Erste Mitfahrt im Elegend EL1
Elektrischer Sport-Quattro-Erbe erwacht zum Leben

Elegend aus Deutschland stellt mit dem EL1 ein 816 PS starkes Elektro-Coupé im Retrodesign vor. Die Mitfahrt im ersten Prototypen gibt einen beeindruckenden Ausblick auf die Fahrleistungen des Allradlers.

Optisch lehnt sich der EL1 mit seinen Proportionen und den mächtigen Quattro-Blister-Radhäusern an den Audi Sport Quattro S1 an. Das Design des EL1 zeigte E-Legend bereits im Herbst 2021. Zwei Jahre später ist die Technik erstmals in das eigens entwickelte Carbon-Monoque gezogen. Das Rolling Chassis trifft die Maße der ersten Designstudie fast auf den Millimeter genau. Das hätten viele damals für unmöglich gehalten, erzählt E-Legend-Gründer Designer Markus Holzinger stolz. Er hat den EL1 selbst gezeichnet. Mit dem Sport Quattro fühlt er sich besonders verbunden, da sein Vater an dessen Design mitgearbeitet hat – am jetzigen Firmensitz in Beilngries. Der erste fahrbare Prototyp steht hingegen in einem Hangar am Flugplatz Schleißheim unweit der IAA in München. Am Steuer: Rallye-Fahrer Manuel Egginger, verantwortlich für Strategie und Finanzen.

Unsere Highlights

Auch wenn es sich um eine Mitfahrt handelt – E-Legend spricht ausschließlich von "rollen". Denn im Rolling Chassis stehen aktuell nur 450 von möglichen 600 kW Leistung zur Verfügung. Auch zum finalen Drehmoment von 1.090 Newtonmetern fehlen derzeit noch etwa 250 Newtonmeter. Bremsen, Fahrwerk und Torque-Verteilung sind noch nicht abgestimmt. "Vom Serienstand sind wir noch ganz weit weg. Aus unserer Sicht sind wir fahrdynamisch derzeit bei etwa 40 % von dem, was möglich ist" erklärt Fahrer Egginger. "Wir sind noch nicht in einem Bereich, den wir fahren nennen würden."

Zum Zeitpunkt der Mitfahrt steht das Rolling Chassis des EL1 erst seit drei Tagen auf einigen Rädern. Der Antrieb beeindruckt trotzdem.

Wer jetzt aber an eine entspannte Landpartie denkt, der irrt sich gewaltig. Nicht ohne Grund sind die vorübergehend verbauten Recaro-Sitze mit einem 4-Punkt-Rennsportgurt ausgestattet. E-Auto typisch liegen Leistung und Drehmoment ab der ersten Sekunde an. Die Beschleunigung drückt einen in den Sitz und ein dickes Grinsen ist vorprogrammiert, wenn Manuel Egginger die Reifen qualmen lässt – von wegen keine Emotionen. Noch schiebt der Wagen stark über die Vorderachse, die mit der Leistung schlicht überfordert ist. Praktischerweise lässt sie sich per Knopfdruck entkoppeln und schon dreht der EL1 im Driftmodus seine Kreise. Das Sperrdifferenzial muss erst noch verbaut werden und man spürt, dass das Modell im Drift ein wenig Leistung wegnimmt. Im Serienfahrzeug soll sich der Allradantrieb später jederzeit zu- oder wegschalten lassen. Der Prototyp verteilt sein Drehmoment derzeit zu etwa 65 Prozent auf die Hinterachse, die restlichen 35 Prozent gehen nach vorne. Hier wird mit so genanntem "Torque-Blending" gearbeitet, um die Motoren entsprechend zu steuern.

Karbon-Monocoque und 816 PS

In Sachen Leistung soll der rein elektrisch angetriebene EL1 mit 816 PS überzeugen. Die Power kommt aus drei Elektromotoren des schweizerischen Herstellers Phi-Power: einer vorn und zwei an der Hinterachse. Dieses Layout erinnert wie das Design an Audi – der E-Tron Quattro S kann sich dank zweier E-Motoren an der Hinterachse mit Torque Vectoring durch die Kurven schrauben, eine dritte Maschine sorgt auch bei dem E-SUV aus Ingolstadt für Allradantrieb. Das Bordnetz des EL1 arbeitet aber anders als im Audi mit 800 Volt Spannung – wie beim Porsche Taycan. Dank Allradantrieb mit bedarfsgerechtem Torque Blending zwischen vorn und hinten und einem leichten Karbon-Monocoque (das Fahrzeug-Leergewicht soll nur 1.680 Kilogramm betragen) stellt E-Legend für den Sprint von null auf 100 km/h eine Zeit von 2,8 Sekunden in Aussicht; 200 km/h sollen in 7,5 Sekunden erreicht sein. Die Höchstgeschwindigkeit ist bei 300 km/h abgeregelt.

E-Legend EL1
E-Legend
Die optische Verwandschaft zwischen dem originalen Audi Sport Quattro (links) und dem EL1 ist deutlich sichtbar.

Batterie für zwei ernsthafte Nordschleifen-Runden

Im Mitteltunnel und im unteren Bereich hinter den Sitzen befindet sich die 550 Kilogramm schwere Antriebs-Batterie, die 90 Kilowattstunden speichern kann – damit soll der EL1 auch bei wilder Fahrt bis zu 400 Kilometer weit kommen. Eine Ladung soll für mindestens zwei im heftigen Sport-Plus-Modus gefahrene Nordschleifen-Runden reichen – auch dank Energierückgewinnung per Rekuperation. Den Kontakt zur Straße stellen dabei 19-Zoll-Räder vorn und 20-Zöller hinten her. Für spätere Modelle können sich die E-Legend-Verantwortlichen übrigens auch ein Fahrzeug mit Hinterradantrieb vorstellen.

Batterietechnik vom Großserienhersteller

Die Batterie-Module kommen von einem Großserienhersteller – von wem, möchte Günther Riedl noch nicht verraten. Riedl ist Geschäftsführer von Roding Automobile und bei E-Legend für die Technik zuständig. Er deutet an, dass die Batterie-Module auch bei einem deutschen Hersteller in dessen Hochleistungs-Sportwagen zum Einsatz kommen – damit dürfte der Porsche Taycan gemeint sein, der eben auch mit 800 Volt arbeitet.

E-Legend EL1
Gregor Hebermehl
Der kompakte EL1 soll ein potenter Kurvenräuber sein.

Kühlung der Batterie extrem wichtig

Auf die Frage, was die größte Herausforderung bei der Entwicklung des EL1 war, betont Riedl: die Kühlung. Wenn es ein Thema von der Verbrennungsmotor-Welt in die Welt der Elektromobilität geschafft hat, dann das Thema Kühlung, meint er und muss dabei lachen. Und die Kühlung braucht Riedl nicht, um die Batterie leerzufahren. Es geht vielmehr darum, dass sich der Hochvoltspeicher wieder schnell laden lässt – und da das bei einer heißen Batterie nicht funktioniert, arbeitet im EL1 ein ausgeklügeltes Flüssig-Kühlsystem.

E-Legend EL1
Gregor Hebermehl
Vorn (Bild) setzt E-Legend beim EL1 19-Zöller ein, hinten drehen sich 20-Zoll-Räder.

Mit Klimaanlage und Rückfahrkamera

Die Außenhaut des EL1 hat Marcus Holzinger fertig designt – nur die Position und Form der Ladeklappe ist noch nicht final. Außerdem ist noch nicht abschließend geklärt, ob die Außenspiegel-Kameras zur Basisausstattung gehören oder in die Aufpreisliste wandern. Der Innenraum wird im Prototypen bisher nur angedeutet, soll aber ebenfalls fertig sein. Was gesetzt ist: Die Insassen erwarten neben einem High-End-Infotainmentsystem auch Annehmlichkeiten Klimaanlage, Rückfahrkamera und Parksensoren. Einen sicheren Halt finden Pilot und Copilot in den individuellen Sportsitzen mit Hartschale. Auf den Zeichnungen bereits erkennbar: Statt eines Startknopfes hat sich das Team für einen drehbaren Schlüssel entschieden. Das sei emotionaler und passe besser zum Retro-Design.

Der Innenraum ist fertig designend, hat es bisher jedoch nicht in den Prototypen geschafft

Limitierte Anzahl – auch von EL2 und EL3

Der erste Prototyp des EL1 soll 2022 fertig sein. Von der Serienversion möchte E-Legend insgesamt 30 Exemplare bauen. Danach sollen mit dem EL2 und dem EL3 noch zwei weitere Serien von jeweils 30 Fahrzeugen folgen, die sich die gleiche Plattform teiel. Auch die anderen beiden Modelle werden sich an Gruppe-B-Rallye-Legenden orientieren. Welche beiden Vorbilder er sich dafür herausgepickt hat, möchte uns Designer Holzinger noch nicht verraten. Allerdings zeigen die E-Legend-Enthusiasten während der Präsentation nicht nur einen Audi Sport Quattro S1, sondern auch einen Lancia Stratos HF Stradale – an dessen Optik dürfte sich also das Design des EL2 orientieren. Das Modell wäre dann zudem ein Kandidat für den Hinterradantrieb – schließlich waren beim Stratos auch ausschließlich die Hinterräder angetrieben.

E-Legend EL1
Gregor Hebermehl
Über den Rädern wölben sich mächtige Quattro-Blister.

Bayerisches Auto

Beim EL3 schlägt Holzinger Lancia Delta S4, Lancia Rally 037, Peugeot 205 Turbo 16 E2 und Renault 5 Maxi Turbo als Vorbilder vor – sicher hat er sich längst für einen Kandidaten entschieden. Entschieden ist zudem, dass alle 90 Autos per Hand entstehen. Das Karbon-Monocoque wird in Bayern gebacken, die Montage erfolgt ebenfalls in Bayern – der EL1 ist ein bayerisches Auto, freut sich Manuel Egginger. Der Autohaus-Geschäftsleiter ist bei E-Legend für den Vertrieb und die Finanzen zuständig.

E-Legend EL1
Gregor Hebermehl
Am Heck gibt es einen Flügel, der optisch gut zum restlichen Fahrzeug passt.

Über eine Millionen Euro

Der Basispreis eines EL1 beträgt 890.000 Euro – mit Mehrwertsteuer übersteigt das die Million. Egginger ist wichtig, dass dieser Preis im Wettbewerbsumfeld nicht ungewöhnlich ist: Der Rimac Nevera soll über zwei Millionen Euro kosten, Lotus möchte für den Evija ebenfalls über zwei Millionen Euro und der Drako GTE kostet fast 1,5 Millionen Euro. Egginger freut sich, dass man die Entwicklungskosten so niedrig wie möglich hält und dabei auf das Knowhow des Prototyp- und Kleinserien-Spezialisten Roding zurückgreifen kann. Roding-Geschäftsführer Günther Riedl nennt dann auch immer wieder einen der wichtigsten Leitfäden im Kleinseren-Bau: Komplexität vermeiden. Nur dann hat man eine Chance, dass das Auto später mal auf die Straße kommt.

technische Daten Elegend EL1

Abmessungen

Karosserie

Karbon-Monocoque

Länge

4.155 mm

Breite

1.910 mm

Höhe

1.270 mm

Radstand

2.445 mm

Gewicht

1.790 kg

Gewichtsverteilung vorn/hinten

47/53 Prozent

Fahrwerk

Doppelquerlenkerachse, 3-fach verstellbare Dämpfer

Bremsen

360-mm-Scheiben rundherum, Vier-Kolben-Bremssattel

Räder/Reifen

vorn

285/30 R 19

hinten

285/30 R 20

Motoren

vorn

Single-E-Motor

hinten

Dual-E-Motor

Leistung

vorn

150 kW (204 PS)

hinten

2 x 225 kW (2 x 306 PS)

Leistungsgewicht

2,19 kg/PS

Drehmoment

vorn

500 Nm

hinten

1.100 Nm

Getriebe

Eingang-Getriebe, Sperrdifferential vorn und hinten

Kraftübertragung

Allradantrieb

Batterie

800 V

Batterie-Kapazität

80 kWh, 22-kW-Onboard-Lader, DC-Schnelllader bis 200 kW

Reichweite

400 km

Verbrauch

zirka 21 kW/100 km

Fahrleistungen

Beschleunigung 0-100 km/h

2,8 s

Beschleunigung 0-200 km/h

7,5 s

Höchstgeschwindigkeit

300 km/h

Ursprünglich sollten bereits Ende 2023 die ersten zwölf EL1 ausgeliefert sein. Nun wird das erste Fahrzeug voraussichtlich erst 2025 beim Kunden stehen.

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Fazit

Der EL1 ist mit seiner optischen Anlehnung an die 1980er-Jahre-Rallye-Versionen des Audi Sport Quattro S1 und seinem potenten Elektroantrieb ein faszinierendes Projekt. Das retrofuturistische Design passt perfekt zu einem leichten und schnellen elektrischen Allradfahrzeug, dass mit einer Beschleunigung von null auf 100 km/h in 2,8 Sekunden brutale Fahrleistungen verspricht – und das sich andererseits auch ganz entspannt im Alltag fahren lassen soll. Auch wenn Elegend noch einiges an Arbeit vor sich hat, bevor der erste EL1 2025 zum Kunden rollen soll, haben sie schon jetzt bewiesen, dass er das Potenzial zu einem echten Spaßauto hat. Bleibt abzuwarten, wie viel er davon im Straßenverkehr zeigen kann. Immerhin soll er ein echter Kurvenräuber werden. Die Exklusivität des auf dreimal 30 Exemplare limitierten Karbon-Renners unterstreicht auch der Preis in Höhe von über einer Millionen Euro – allerdings verlangen andere Anbieter in dieser Fahrzeugklasse teilweise deutlich mehr Geld.