Fahrbericht neuer Porsche 718 Cayman S (2016)
Mittelmotor-Sportwagen schwächelt nur beim Sound

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Ein Porsche mit 4-Zylinder-Turbo? Hatten wir länger nicht. Die erste Test-Fahrt mit dem 718 Cayman S zeigt, warum wir das nicht vermisst haben – und wie gut der Neue geht.

Porsche 718 Cayman S, Fahrbericht, 07/2016
Foto: Hans-Dieter Seufert

Wie man einen VW Käfer so richtig aufwertet, weiß jeder Fan: Porsche-Motor einbauen. Umgekehrt mutet das Ganze dagegen eher grotesk an: ein Käfer-Motor in einem Porsche? Absurd... Doch vieles bleibt nur solange abwegig, bis es jemand realisiert. In diesem Fall der Hersteller selbst: Porsche bringt den Cayman zum Facelift mit einem Vierzylinder-Boxer. Und zwar ausschließlich – nicht etwa nur als Bafög-Version.

Gebrauchte Porsche Cayman mit Sechs-Appeal

Der Sechszylinder ist raus, weg, aus die Maus. Im Cayman bekommen Sie ihn nur noch, wenn Sie sich einen Gebrauchten kaufen. Neu boxert es dagegen im Vierviertel-Takt, wobei das Aggregat außer der prinzipiellen Bauart natürlich nichts mit einem Käfer-Motörchen gemein hat. Aber die Bauart gibt nun einmal den Klang vor.

Man muss schon ein ausgesprochener Nostalgiker sein, um sich mit dem Sound des 718 Cayman S anzufreunden. 718? Achso, ja, eine neue Bezeichnung gibt es mit dem neuen Motor gratis dazu. Nummern klassifizieren künftig bei Porsche die Sportwagen, wohingegen diejenigen ohne Nummern eben die anderen sind. Die Viertürer. Die SUV. Die Was-auch-immer-sonst-noch-kommen-wird.

Der Klang wird mit Sportauspuff nicht besser

Zurück zum Sound, für viele Fans der Kaufgrund schlechthin – stellen sich doch beim Gasgeben in einem sechszylindrigen Cayman die Nackenhärchen voller Wollust auf. Sie tun es auch im 718 S – nur nicht aus Wollust. Eher aus dem Gegenteil. Erinnern Sie sich an das Rasseln eines Käfermotors? Ziehen Sie die schnatternden Höhen ab und addieren Sie dafür rumplige Bässe. So etwa klingt der 2,5-Liter-Boxer. Und der Sportauspuff (1.952 Euro) macht es nicht besser: Ein Druck auf das Klappensymbol in der Mittelkonsole verstärkt lediglich das Vierzylinder-Dröhnen.

Immerhin geht der S fulminant. Allerdings müssen Cayman-Piloten, die einen Saugmotor gewohnt sind, ihre Kurventechnik anpassen: Wer dem Heck kurz nach dem Scheitelpunkt einen Motivationsstüber verpassen möchte, spürt ihn erst am Kurvenausgang. Man muss im 718 früher ans Gas, die Anschwellzeit des Turboladers einkalkulieren und somit die Rollphase überspringen. Die frühere Direktheit, das Fahren auf Schenkeldruck über Schub und Zug ist dahin und damit auch jene Charaktereigenschaft, die den Cayman an die Spitze der Agilitätsbewegung gestellt hat.

Anschwellzeit? Ja, man muss das Wort Turboloch meiden, sonst stürzen sie sich in Weissach aus dem Fenster. Nennen wir es lieber das T-Wort. Jenes also haben die Entwickler gegenüber dem Zweiliter im Basis-Cayman deutlich verkleinert – dem Hubraumplus und der variablen Turbinengeometrie sei Dank. Letztere bringt zudem Eleganz in die Leistungsentfaltung, sowie Drehfreude, zumindest bis etwa 6.500/min.

Porsche 718 Cayman S, Fahrbericht, 07/2016
Hans-Dieter Seufert
Ausge-sechszylindert: Der Vierzylinder überzeugt mit Kraft - nicht mit Sound.

Porsche 718 Cayman S hat Power, sein Fahrwerk Reserven

Dennoch schmeißt der Vierzylinder vorwiegend im mittleren Drehzahlbereich mit Drehmoment um sich, schiebt hier autoritär an. Unbegründet ist dabei die Angst, die vielen Newtonmeter könnten die angetriebene Hinterachse überlasten. Im Gegenteil: Sie gibt sich die meiste Zeit sogar unterfordert – auch dank des neu abgestimmten Fahrwerks. Die adaptiven Dämpfer (inklusive 20 Millimeter Tieferlegung für 1.666 Euro) zeigen nun eine breitere Spreizung als bisher, glänzen mit angenehmer Schluckfreude, die im Verbund mit dem Torque-Vectoring samt mechanischer Quersperre (für 1.309 Euro) eine hervorragende Traktion sicherstellt.

Das Fahrwerk gibt sich die meiste Zeit gelangweilt. Nur bei cleverer Streckenwahl kommt man dem Limit im Rahmen des Erlaubten nahe, bewegt den Mittelmotor-Zweisitzer im Spaßbereich – auf penibel planiertem Asphalt strömt der 718 dagegen so beiläufig dahin, wie ein ICE. Man muss dem Mittelmotor-Zweisitzer eine Strecke mit engen, anspruchsvollen Kurven und wirklich schlimmen Bodenwellen servieren. Erst dann hat das Fahrwerk viel zu tun, darf sein überragendes Können beweisen.

Porsche 718 Cayman S, Fahrbericht, 07/2016
Hans-Dieter Seufert
Klassisch und modern: neues Infotainment, Lenkrad mit Fahrmodus-Schalter. Wird wohl zur Seltenheit: das Sechsgang-Schaltgetriebe.

Track-Tool statt Landstraßen-Flitzer

Der Rest ist geblieben wie bisher: Noch immer sitzt man im 718 hervorragend, landen Hände und Füße genau dort, wo sie hingehören. Und natürlich wurde der überarbeitete 718 Cayman auf allen relevanten Strecken schneller gezeitet als sein direkter Vorgänger. So ist es gut und so ist es Brauch, könnte man bei Porsche sagen.

Doch davon profitiert nur eine einzige Käufergruppe – nämlich die Trackday-Teilnehmer. Landstraßen-Eiferer dagegen müssen sich mit dem Käferklang im Rücken auf Fahrspaß-Downsizing einstellen.

Technische Daten
Porsche 718 Cayman S Cayman S
Grundpreis65.189 €
Außenmaße4379 x 1801 x 1295 mm
Kofferraumvolumen425 l
Hubraum / Motor2497 cm³ / 4-Zylinder
Leistung257 kW / 350 PS bei 6500 U/min
Höchstgeschwindigkeit285 km/h
Verbrauch8,1 l/100 km
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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten