Subaru WRX STI und VW Golf R im Vergleichstest
Kann das Rallye-Relikt noch überzeugen?

Beide knallblau, beide 300 PS stark, beide allradgetrieben. Die Unterschiede: Der Subaru WRX STI stammt ursprünglich aus dem Rallye-Sport und der VW Golf R aus dem Bürgertum. Eigentlich ...

Subaru WRX STI, VW Golf, Frontansicht
Foto: Rossen Gargolov

Was für eine Enttäuschung damals: In Heft 20/2008 traf der Subaru Impreza WRX STI auf seinen Erzrivalen Mitsubishi Lancer Evolution – doch statt hitzig ausgetragener Kurvenfehden gab es nur eine halblebige Kabbelei. Beide Rallye-Simulatoren waren über die Jahre zu Schatten ihrer selbst verblasst, längst überholt von den wilden Hunden der Kompaktklasse: Selbst ein VW Golf GTI hielt beide bei der Fahrdynamik in Schach. Ist das immer noch so? Schließlich hat Subaru das einstige sportliche Aushängeschild gründlich überarbeitet – vor allem beim Fahrwerk. Stellen wir den WRX STI also gleich gegen einen der heißesten Kompakten, die es zurzeit gibt: den VW Golf R. Erst in Heft 12/2014 hat er sich gegen Seat Leon Cupra und Opel Astra OPC durchgesetzt.

Der VW Golf R ging den umgekehrten Weg des Subaru: Er fing zurückhaltend an und entfaltete seine Wildheit erst nach und nach. Jetzt stecken 300 PS unter der Fronthaube und brüllen ihre Motiviertheit durch vier stämmige Endrohre. Biederkeit? Langeweile? Kommt nur, ihr Golf-Lästerer … Euch blüht ein blaues Wunder. Denn so viel serienmäßige Verrücktheit gab es in Wolfsburg seit dem Golf Limited von 1989 nicht mehr, jener Kleinserie mit 210 PS und Allradantrieb. In dessen Tradition steht der R. Als einziger VW gestattet er dem Piloten die volle Kontrolle – ESP lässt sich komplett deaktivieren. Und der R darf noch mehr, geradezu Ungeheuerliches: sich per Lastwechsel zum Drift provozieren lassen. Über Bodenwellen trampeln. Turboschnauben und ansauggrollen. Und zwar so laut, dass selbst der Subaru WRX STI betreten schaut.

Subaru WRX STI mit 300-PS-Boxer

Dem dürfte eigentlich nichts peinlich sein. Denn wer mit Lufthutze und Heckflügel aufgedonnert auf der Straße posiert, der hat mit dem Thema Zurückhaltung nichts am Hut. Und doch gibt der Subaru WRX STI beim Klang keinen Anlass für Lautmalereien – er dröhnt im leicht unwuchtigen Lauf seines Vierzylinder-Boxers. Mehr nicht. Die Attitüde des Rallye-Lookalike: Nimm mich so, wie ich bin, oder lass es bleiben. Nach dieser Devise geht auch der Vertrieb vor. Es gibt den Subaru in zwei Linien; der Testwagen kommt sehr gut ausgestattet (Sport). Möglichkeiten der Individualisierung finden sich erst beim Tuner.

Egal, alles Wesentliche sollte serienmäßig sein: der 300-PS-Boxer etwa. Eingedenk früher WRX-Tage geben wir kräftig Gas, überspringen das Anfahrruckeln, arbeiten uns durch das Turboloch. Kurz vor 3.000/min spannen wir sicherheitshalber die Nackenmuskulatur an, um nicht bei vollem Ladedruck willenlos gegen die Kopfstütze zu klatschen. 3.500/min, 4.000, 4.500 … es passiert enttäuschend wenig. Die Leistung setzt äußerst zivil ein, der Übergang vom Saug- in den Turbobereich hat jegliches Spektakel verloren. Im Sinne der Fahrbarkeit sicher ein Zugewinn – doch emotional eine Enttäuschung. Oh WRX, wo hast du nur deine Wildheit gelassen? Vorteil der Entwicklung: Ein mageres Zehntel sprintet der Subaru WRX STI schneller aus dem Stand auf Tempo 100 als sein Vorgänger. Immerhin zieht er messbar besser durch.

Doch der schwerste Schlag steht der WRX-Fan-Gemeinde erst noch bevor: Der VW Golf R ledert den Subaru WRX STI ab. Sei es bei der Beschleunigung oder beim Durchzug – überall liegt der Golf um Zehntel oder Sekunden vorn. Erst auf der leeren und unbeschränkten Autobahn könnte der STI aus dem Windschatten mit fünf km/h Überschussgeschwindigkeit am limitierten R vorbeiziehen.

Vorteil für den Golf R mit Doppelkuppungsgetriebe

Fairerweise muss man erwähnen, dass der VW Golf R mit dem optionalen Doppelkupplungsgetriebe antritt, was ihm einen leichten Vorteil beim Sprinten bringt – nicht jedoch bei der Durchzugsmessung. Vor allem aber sorgt es für Unterhaltung: Beim Schalten knallt und sprotzelt es aus den Schalldämpfern, dass es dem Motorsportfan ganz warm ums Herz wird. Dem setzt der WRX nur Hemdsärmeligkeit entgegen: Sein Sechsgang-Schaltgetriebe ist knackig und präzise, verlangt nach Schmackes im Oberarm. Dazu passen die hohen Lenkkräfte. Das Rückstellmoment verlangt in schnellen Kurven nach viel Kraft. Und so kehrt man von einer heißen Runde körperlich aufgeheizt zurück – im befriedigenden Bewusstsein, etwas geleistet zu haben. Der Subaru WRX STI als ungeschlachte Maschine, mit der sich der Mensch messen muss. Eine Eigenart, die immer mehr verschüttgeht.

Der VW Golf R macht es seinem Piloten leichter – von Bezwingen keine Spur. Er ist ein Werkzeug, mit dem der Amateur leicht zurechtkommt und sich der Profi immer noch nicht langweilt. Selbstbewusst tritt der Zweiliter an, machtvoll setzt der Turbo ein, liefert Druck bis knapp vor dem Begrenzer. Alles wirkt so mühelos aus dem Ärmel geschüttelt. Gleiches gilt für den Allradantrieb – er verteilt die Kraft scheinbar immer perfekt. Ohne stumpfes Untersteuern beim Einlenken oder hektische Antriebseinflüsse beim Herausbeschleunigen aus der Kurve. Wer will, lastwechselt im Golf mit deutlich drängendem Heck ums Eck und kann sich ein Grinsen kaum verkneifen.

Subaru WRX STI mit verstellbarem Zentraldifferenzial

Lastwechsel? Drängendes Heck? Ist das nicht das Metier des Subaru WRX STI? Sein Zentraldifferenzial bietet diverse Verstellmöglichkeiten, doch die kommen praktisch nur auf lockerem oder rutschigem Untergrund zum Tragen. Auf dem griffigen Asphalt der Handlingstrecke des Testgeländes in Boxberg lässt sich das Heck des STI dagegen nur ansatzweise zum Eindrehen bewegen. Besser geht es, wenn man den WRX anstellt – ein Manöver, das Rallye-Piloten vorbehalten bleibt. Nichts für die StVO. Ganz dicke kommt es bei den Fahrdynamiktests: Der VW Golf R düpiert den WRX STI nach Strich und Faden, tänzelt leichtfüßig durch die Pylonengasse. Dagegen kommt der Fahrer im rückmeldungsarmen Subaru ins Schwitzen, weil er so schuften muss – ohne jedoch mit guten Zeiten belohnt zu werden. Dabei hätte man angenommen, dass die unerbittlich harte Federung wenigstens querdynamisch Vorteile bringen würde.

Stattdessen bleibt leichte Frustration und das Bewusstsein, dass der Subaru in der guten alten Zeit stecken geblieben ist. Die Entwicklung der Konkurrenz hat ihn eingeholt und überholt. Nicht einmal niedrige Kosten sprechen für das Rallye-Relikt, im Gegenteil: Bei den Versicherungsprämien ist der Subaru WRX STI schlechter eingestuft als ein Porsche 911 Carrera. Und der Durchschnittsverbrauch von 13,1 l/100 km liegt zweieinhalb Liter über dem des VW. Deutlicher als hier kann ein Sieg für den VW Golf R kaum ausfallen.

Fazit

1. VW Golf R
525 von 1000 Punkte

Aus dem Konsensstar wurde ein kleiner Bürgerschreck, der durch alle Kapitel hindurch brilliert. Welch ein deutlicher Sieg.

2. Subaru WRX STI
455 von 1000 Punkte

Der WRX wirkt aufgetoastet statt frisch gebacken – bei Motor, Fahrwerk und Verbrauch kann er nicht mehr mithalten.

Technische Daten
VW Golf R RSubaru WRX STI 4x4 Sport
Grundpreis42.375 €46.350 €
Außenmaße4276 x 1799 x 1436 mm4595 x 1795 x 1475 mm
Kofferraumvolumen343 bis 1233 l460 l
Hubraum / Motor1984 cm³ / 4-Zylinder2457 cm³ / 4-Zylinder
Leistung221 kW / 300 PS bei 5500 U/min221 kW / 300 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h255 km/h
0-100 km/h5,0 s5,5 s
Verbrauch7,1 l/100 km10,4 l/100 km
Testverbrauch13,1 l/100 km