VW Golf 1.2 TSI im Einzeltest
Downsizing für den kompakten Klassensieger

Die Downsizing-Party geht weiter: Der kleinste TSI-Golf setzt auf nur 1,2 Liter Hubraum und Turboaufladung. Genug, um dem ausgewachsenen Kompakten das Sparen und Spurten gleichermaßen beizubringen?

VW Golf 1.2 TSI
Foto: Hans-Dieter Seufert

Wäre der VW Golf eine eigene Marke, so hätte sie derzeit den größten Marktanteil in Deutschland. Der Kompaktklasse-Star geht weg wie Currywürste in der VW-Kantine: 11,6 Prozent aller Neuwagen im November waren VW Gölfe.

Der VW Golf: Viel Druck und wenig Verbrauch

Der Dauerbrenner verkaufte alleine fast doppelt soviel Modelle wie BMW zusammen. Bisher nagelte sich der VW Golf vor allem mit den TDI-Motoren in die Herzen der Käufer. Viel Druck bei wenig Verbrauch war und ist eine Formel, die die Massen zieht. Wogegen die anfänglichen VW-Versuche, mit einem schichtgeladenen Zweiliter-FSI-Motor die Fremdzünder-Szene aufzumischen, kläglich im durchzugsschwachen Magersumpf stecken blieben. Kein Grund, die Benzin-Fraktion verloren zu geben.

Auch beim Gewicht hat hat der VW Golf abgenommen

Schon die aufgeladenen 1,4-Liter-TSI-Motoren brachten frischen Druck unter die Motorhaube. Jetzt legt der Downsizing-Pionier noch einen nach: Nach dem VW Polo darf der 1,2-Liter-TSI ebenso im VW Golf pulsieren. Noch weniger Hubraum verspricht noch effizientere Arbeitsweise. Und was die kleinen Zylinder aus der Tiefe des Raums nicht schaffen, pustet eben ein Turbolader mit Überdruck herbei. Trotzdem: 1,2 Liter Hubraum, damit hätte man vor kurzem selbst einen Kleinwagen ungern über den Brenner gescheucht. Immerhin knausert der VW Golf mit 1.271 Kilogramm auch beim Gewicht. Schon nach den ersten Metern in der Stadt verfliegen die Zweifel. Der TSI fegt munter und ohne Anfahrphlegma davon.

Nur 37 Dezibel Leerlaufgeräusch im VW Golf

175 Nm maximales Drehmoment zwischen 1.550 und 4.100 Touren qualifizieren ihn nicht als Mittelstands-Dragster, aber sehr wohl als A-nach-B-Vernunftmotorisierung. Schnell und elastisch genug, um beim Überholen auf der Landstraße nicht die Angstschweißdrüsen zu überhitzen. Dabei knurrt er ein wenig beim Beschleunigen. Nicht aus Unmut, sondern weil das der typische Dialekt der Direkteinspritzer ist. In den bemühten, jedoch niemals vorlauten Vierzylinder-Klang wird sich keiner verlieben, aber vielleicht in das extrem niedrige Leerlaufgeräusch von 37 Dezibel. Wer an der Ampel steht, glaubt auch ohne das Einspringen der Start-Stopp-Automatik, dass der Motor aus sei. Diese wiederum ist Bestandteil des Blue-Motion-Technology-Pakets, was nicht zu verwechseln ist mit dem Blue Motion oder Blue TDI-Modell.

Einen Unter-Fünf-Liter-Traumwert schafft der VW Golf im Einzeltest nicht

Und weil das selbst VW Golf-Kenner kaum verstehen, dröseln wir den Bezeichnungs-Wirrwarr etwas auf: Blue Motion Technology kann derzeit als Sparpaket für jede 105-PS-Variante (Diesel und Benziner) für 425 Euro Aufpreis mitgeordert werden. Dafür gibt es dann ein Start-Stopp-System, Bremsrekuperation, rollwiderstandsarme 16- Zoll-Reifen und eine tiefergelegte Karosserie - wie beim Testwagen. Das Blue-Motion-Modell gibt es ausschließlich als 105-PS-Diesel mit Fünfgang-Getriebe, dem schon genannten Sparpaket, zusätzlichem Aerodynamikpaket und Leichtmetallfelgen. Den Blue TDI mit Stickoxid-Filter gibt es wiederum nur für den Passat. Alles klar? Doch zurück zum 1,2-Liter-Benziner. Mit seinen blauen Maßnahmen bewegt er sich mit 5,2 Liter pro 100 Kilometer laut ECE-Verbrauch einen halben Liter genügsamer als sein Basisbruder. Ein Wert, den auto motor und sport auf seiner zurückhaltend gerollten Normrunde nicht erreichen konnte: 5,8 Liter sind zwar sparsam, verfehlen aber die Unter-Fünf-Traumwerte der japanischen Hybrid-Fraktion deutlich.

Bei zügiger Fahrweise wird der VW Golf durstig

Kleine Turbomotoren sind zudem sensible Gesellen; wer sie triezt, animiert sie zum Trinken. Bei zügiger Fahrweise konsumiert der Golf schnell mal über acht Liter. Im Testmittel waren es 7,2 und damit 0,6 Liter mehr als beim leichteren VW Polo-Pendant. Wobei Winter und Sommer auch nicht die idealen Jahreszeiten für Verbrauchsrekorde mit Start-Stopp-Systemen sind. Sobald Heizung oder Klimaanlage zu stark pusten müssen oder die Frontscheiben-Entfrostung arbeitet, weigert sich der Motor, selbständig stehen zu bleiben. Dem kleinen TSI muss man zugute halten, dass er den Übersetzungs-Irrsinn vieler Sparmodelle nicht mitmacht: Da bei der Ermittlung der realitätsfernen ECE-Werte ein sechster Gang nicht gebraucht wird, verzichtet zum Beispiel ein TDI Blue Motion auf diesen.

Klimaanlage, CD-Radio und Park-Pilot hat der VW Golf 1.2 serienmäßig an Board

Das schönt die Prospektwerte, sorgt aber speziell auf der Autobahn für höhere Verbräuche. Ansonsten ist der 1.2 TSI ein typischer VW Golf: unkompliziert, bis auf etwas ruppigeres Ansprechen auf Querfugen auch mit den Basis-Dämpfern komfortabel, mit sehr bequemen Sitzen, extrem fahrsicher, präzise lenkbar, geräumig, kein Kofferraumwunder und für 21.215 Euro mit serienmäßiger Klimaanlage, CD-Radio und Park-Pilot sogar gut ausgestattet. Nur eine Frage bleibt: Wieso gibt es Blue Motion Technology nicht für alle Motorvarianten?

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kultivierter, im Stand sehr leiser Motor
sanft anspringendes Start-Stopp
gute Fahrleistungen
präzise schaltbares und gut abgestuftes Sechsgang-Getriebe
Fahreigenschafen
sehr sicheres Fahrverhalten
sehr gutes ESP mit wirksamer Untersteuer-Unterdrückung
gutes Handling
präzise Lenkung
Sicherheit
wirksame und standfeste Bremsen
umfangreiche Sicherheitsausstattung
Umwelt
günstiger Verbrauch
Schadstoff-Emission nach Euro 5
Kosten
sehr guter Wiederverkaufswert
niedrige Unterhaltskosten
gute Grundausstattung
nur zwei Jahre Garantie
hoher Basispreis

Fazit

Mit dem 1.2 TSI setzt VW einen weiteren Hubraum-Tiefpunkt in der Kompaktklasse. Niedriger Verbrauch, gute Fahrleistungen und die bekannten Modell-Qualitäten paaren sich zum absoluten Vernunft-Golf.

Technische Daten
VW Golf 1.2 TSI Comfortline
Grundpreis21.460 €
Außenmaße4199 x 1786 x 1480 mm
Kofferraumvolumen350 bis 1305 l
Hubraum / Motor1197 cm³ / 4-Zylinder
Leistung77 kW / 105 PS bei 5000 U/min
Höchstgeschwindigkeit190 km/h
0-100 km/h10,6 s
Verbrauch5,7 l/100 km
Testverbrauch7,2 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten