Ford GT vs. Ferrari 488 GTB vs. McLaren 675LT
Fords Überflieger im ersten Vergleich

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Kein Sportwagen hat in den letzten zwei Jahren mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen als der Ford GT. Das dürfte der Konkurrenz um Ferrari 488 GTB und McLaren 675LT stinken. Wie scheiden sie in einem ersten Vergleich gegen den GT ab?

Ford GT - Ferrari 488 GTB - McLaren 675LT
Foto: ams

Ford hat es bestens verstanden, einen dauerhaften Hype um den neuen GT zu schaffen. Da war zunächst die Nachricht, dass die Amerikaner ihren legendären Sportwagen wiederbeleben werden. Der Bestätigung, wieder selbst beim 24h-Rennen in Le Mans mitzumischen, folgten monatlich weitere Häppchen. Mal zeigte Ford seinen GT im Windkanal, mal bei Hochgeschwindigkeitstests, mal zeigte man das 10-Zoll-Multifunktionsdisplay mit den Anzeigen der fünf verschiedenen Fahrmodi.

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Ford und die GT-Häppchen

Auf den großen Messen strahlte der GT stets in die Kameras. Zwischendurch räumte Ford in Le Mans groß ab. Die GT-Rennversion trudelte nach 24 Stunden in ihrer Klasse auf den Plätzen eins, drei und vier ein. In den Supersportwagen für die Straße durften Journalisten bis zur Detroit Motor Show 2017 nicht reinschlüpfen (Sitzprobe). Die exakten Leistungsdaten hüteten die Amis wie Dagobert Duck das Geld in seinem Speicher. Man wusste, dass der Ford GT über 600 PS in sich stecken hat, aber eben keine genaue Zahl. Und dann gab es da ja noch das Online-Bewerbungsverfahren und all die Bewerbungsvideos enthusiastischer Fans auf Youtube. Mit all den Häppchen sättigte Ford die Sportwagen-Fraktion nie, hielt sie hungrig und sicherte sich immer wieder deren Aufmerksamkeit. Nun hat der Hersteller aber ein einsehen und verrät endlich die Performance-Eckdaten des GT.

Das gibt uns die Möglichkeit, den Ford GT seinen Rivalen gegenüberzustellen. Welche das sind, daraus macht der US-Autobauer kein Geheimnis. Stattdessen geht man zum direkten Frontalangriff über. Auf dem Calabogie Motorsports Park in Kanada sei der GT schneller gewesen als der McLaren 675LT und Ferrari 458 Speciale. Ford nennt folgende Rundenzeiten: 2:09,8 Minuten für den GT, 2:10,8 Minuten für den 675LT und 2:12,9 Minuten für den 458. Alle Sportwagen seien von ein und demselben Fahrer gesteuert worden. Alle hatten frische Gummis aufgezogen. Und alle hatten die bestmögliche Einstellung für die Aufhängungen. Sagt Ford. Überprüfen können wir das freilich nicht. Das wäre erst bei einem echten Test auf unseren Hausstrecken in Hockenheim und auf der Nordschleife möglich.

Bei der Entwicklung seines Sportwagen-Projektils hatte Ford den Ferrari 458 Speciale als Messlatte im Auge. Maranello hat den Supersportwagen in der Zwischenzeit durch den 488 GTB ersetzt. Der italienische Supersportwagen war auf der hauseignen Ferrari-Bahn in Fiorano in 1:23 Minuten um eine halbe Sekunde schneller als der 458 Speciale. Kurslänge: 2,997 Kilometer. Die Rennstrecke in Kanada ist gut zwei Kilometer länger. Entsprechend dürfte der 488 GTB hier ein größeres Delta auf seinen Vorgänger herausfahren.

McLaren 675LT nominell der Stärkste

Natürlich spielt die Streckencharakteristik eine entscheidende Rolle dabei, wie welcher Supersportwagen performt. Sprich: Wie sind die Kurven ausgelegt? Schnell oder langsam? Winkelig oder langgezogen? Wie ist der Asphalt beschaffen? Glatt oder wellig? Sind die Geraden kurz oder lang? Um nur ein paar Faktoren zu nennen. Einen Vergleich können wir am ehesten zwischen dem Ferrari 488 GTB und dem McLaren 675LT ziehen. Bei unseren Tests in Hockenheim kurvte der rote Sportwagen in 1:07,0 Minuten um die Piste. Der Brite war nur zwei Zehntel langsamer. Beides sind absolute Topzeiten und sicher auch für den Ford GT nicht einfach aus dem Fahrwerk zu schütteln.

Mittelmotor und Heckantrieb ist bei allen drei gesetzt. Beim Motor setzt das Trio auf aufgeladene Triebwerke. Ferrari 488 GTB und McLaren 675LT feuern aus acht Brennkammern in V-Anordnung. Der eine hat 3,9 Liter Hubraum, der andere 3,8 Liter. Ford stopft ins Heck des GT einen 3,5-Liter-V6-Biturbo. Ecoboost statt V8. Spritverbrauch: Angeblich unter zehn Liter auf 100 Kilometer. Andere Quellen spotten, der GT sein trotz V6 ein Spritsäufer. Bei der Maximalleistung hat der McLaren die Nase mit 675 PS vorn, die bei 7.100/min anliegen. Ferraris Biturbo-V8 verwöhnt den Fahrer mit 670 PS ab 8.000/min. Was leistet der Ford GT? 656 PS bei 6.250/min. Nominell ist er also der Schwächste. Überfliegen wir schnell die jeweilige Literleistung: Rund 187 PS pro Liter für den Ford, 177,63 PS/L für den McLaren und 171,8 PS/L für den Ferrari.

Das Ranking ändert sich beim Drehmoment. Hier frohlockt der Ford GT mit 746 Nm. Das maximale Drehmoment drischt bei 5.900/min auf die Kurbelwelle ein. Schon ab 3.500/min sollen mindestens 90 Prozent des maximalen Drehmoments bereitstehen. McLaren gibt 700 Nm zwischen 5.500/min und 6.500/min an. Der Ferrari 488 GTB lässt die Kupplung mit 760 Nm bei 3.000/min schwitzen. Im siebten Gang wohlgemerkt. Was uns zur Getriebeart bringt: Die drei Topsportwagen klammern ihre Biturbo-Motoren allesamt an ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Handschalter? Nope. Maximal sind Fingerübungen an Lenkradwippen drin.

Keine Beschleunigungswerte vom Ford GT

Wie sieht es bei der 0-100-km/h-Beschleunigung aus, der härtesten Währung am Sportwagen-Stammtisch? Der McLaren 675LT katapultiert sich laut Werksangabe in 2,9 Sekunden auf Landstraßentempo. Sein Rivale aus Maranello hängt dem Longtail an der verlängerten Heckflosse: 3,0 Sekunden. Und der Ford? Für ihn gibt es noch keine Werksangabe. Die Häppchen-Taktik eben.

Ferrari und McLaren taktierten anders. Beide Hersteller hielten mit Werten nicht hinterm Berg, sondern untermauerten mit Zahlen den Beschleunigungswahnsinn. Der 675LT trappt in 7,9 Sekunden auf 200 km/h. Die 300er Marke sprengt er laut McLaren nach 22,5 Sekunden. Ferrari spricht von 8,3 Sekunden, die vergehen, bis der 488 GTB auf 200 km/h kommt. In unseren Tests hinkten beide der Werksangabe hinter. Wenn auch nur minimal. Im Topspeed überflügelt der Ford GT seine Kontrahenten. Angeblich rast der US-Supersportwagen mit bis zu 347 km/h durch den Wind. Ferrari bleibt etwas vage und nennt über 330 km/h für den 488 GTB. McLaren beziffert die Höchstgeschwindigkeit mit 330 Sachen.

Ford GT '66 Heritage Edition
Ford
Der Ford GT rennt bis zu 347 km/h schnell.

Von allen drei Herstellern haben wir die Angabe zum Trockengewicht – also das Fahrzeug ohne Betriebsstoffe wie Benzin, Motoröl oder Kühlwasser. Ford sagt in einer Pressemitteilung, dass sich der GT zwischen McLaren 675LT und Ferrari 488 GTB einordnet. Das Trockengewicht für den GT mit Carbon-Chassis geben die Amis mit 1.385 Kilogramm an. Was in einem Leistungsgewicht von 2,11 kg/PS resultieren würde. Ferrari führt für den 488 GTB ein Trockengewicht von 1.370 Kilo an. Also leichter als der Ford GT. Hat sich die amerikanische Ford-Presseabteilung verschrieben? Die Ferrari-Angabe ist noch mit einem Sternchen versehen. Unten wird aufgeklärt: „mit 98 RON Benzin“. Der McLaren 675LT ist laut Werksangabe das Leichtgewicht: 1.230 Kilogramm.

Den Ford GT konnten wir noch nicht auf die Waage stellen. Seine Rivalen dagegen schon. Vollgetankt brachte es der McLaren 675LT in einem Test auf 1.361 Kilogramm, womit er immer noch die Ford-Marke untertrifft. Den Ferrari 488 GTB haben wir in unserem Supertest vollgetankt mit 1.553 Kilogramm gemessen. Das Leistungsgewicht extrahieren wir aber aus den Werksangaben: 1,822 kg/PS für den McLaren 675LT und 2,04 kg/PS für den Ferrari 488 GTB.

Aktive Aerodynamik im Supersportwagen

Der Ford GT ist ein Abkömmling des Rennwagens. Im Prinzip entwickelte Ford zunächst die Le Mans-Maschine und strickte daraus den Straßensportwagen. Für gewöhnlich läuft es anders herum. Sprich: zunächst ein Straßensportwagen für die Homologation, dann das Rennauto. Aber bei Ford lautete die Devise: alles für Le Mans. Und das Ergebnis gab ihnen Recht. Der Fokus auf der Rennentwicklung sorgt für die geringe Stirnfläche und flache Silhouette des Straßen-GT. Der Supersportwagen verfügt wie seine Gegner über aktive Aerodynamikkomponenten für optimierten Luftwiderstand, Abtrieb und eine gute Balance.

Der GT kann seine Karosserie um bis zu 50 Millimeter absenken. Der Heckflügel ist ausfahrbar und winkelt sich beim Bremsvorgang aus hohen Geschwindigkeiten an, wirkt also wie eine Airbrake. McLaren hat ein ähnliches System. Ferrari versieht den Diffusor des 488 GTB mit elektrisch angesteuerten Flaps. Bei 200 km/h soll der Anpressdruck 205 Kilogramm betragen. Auf der Bremse (Keramikbremsanlage) ist der Ferrari 488 GTB eine Macht. Bei einem unserer Tests stand er mit warmen Stoppern aus 100 km/h nach nur 30,2 Metern. Ein Bestwert in der sport auto-Testgeschichte. Die Keramikbremsanlage brachte den McLaren 675LT nach 32,1 Metern zum Stehen. Im Ford GT verzögert hinter den 20-Zoll-Rädern (optional Carbon-Felgen) eine Carbon-Keramik-Bremsanlage.

In allen drei Sportwagen kann der Fahrer mit verschiedenen Fahrprogrammen spielen. Im McLaren 675LT stehen Normal, Sport und Track zur Auswahl. Ford und Ferrari fächern die Modi weiter auf. Im Fall von Ford in Normal, Wet, Sport, Track und Vmax. Im Fall von Ferrari in Wet, Sport, Race, CT off und ESC off.

Ferrari 488 GTB, Seitenansicht
Hans-Dieter Seufert
In Hockenheim knallte der Ferrari 488 GTB eine Zeit von 1:07,0 Minuten hin.

Fazit:

Ein echtes Fazit lässt sich ganz schwer ziehen. Die Leistungsdaten sind auf einem sehr ähnlichen Niveau. Die Leistung auf der Rennstrecke wohl auch. Aber für eine direkte Gegenüberstellung müssten wir die drei Kandidaten selbst messen und in einem Aufguss über die Rennstrecke hetzen. In einem Punkt driften sie jedenfalls weit auseinander: beim Preis. Der Ferrari 488 GTB ist der billigste (über 205.000 Euro) und im Gegensatz zu 675LT und GT auch nicht limitiert. Alle 500 McLaren sind bereits zum Preis von 309.750 Euro vergriffen. Der Ford GT kostet zwischen 500.000 und 550.000 Euro. Pro Jahr werden nur 250 Stück gebaut. Dafür gibt ihm sein Name aber einen verkaufsfördernden Anknüpfungspunkt mit der Vergangenheit.