VW Golf R, Audi S3 und BMW M135i im Test
Wie gut ist der neue 300-PS-Golf?

Bisher mussten A3 und Einser den Golf am meisten fürchten, wenn es um Funktionalität oder Festkosten ging. Jetzt kommt der Golf R mit Ambitionen, der wildeste Kompakte zu sein. Ob das für die Konkurrenz reicht, klärt der Test.

Audi S3 Sportback, BMW M135i xDrive, VW Golf R, Frontansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

Der Golf wird 40, und wenn wir bedenken, wie oft er uns seit 1974 überrascht hat, kommen wir auf: ein Mal. 1976 war das, als sich der erste GTI mit 110 PS aufmachte, Establishment – und mitunter disconahe Äcker – aufzuwühlen. Seither blieb der Golf der Golf, VWs Millionenseller, für dessen Präferenz wir Oscar Wilde zitieren können, der klug meinte, es sei "besser, ein geregeltes Einkommen beizusteuern, als faszinierend zu sein".

Das galt selbst für drei Generationen des Golf R, die bei aller Flügelschlagerei sehr solide Buben waren (so etwa die Scorpions unter den Hardrock-Kompakten). Jetzt stürmt der neue R auf die Bühne und ist wirklich eine Überraschung – auch für S3 und M135i. The race is on.

Audi S3 ist strebsam schnell

Der Audi S3 jedenfalls ist bereit, brünftelt aus dem Klappenauspuff im Leerlauf, krallt sich mit Allradantrieb, der per Haldex-5-Kupplung die Kraft an Vorder- und Hinterachse verteilt, in den Asphalt. Dann spurtet er in fünf Sekunden auf Tempo 100 – so schnell wie der 20 PS stärkere M135i. Ja, eigentlich macht der S3 alles richtig, schafft als Sportback vier Erwachsenen ein ordentliches Raumangebot – auf eher haltschwachen Sportsitzen vorn wie auf der kurzen, steillehnigen Rückbank. Dazu richtet er sich makellos ein, lässt sich trotz Eigenheiten des MMI-Systems eingängig bedienen und fährt optional die umfassendste Assistenzarmada sowie LED-Adaptivlicht auf.

Es fehlt dem S3 nicht an technischer Finesse, doch er steht sich mit seinem Perfektionsdrang selbst etwas im Weg. Mit dem Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe zum Beispiel. Es lässt den Zweiliter-Turbo auf Bei "D" tieftourig daherbrummen, schaltet auf Gas hektisch zwei, drei Gänge zurück. Im S-Modus dreht der Motor unnötig hoch. Schnippt der Fahrer manuell durch die Gänge, mischt sich die Box ein, schaltet am Begrenzer hoch und bei Vollgas zurück. Beim Smart 1.0 mhd mag das im Sinne der Überholsicherheit sein, weil es kontinuierliche Beschleunigung sichert, im dynamisch orientierten S3 irritiert es hingegen.

Ähnlich wie die Härte des Fahrwerks, das selbst sportlich gestimmte Piloten ermattet. So rumpelt der S3 (der Testwagen hatte keine Adaptivdämpfer) herb über kurze wie lange Unebenheiten, macht Querfugen auf der Autobahn heftig spürbar und bleibt dennoch bei Fahrdynamik und Handling hinter den Rivalen.
Das liegt zum einen am rigiden ESP, das nur bei kalten Reifen Lastwechselkicks nicht ganz verhindert, sonst dezent am Grenzbereich entlangregelt. So ist der S3 über Land unaufgeregt, aber eben unaufregend schnell. Der Lenkung fehlt es an Rückmeldung, auch im schwergängigen Dynamic-Modus, in dem die Servounterstützung gedimmt wird. Doch der S3 ist ein hervorragendes Auto. Sicher, sparsam, fast günstig – diesmal kommt der Golf von Audi.

Motoren-Wunder BMW M135i

Dagegen konnte es nur BMW gelingen, Raumknappheit so überzeugend als ein brillantes Konzept darzustellen, das Passagiere so tief und eng ins Auto integriert. Bejubeln wir den Einser, solange es ihn so noch gibt, mit dem platzraubend längs eingebauten, Norm-CO2-intensiven, aber einfach grandiosen Reihensechszylinder im Bug.

Mit dem Dreiliter drängt der 1er ungestüm voran, raspelt sich in fünf Sekunden auf hundert, nicht schneller als der Audi, aber mit echter Sechszylinder-Dramaturgie statt synthetisch generierter Akustik wie in Audi und VW. BMW kombiniert die Maschine im M135i xDrive mit der Achtstufenautomatik, die treffsicher und effizienter durch die Stufen wandlert als viele Doppelkuppler. Zappt der Fahrer selbst durch die Gänge, schaltet die Box im Sport+-Modus bei Vollgas nicht zurück und lässt den Motor in den Begrenzer rattern. So baut man Sportwagen.

Genau das ist der M135i gerade mit Allradantrieb. Dass xDrive über die elektromechanische Lamellen-Mittenkupplung die Vorderräder mitantreibt, steigert die Traktion enorm, ändert aber nichts daran, dass der Allrad-1er im Herzen ein Heckschieber statt Frontzieher ist. Alles zwischen zwei Kurven ist nur Warten. Dann stürzt sich der BMW hinein, von der variablen Lenkung präzise und mit bester Rückmeldung geführt. Im Grenzbereich schubbert er in sachtes Untersteuern, das sich per Lastwechsel ins Übersteuern wenden lässt – im Sport-Modus, wenn das ESP etwas freizügiger regelt. Danach stemmt er sich mit Bremseingriffen an der Hinterachse, die eine Quersperre simulieren, aus der Kurve die nächste Gerade hoch.

Trotz strafferen Dämpfern und härteren Federn bewahrt sich der adaptiv gedämpfte M135i guten Komfort. Zwar bolzt er im Sport-Modus herb über ungepflegte Straßen, doch im Comfort-Programm steckt er Unebenheiten am besten weg, kommt beladen erst bei heftigen Schlägen an seine Grenzen.
Unbegrenzter sollten die finanziellen Möglichkeiten der Fans des teuren und unterhaltsintensiven 135i sein. Dafür zählt er zu den besonderen Autos, denen es gelingt, uns nicht nur Geld zu rauben, sondern auch den Atem.

VW Golf R mit komplett deaktivierbarem ESP

Um als der junge Wilde durchzugehen, ist der Golf eigentlich schon zu lange im Geschäft. Aber nun überrascht er uns. Nicht mit seiner Golfigkeit als solcher, die auch der VW Golf R mitbringt: üppiges Raumangebot, eingängige Bedienung, reichlich Sicherheitsausstattung und das ganze Funktionalitätsgedöns von bequemem Einstieg über die niedrige Ladekante bis hin zu den Ablagen oder dem besonders praktischen Isofix.

Vor allem is’ er fix. Motorisch kümmert sich darum der Direkteinspritzer aus dem GTI, bei dem die Techniker Ventile, Kolben, Einspritzung und Lader änderten, ihm so 300 PS antrainierten. Die genügen in Kombination mit dem gleichen Haldex-5-Allrad wie im S3 und der präzisen, perfekt gestuften, schaltwegeverkürzten Sechserbox (die dich so viel enger mit dem VW Golf R verbandelt, als es der S-tronic im S3 gelingt) für nullhundert in fünfsieben.

Nicht weniger dramatisch, aber etwas langsamer als die Rivalen. Das kostet die Punkte für den Sieg in der Eigenschaftswertung. Aber ginge es ihm nur darum, dürfte er nicht so hart abgestimmt sein. Leer federt der VW Golf R selbst im Comfort-Modus seiner Adaptivdämpfer etwas unbeholfen über die meisten Unebenheiten. Beladen schlagen kleinste Wellen deftig durch. Dann gibt es noch den knochenrüttelnden Race-Modus, in dem sich aber das ESP, das ansonsten die Lastwechselei souverän wegregelt, deaktivieren lässt. Ganz.

VW Golf R kann´s auch quer

Versucht das nicht daheim, besser weit draußen mit Auslaufzonen, wie wir auf dem abgesperrten Handlingkurs. Da legt der VW Golf R los, turboschnaubend und heckschwenkend, wenn du in Kurven nur sacht das Gas lupfst. Die Progressivlenkung hält ihn exakt auf Kurs, der Allrad zieht ihn wieder gerade – bis zur nächsten Kurve. Ein Golf, der quer durch Kurven schmiert, bis du dir die Nase von innen an der Seitenscheibe plattgedrückt hast, ohne dass deswegen in Wolfsburg gleich ein Sicherheitsgremium tagt.

Das noch in Kürze: klasse Sitze, nicht ganz so wuchtige, aber besser dosierbare Verzögerung als der BMW mit seiner Sportbremse und seit Langem der erste Golf mit Humor. "Das Geheimnis des Humors ist die Überraschung." Nein, für einmal nicht Oscar, sondern Aristoteles. Hier ist der Golf der Wilde.

Fazit

1. VW Golf R
514 von 1000 Punkte

Schön, dass sich VW traut, einmal nicht den besten Allrounder zu bauen, sondern den bolzigen, wilden Golf R, der zudem der Günstigste ist.

2. BMW M135i xDrive
509 von 1000 Punkte

Den BMW M135i kauft man wegen Handling, Getriebe und – logisch! – seinem Motor. Und bekommt einen echten, engen Sportwagen.

3. Audi S3 Sportback
502 von 1000 Punkte

Er kann alles – bis auf Komfort. Er fährt schnell, sicher und sogar recht sparsam, aber das synthetische Handling verdrängt Faszination.

Technische Daten
BMW M135i xDrive Audi S3 Sportback 2.0 TFSI Quattro VW Golf R R
Grundpreis44.750 €42.850 €40.400 €
Außenmaße4340 x 1765 x 1430 mm4324 x 1785 x 1404 mm4276 x 1799 x 1436 mm
Kofferraumvolumen360 bis 1200 l340 bis 1180 l343 bis 1233 l
Hubraum / Motor2979 cm³ / 6-Zylinder1984 cm³ / 4-Zylinder1984 cm³ / 4-Zylinder
Leistung235 kW / 320 PS bei 5800 U/min221 kW / 300 PS bei 5500 U/min221 kW / 300 PS bei 5500 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h250 km/h
0-100 km/h5,0 s5,0 s5,7 s
Verbrauch7,8 l/100 km6,9 l/100 km7,3 l/100 km
Testverbrauch10,4 l/100 km9,8 l/100 km10,1 l/100 km