Porsche-Chef Oliver Blume im Interview​
Mehr Offroad, mehr Individualität, weniger Volumen

Oliver Blume ist nicht nur Porsche-Chef, sondern auch Vorstandsvorsitzender von Volkswagen und damit der einzige Manager, der gleich zwei DAX-Unternehmen vorsteht. Er spricht im Interview mit dem britischen Car Magazine über neue Off-Road-Sportwagen, ein mögliches Hypercar, die Entwicklung der Marke und den Motorsport. Hier finden Sie seine wichtigsten Aussagen …

Oliver Blume
Foto: Picture Alliance

... zum 911 Dakar

Für die Entwicklung des Porsche 911 Dakar (siehe Fotoshow) hat sich Porsche viel Zeit gelassen. auto-motor-und-sport.de hatte bereits vor einigen Jahren mit den ersten Erlkönigen über das Modell berichtet, das im November 2022 an den Start ging. Aber, wie ist Porsche überhaupt auf die Idee zu diesem Auto gekommen? "Bei allem, was wir tun, geht es darum, auf unsere Kunden zu hören", so Porsche-CEO Oliver Blume. Porsche sei in der Lage Historie mit moderner Technologie zu verbinden. "Dann haben wir uns gedacht:`Warum nicht eine dritte Säule, neben den sportlichen GT- und Heritage-Modellen? Warum nicht auch Off-Road?´

Unsere Highlights

Das ist dann die dritte Säule im Produktportfolio: Neben den GT-Modellen und den Heritage-Fahrzeugen gibt es mit Off-Road nun auch ein drittes Standbein. "Die GT-Modelle wie der GT2 RS sind sehr auf den Motorsport ausgerichtet. Die Heritage-Modelle haben einen großen Produktanteil. Und jetzt hat der 911 Dakar ein sehr hohes technisches Niveau", erläutert Blume. Das klingt alles danach, als ob es noch weitere Gelände-Modelle geben wird, auch wenn der 911er Dakar auf 2.500 Exemplare limitiert ist? "Ja", sagt Oliver Blume, "wir denken schon. Wie bei den Heritage-Versionen werden wir mit limitierten Editionen beginnen. Jetzt werden wir sehen, wie sich der Markterfolg des Dakar auswirkt. Und dann wird es vielleicht noch mehr geben. Die Tür ist jetzt offen ..."

... zu weiteren Modellen

2023 feiert Porsche 60 Jahre 911, 75 Jahre Porsche und den 80. Geburtstag von Wolfgang Porsche. Können wir daher mit Modellneuheiten rund um die Jubiläen rechnen, fragt das Car Magazine? "Natürlich können Sie mit ihnen rechnen", entgegnet Blume kurz und knapp. Und führt für die weiteren Produktneuheiten aus, dass es in jedem Segment in Zukunft eine Version mit Verbrennungsmotoren, eine Hybrid-Version und eine vollelektrische Version geben wird.

Dem aktuellen 911 wird ein "sehr sportliches" Hybrid-Modell zur Seite gestellt. Er werde "das Modell sein, das wir so lange wie möglich mit einem Verbrennungsmotor fahren werden", so Blume. Der 718 kommt als vollelektrischer Sportwagen und bei den SUV erhält der Cayenne einen Plug-in-Hybrid und der Macan einen rein elektrischen Antrieb. "Wir haben also eine klare Strategie, um die Elektrifizierung in den nächsten Jahren voranzutreiben, mit dem Ziel, bis 2030 über 80 Prozent vollelektrische Fahrzeuge zu liefern. Es ist eine sehr starke Anstiegskurve."

Und was ist mit einem neuen Hypercar á la 918? "Porsche war mit dieser Art von Hypercars immer erfolgreich, weil sie gezeigt haben, was möglich ist, und weil sie zukünftige Technologien und innovative Produkte gezeigt haben. Wir werden ein Hypercar bringen, wenn die Zeit dafür reif ist. Hypercars werden also in der Zukunft eine Rolle für Porsche spielen. Aber es ist noch nichts entschieden." Entsprechend dürften die Fans und Kunden für das Jubi-Jahr 2023 keinen Supersportler erwarten.

... zu Exklusivität und Individualisierung

Mit Blick auf den Konfigurator des Porsche 911 sehen die Kunden die Auswahl aus 26 verschiedenen Modellen. Das widerspricht dem Branchentrend, die Auswahl zu straffen und die Komplexität der Modellreihen zu reduzieren. Wie machen Sie das, fragt Car? "Wir gehen genau in die entgegengesetzte Richtung und bieten mehr Exklusivität und mehr Individualisierung." Porsche glaubt, dass das den Bedürfnissen unserer Kunden entspreche. Angefangen bei der Farbauswahl, "wir bieten 160 verschiedene Lackfarben an, ich kenne keinen anderen Automobilhersteller auf der Welt, der diese Anzahl von Farben anbieten kann." Bald würden Kunden in der Lage sein, Ihre eigene Farbe mit Ihrem Namen zu kreieren, eine exklusive Farbe, die weltweit nur einmal hergestellt werden soll, verrät Oliver Blume. "Wir denken, dass dies einerseits die Erfüllung von Kundenträumen ist und andererseits, dass ein gutes Geschäft dahintersteckt."

... zur Entwicklung von Porsche

Blume resümiert: "Trotz schwieriger Marktbedingungen stiegen die Auslieferungen von Porsche in den ersten drei Quartalen 2022 um zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr." Die Geschäftslage sei "sehr gut" und für die Investoren "sehr überzeugend". Trotzdem setzt Porsche nicht auf Volumen. "Für uns ist und war das Volumen nicht unser Fokus – und wird es auch in Zukunft nicht sein." Porsche konzentriere sich mehr darauf, den Kunden mit besonderen Autos wie dem 911 Dakar Träume zu erfüllen. Für das Jahr 2022 werde Porsche mehr oder weniger das gleiche Volumenniveau erreichen wie im vergangenen Jahr, trotz der Umstände mit Lieferketten, Ukraine-Krieg, etc. "Wenn man sich unsere Finanzergebnisse anschaut, sind sie so stark wie nie zuvor", sagt Blume. So sei man in der Lage weltweit einen durchschnittlichen Verkaufserlös von 100.000 Euro pro Auto zu erzielen und gleichzeitig für die rund 300.000 Einheiten pro Jahr Skaleneffekte durch Volkswagen zu haben. "Und so können wir in meiner neuen Doppelrolle viel profitieren. Das, was ich bei Porsche gelernt habe, was wir bei Porsche entwickelt haben, können wir jetzt mit meiner strategischen Rolle im VW-Konzern kombinieren und so das Beste aus zwei Welten verbinden." Übrigens: die Ausgaben für Porsche-Optionen liegen bei 20 Prozent.

.. zu E-Fuels

Blume sieht Porsche in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz an der Spitze der Autobauer und stellt die Verantwortung gegenüber der kommenden Generation hervor. Aber er kritisiert: "Manchmal wird der Eindruck erweckt, es gäbe einen Konflikt zwischen Elektromobilität und synthetischen Kraftstoffen." Das sei für Porsche jedoch kein Konflikt. Der Autobauer hat mit seinem E-Fuels-Engagement die Autos in Gedanken, "die es bereits auf der Welt gibt." Das seien bereits 1,3 Milliarden Autos. "Das ist eine starke, verrückte Zahl, und wir werden diese Autos in den nächsten 30 oder 50 Jahren auf dem Markt haben. Es geht hier nicht darum, die Zulassung von Autos mit Verbrennungsmotoren im Jahr 2035 zu stoppen. Wir werden all diese Autos noch auf unseren Straßen haben, und wir brauchen eine Lösung." Deshalb investiert Porsche in die Entwicklung von synthetischen Kraftstoffen, "deshalb kämpfen wir für synthetische Kraftstoffe. Es liegt auf der Hand, dass die Porsche-Flotte damit für die Zukunft gerüstet ist, und wir denken nur an eine prozentuale Beimischung von synthetischen Kraftstoffen zu den herkömmlichen Verbrennungskraftstoffen. Bis 2040 oder 2050 wird dies dazu beitragen, unsere CO2-Emissionen aus globaler Sicht zu reduzieren", erklärt Blume.

... zum Motorsport

"Unsere volle Konzentration liegt derzeit auf den Le-Mans-Daytona-Hybrid-Prototypen, mit denen wir 2023 bei den großen klassischen Rennen weltweit antreten werden: Le Mans, Daytona und Sebring, zum Beispiel." Die Formel 1 sei aufgrund der Regeländerungen im Hinblick auf synthetische Kraftstoffe und das höhere Maß an Elektrifizierung interessant. "Für Porsche ist es sehr wichtig, nicht nur ein Motorenlieferant zu sein, wir brauchen einen gewissen Anteil an einem Rennteam." Deshalb wurden auch die Gespräche mit Red Bull eingestellt, was Blume akzeptiere. Wie es nun weitergehe, sei noch nicht entschieden. Auf die Frage, ob erst nach 2026 eine Entscheidung für die Formel 1 fallen würde, antwortete der Porsche-Chef: "Ja. Das ist eine Möglichkeit", aber man diskutiere aktuell nicht darüber.

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Fazit

VW- und Porsche-Chef Blume hat ein klares Ziel: Die Marke Porsche als exklusiven Sportwagen-Hersteller auch im E-Zeitalter konkurrenzfähig zu halten. Das erreicht er, indem er die Exklusivität und die Preise hochhält, Kundenwünsche erfüllt und Volumina klein hält. Gepaart mit der Idee Technologie zu entwickeln und zu transportieren, aber gleichzeitig die Historie nicht zu verneinen.