Hyundai Prophecy - Elektroauto-Studie
So intelligent ist der Aerodynamik-Weltmeister

Hyundai stellt eine Studie vor, deren Serienversion auf einer neuen Elektro-Plattform basiert. Dank seiner Stromlinienform soll der 2+2-Sitzer auf einen cW-Wert von unter 0,2 kommen. Auch innen hat der Prophecy viel Neues zu bieten.

Hyundai Prophecy Concept Car
Foto: Hyundai

Kennen Sie den Stout Scarab? Wenn, dann womöglich nur, weil auto motor und sport über diesen Exoten aus den 1930er-Jahren berichtet hat. Unter Designern ist der Mini-Van, dessen Aussehen an einen Airstream-Wohnwagen erinnert, schon eher bekannt. Eben wegen der ungewöhnlichen Optik. Trotzdem staunten Hyundai Chef-Designer SangYup Lee und Luc Donckerwolke, der seit 2016 für das Design aller Marken von Hyundai Automotive (Kia, Genesis und eben Hyundai) verantwortlich ist, nicht schlecht, als ihnen ihr Chef ausgerechnet ein Foto dieses Exoten schickte – als Anregung für die Gestaltung eines Elektroautos auf Basis einer neuen Architektur, die wie bei VW der Modulare Elektrobaukasten (MEB) exklusiv für elektrisch angetriebene Fahrzeuge ab dem C-Segment aufwärts entwickelt wird. Für kleinere Fahrzeuge kooperiert Hyundai mit dem Startup Canoo.

Neue Mobilität im Alltag
Hyundai Prophecy Concept Car
Hyundai
Das Hyundai Prophecy Concept gibt einen Ausblick auf ein Elektroauto, das 2021 in Serie gehen soll.

Die Serienversionen der ersten beide Modelle auf Basis der neuen Plattform namens "Electric Global Modular Platform" (E-GMP) befinden sich gerade in der Entwicklung und sollen 2021 auf den Markt kommen. Parallel dazu arbeiten die Designteams an entsprechenden Concept Cars. Eines ist der Hyundai 45, der auf der IAA 2019 debütierte, ohne dass die neue Architektur hier schon thematisiert gewesen wäre.

Geringer Luftwiderstand bringt Reichweite

Das zweite ist der "Prophecy" (Prophezeiung), dessen Form man das Vorbild Stout Scarab durchaus ansieht – einen auffälligen Bruch mit den fließenden Formen bringt ein riesiger, waagrechter Spoiler unterhalb der Heckscheibe. Damit er die Linie möglichst wenig stört, ist er aber transparent, aus einem durchsichtigen Kunststoff. Die fließenden Formen, das lang auslaufende Heck und die rundlichen Kotflügel der Studie wirken so stromlinienförmig, dass man ihr einen niedrigen Luftwiderstand ohne weiteres zutraut. Tatsächlich verspricht Luc Donckerwolke einen cW-Wert unter 0,20 – für das Serienauto. Zum Vergleich: Das aktuell windschlüpfigste Serienauto (Mercedes CLA) kommt auf 0,22, Teslas Model 3 sagt man 0,23 nach.

Noch dazu ist 2+2-Sitzers recht flach, so dass trotz üppiger Breite anders als bei SUVs auch die Stirnfläche vergleichsweise klein sein dürfte. Die überschaubare Höhe erreichten die Koreaner nicht nur durch eine ebene Batterie im Fahrzeugboden: Der Akku hat, ähnlich wie der des Porsche Taycan, Aussparungen für die Füße der Passagiere, so dass trotz tief angebrachter Sitze die Oberschenkel noch Kontakt mit den Sitzflächen haben – zumindest vorn. Hinten gelingt das sicher nur bei Kindern – wegen des flach auslaufenden Dachs bietet der Fond trotz einer Länge von etwa 4,90 Meter keine vollwertigen Sitzplätze. Bleibt die Frage, wie viel Reichweite die gute Aerodynamik bringt und wie viel die Aussparungen im Akku von dessen Kapazität kosten.

Zu dessen Größe in der Serie will Hyundai aktuell noch nichts sagen, wie überhaupt zur Technik der neuen Architektur noch nichts bekannt ist. Dafür birgt das parallel zum Serienauto entwickelte Concept Car einige überraschende Details, deren Umsetzung zwar erstaunlich durchdacht wirkt, die aber wohl eher nicht in einem späteren Serienfahrzeug auftauchen.

Kein Lenkrad, sondern Joysticks

So haben die Koreaner beispielsweise statt eines Lenkrads wie Joysticks wirkende geschlossene Bügelgriffe nicht einfach nur ins Interieur gedübelt, sondern sich viele Gedanken dazu gemacht: Junge und ganz junge Menschen sind angeblich nicht mit großen runden Lenkrädern sozialisiert, sondern eher mit Spielkonsolen und Computer-Games. Hilfreich ist dabei, dass die gesetzliche Zulassung für solche Drive-by-wire-Systeme grundsätzlich möglich ist, wenn ein zweites, redundantes System zur Sicherheit an Bord ist.

Darum gibt’s in der Sitzkiste des Prophecy gleich zwei der ergonomisch angenehm positionierten Bügel-Joysticks. Der Linke sitzt in der Fahrertür, so dass er beim Einsteigen nicht stört, der rechte auf der Mittelkonsole. Die Entwickler haben aber beim Simulator-Fahrten festgestellt, dass es dem Fahrer leichter fällt, einen der senkrecht stehenden Steuerknüppel nach innen zu drücken als nach außen. Darum arbeiten beide gleichwertig und parallel, so dass der Linke mit der einfacheren Bewegung nach innen für die Rechtskurven und der Rechte mit der gleichen Bewegung für die Linkskurven verwendet werden kann. Gleichzeitig beherbergen die Joysticks Funktionstasten, mit denen sich 90 Prozent der Anwendungen im Fahrzeug steuern lassen. Im Interieurmodell lässt sich das nicht ausprobieren, die modellierten Sticks sind fest, aber man kann es sich ganz gut vorstellen.

Hyundai Prophecy Concept Car
Hyundai
Joysticks statt Lenkrad: Das Interieur des Prophecy nutzt den gewonnen Platz für den freien Blick auf ein Riesendisplay.

Das fehlende Lenkrad erlaubt eine andere Gestaltung des Cockpits, in dem das Steuer den Blick auf ein großes, von A-Säule zu A-Säule reichendes Display à la Byton nicht behindert und das grundsätzlich schon besser zum autonom Fahren geeignet ist – das fehlende Lenkrad schafft Platz. Beim Fahren erscheint auf dem Display eine Augmented Reality-Darstellung davon, was in Wirklichkeit vom Innenraum und der Fronthaube verdeckt ist. Das auf den ersten Blick überflüssig wirkende Unterteil des Armaturenträgers soll im Falle eines Crashs das Durchrutschen der Beine der Passagiere verhindern. Das Armaturenbrett kann sich im so genannten Relax-Modus aber eindrehen, um den Mitfahrern mehr Platz zu bieten. Sie können dann Filme oder andere Inhalte auf dem großen Display sehen. Auch die Sitzposition passt der Hyundai Prophecy auf Wunsch selbständig in Abhängigkeit von Körpergröße, Größe im Sitzen und Gewicht des Fahrers auf intelligente Weise an.

Ein E-Auto, das die Luft sauberer macht

Beim Zentralmotiv Umweltfreundlichkeit war den Entwicklern lokal emissionsfreies Fahren für die Mega-Cities der Zukunft noch nicht genug: Spezielle Öffnungen an den unteren Türkanten lassen Luft von außen in den Innenraum, wo sie nach so genannter Clean Air Technology arbeitende Systeme aufbereiten. In der Zwischenwand der Türen sind dazu Filterschichten aus Moos gespannt, die zum Tausch an der sich öffnenden Schmalseite der Tür entnehmbar sein sollen. Die Zirkulation durch die Filterschichten sorgt – trotz komplett verriegelter, nicht zu öffnender Scheiben – für gereinigte Luft im Inneren des Fahrzeugs, die den Prophecy beim Entweichen sauberer verlassen soll. So soll der Prophecy nicht nur seinen Passagieren bessere Luft als bisher im Auto bieten, sondern auch die Stadtluft sauberer machen – das wäre doch mal eine positive Prophezeiung.

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Fazit

Hyundai versichert, dass der Prophecy im Grundkonzept eng mit dem in Entwicklung befindlichen Serienauto verwandt ist. Auch wenn von dessen Technik noch nichts bekannt ist: Die konsequent auf Aerodynamik ausgelegte Formgebung und der rekordverdächtige cW-Wert des sportlich flachen Coupés sind schon mal gute Voraussetzungen, um die Reichweite eines Elektroautos zu maximieren.