Nio ET7 im Konfigurator
Das kostet die chinesische E-Limousine wirklich

Nio hat die Kaufpreise für den EQ7 angegeben. Wer sich quer durch den Konfigurator klickt, merkt schnell: Ein Schnäppchen ist der Chinese nicht.

Nio ET7 im Konfigurator
Foto: Screenshot: www.nio.com/de_DE/configurator/index?vehicle=ET7

"Flexibilität ist das neue Premium": Mit diesem Slogan trat Nio vor wenigen Wochen auf dem deutschen Markt an. Die Aussage der Chinesen bezog sich auf das Vertriebsmodell ihrer Fahrzeuge in Deutschland: Ursprünglich war geplant, die Elektroautos hierzulande nur im Abo-Modell anzubieten. Bedeutet bei der Limousine ET7 mit 75-Kilowattstunden-Akku: 1.199 Euro im Monat, wenn ein Dreijahres-Abo abgeschlossen wird. Nio bietet darüber hinaus Alternativen mit flexiblen Raten und sofortiger Kündbarkeit an.

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Nio-Mitgründer und -Präsident Lihong Qin betonte bei der Fahrpräsentation des ET7 Anfang Oktober jedoch, dass man sehr genau den Markt beobachte und bei entsprechenden Tendenzen das Auto auch zum Kauf anbieten werde. Die Chinesen haben offenbar sehr schnell gemerkt, dass die in dieser Hinsicht eher konservativ eingestellte Klientel in Deutschland Autos lieber kauft statt abonniert. Also hat Nio nun feste Preise für seine Modelle bekannt gegeben.

69.900 Euro – ohne Batterie

Dieser liegt im Falle des ET7 bei mindestens 69.900 Euro. Sie haben richtig gelesen: Nicht einmal 70.000 Euro für eine 5,10 Meter lange Elektro-Limousine mit einer Gesamtleistung von 480 kW (653 PS), einem maximalen Drehmoment von 850 Newtonmetern und einem enormen Beschleunigungsvermögen, das den ET7 bei Bedarf in 3,8 Sekunden von Null auf Hundert katapultiert. Um das einzuordnen: Mit seinen Werten trifft der Chinese ziemlich genau die Mitte zwischen Mercedes EQE und EQS in deren Modellversion 53 4Matic+. Und die kosten in Deutschland satte 109.920,30 (EQE) beziehungsweise 155.009,40 Euro (EQS).

Doch die Sache hat einen Haken: Für diesen Grundpreis hat der Nio ET7 noch keine Batterie an Bord. Diese müssen die Kundinnen und Kunden entweder für Extrageld kaufen oder für einen monatlichen Obolus mieten. Wer die erstgenannte Option wählt, treibt den Preis auf 81.900 (75 Kilowattstunden) oder 90.900 Euro (100 Kilowattstunden). Nachteil: Mit gekauftem Akku verwirkt man die Möglichkeit, auf Langstreckentouren einen Batterietausch an einer der "Power Swap Stations" (PSS) vorzunehmen. Und damit eine charmante, weil schnelle (fünf Minuten) und vollautomatische Alternative zum Ladestopp.

Nur Akkumieter können den Akku tauschen

Will man dagegen in den Genuss eines "Power Swaps" kommen, muss man zum kleineren Akku und "Battery-as-a-Service"-Modell (BaaS) greifen. Auf Deutsch: Käuferinnen und Käufer, die diese Option wählen, mieten den Akku für einen monatlichen Betrag. Dieser beträgt beim 75 Kilowattstunden großen Energiespeicher 169 Euro, für das 100-Kilowattstunden-Pendant verlangt Nio 289 Euro. Was bedeutet: Nach etwa sechs Jahren haben Mieterinnen und Mieter für die ET7-Batterie genauso viel Geld bezahlt wie deren Käuferinnen und Käufer.

Nio ET7
Nio
Nur wer den Akku mietet, kann ihn auch in einer der "Power Swap Stations" tauschen.

Nachdem die grundsätzliche Entscheidung für oder gegen die Akkumiete gefallen ist, lässt der Nio ET7 aber nur noch wenige Optionen zu – und damit Möglichkeiten, den Preis hochzutreiben. Aufpreis kosten lediglich die bunten Karosseriefarben "Airspace Blue", "Arctic Green" oder "Luminous Orange" (jeweils 1.680 Euro) und die 21 Zoll großen Carbon-Felgen (2.500 Euro). Welche der drei unterschiedlichen Farbwelten für's Interieur man wählt, ist für den Preis unerheblich.

6.000 Euro für Winterräder

Auch beim Zubehör lässt sich der Preis nur mit wenigen Posten in die Höhe treiben. Bremssättel in "Airglow Orange", der Sprachassistent "Nomi Mate" und eine elektrisch ausfahrbare Anhängerkupplung sind jeweils schon im Basispreis von 69.900 Euro inbegriffen. Extrakosten verursacht nur, wer über Nio Winterräder für seinen ET7 bestellt – und die sind ziemlich happig: Das Set 19-Zöller mit finnischen Nokian-Reifen kostet 2.500 Euro, während die 20-Zoll-Pendants für 3.600 Euro erhältlich sind und die 21-Zoll-Alternative sogar 6.000 Euro kostet.

Ein Nio ET7 kostet mit gekaufter 100-Kilowattstunden-Batterie, farbenfrohem Lack und 21-Zoll-Rädern sowohl mit Sommer- als auch Winterreifen 102.030 Euro. Der Begriff "Schnäppchen" kommt für ein Auto mit diesem Preisschild nicht mehr infrage, selbst wenn es sich um eine mit moderner Technik vollgestopfte, ausgewachsene Elektro-Limousine der Oberklasse handelt. Dennoch ist der Chinese selbst nach der "Einmal alles, bitte!"-Konfiguration immer noch billiger als die ähnlich starken und großen Mercedes-Alternativen, ohne dass bei ihnen auch nur ein Häkchen auf den Optionslisten gemacht wurde. Und die sind bei den Schwaben um ein Vielfaches länger als jene des Nio.

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Fazit

Autos in Deutschland allein im Abo anzubieten, funktioniert (noch) nicht. Diese Erfahrungen haben vor Nio bereits andere Newcomer-Marken gemacht. Aber die Chinesen haben schnell reagiert und bieten ihre Autos nun zum Kauf an. Die Tarife erscheinen attraktiv, auch wenn es immer einen faden Beigeschmack hinterlässt, wenn die Batterie eines E-Autos nicht im Kaufpreis enthalten ist. Zwar bietet Nio seinen Kundinnen und Kunden in diesem Aspekt die Wahlmöglichkeit, die Batterietausch-Möglichkeit auf der Langstrecke können aber nur Akku-Mieterinnen und -Mieter nutzen.