Neue Polizei-Sirenen für New York?
Amerikaner wollen unser Tatü-Tata

New Yorker Bürgern geht der schrille Ton der Polizeisirenen auf die Nerven. Eine Europäisierung soll her. Dem kontinuierlichen Dauer-Geheule könnte bald das hierzulande bekannte Tatü-Tata folgen.

Ford Fusion Police Responder Hybrid
Foto: Ford

Sie gehören zu New York wie die Freiheitsstatue oder das Empire State Building: Die schrillen Sirenentöne der New Yorker Einsatzfahrzeuge. Was leider auch dazu gehört, ist das nachhaltige Dröhnen in den Ohren, kurz nachdem der Polizei-, Feuerwehr- oder Krankenwagen einen passiert haben. In einem Interview mit Fox News erklärt Helen Rosenthal, eine Upper West Side Demokratin: „Viele Menschen beklagen sich über die aktuellen Sirenen in New York. Dieser hohe, kontinuierliche Lärm ist ein Ärgernis.“

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Drum soll damit bald Schluss sein, wie die Demokratin Carlina Rivera aus Manhattan verrät: „Eine von dieser Gesetzgebung geforderte abwechselnde Hoch-Niedrig-Sirene ist nicht so durchdringend.“ Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass die New Yorker sich einen Wechsel der Sirenen wünschen. 1978 entwickelte der Texaner Max Neuhaus eine Sirene, die nicht so nervtötend ist, wie die heute noch Aktuelle. Die Schwerpunkte seines Projekts waren: Wie erzeugt man Signale, die im urbanen Raum geortet werden können, damit die Menschen richtig reagieren, wenn sie eine Sirene hören; wie erzeugt man Signale, die es den Fahrern von Rettungsfahrzeugen ermöglichen, einander bei eingeschalteten Sirenen zu hören, um Kollisionen zu vermeiden und wie erzeugt man Signale, die wir leichter ertragen können. Am Ende wurde seine Sound-Idee von den Beamten abgelehnt, da sie in ihren Ohren zu defensiv klingt.

Dank der Quarte sicher durch den Verkehr

Sollte sich dieses Mal der Wunsch nach Veränderung durchsetzen, hätte dies in puncto Sirenen-Lautstärke, die in den USA bei rund 118 Dezibel liegt – in Deutschland bei 126 dB – zwar keine Veränderung zur Folge. Allerdings könnte das aggressive „Waaaaahh“ in rund zwei Jahren einem europäischen Hoch-Tief-Heulen weichen. Genauer gesagt einer aufwärtsgerichteten Quarte im Glissando, also einer gleitenden Tonhöhenveränderung wie bei intentionalen Ausrufen „Ooooohhh!“ oder „Aaaahhhhh!“, zwischen 360 Hz und 630 Hz. Geregelt wird die Ausführung des Martinshorns durch DIN 14610. Wobei der Begriff Martinshorn lediglich umgangssprachlich genutzt wird. Der korrekte Begriff lautet Folgetonhorn.

Dass sich der Name Martinshorn im Sprachgebrauch etabliert hat, ist aber kein Wunder: 1932 entwickelte der Hersteller von Kompressor-Tonfolgeanlagen mit Sitz in Philippsburg, die Deutsche Signal-Instrumentenfabrik Max B. Martin, gemeinsam mit Polizei- und Feuerwehrdienststellen ein Horn, das als Sondersignal für bevorrechtigte Wegebenutzung gesetzlich vorgeschrieben wurde. Auf die Quarte, ein Intervall, das vier Tonstufen umspannt, hat sich das Entwicklungsteam geeinigt, da es sich musikalisch recht nah an dem Kavalleriesignal für „Aus dem Weg“ befindet, wie es noch heute beim Deutschen Kavallerieverband zu hören ist.

Tatü-Tata ist eigentlich Tatü-Tatü

Besonders spannend: Nahezu jeder, der gebeten wird, eine Sirene nachzumachen, antwortet mit dem üblichen „Tatü-Tata“ – obwohl es sich stets um die beiden selben Töne handelt. Der musikbegeisterte Neurowissenschaftler Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer schreibt dazu in seinem Buch „Musik im Kopf“: „Es ist, als sagte unser Gehirn zu sich selbst: Ich will diese Sequenz rhythmisieren, habe aber nur zwei Töne als innere Repräsentation zur Verfügung, die sich abwechseln. Um diesem Wechsel ganz klar einen Rhythmus aufzudrücken, mache ich aus der Sequenz aüaüaüaü die Sequenz aüaa- aüaa, füge also nach vier Tönen eine Pause ein und ändere den vierten Ton völlig um, so dass klar ist, dass die vier zusammengehören. So macht das Hören aus dem Sirenenton das, was man in der Musik ein Motiv nennt.“

Fazit

Erstaunlich, wie viel Musik sich hinter einem simplen Signalton verbergen kann. Und aus europäischer Sicht bemerkenswert: Die New Yorker sind von ihrer für uns so typisch amerikanischen Sirene genervt, obwohl es leiser ist, als unser Tatü-Tata. Sollten sie mit dem Wechsel auf unseren Ton auch unsere Lautstärke übernehmen, könnten sie vom regen in die Traufe kommen.