Reportage Mr. Wash
Ein Tag in der Auto-Waschstraße der Superlative

Schon mal bei Mr. Wash gewesen? In Sachen Rundumreinigung ist das der Auto-Waschtempel schlechthin – nicht zuletzt, weil behände Mitarbeiter hier fleißig im Akkord Wagen für Wagen wieder salonfähig machen. Ob Redakteur Sandro Vitale da mithalten kann? Einen Versuch ist es wert.

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Foto: Rossen Gargolov

Sanft gleitet das Leder in der Morgensonne über die Motorhaube. Der Lack glänzt wie geleckt – herrlich. Gibt es für einen Autoliebhaber etwas Entspannteres, als bei Kaiserwetter sein Schätzchen zu waschen? Ja, schon. Wenn man es nicht selbst machen muss. Dass mir beides verwehrt bleibt: geschenkt. Um 8.30 Uhr stehe ich in Stuttgart bei Mr. Wash, dem Eldorado für die, die ihrem Wagen eine Rundumreinigung gönnen wollen. Und ich? Bin zum Arbeiten hier. Zwecks einer Wette mit meinem Ressortleiter. "Einen Tag lang bei Mr. Wash putzen – das ziehste nicht durch", meinte er. Ich damals: "Warte ab, ich mache sogar bei allen Stationen mit." Am Fließband an dicht gereihten Autos vor den Kundenaugen unter Zeitdruck Scheiben wischen, Armaturen reinigen, staubsaugen und Co.? Mit Leichtigkeit.

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Sie lesen die Ironie heraus? Gut. Krass, was die rund 90 Festangestellten in dem 13.000 Quadratmeter großen Komplex leisten. Aber der Reihe nach. Rein ins Mr.-Wash-Outfit und ab ins kalte Wasser, in das mich Standortleiter Frank Brockhaus hineinwirft: "Morgens gibt es einen Rabatt, da ist der Durchsatz an Autos bei der Innenraumreinigung ziemlich hoch. Fang dort an, dann siehst du, wie das läuft", sagt er, bevor mich Teamleiter Patrick Traxinger ans Band bringt. Das ist schon kurz nach Dienstbeginn voll mit Autos und zum Teil heftigen Kisten. Mercedes-AMG, Audi RS, BMW M, Ferrari, Porsche, top erhaltene Oldtimer – was manche da auffahren, wäre eine Geschichte in der Geschichte wert. Während da sonst mein erster Gedanke "Finger weg!" lauten würde, heißt es heute: Ran an die exquisiten Schlitten und sich dabei die Hände schmutzig machen, wenn es notwendig ist.

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Rossen Gargolov
Schon kurz nach Dienstbeginn ist das Fließband voll mit Autos und zum Teil seltenen Kisten wie zum Beispiel dieser Morgan.

Ab zu Aslan, der mir an Station 1 zeigt, wie man die Kunden aufs Fließband lotst. Schon hier bin ich überfordert – es wird körperlich. Das Scannen der Barcodes auf den Waschtickets ist noch leicht, nicht aber die Menge an Fußmatten. Sie müssen aus dem Auto geholt, an der Maschine gesäubert und sortiert abgelegt werden. Schon nach kurzer Zeit weißt du, was du getan hast.

Junge, nicht gut!

Nicht vergessen: den Reifenglanz auftragen. Irgendwie? Denkste. Erst einen Hebel am Griff der Bürste ziehen, damit das Mittel die Borsten tränkt. Außen am Reifen auf Fünf-Uhr-Position starten und ringsum einschmieren. Jetzt ohne Absetzen in die andere Richtung, nur weiter innen. Ach, und: vorher ein zweites Mal den Hebel fürs Mittel betätigen. "Junge, nicht gut", ruft eine Mitarbeiterin. Hochgezogene Stirn, zusammengepresste Lippen – die verkneift sich das Lachen. Kein Wunder, wenn selbst nach Auto Nummer sechs noch immer nicht die ganze Reifenflanke glänzt. Ertappt. Ich bin es, der Anfänger. Koordinations-Legasthenik vorprogrammiert, Akkord-Schweißperlen auf der Stirn ohnehin. Ein Glück, dass Kollegin Rosa das eine Station weiter sofort blickt. Sie gibt mir einen Vorgeschmack, was mich bei den weiteren Stationen erwartet: Gründlichkeit.

Auftragen, Polieren

Bei ihr angelangt dreht sich alles um die Frontscheibe und darum, wie diese von innen zu putzen ist – bewaffnet mit Reiniger und Lappen. Ersteren trage ich lieber sorgfältig und fein zerstäubt auf. Rosas Augen sind kritisch und verirrte Spritzer tabu. An gewissen Stellen mit der gebrauchten Tuchseite weiterwischen ebenso. Jetzt kommt die hohe Kunst des Lappenfaltens ins Spiel, eine Wissenschaft für sich. Ganz ehrlich, ich checke das nicht. Am Rahmen entlangputzen, Tuch umdrehen. Von links nach rechts mit vertikalen Bewegungen bis zur Mitte. Dann umfalten, mit einer sauberen Seite den Rest wischen – bei der Frontscheibe geht das klar. Auch weil Rosa sich Karate-Kid-mäßig vor dem Auto postiert und mir im Mister-Miyagi-Style Bewegungen vordrillt. Sie wissen schon: Auftragen, Polieren.

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Rossen Gargolov
Das feste Bewegungsmuster zum Putzen der Frontscheibe muss man erst mal verinnerlichen. Kollegin Rosa drillt mir den Ablauf deshalb lieber vor.

Ja, lustig, aber an Station 3 gibt es nichts mehr zu lachen. Außer für Emanuele, der die Scheibenränder außen von Flecken befreit, die Fenster innen reinigt und mir das Ganze näherbringen muss. Er tut’s vergeblich. Bei fixem Bewegungsmuster die richtige Tuchseite nutzen, dabei aufpassen, dass mir der Lappen nicht aus der Hand fällt – ich bin verloren. Emanuele schüttelt lachend den Kopf.

Himmelherrgott, so viele Scheiben, so viele Tuchseiten, dazu ein Fließband, das vier Meter pro Minute macht und nicht stehen bleiben soll! "Meist üben neue Mitarbeiter bei mir erst mal eine Stunde lang Tuchfalten", sagt Emanuele. Respekt an ihn für die Geduld mit mir. Auch dafür, dass er nebenbei mit der Druckluftpistole noch die Armaturen ausbläst. Und an den Rest der Bandarbeiter. Während ich Eindrücke gewinne, verlieren sie Zeit.

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Rossen Gargolov
"Meist üben neue Mitarbeiter bei mir erst mal eine Stunde lang nur das Tuchfalten", sagt Kollege Emanuele. Also: Nachhilfe.

Mehr Power!

Kostbare Zeit! Die muss ich ausgerechnet beim Staubsaugen – laut Teamleiter Traxinger die Königsdisziplin – wieder reinholen. Nach nicht mal einer Stunde am Rüssel fallen mir gefühlt die Arme in meinen nass geschwitzten T-Shirt-Ärmeln ab. Wahnsinn! Und dann fordert die Stimme neben mir: "Sehr gut, aber mehr Power!" Sein Ernst? Wo nimmt er sie bitte her? Wie der klassische Titan sieht er nicht aus, die Autos aber oft unter aller Sau: Von Krümeln über benutzte Tempos bis hin zu Chihuahua-Haaren, die wie Nadeln im Polster stecken, ist alles dabei.

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Rossen Gargolov
Autos im Akkord auszusaugen ist unglaublich anstrengend. Ohne Kraftausdauer kommt man nicht weit.

Um das zügig sauber zu kriegen, hilft nur Übung, die mir auch bei Station 5, der Endkontrolle, fehlt. Und beim Handwachsen sowieso. Bei Elias sieht das alles dermaßen locker aus, wie er da filigran mit der Poliermaschine seine Bahnen zieht und jeden Karosserie-Millimeter abdeckt. Mir graut es schon vor den Feinheiten: Ein Tuch kommt ins Spiel. Aber Falten bleibt mir hier dem Himmel sei Dank erspart – im Gegensatz zu Fingerspitzengefühl und scharfem Blick. Selbst der kleinste Wachstupfer muss weg. Und dann: Geschafft – wenngleich nur mit Elias’ Hilfe, der mir jeden Arbeitsschritt genau erklärt und bei Bedarf meine Bewegungen an der Maschine korrigiert.

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Rossen Gargolov
Beim Handwachsen mit der Poliermaschine ist äußerste Sorgfalt gefragt.

Zum Flirten keine Zeit

Helfen muss mir auch Kollege Abderrahim vor der Waschstraße. Die Handzeichen zur positionsgenauen Auffahrt aufs dortige Fließband sind schnell verinnerlicht, die Tickets rasch gescannt. Mit einer Bürste noch eben das Heck einseifen? Ein Klacks. Läuft bei mir.

Aber hat der letzte Kunde auch den Leerlauf eingelegt? Sorry, das ist zu viel. Ohne Abderrahims Adlerauge – er erspäht das nebenbei durch die Seitenscheibe – habe ich keine Chance. "Wenn du das nicht schaffst, wie willst du mit den Kundinnen flirten", witzelt er. Ich liebäugele eher mit der Hochdrucklanze dort vorn. Und tatsächlich: Vor dem Waschgang Fronten und Hecks abzudampfen, ist leicht. Auch ohne Beistand. Mir nach Feierabend den Kaffee in der Kundenlounge zu ziehen, ebenfalls. Bei Mr. Wash geht der aufs Haus. Und in der Redaktion ab morgen auf meinen Ressortleiter.

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Das kann so schwer nicht sein. Kurze Eingewöhnungsphase, und ich kriege das locker hin.Zugegebenermaßen wäre ich wohl ziemlich überfordert.

Fazit

Als totaler Laie einen Tag lang bei Mr. Wash am Fließband mitputzen? Kann man machen, geht aber ganz schön an die Substanz. Koordinativ musst du dir da so einiges aneignen – und zwar zügig -, und an den Kräften zehrt die Arbeit auch. Für Entschädigung sorgen ein aufgewecktes Mr.-Wash-Team und spektakuläre Autos. Denn während die Kollegen trotz aller Hektik immer noch einen Witz auf Lager und ein Augenzwinkern übrig haben, fahren die Kunden teilweise ganz schön seltene Schlitten hier rein. Ein spannender Tag!