Radmuttern nach Reifenwechsel nicht nachgezogen
Wer haftet bei einem Unfall?

Kunden erhalten nach dem Reifenwechsel von der Werkstatt meistens den Hinweis, die Radmuttern nach einer gewissen Strecke nachzuziehen. Aber, muss man sich daran halten? Und wer haftet bei einem Unfall?

Radwechsel
Foto: ArtistGNDphotography via Getty Images

Autowerkstätten weisen nach einem Räderwechsel oftmals per aufgeklebtem Hinweis oder auf der Rechnung ihre Kundinnen und Kunden darauf hin, dass sie nach einer bestimmten Fahrstrecke die Radmuttern nachziehen sollen.

Haftung kann die Werkstatt nicht aufheben

Der Automobilclub ADAC widerspricht dieser Praxis und erklärt aus technischer Seite: "Wenn die Radbefestigungen in Ordnung sind, und beim Anziehen der Schrauben das richtige Drehmoment verwendet wurde, muss das Rad halten". Auch rechtlich, so die ADAC-Rechtsexperten, kann die Werkstatt mit einem Hinweis zum Beispiel auf der Rechnung ihre Haftung nicht aufheben. Löst sich ein Rad nach dem Werkstattbesuch, spricht einiges dafür, dass der Rädertausch nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Allerdings schränkt der Autoclub ein, dass es eine Mithaftung gibt, wenn Autofahrer und -fahrerinnen nach dem Werkstattbesuch ein verändertes Fahrverhalten bemerken und die Radmuttern nicht nachziehen (lassen).

Sicher fahren im Sommer

Ein rechtskräftiges Urteil des Oberlandesgerichts München vom 19.5.2021 (Az.: 7 U 2338/20) unterstreicht die Auffassung. Zunächst wurde der Halter eines Fahrzeugs zu einer Mitschuld von 30 Prozent an einem Unfall verurteilt.

Urteil: Kunde muss Radmuttern nicht kontrollieren

An dem Mercedes löste sich nach rund 100 Kilometern auf der Autobahn das linke hintere Rad und es kam zu einem Unfall mit hohem Sachschaden. Die Werkstatt bestritt in der ersten Verhandlung vor den Landgericht München einen Montagefehler und verwies auf die Aufforderung an den Kunden, nach 50 Kilometern die Radmuttern zu überprüfen. In der Berufungsverhandlung kassierte das OLG die Mitschuld des Halters. "Nach einem fachgerecht durchgeführten Reifenwechsel und ohne konkrete Anhaltspunkte für eine nicht fachgerechte Montage dürfe sich der Kunde darauf verlassen, dass die Radmuttern nach einer Fahrtstrecke von fünfzig Kilometern fest sitzen", urteilte das Gericht. Er müsse die Radmuttern nicht kontrollieren.

Auch Hinweise auf einer Rechnung oder einem Aufkleber ändern nicht die Haftung. Die Kontrolle der Werkstatt-Arbeit dürfe die Werkstatt nicht auf den Kunden abwälzen. Dieser sei ansonsten zur Vermeidung eines Mitverschuldens gezwungen, die Ordnungsmäßigkeit der Werkleistung nochmals zu überprüfen und gegebenenfalls selbst tätig zu werden, um die mangelhafte Werkleistung des Unternehmers nachzubessern, so das Gericht.

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Fazit

Werkstätten können nach dem Reifenwechsel die Kontrolle der Arbeit nicht auf den Kunden abwälzen. Sie haften, wenn es zu einem Unfall kommt – es sei denn, der Kunde bemerkt eine Veränderung des Fahrverhaltens nach dem Tausch der Räder und reagiert nicht.

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