsole mit Knöpfen übersät

Sehr eigenständig ist der Aufbau der Mittelkonsole. Sie ragt wie eine Bastion empor und ist mit Knöpfen übersät, die flugzeugartig bis hinauf in den Dachhimmel reichen. Panamera-Neulinge sollten im Bekanntenkreis einen Piloten um Instruktion bitten – auch, weil dieser mit vielen Zusatzinformationen zurechtkommt. Die Anzeigen im Instrumenten-Board des Porsche Panamera Diesel sind für weitere Funktionen gut, welche man gerne mit einem Rändelrad am Lenkrad durchzappen würde. Doch das aufpreispflichtige Sport-Pendant mit den dahinter liegenden Schaltpaddeln ist nicht multifunktionsfähig, also ohne Bedienelemente. So muss man den spillerigen Hebel am Lenkstock verwenden, was eine haptische Zumutung ist und den edlen Gesamteindruck ebenso schmälert wie der knarzende Beifahrersitz.

Den Durchschnittsverbrauch präsentiert der Bordcomputer im Tacho-Display übrigens nicht, dafür muss man das Menü auf dem Zentraldisplay bemühen. Daneben ist wie bei den anderen Porsche-Modellen der Tacho unzureichend skaliert. Man muss sich auf die LED-Anzeige verlassen.

Porsche Panamera Diesel fährt im Schnitt 898 Kilometer weit

Einfach und schnell lässt sich das Navigationssystem des Porsche Panamera Diesel überblicken. Vor allem die Eingabe über das berührungsempfindliche Display überzeugt, ebenso die Koppelung mit einem bluetooth-fähigen Telefon oder dem Anschluss eines digitalen Musik-Speichers via USB-Schnittstelle. Nicht zu vergessen die optional angebotenen HiFi-Anlagen, wovon das Bose-System mit Klanggewalt und das von Burmester mit fein aufgelöster Dynamik begeistert. Gerade Vielfahrer werden High-End-Klang während langer Autobahn-Kilometer zu schätzen wissen.

Bei einer durchschnittlichen Reichweite von 898 Kilometern müssen sich Porsche Panamera Diesel-Fahrer selten mit Tankstopps aufhalten. Den schnellen Cruising-Modus beherrscht der Diesel aus dem Effeff, schnürt im langen achten Gang mit Wohlfühl-Drehzahlen dahin, wobei die Wandler-Automatik jederzeit Beschleuingungswünsche mit unauffälligem Herunterschalten unterstützt.

Porsche Panamera Diesel wird nur über die Hinterräder angetrieben

Bei aktiviertem Sport-Modus reagiert der Motor des Porsche Panamera Diesel spontaner, die Gaspedalkennlinie ist steiler ausgelegt. Automatikgetriebe sowie gegebenenfalls Luftfederung und Porsche Active Suspension Management (PASM) werden zudem entsprechend zackiger abgestimmt, wobei die Federung ihrem Namen noch immer gerecht wird, Querfugen dann aber detailverliebter weitergibt. Außerdem wird die Auto-Start-Stopp-Funktion deaktiviert, was allerdings in der Stadt jammerschade wäre, weil sie hervorragend funktioniert und gerade hier den Verbrauch mit langen Ruhephasen drückt.

Das adaptive Fahrwerk lohnt sich indes, weil nur so der Spagat zwischen gutem Reisekomfort und gierigem Einlenken sichergestellt ist. Nur nebenbei: Letzteres befähigt den rein hinterradgetriebenen Porsche Panamera Diesel übrigens, in beachtlichen 1:18,3 Minuten um den Kleinen Kurs von Hockenheim zu pflügen. Nachteil der agilen Abstimmung im wahren Leben: Schon die 19-Zoll-Reifen verfolgen interessiert Spurrillen und verbünden sich mit Schienen. Davon abgesehen ist der Geradeauslauf selbst beim maximal möglichen Tempo (242 km/h) stabil.

Gefühl der Untermotorisierung kommt nie auf

Dass der Dreiliter bis in diesen Bereich vordringt, ist schon erstaunlich genug. Dass er über 200 km/h noch druckvoll an Tempo zulegt, erst recht. Das Gefühl der Untermotorisierung, das man in einem Zweitonner bei 250 PS haben könnte, kommt nie auf. Wo gewollt, da erobert der Porsche Panamera Diesel auf der linken Spur Positionen. Ähnliches sollte ihm mit einigen Herzen unter Porsche-Fans mit Familien-Anhang gelingen. Der wahre alternative Antrieb ist im Falle des Panamera nicht der Hybrid, sondern der Selbstzünder.

Vor- und Nachteile
Karosserie
Porsche Panamera Diesel
ordentliches Raumangebot für vier
hohe Materialqualität
umklappbare Rücksitzbank
hinten nur Zweisitzer
zu viele Knöpfe im Cockpit
kleiner Kofferraum
unübersichtliche Karosserie
unbequemer Einstieg nach hinten
Fahrkomfort
insgesamt guter Federungskomfort
laufruhiger Diesel
gut stützende Sportsitze
eingeschränkter Komfort auf Querfugen
Antrieb
kräftiger Durchzug
gute Fahrleistungen
unauffällig schaltende Wandlerautomatik
Fahreigenschaften
hohe Fahrsicherheit
agiles Handling
exakte Lenkung
gut abgestimmtes ESP
sehr hoher Grenzbereich
Sicherheit
sehr wirksame Bremsanlage
lückenhaftes Angebot an Assistenzsystemen
Umwelt
niedriger Test- und Minimalverbrauch
noch kein Umweltzertifikat ausgewiesen
Kosten
voraussichtlich geringer Wertverlust
lange Wartungsintervalle
hoher Anschaffungspreis
teure Extras
nur zwei Jahre Garantie

Fazit

Die Praxistauglichkeit des Diesel-Panamera ist erstaunlich hoch. Der Porsche findet eine gute Balance zwischen Komfort, Agilität und Sparsamkeit, bietet aber nur einen kleinen Kofferraum.

Technische Daten
Porsche Panamera Diesel
Grundpreis80.183 €
Außenmaße4970 x 1931 x 1418 mm
Kofferraumvolumen445 bis 1263 l
Hubraum / Motor2967 cm³ / 6-Zylinder
Leistung184 kW / 250 PS bei 3800 U/min
Höchstgeschwindigkeit242 km/h
0-100 km/h6,8 s
Verbrauch6,5 l/100 km
Testverbrauch8,9 l/100 km