Weniger Förderung wegen langer Lieferzeiten
Diese Rechte haben E-Auto-Käufer

Wegen langer Lieferzeiten bekommen viele E-Auto-Käufer einen verringerten staatlichen Zuschuss. Einige Hersteller versprechen einen Förderungsausgleich, doch bei Problemen schieben sich Händler und Hersteller die Verantwortung oft gegenseitig zu – zum Ärger des Kunden. Ist da rechtlich was zu machen?

Recht, Justiz, Anwalt, Geld
Foto: tommy via Getty Images

Mit dem Umweltbonus bezuschusst der Staat den Wechsel zur E-Mobilität. Dabei ist die Höhe der Prämie gestaffelt und sinkt jedes Jahr. Seit 1.1.2023 beträgt der Bundesanteil an der Förderung von rein elektrisch angetriebenen Fahrzeugen 4.500 Euro bis zu einem Netto-Listenpreis des Basismodells von 40.000 Euro und 3.000 Euro bei einem Netto-Listenpreis über 40.000 Euro bis 65.000 Euro. Die Mindesthaltedauer beim Kauf und beim Leasing verdoppelt sich auf zwölf Monate. Ab 1. September 2023 sind nur noch Privatpersonen antragsberechtigt. Ab 1. Januar 2024 sinkt der Bundesanteil weiter auf 3.000 Euro und der Förderdeckel von 65.000 Euro auf 45.000 Euro Netto-Listenpreis des Basismodells.

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Das Problem: Aufgrund unverbindlicher Lieferzeiten weiß kein E-Auto-Käufer so genau, ob denn jetzt noch der aktuelle Zuschuss für ihn abfallen wird. Einige Hersteller versprechen ihren Kunden zwar einen Ausgleich, wenn’s doch knapp wird mit der Lieferung und Zulassung. Doch bei manchen Autokäufern endete ein solches Versprechen in herber Enttäuschung. auto motor und sport sind hierzu mehrere Fälle von Lesern bekannt, bei denen es zwischen Kunde, Autohändler und Hersteller teilweise mehr als knirschte (siehe unten). Welche Rechte E-Auto-Käufer in Sachen Förderung und Förderungsausgleich haben, erklärt Stefan Herbers, Fachanwalt für Verkehrsrecht.

Stefan Herbers, Fachanwalt für Verkehrsrecht
Hillmann & Partner

Was müssen Autofahrer beachten, wenn sie die Förderung beantragen?

Bevor der Antrag auf Förderung gestellt werden kann, muss der Antragsteller das Auto selbstverständlich erst einmal kaufen und auf sich zulassen. Ab dem Zulassungsdatum kann der Förderungsantrag dann binnen einer Frist von einem Jahr gestellt werden. Wurde das Fahrzeug im Jahr 2022 gekauft, aber erst im Jahr 2023 zugelassen, kommt nur die über den Jahreswechsel 2022/2023 reduzierte Förderungshöhe zum Tragen. Entscheidend ist das Datum der Zulassung. Übergangsregelungen gibt es hierzu nicht, auch keinen Vertrauensschutz.

Wie können sich Autofahrer bezüglich des Liefertermins und der damit verbundenen Förderungshöhe absichern?

In der Regel wird beim Erwerb eines Neufahrzeugs kein fester beziehungsweise verbindlicher Liefertermin vereinbart. Auch gibt es keine allgemeine Verpflichtung des Autohauses, hinsichtlich eines etwaigen "Förderungsschadens" einzutreten.

Ist es möglich, das Autohaus zur Verantwortung zu ziehen, wenn das Auto zu spät kommt und man deshalb weniger Förderung bekommt?

Kommt es durch Überschreiten des unverbindlichen Lieferzeitraums zu einem "Förderungsschaden", ist es häufig nicht möglich, das Autohaus haftbar zu machen. Zwar muss der Händler alles Mögliche versuchen, um die Lieferfristen einzuhalten, kann aber auf den Hersteller nicht einwirken. Zum Hersteller besteht in aller Regel auch seitens des Kunden keine rechtliche Verbindung. Der Kunde hat hier also auch keinen Einfluss.

Gibt es sonstige Möglichkeiten, etwas auszurichten?

Um dennoch eine Haftung des Autohauses bei einem etwaigen "Förderungsschaden" zu erreichen, kann im Kaufvertrag (oder einem gesonderten Vertrag) vereinbart werden, dass die Parteien davon ausgehen, dass das Fahrzeug noch im gewünschten Jahr zugelassen wird und damit der staatliche Prämienanspruch dieses Jahres gewährleistet ist. Für den Fall, dass die Zulassung erst im Folgejahr erfolgen kann und hierdurch nur ein geringerer Prämienanspruch besteht, ist dann weiterhin zu vereinbaren, dass das Autohaus verpflichtet ist, die Differenz an den Kunden zu zahlen. Wichtig wäre dabei, dass die Zulassung auch Aufgabe des Autohauses ist. Tritt der Fall ein und das Autohaus verweigert den Ausgleich, ist ggf. das Autohaus zu verklagen. Wichtig ist es, dass der Kunde – um einem etwaigen Mitverschuldenseinwand zu entgehen – unverzüglich nach Zulassung des Fahrzeugs die Prämie beantragt. Entscheidend ist auch, dass die Vereinbarung zwischen Autohaus und Kunde schriftlich fixiert wird. So ist der Kunde für das Treffen der obigen Abrede beweisbelastet. Gelingt der Beweis nicht, hat der Kunde – selbst vor Gericht – keinen Erfolg.

Zahlt das die Rechtsschutzversicherung?

Es handelt sich hier um eine Streitigkeit auf Basis eines Kfz-Kaufvertrages, sodass der Versicherungsschutz einer verkehrsrechtlichen Rechtsschutzversicherung gegeben ist.

Diese Fälle sind uns bekannt

Sören L., der am 12. April 2022 einen VW ID.5 als Leasingwagen bestellte, konnte zu dem Zeitpunkt nur ein Wunschdatum angeben, in seinem Fall war das Ende 2022, damit er noch vom vollen Fördersatz profitieren konnte. "Die Bestellbestätigung kam dann für Anfang Januar 2023", teilt er mit. "Das war eine unverbindliche Lieferbestätigung." Damit war vom Prinzip her allerdings klar, dass er wohl mit dem niedrigeren Fördersatz rechnen musste. "Allerdings ging die Sache trotzdem von Pontius zu Pilatus", erzählt er. Über das Jahr hinweg, bis einschließlich Dezember, wollte man sich seitens VW, über das Autohaus angefragt, erst gar nicht zu seinen Anfragen äußern. Insbesondere dazu, wie die Modalitäten aussehen würden. Schließlich bekam er Bescheid, dass nur Fahrzeuge mit einem Lieferdatum für 2022 eine Kompensation erhalten würden.

Einen Kulanz-Antrag wollte man laut Sören L. gar nicht erst stellen. "Insbesondere wurde seitens des Autohauses betont, dass dies nur über den Hersteller oder die Leasingagentur erfolgen könnte. Hier weigerte man sich tatsächlich in jeglicher Form, mir zu helfen." Beim Hersteller und bei der Leasingagentur reagierte man äußerst harsch und unfreundlich. Und verwies Sören L. darauf, dass der einzige Ansprechpartner für ihn immer die jeweils andere Partei sei. Fazit: "Das Auto habe ich jetzt, aber könnte ich nicht kostenlos bei der Arbeit laden, würde sich der Wagen für mich mit der geringeren Förderung eigentlich nicht rechnen."

Keiner macht eine Ansage

Davon, dass man mit solchen Problemen von A nach B geschickt wird, kann auch Leser David F. ein Lied singen: Er wechselte wegen der Förderungsgarantie sogar von BMW zu Renault. Das damalige Versprechen lautete, dass alle Bestellungen nach dem 8. September 2022 mit Auslieferungsdatum vor dem 20. Dezember hätten profitieren sollen.

"Ich hatte am 13. September einen Renault Megane bestellt. Dieser kam aber nicht wie ursprünglich angekündigt bis zum Ende des Jahres, sondern erst vier Monate später, im April", berichtet er uns Anfang Mai 2023. Er habe den Verkäufer, die überregionale Geschäftsstelle und auch die Kundenbetreuung Deutschland mühsam in vielen Anläufen kontaktiert. Letztendlich ist er zwar durchgedrungen, die Reaktion war allerdings enttäuschend.

"Der Kundenservice von Renault Deutschland war der Meinung, der Händler müsse die versprochene Differenz der BAFA-Förderung übernehmen." Der Händler war der Meinung, Renault Deutschland sei hier gefragt. Es scheint, als habe man es auch hier darauf angelegt, den Kunden mürbezumachen. Letzten Endes drohte David F. damit, sich an die Presse zu wenden – und hatte Erfolg: Renault hat die Differenz inzwischen vollständig ausgeglichen.

Am schlimmsten trifft es jedoch Leser Paul K. Er bestellte Ende März 2022 seinen Hyundai Kona Elektro und meldete sich Mitte Februar 2023. Zu dem Zeitpunkt wartete er immer noch auf seinen Kona. "Die erste Aussage war, mein Auto komme noch im Juni 2022, dann hieß es September, schließlich teilte man mir Mitte Dezember als Liefertermin mit", schreibt er.

"Ich habe daraufhin meinem Händler eine Frist bis zum 28. Dezember 2022 gesetzt und habe von Hyundai nichts gehört." Im Januar habe sich dann sein Händler geäußert und behauptet: Da Paul K. keine Auftragsbestätigung bekommen habe, könnten der Händler bzw. Hyundai seinen Vertrag ohne Folgen für sie einfach zerreißen. "Und wenn ich bei Hyundai anrufe, werde ich da an den Händler verwiesen, und der Händler verweist mich an Hyundai", schreibt er. Ende Mai gibt Paul K. ein Update: Er hatte in der Zwischenzeit dem Händler via Anwalt eine Frist gesetzt, Mitte Mai erhielt er endlich den Anruf, dass sein Auto da sei.

Was den Förderungsausgleich angeht, schaffte es Paul K.s Anwalt, einen Vergleich mit einer Zahlung von 1.000 Euro zu erzielen. Jeweils 500 Euro sollen von Hyundai und dem Händler kommen. Auf das Geld wartet K. nur leider bis heute.

Nicht kundenfreundlich

Sind wir mal ehrlich: Egal welchen der drei Fälle man sich hier anschaut – das hat in keinster Weise etwas mit kundenorientiertem Verhalten seitens der Hersteller zu tun. "Ich finde es ehrlich gesagt bedauernswert, dass Hersteller wie etwa VW hier ganz offensichtlich das Wechselspielchen zwischen den Ansprechpartnern so lange spielen, bis der Verbraucher keine Lust mehr hat." Besser, als Sören L. es zusammenfasst, lässt sich das nicht auf den Punkt bringen.

Selbstverständlich gibt es Regeln, die beim Autokauf gelten. Dass Autohäuser beispielsweise keine rechtliche Verpflichtung gegenüber ihren Kunden haben, einen Ausgleich zu zahlen – wie Fachanwalt Stefan Herbers im Kasten erklärt –, dagegen lässt sich nicht viel machen.

Doch die Reaktionen der Hersteller, die wir mit der Problematik konfrontiert haben, sind so glitschig, dass man sie mit den Händen quasi nicht greifen kann. VW bezieht sich im Fall von Sören L. ganz klar auf das bestätigte Lieferdatum – und ist damit quasi fein raus. Hyundai ist, was die Sache Paul K. angeht, "bedauerlicherweise nicht in der Lage, eine Rückmeldung zu geben". Wenigstens Renault ist bei David F. zur Vernunft gekommen. Spricht man andere Hersteller wie Opel, BMW oder Audi an, verweisen diese wie VW darauf, dass im Falle eines Falles die Kundenbetreuung parat steht. Diesen Anschein macht das aber nicht.

Und nun? Audi möchte etwa "in einem partnerschaftlichen Verhältnis mit dem Handel" gemeinsam dafür sorgen, dass keine Nachteile für Kunden entstehen. BMW will die Situation beobachten und auf die Signale der Politik hören. Also keine Versprechen wie bei Kia, Renault etc. Aber auch diese Versprechen haben ihren Haken. Vier der fünf im Kasten verlieren nämlich am Tag nach Veröffentlichung dieses Hefts ihre Gültigkeit, bei VW ist im Spätsommer Schluss. Mal gespannt, wer hier noch einen aus dem Hut zaubert.

Bleibt nur zu sagen: Man sollte sich als Autokäufer lieber gut durchrechnen, ob sich das Wunsch-E-Auto auch noch mit dem geringeren Fördersatz rechnet. Von den Herstellern gibt’s hier nichts geschenkt.

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