Neuer BMW 5er
Besser als der neue Audi A6?

BMW krempelt die Modellfamilie des 5ers um. Der GT wird durch einen coupéhaften 6er GT ersetzt. Der 6er Coupé und Cabrio fallen weg. Der Modellwechsel der Baureihe beginnt bereits Ende 2016 mit der 5er Limousine. Neben der Mercedes E-Klasse gilt vor allem der nächste Audi A6 als Maßstab.

BMW Fünfer Touring, Audi A6 Avant
Foto: Christian Schulte

Das war vielleicht eine Demütigung im letzten großen Vergleichstest. Mercedes gewinnt nicht nur den prestigeträchtigen Test in der oberen Mittelklasse. Nein, die E-Klasse düpiert A6 und 5er regelrecht. 30 Punkte Vorsprung in der Eigenschaftswertung vor BMW, 35 Zähler vor Audi. In dieser Klasse sind das Welten.

BMW 5er mit neuen Derivaten

Trotzdem: BMW ist und bleibt die Nummer eins in diesem Segment. Die Marktbeobachter von IHS Automotive erwarten für das Jahr 2016 – wohlgemerkt, das letzte Produktionsjahr der Baureihe F10 – immer noch einen Absatz von gut 323.000 Einheiten. Das sind 20.000 mehr, als Mercedes von der neuen E-Klasse verkauft. Auch bei der auto motor und sport-Leserwahl „Best Cars“ behauptete der 5er Platz eins. Kein Wunder also, dass bei BMW die Veränderungsbereitschaft nicht besonders ausgeprägt ist. Aufgeräumt wird lediglich bei den Derivaten. Der etwas unförmige und glücklose 5er GT verschwindet aus dem Modellprogramm. Ihn ersetzt ein viertüriges Coupé im Stil des 6er mit der Technik des 5er. Es soll den Charme des 6er Gran Coupé mit dem Nutzwert des 5er GT verbinden und mächtig Status ausstrahlen – ein Pendant zum Audi A7 Sportback halt. Premiere wird voraussichtlich auf der IAA 2017 gefeiert.

Der 6er GT wird mit 5,04 Metern etwas länger als der 5er GT. Das Kofferraumvolumen bleibt mit rund 500 Litern üppig. Die Preise starten „deutlich über 50.000 Euro“, heißt es aus Unternehmenskreisen. Zum Marktstart wird es den 6er GT lediglich mit Sechs- und Achtzylindermotoren geben. Ein M-Modell ist nicht vorgesehen, allerdings eine sportliche M-Performance-Variante.

BMW Sechser GT
Christian Schulte
Aus dem 5er GT wird ein 6er GT.

Und was passiert mit dem 6er Gran Coupé? Das läuft bis 2018 parallel weiter, wird danach gestrichen. Auch die Zukunft von 6er Coupé und Cabrio ist bereits klar: Sie wird es in dieser Form ab 2019 ebenfalls nicht mehr geben. BMW plant für die Zeit danach stattdessen, die 8er-Baureihe wiederzubeleben. Somit bekommen Mercedes S-Klasse Coupé und Cabrio neue Gegner. „Bei den geringen Stückzahlen macht es mehr Sinn, die Autos höher zu positionieren“, sagt ein BMW-Insider.

Keine Revolution beim 5er

Und der 5er? Hier verzichtet BMW auf Experimente. „Wir haben schon den X5 nur wenig verändert und damit eine Loyalitätsrate von über 70 Prozent erreicht“, erklärt ein mit dem Projekt Vertrauter. Sprich: Wer bisher mit dem X5 glücklich war, kauft sich auch den neuen – obwohl der optisch kaum anders ist. Läuft halt bei BMW. Zweiter Grund für die konservative Formensprache der neuen Baureihe G30: „Der 5er wird – wie der 7er – vorwiegend als Firmenwagen genutzt, da kommt ein zurückhaltenderes Design besser an.“

Unter dem Blech tut sich allerdings schon einiges. Hauptaugenmerk bei der Entwicklung lag auf der Fahrdynamik. „Wir wollten die bei BMW so wichtige Freude am Fahren noch mal spürbar verbessern“, heißt es aus Entwicklerkreisen. Beste Voraussetzung dafür ist ein möglichst leichtes Auto. Auch ohne den für diese Klasse zu teuren Werkstoff Carbon speckt der Fünfer im Vergleich zum Vorgänger um rund 100 kg ab. Klingt nach viel, bringt ihn allerdings lediglich auf das Niveau der Wettbewerber. Trotzdem: Dank einer steiferen Karosserie, elektrischer Wankstabilisierung und Allradlenkung soll der neue 5er sehr zackig um die Ecken gehen. Für eine perfekte Dosierung der Kräfte kommt die neue Integral-Aktivlenkung zum Einsatz, die ein spürbar direkteres Lenkgefühl vermitteln soll.

Beim Fahrwerk folgt BMW dem generellen Trend zu stärker spreizbaren Adaptivdämpfern. Der Fahrer hat also die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Abstimmungen von noch komfortorientierter bis besonders sportlich-straff zu wählen.

BMW Fünfer
Christian Schulte
Das Design des 5er wird nur sanft weiterentwickelt.

Antriebspalette: Vom Vierzylinder über Hybrid bis zum M5 mit Allrad

Eine gute Nachricht: 5er-Fahrer müssen keine größeren Garagen bauen. Die Limousine bleibt bis auf wenige Millimeter gleich groß, der Kombi Touring wächst lediglich um einen Zentimeter in der Länge und ist damit auch künftig der Kürzeste unter den Premium-Kombis. Mit 570 Litern schluckt der neue Touring zehn Liter mehr als der Vorgänger. Die Freude am Fahren wird neben dem Fahrwerk wesentlich durch den Antrieb bestimmt. BMW ergänzt die Motorenpalette beim 5er durch einen Plug-in-Hybrid. Der kombiniert wie im 7er einen 258 PS starken Vierzylinder-Benziner mit einem 70-kW-E-Motor. Die rein elektrische Reichweite steigt dank leistungsstärkerer Batterien von 40 auf 60 km. Systemleistung: 326 PS. Preislich orientiert sich der Plug-in-Hybrid am gleich starken Sechszylinder-Benziner – mit staatlicher Förderung wird er gar günstiger.

Weiteres Highlight: der Quadturbodiesel mit vier Turboladern, maximal 760 Nm Drehmoment und 420 PS. Das sind noch mal knapp 40 PS mehr als beim bisherigen Top-Dieselmodell M550d. Der Rest des Motorenprogramms ändert sich kaum. Bei den Benzinern geht es zum Marktstart mit dem 530i (252 PS) los, später folgt der 520i (184 PS) als Basismotor. Nach oben runden ein Sechszylinder-Turbo mit 326 PS und der nach wie vor beliebte Achtzylinder 550i (450 PS) das Programm ab. Das Topmodell M5 – übrigens weiterhin nur als Limousine erhältlich – wird erneut von einem Achtzylinder angetrieben. Die Leistung steigt auf über 600 PS. Den bislang in den USA noch erhältlichen Handschalter wird es nicht mehr geben, dafür erstmals Allradantrieb.

Die sparsamste Art, BMW 5er zu fahren, stellt auch künftig der Vierzylinder-Turbodiesel dar, dessen Leistungsspanne bei 150 PS (518d) beginnt. Sicher eine Empfehlung: der kultivierte Sechszylinder-Selbstzünder im 530d mit künftig 265 PS und 620 Nm maximalem Drehmoment.Auch wenn das Cockpit des neuen Fünfer vielleicht nicht ganz so statusbewusst gestaltet ist wie das der Mercedes E-Klasse: Bedienung und Multimedia-Funktionen stellen das Beste dar, was es aktuell am Markt gibt. Wie im Siebener rufen 5er-Fahrer künftig Informationen wie den Füllstand des Tanks über einen Touchscreen im Zündschlüssel ab. Wer die Option „Ferngesteuertes Parken“ geordert hat, kann seinen 5er in enge Parklücken fahren lassen, ohne selbst hinter dem Steuer Platz zu nehmen. Zusätzliche Online-Dienste im Auto lassen sich über die eingebaute SIM-Karte einfach herunterladen. Im Vergleich zum Siebener ist das Cockpit etwas fahrerorientierter gestaltet, und die Menüstruktur wurde noch weiter optimiert.

Der 5er übernimmt natürlich auch die zahlreichen Fahrerassistenzsysteme vom 7er. Er kann sogar etwas mehr. Zum Beispiel funktioniert der Stauassistent statt bis Tempo 60 nun bis 80 km/h.

Progressiver Audi A6

In Sachen Assistenzsysteme und Online-Funktionen soll der nächste Audi A6 dem 5er in nichts nachstehen. Im Gegenteil: In einigen Bereichen geht er sogar deutlich weiter. So entfällt der Dreh-Drück-Steller, der durch ein sensitives Touchpad ersetzt wird. Haptische Hilfen wie Aufrauungen, Vertiefungen und Klickgeräusche auf der Display-Oberfläche sollen den Kunden den Umstieg in diese komplett digitale Welt erleichtern. Auch die Interaktion mit dem Smartphone wird viel weitreichender. So lassen sich etwa Dateien wie Musiktitel per Wischbewegung vom Smartphone auf die Displays des Autos überspielen.

Dass der fahrdynamische Vorteil des 5er gegenüber dem A6 so groß wird, wie sich BMW erwartet, darf durchaus bezweifelt werden. Der Audi bekommt nämlich ebenfalls technische Schmankerl wie die Allradlenkung. Angesichts des hervorragenden Fahrwerks im Q7, das auch in weiten Teilen im A6 zum Einsatz kommt, dürfte das Duell in der Pylonengasse spektakulär werden.

Der nächste Audi A6 wird zwar kein Vollaluminium-Auto, speckt aber dennoch noch mal 50 kg ab. 5er und A6 dürften somit in etwa gleich schwer werden. Die Motorenpalette lässt keine Wünsche offen. Zum Marktstart geht es mit dem 2.0 TFSI (252 PS) los, der 1.8 TFSI entfällt und wird später durch einen neuen Einstiegsbenziner ersetzt (1.5 TFSI). Darüber rangiert der Sechszylinder mit 354 PS und im S6 mit rund 400 PS. Im RS 6 bleibt es beim Achtzylinder, dann mit über 600 PS. Das Dieselprogramm wird durch den neuen 435 PS starken, dreifach aufgeladenen Selbstzünder ergänzt, der aus dem SQ7 bekannt ist. Alle Motoren mit über 400 Nm Drehmoment bekommen den elektronisch zuschaltbaren Allradantrieb Quattro Ultra.

Quadturbodiesel
BMW
Der Quadturbodiesel wird auch im neuen 5er kommen.

Warum nur kleine Schritte?

Geniale Idee: der 6er GT. Hoher Nutzwert in seiner schönsten, edelsten Form. Der nächste 5er wird hingegen sicher ein gutes Auto und vielleicht den A6 bei der Fahrdynamik alt aussehen lassen. Ansonsten bleibt vieles altbewährt. Einerseits verständlich – schließlich läuft es derzeit richtig gut –, andererseits waren es stets mutige und innovative Ideen, die BMW so stark gemacht haben. Audi ist da wesentlich progressiver unterwegs.

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Erscheinungsdatum 08.05.2024

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