Rückrufaktion für Audi TTRS
Ist der 5-Zylinder plötzlich zu laut?

Das KBA lässt Audi bis zu 7 Jahre alte TT zurückrufen – wegen einer geänderten Software für die Soundeinstellungen. Erfüllen die regulär zugelassenen Sportwagen mit dem charakterstarken 5-Zylinder plötzlich die Geräuschbestimmungen nicht mehr?

Audi TT RS Coupé, Exterieur
Foto: Hans-Dieter Seufert

Das KBA hat in Deutschland 1.677 Audi TTRS ausgemacht, bei denen "eine Funktionsanpassung" nötig ist. "Die Maßnahme betrifft die Motorsoundsteuerung und erfolgt im Rahmen eines angeordneten Rückrufs, der mit der Typgenehmigungsbehörde Kraftfahrtbundesamt (KBA) abgestimmt ist. Hierzu ist ein Software-Update der Motorelektronik erforderlich", heißt es im Anschreiben des Herstellers.

Die betroffenen Fahrzeuge stammen aus dem Produktionszeitraum 2015 bis 2018, also vor dem Facelift. Bei dem erhielt das Coupé einen Otto-Partikelfliter und war danach prompt mit einem weniger extrovertiertem Sound gesegnet. Kurz gesagt: Der Audi wurde leiser. Und das gefiel nicht allen. Das Software-Update der Rückrufaktion soll sicherstellen, dass "das Soundsetting 'Standard' unabhängig von der Betätigung des Soundtasters in folgenden Fahrzeugeinstellungen erhalten bleibt:

Unsere Highlights
  • Getriebe-Wählstellung D in Verbindung mit DriveSelect 'Auto' oder 'Comfort' und
  • Getriebe-Wählstellung S in Verbindung mit DriveSelect 'Comfort'.

Alle anderen Funktionen bleiben weiterhin erhalten. Diese Maßnahme hat keinen Einfluss auf die Sicherheit oder den Alltagsgebrauch Ihres Fahrzeugs. Der Werkstattaufenthalt dauert etwa eine Stunde und das Update ist für Sie selbstverständlich kostenlos", informiert Audi seine Kunden.

Das ändert sich nach dem Update

Nach dem Update sollen sich laut Aussage von Audi die Auspuffklappen in den Modi Comfort (weder bei Getriebestellung D noch S), Auto (Getriebestellung D) und Individual (Ausnahme: Auswahl des dynamischen Motorsounds) nicht mehr öffnen lassen. Zudem kommt es beim Start offenbar nicht mehr zum bei Fans beliebten kräftigen Auspuffgeräusch. In Foren, wie dem tts-freunde-Forum von Alexander Pöllinger, kursiert zudem das Gerücht, dass das Update eventuell vorhandene Software aus Chip-Tuning-Maßnahmen vollständig überschreibe und der Hersteller gleichzeitig davon Kenntnis erhalte, was womöglich negativen Einfluss auf die Hersteller-Garantie habe – die dürfte allerdings bei den betroffenen Baujahren ohnehin abgelaufen sein.

Die Maßnahme klingt also vermutlich in den Ohren vieler TTRS-Fahrer wenig vorteilhaft. Darüber hinaus bleibt natürlich die Frage: Waren die TTRS denn von 2015 bis 2018 nicht zulassungskonform? Haben sich die Regeln geändert und werden jetzt rückwirkend auf die mindestens gut drei Jahre alten Autos angewandt? Müssen Oldtimer-Fahrer womöglich bald damit rechnen, dass der Hersteller geregelte Katalysatoren nachrüstet? Ein Software-Update dürfte da jedenfalls nicht weiterhelfen.

Was, wenn Audi-Fahrer diesen Rückruf nicht wollen?

Die Rückrufaktion ist beim Hersteller unter dem Code 30E3 und beim KBA unter der Referenznummer 009359 zu finden. Auf dessen Website heißt es, das KBA leite "Untersuchungen ein, wenn es aufgrund von Mangelmeldungen der Fahrzeughersteller oder eigener Untersuchungsergebnisse den vorliegenden Mangel hinsichtlich des bestehenden Umwelt- und Sicherheitsrisikos als kritisch bewertet. Weist ein Produkt tatsächlich Mängel auf, so ordnet das KBA gegenüber dem Hersteller an, dass die betroffenen Produktreihen zurückgerufen werden." Und weiter: "Liegt ein ernstes Risiko vor, ist der Rückruf meist das wirkungsvollste Mittel zum Schutz von Fahrzeughalterinnen und -haltern, unbeteiligten Verkehrsteilnehmern und der Öffentlichkeit. Damit ernste Risiken vollständig beseitigt werden können, müssen Fahrzeughersteller für solche Rückrufe die Halteranschriften aus dem Zentralen Fahrzeugregister (ZFZR) des KBA verwenden".

KBA Rückrufe
Kraftfahrtbundesamt (KBA)
So entwickelte sich die Zahl der Halteranschreiben bis 2020.

Audi muss also auf Anordnung die Halter anschreiben und bekommt dazu vom KBA die Halterdaten. Was aber passiert, wenn diese nicht reagieren, zumal Audi erklärt, dass die Sicherheit des Fahrzeugs im vorliegenden Fall nicht beeinträchtigt ist? Dazu sagt die Website des KBA: "Neben den Herstellern sind im Übrigen auch die Halterinnen und Halter in der Pflicht: Ist ihr Fahrzeug Gegenstand eines Rückrufs, müssen sie den Mangel in einer Fachwerkstatt beheben lassen. Das KBA überwacht das Rückrufgeschehen. Stellt es fest, dass Fahrzeughalterinnen oder der Fahrzeughalter trotz Aufforderung nicht an der Rückrufaktion teilnahmen, werden diese in Nachfassaktionen erneut aufgefordert, den Mangel beseitigen zu lassen".

Erlischt die Betriebserlaubnis?

Mit erneuten Schreiben könnten säumige Adressaten vermutlich leben. Aber, so das KBA weiter: "Folgen Halterinnen und Halter auch nach mehrmaliger Aufforderung dem Rückruf nicht, informiert das KBA die örtlich zuständige Zulassungsbehörde, die eine Betriebsuntersagung aussprechen und das Fahrzeug aus dem Verkehr ziehen kann."

KBA Rückrufe
Kraftfahrtbundesamt (KBA)
Die Zahl der eingeleiteten Außerbetriebsetzungen stieg 2020 stark an-.

Maßgeblich für solch drastische Maßnahmen ist offenbar, wie "ernst" das Risiko ist, das der Rückruf beseitigen soll. Denn auch das KBA weiß: "Nicht jedes mögliche Risiko ist ein ernstes Risiko." Des Amtsdeutsch nicht Mächtige würden im Falle des TTRS womöglich zu einem einfacheren Schluss kommen: Es liegt kein Risiko vor. Worin sollte es bestehen? Der TTRS ist unter bestimmten Bedingungen offenbar lauter, als es das KBA (?) für gut hält – Geräuschpegel sind jedenfalls nirgends benannt. Aber ist das ein Risiko? Und wie erkennt man nun, wie wahrscheinlich im jeweiligen Fall ein ernstes Risiko ist? Das Amt nennt drei Kriterien:

  • "Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen anwendbarer Rechtsverordnungen werden nicht eingehalten oder Sicherheit und Gesundheit von Personen werden bei bestimmungsgemäßer Verwendung oder vorhersehbarer Fehlanwendung gefährdet
  • die Gefährdung tritt plötzlich und unvorhersehbar auf und
  • die Gefährdung ist für Personen unabwendbar"

Gut möglich, dass nicht nur Audi-Fahrer hieraus kaum ableiten können, wie "ernst" ihr Fall ist und was Ihnen droht, wenn sie die Rückrufaufforderung ignorieren. Wir haben beim KBA nachgefragt, eine Antwort liegt dazu aber aktuell noch nicht vor.

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Fazit

Die KBA-Statistik weist von 2019 bis 2020 einen Rückgang der Rückrufaktionen aus. Subjektiv haben sie in den letzten Monaten stark zugenommen, vor allem die Zahl der eingeleiteten "Außerbetriebsetzungen" ist 2020 auf einen Höchststand von über 120.000 gestiegen.

Grund zur Sorge für die Fahrer der Audi TTRS der Baujahre 2015 bis 2018? Nicht zwingend: Die Mühlen des KBA mahlen langsam. Eine Überprüfung der Erfüllungsquote findet in der Regel zum ersten Mal nach 18 Monaten statt. Dann könnte das Amt den Hersteller auffordern, die Halter erneut zu benachrichtigen – was aber zunächst einen nochmaligen, aufwendigen Datenabgleich erfordert. Allein schon aus Kapazitätsgründen wird man auch in Flensburg Prioritäten setzen – und sich auf die "ernsten" Fälle konzentrieren.

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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten