Mercedes V-Klassen im Maybach-Umbau
Inkonsequente Luxus-Vans in den USA

In den USA sind superteure Mercedes V-Klassen im Angebot, die viel nach Maybach aussehen – bei denen Luxus aber nicht konsequent umgesetzt ist.

Mercedes Vito Maybach-Umbau
Foto: Wires Only

Die Mercedes V-Klasse heißt in den USA Metris Passenger Van – auf dem US-Luxusfahrzeug-Portal Wires Only sind jetzt zwei Metris aufgetaucht, die offensichtlich professionelle Tuner zu Möchtegern-Maybach-Varianten umgebaut haben. Gut ausgestattet sind die Autos auf jeden Fall. Aber sie sind teuer und vor allem fehlt etwas.

Das jüngere Modell ist eine V-Klasse von 2021. Sie ist im oberen Bereich silbergrau und im unteren hellblau lackiert. Die originalen Maybach 57 und 62 aus der bis Dezember 2012 gebauten Generation hatte Mercedes auch häufig in einer Zweifarb-Lackierung ausgeliefert. Das V-Klasse-Modell hat ein neues Bodykit inklusive Maybach-Kühlergrill und frei stehendem Mercedes-Stern bekommen – auch Mercedes liefert seine Maybach-Modelle aktuell mit Stern anstelle des Maybach-Logos auf dem Kühlergrill aus. Die Form des Kühlergrills ist stark der des Grills des Mercedes-Maybach GLS 600 nachempfunden, das Gleiche gilt für die Drahtgitter-Abdeckung des unteren Lufteinlasses. Die Vielspeichenräder der V-Klasse könnten direkt aus dem Maybach-Programm stammen.

Unsere Highlights
Mercedes Vito Maybach-Umbau
Wires Only
Einzelsitze mit Rautensteppung, Tische mit Karbon-Einlage und ein Bedienbildschirm mit großem Karbon-Fuß im Fond der Mercedes V-Klasse im privaten Maybach-Trim.

Sehr gut ausgestattet

Innen gibt es noble Ledersitze mit Rautensteppung, einen Alcantara-Dachhimmel und neue Holzverkleidungen. Im Fond ist eine Sitzanlage mit zwei nach vorn ausgerichteten Einzelsitzen montiert, unter deren Mittelarmlehne ein Kühlschrankfach klafft. Ihnen gegenüber sind zwei Notsitze ausklappbar. Bei voller Besetzung dürfte die Beinfreiheit deutlich eingeschränkt sein. Aus den Armlehnen können die Insassen Tische mit Karbon-Oberfläche herausklappen. Auch der große Fuß des Mittelkonsolen-Bildschirms sowie Teile der Tür-Innenverkleidungen bestehen aus Kohlefaser. Eine Brücke zu den originalen Maybach-Modellen 57 und 62 schlagen die im Dach des Fonds integrierten Rund-Instrumente, die links die aktuelle Geschwindigkeit, in der Mitte die Uhrzeit und rechts die Innenraum-Temperatur anzeigen. Und anscheinend können sich die Insassen auch gemütlich einen Kaffee brühen: In der Mittelkonsole gibt es eine Schublade für Kaffee-Kapseln. Diese sieht mit ihren seitlich offenliegenden Kreuzschlitzschrauben so gar nicht nach Maybach aus, sondern wie selbsgebastelt. Zum Raum von Fahrer und Beifahrer gibt es eine Trennwand, an der ein großer Fernseher montiert ist.

Bei voller Besetzung eng

Der zweite V-Klasse-Maybach ist aus dem Jahr 2020. Sein Highlight ist die echte Trennwand zwischen Fahrer-Abteil und Fond, wie es sie optional auch bei 57 und 62 gab. Wie beim Original besteht das Trennfenster aus elektrochromem Glas, dessen Durchsichtigkeit per Knopfdruck zwischen klarem Durchblick bis vollkommen undurchsichtig verstellbar ist. In dieser V-Klasse ist auch das elektrochrome Glasdach verbaut – jetzt, im Jahr 2023, kostet dieses Glasdach als Ersatzteil übrigens fast 90.000 Euro. Auch diese V-Klasse ist mit zwei Notsitzen ausgerüstet, die aber im hochgeklappten Zustand unsichtbar unter der Trennscheibe verschwinden. Ausgeklappt verringern sie die Beinfreiheit beinahe auf Null. Für den Klang im hellen Innenraum gibt es eine Burmester-Soundanlage, den Kofferraum haben die Umbauer mit Leder, Gardinen und Schubladen ausgestattet.

Mercedes Vito Maybach-Umbau
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Das elektrochrome Glasdach des umgebauten 2020er-V-Klasse-Modells kostet als originales Maybach-Ersatzteil Anfang 2023 fast 90.000 Euro.

Außen ist diese Maybach-V-Klasse etwas traditionalistischer als das Modell von 2021. Auf ihrem Grill steht nämlich das schicke Maybach-Doppel-M, das auch der 57 und der 62 durch den Wind gedrückt haben. Der Grill scheint dem eines Mercedes-Maybach S 650 nachempfunden, die Räder könnten wiederum direkt von einem solchen Modell stammen.

Vierzylinder im superteuren Pseudo-Maybach

Als Antrieb dient bei beiden Modellen ein 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner mit 211 PS, der an eine Neungang-Automatik gekoppelt ist. Finde den Fehler – Mercedes bietet aktuell drei Maybach-Varianten an: Den Mercedes-Maybach GLS 600 mit 4,0-Liter-V8 und 557 PS für 173.264 Euro, den Mercedes-Maybach S 580 mit dem gleichen Motor und 503 PS für 175.418 Euro und den Mercedes-Maybach S 680 mit 6,0-Liter-V12 und 612 PS für 230.557 Euro. Bei Wires Only stehen die V-Klasse von 2020 mit 299.000 Dollar (aktuell umgerechnet zirka 276.210 Euro) und das 2021er-Modell mit 269.000 Dollar (248.497 Euro) zum Verkauf. Beide Versionen sind also deutlich teurer als echte Mercedes-Maybach-Modelle mit V8- oder V12-Motoren.

Die bis 2012 gebauten Maybach, die im Gegensatz zu den heutigen Varianten eigene Modelle und keine Ausstattungsversionen waren, kamen allerdings massiv teurer. Das Einstiegsmodell Maybach 57 kostete 390.201 Euro, was unter Einrechnung der Inflation elf Jahre später bereits 482.423 Euro wären. Die Top-Variante 62 S kostete damals 523.838 Euro – 2023 wären das hochgerechnet 647.644 Euro. Der auf 100 Exemplare limitierte Maybach Zeppelin schlug sogar mit 560.000 Euro zu Buche, was Anfang 2023 nach Inflations-Einrechnung 692.353 Euro wären.

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... der ultimative Luxus, der gut zur Marke passt.... viel zu viel, was nicht zum Zeitgeist passt.

Fazit

Der Wunsch nach einer Kombination von Luxus mit viel Platz dürfte bei diesen privaten Mercedes-V-Klasse-Maybach-Umbauten die Hauptmotivation gewesen sein. Optisch sind beide Fahrzeuge deutlich auf Maybach getrimmt, was bei einer V-Klasse, die in den USA Metris heißt, für manche Augen gewöhnungsbedürftig sein könnte. Innen sind die Autos top ausgestattet, sogar eine Trennwand zum Fahrerbereich gibt es. Die Sitzanlagen wirken hochwertig und komfortabel.

Was nicht zum Maybach-Gefühl passt, sind die Notsitze im Fond, die bei Benutzung die dortige Beinfreiheit auf Kleinwagen-Niveau reduzieren. Außerdem ist die US-V-Klasse mit einem 2,0-Liter-Vierzylinder-Benziner ausgestattet, während Mercedes seine Maybach-Varianten mit acht oder zwölf Zylindern ausliefert. Gerade luxusorientierte Amerikaner sehen bereits Sechszylinder-Motoren mit Skepsis, Vierzylinder-Aggregate nehmen sie selten als ernst zu nehmende Triebwerke wahr.

Wenig überzeugend ist auch der Preis: Die beiden V-Klassen kosten umgerechnet 248.000 und 276.000 Euro – so teuer ist kein aktuell von Mercedes angebotenes Maybach-Modell.

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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

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