Regeln für den Anhängerbetrieb
Lasten-Heft für den Gespann-Betrieb

Hänger dran und los – ganz so einfach ist es nicht. Im Gespann-Betrieb gilt es vieles zu berücksichtigen. Dazu gehören Lasten, Gewichte und Führerscheinklassen.

Anhängerführerschein, Sicherheitskampagne
Foto: Achim Hartmann

In vielen Fällen ist so ein Anhänger extrem praktisch. Was nicht in oder auf das Auto passt, wandert in oder auf den Anhänger. Das zum Teil immense zusätzliche Platzangebot ist aber auch gefährlich. Nicht alles, was sich in so einem Gespann unterbringen lässt, darf auch mit auf die Reise, denn es gilt verschiedene Last-Limits zu beachten.

Anhängelast und Gesamtgewicht des Gespanns

Wie schwer ein Anhänger sein darf, um ihn mit dem eigenen Pkw zu ziehen, bestimmt nicht nur sein Gewicht, sondern auch die maximale Anhängelast des Zugfahrzeugs: Das findet sich in die Zulassungsbescheinigung Teil I des Zugfahrzeugs (Fahrzeugschein). Im Feld O.2 ist die zulässige ungebremste Anhängelast angegeben. Unter O.1 findet sich die maximal zulässige gebremste Anhängelast, die für große Anhänger und Wohnwagen relevant ist. In Deutschland müssen Pkw-Anhänger mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 750 Kilogramm (kg) generell gebremst sein.

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Anhängelast Stützlast
ACE


Ausschlaggebend ist das tatsächliche Gesamtgewicht des Anhängers bestehend aus dem Leergewicht – Feld G im Fahrzeugschein (Zulassungsbescheinigung Teil I) – und der tatsächlichen Zuladung. Beides zusammen darf die zugelassene Anhängelast des Zugfahrzeugs nicht überschreiten. Wird ein Anhänger in angekuppeltem Zustand gewogen, muss die tatsächlich vorhandene Stützlast zum realen Gewicht des Anhängers hinzugerechnet werden.

Einschränkungen kann hier mitunter ein Eintrag unter Feld 22 in der Zulassungsbescheinigung Teil I mit sich bringen. Beschränkt ein Zusatzeintrag das zulässige Gesamtgewicht des Gespanns, so ist dieses zwingend einzuhalten, auch wenn die Addition der zulässigen Gesamtgewichte von Zugfahrzeug und Hänger darüber liegen. Zu beachten sind auch eventuelle Einschränkungen im Punkt zulässige Steigungen.

Stützlast nah am Maximum

Ist die Anhängelast abgehakt, wenden wir uns der zulässigen Stützlast zu. Die des Fahrzeugs und die des Anhängers sind jeweils im Feld 13 der Zulassungsbescheinigung Teil I notiert. Zudem muss die im Bereich der Hängerkupplung am Fahrzeug mit einem Aufkleber vermerkt sein. Die des Hängers steht zusätzlich auf dessen Typenschild. Weichen die Stützlastangaben von Fahrzeug und Hänger ab, so gilt der niedrigere Wert.

Ermittelt wird die tatsächliche Stützlast bei beladenem Hänger, indem das Gewicht an der Kupplungsklaue der Deichsel gewogen wird. Manche Hänger haben so eine Waage bereits integriert. Alternativ lässt sich das Stützgewicht mit einer speziellen Stützlastwaage ermitteln. Möglich ist auch der Einsatz einer herkömmlichen Personenwaage. Dazu muss der Deichselkopf dann über ein passend zugesägtes (die Länge sollte der Höhe des Kugelkopfs an der Hängerkupplung abzüglich der Waagenhöhe entsprechen) und ausreichend stabiles Kantholz auf der Waage abgestützt werden. Nicht am Stützrad messen, da die Hebelverhältnisse den Messwert völlig verfälschen. Die ermittelte Stützlast wäre viel zu hoch.

Auch wenn die laut Gesetzgeber vorgeschriebene Mindeststützlast nur vier Prozent des tatsächlichen Gewichts eines Anhängers betragen muss, sollte die maximal zugelassene Stützlast zugunsten der Fahrstabilität möglichst voll ausgenutzt werden. Regulieren lässt sie sich durch Verschieben der Ladung im Anhänger. Mehr Gewicht nach vorne bedeutet auch eine höhere Stützlast, mehr Gewicht nach hinten senkt sie ab.

Achslasten einhalten

Der Hänger ist damit abgehakt, aber auch das Zugfahrzeug selbst kann nicht beliebig vollgestopft werden. Selbst wenn das zulässige Gesamtgewicht mit Passagieren und Gepäck eingehalten wird, ist noch die Verteilung auf beide Achsen zu beachten. Zu zulässigen Limits finden sich erneut in der Zulassungsbescheinigung Teil 1, dieses Mal in den Feldern 7.1 (Vorderachse) und 7.2 (Hinterachse). Bei letzterer ist im Gespann-Betrieb die tatsächliche Stützlast des Hängers zu addieren.

Alle genannten Grenzwerte dienen nicht der Schikane, sondern der Fahrsicherheit, denn das Beladen und Überladen eines Fahrzeugs hat einen erheblichen Einfluss auf das Fahrverhalten – das macht sich beispielsweise durch ein verändertes Lenkverhalten und einen längeren Bremsweg bemerkbar.

Wer überladen erwischt wird, dem drohen zudem deftige Strafen. Bei Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 7,5 Tonnen und Anhängern mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu zwei Tonnen können hierzulande je nach Überladungsgrad im schlimmsten Fall Bußgelder bis zu 235 Euro sowie – ab einer Überladung von 20 Prozent – ein Punkt in Flensburg anfallen.

Bei besonders schweren Zugfahrzeugen (mehr als 7,5t) oder Anhängern (mehr als 2t) sinkt die in Deutschland gültige Toleranz von weniger als 5 Prozent auf weniger als zwei Prozent und die Bußgelder steigen deutlich. Auch einen Punkt gibt es dann bereits bei einer Überladung von mehr als 5 Prozent. Ein Bußgeld kann sowohl für den Fahrzeugführer als auch Fahrzeughalter verhängt werden. Im Ausland gelten teils noch höhere Strafen sowie null Toleranz bei Überladung.

Wiegen lassen sich Fahrzeuge, Hänger oder auch ganze Gespanne beispielsweise an öffentlichen Waagen. Auch Speditionen oder Recyclinghöfe verfügen in der Regel über geeignete Waagen. Ansprechpartner sind zudem Automobilclubs, die entsprechende Dienste anbieten. Der Service dort ist in der Regel oft umsonst, aber auf jeden Fall günstiger als überladen erwischt zu werden.

Tempofrage: Die 100-km/h-Zulassung

Nachdem Sie bis hierhin schon eine Menge Regeln verarbeiten mussten, wartet auf alle diejenigen, die gern mehr als die für Gespanne geltende Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h fahren möchten. Hier gibt es die Möglichkeit, die sogenannte 100er-Zulassung für sein Gespann zu erhalten. Dafür gelten einige Bedingungen.

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Alko, Pompe, Tschovikov, Winterhoff

Ob man mit 100 statt 80 km/h in den Urlaub fährt, macht einen beträchtlichen Unterschied aus - erst recht, wenn langsame LKW dabei mühelos überholt werden können.

Ob ein Gespann eine 100er-Zulassung erhalten darf, kommt hauptsächlich auf das Leergewicht (diesmal nicht das zulässige Gesamtgewicht) des Zugfahrzeugs an. Ein Faktor "X", der mit dem Leergewicht multipliziert wird, legt fest, wie schwer der Anhänger maximal sein darf, um die Zulassung zu erhalten. Dieser Faktor variiert je nach technischer Ausrüstung:

  • X = 0,3 für alle Anhänger ohne Stoßdämpfer
  • X = 0,8 für gebremste Wohnwagen mit Stoßdämpfern
  • X = 1,0 für gebremste Wohnwagen mit Stoßdämpfern, sowie Anti-Schlingerkupplung oder Anhänger-ESP im Auto
  • X = 1,1 für gebremste Anhänger mit Stoßdämpfern
  • X = 1,2 für gebremste Anhänger mit Stoßdämpfern, sowie Anti-Schlingerkupplung oder Anhänger-ESP im Auto

Beispiel:

Ein normaler Pritschenanhänger mit Bremse und Stoßdämpfern besitzt eine zulässige Gesamtmasse von 1.800 Kilo. Das Zugfahrzeug wiegt leer 1.500 Kilo und besitzt ein Anhänger-ESP. Wir rechnen: 1.500 Kilo x 1,2 = 1.800 Kilo. Wäre das Zugfahrzeug leichter, käme keine 100er-Zulassung infrage. So wäre es erlaubt.

Raucht ihnen schon der Kopf? Es geht noch weiter! Damit neben der rechnerischen Eignung auch die Technik passt, gelten außerdem die folgenden Regeln:

  • Das Auto muss über ABS verfügen
  • Der Anhänger ist grundsätzlich für die Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h ausgelegt
  • Die Reifen des Anhängers sind jünger als sechs Jahre und sind für maximal 120 km/h bzw. den Geschwindigkeitsindex L ausgelegt.

Führerscheine: Wer darf was fahren?

Weiter geht es mit der Frage nach der Fahrerlaubnis. Auch hier schlummern unzählige Regeln. Einmal verinnerlicht, ist es ganz unkompliziert, doch die vielen verschiedenen Führerschein-Szenarien wirken auf den ersten Blick sperrig.

  • Ausgangslage: Der Autoführerschein der Klasse B
  • Ziehen Sie die zulässige Gesamtmasse Ihres Autos von 3.500 Kilogramm ab. Diese Differenz dürfen Sie auch ohne speziellen Hängerführerschein an den Haken nehmen, sofern sie die maximale Anhängelast nicht überschreitet.
    • Beispiel: Ein Kompaktkombi darf maximal 1.990 Kilo wiegen. 3.500 – 1.990 = 1.510.
    • Das Beispielauto darf laut der maximalen Anhängelast 1.600 Kilo ziehen, Sie dürfen ohne Anhängerführerschein also bis zu 1.510 Kilo an den Haken nehmen.
    • Wie immer zählt das tatsächliche Gewicht des Hängers mit seiner Ladung, nicht dessen zulässige Gesamtmasse.
    • In jedem Fall dürfen Anhänger bis zu 750 kg gezogen werden (vorausgesetzt, das Zugfahrzeug ist geeignet). Beispiel: Sie fahren einen voll beladenen Kleintransporter, der bereits die für den Pkw-Führerschein maximal erlaubten 3,5 Tonnen wiegt. Dann dürfen maximal noch 750 Kilogramm gezogen werden.
    • Ist der Anhänger in diesem Rahmen jedoch schwerer als 750 Kilo, darf das Zuggewicht insgesamt die 3.500 Kilo nicht überschreiten.
  • Möchten Sie mehr Gewicht ziehen, benötigen Sie einen Anhängerführerschein.
  • Variante 1: Der B96-Führerschein
    • Mit dem B96-Führerschein erhöht sich das maximale Zuggewicht von 3.500 Kilo auf 4.250 Kilo.
    • Beispiel 1: der Kompaktkombi von eben: 4.250 – 1.990 = 2.260. Damit dürfen Sie die maximale Anhängelast des Autos (1.600 Kilo) nutzen – mehr jedoch nicht.
    • Beispiel 2: ein Mittelklasse-SUV mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 2.450 Kilo und einer Anhängelast von 2,5 Tonnen. 4.250 – 2.450 = 1.800.
    • Sie dürfen mit diesem Auto und dem B96-Führerschein bis zu 1.800 Kilo ziehen – mehr jedoch nicht, obwohl das Auto es zuließe.
    • Die B96-Spezifikation ist über einen Kurs in der Fahrschule, der oftmals eintägig die Theorie- und Praxisprüfung erlaubt. Kosten: zwischen 300 und 600 Euro.
  • Variante 2: Die Führerscheinklasse BE, auch schlicht "Anhängerführerschein" genannt.
    • Mit der Führerscheinklasse BE dürfen Sie Anhänger ziehen, die bis zu 3.500 Kilogramm schwer sind.
    • Die maximale Anhängelast des Zugfahrzeugs darf dabei dennoch nicht überschritten werden.
    • Zum Erlangen der Klasse BE müssen fünf Pflichtfahrstunden in der Fahrschule, sowie eine praktische Prüfung absolviert werden. Eine gesonderte Theorieprüfung gibt es nicht.
  • Menschen, die noch die alte Führerscheinklasse 3 besitzen, besitzen den gleichen Fahrerlaubnisrahmen wie die Klasse BE. Das sind all jene, die vor dem 01. Januar 1999 den Autoführerschein gemacht haben.
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Fazit

Urlaubsreise oder Umzug – ein Anhänger bietet viel Platz für Ladung oder Gepäck. Wer diesen ausgiebig nutzt, sollte dabei auch die Stützlast, die Achslasten, das Gesamtgewicht und die Anhängelast achten. Überschreitungen haben erheblichen Einfluss auf das Fahrverhalten. Zudem drohen teils deftige Strafen.