Sono Motors im Schutzschirmverfahren
Sion-Reservierer verlieren wohl ihr Geld

Sono Motors hat die Anordnung des Schutzschirmverfahrens beantragt. Damit ist die noch im April angekündigte Rückzahlung an Reservierer fraglich.

Sono Sion
Foto: Sono

Sonos Pläne, mit dem Sion ein eigenes Elektroauto auf den Markt zu bringen, sind gescheitert. Das Münchner Start-up möchte sich jetzt auf die Entwicklung und Herstellung von Solarzellen für andere Fahrzeuganbieter konzentrieren. Wer einen Sion bestellt hat, hat eine Anzahlung leisten müssen. Dieses Geld ist jetzt wohl weg: Sono hat am Montag, 15. Mai 2023, in München einen Antrag auf Anordnung eines Schutzschirmverfahrens gestellt. Diese Besonderheit des deutschen Insolvenzrechts ermöglicht es Unternehmen, bei drohender Zahlungsunfähigkeit den Versuch zur Sanierung in Eigenverantwortung zu übernehmen. Bei einem normalen Insolvenzantrag würde das Insolvenzgericht einen Sachwalter bestimmen.

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Vorauszahler könnten ihr Geld verlieren

Damit dürfte auch die noch im April versprochene Rückzahlung der Reservierungszahlungen von Sion-Interessenten scheitern und die Vorauszahler ihr Geld verlieren. Ursprünglich hatte Sono Motors versprochen, bis Ende Mai 30 Prozent und bis Juni 2024 weitere 40 Prozent der Anzahlung zurückzuzahlen. Sogar ein Bonus von fünf Prozent sollte mit der letzten Zahlung (angekündigt für Januar 2025) ausgezahlt werden.

Hierzu schreibt Sono Motors in einer Pressemitteilung vom 15. Mai 2023:

"Die hierfür erforderlichen zusätzlichen Finanzmittel wurden zunächst von einem Finanzierer in Aussicht gestellt. Im Zusammenhang mit der Insolvenz der Silicon Valley Bank und dem Notverkauf der Credit Suisse an die UBS sowie der mit diesen Ereignissen einhergehenden wachsenden Unsicherheit im Kapitalmarkt realisierte sich jedoch diese Finanzierung nicht. Weitere Gespräche mit anderen potenziellen Finanzierungspartnern verliefen ebenfalls erfolglos, sodass die Geschäftsführung sich gezwungen sah, einen Schutzschirmantrag zu stellen."

In Kurzform bedeutet dies: Sono Motors hat nicht das notwendige Eigenkapital und auch keinen Kapitalgeber, um die Rückzahlungen zu finanzieren. Der Antrag auf das Schutzfirmverfahren bedeutet außerdem noch nicht, dass dieses vom Gericht auch angeordnet wird. Dies erfolgt nur bei einer gut begründeten Aussicht auf Sanierung eines Unternehmens. Es ist daher auch möglich, dass stattdessen ein reguläres Insolvenzverfahren eröffnet wird.

Langer Kampf – nicht belohnt

Sono Motors, das Elektro-Start-up aus München, hatte nach etlichen Verzögerungen 2022 die Serienversion seines Elektro-Kompaktwagens Sion vorgestellt. Immer wieder musste das Unternehmen finanzielle Engpässe überwinden, was bisher auch immer wieder gelang – nicht zuletzt mit dem Gang an die New Yorker Börse. Aber Ende 2022 war das Geld wieder knapp – so knapp, dass die Fans entscheiden sollten, ob der Sion überhaupt in die Produktion geht.

Keine Finanzierung, kein Auto

Das wird er definitiv nicht. Wie Sono am 24.02.2023 mitteilte, hat man beschlossen, das Sion-Programm endgültig einzustellen. Sono will sein Geschäftsmodell umstrukturieren und sich künftig ausschließlich auf die Nachrüstung und Integration der Solartechnologie in Fahrzeuge von Drittanbietern zu konzentrieren. Die Einstellung des Sion-Programms spiegele die Entscheidung des Unternehmens wider, sich angesichts der schlechten Bedingungen auf dem Kapitalmarkt auf ein weniger kapitalintensives Geschäftsmodell zu konzentrieren – rund 90 Prozent des Finanzierungsbedarfs für 2023 wurden durch das Sion-Programm verursacht. Da das Sion-Programm ressourcenintensiv war, will das Unternehmen jetzt signifikante Einsparungsmaßnahmen umsetzen.

"Auch wenn wir mit dem Sion-Programm unser ursprüngliches Herzensprojekt einstellen mussten, bietet uns die Verlagerung unseres gesamten Fokus auf B2B-Solarlösungen die Möglichkeit, weiterhin innovative Produkte in der Solarindustrie zu entwickeln. Trotz der mehr als 45.000 Reservierungen und Vorbestellungen für den Sion waren wir gezwungen, auf die anhaltende Instabilität der Finanzmärkte zu reagieren und unser Geschäft zu verschlanken. Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen", sagt Laurin Hahn, Mitbegründer und CEO von Sono Motors. Das Solargeschäft befindet sich allerdings noch in der Entwicklungsphase, eine kommerzielle Produktion besteht noch nicht. Esibt zwar nach Unternehmensangaben bereits mehrere Absichtserklärungen mit mehreren potenziellen Kunden, aber noch keinen verbindlichen kommerziellen Vertrag.

Auch Solar-Business wackelig

Wie aus einer Sono-Pflichtmitteilung an die US-Börsenaufsicht SEC vom 6. März 2023 hervorgeht, scheint aber auch die Solarsparte auf finanziell wackligen Beinen zu stehen. "Unsere Wirtschaftsprüfer haben erhebliche Zweifel an unserer Fähigkeit zur Fortführung des Unternehmens geäußert", schreibt Sono Motors darin. Der nächste Prüfbericht werde voraussichtlich zu dem Schluss kommen, "dass unsere Kapitalausstattung zum Zeitpunkt des Prüfungsberichts nicht ausreichen wird, um die Geschäftstätigkeit aufrechtzuerhalten."

Als Gründe für die drohende Zahlungsunfähigkeit nennt Sono Motors die anhaltenden Verluste und die Ungewissheit bezüglich weiterer Finanzierungsrunden. "Daher besteht ein wesentliches Risiko, dass wir als Unternehmen nicht mehr weiter existieren und insolvent werden könnten", heißt es in der Mitteilung an die SEC. Die Zahlen für das vierte Quartal sowie das Gesamtjahr 2022 sollten in den nächsten Wochen vorgestellt werden.

Als Sono Ende Juli 2022 die Serienversion des Sion vorgestellt hatte, hatten die Verantwortlichen freundlich und ausführlich viele unserer Fragen beantwortet. Auf eine der nach unserer Einschätzung wichtigsten Fragen, ob denn jetzt endlich genug Geld für den Start der Produktion da sei, gab es allerdings nur einen knappen Hinweis auf frühere Pressemitteilungen. Ein klares "Ja" war das nicht. Seit Februar 2023 ist klar, die anstehende Produktion des Sion konnte nicht finanziert werden.

Tech-Werte im freien Fall

Die Sono-Chefs Jona Christians und Laurin Hahn begründeten bereits im Sommer 2022 ihre Finanznöte mit dem Abschwung an den Börsen im allgemeinen und dem rasanten Niedergang der Tech-Werte im Speziellen. Es sei ihnen einfach nicht gelungen, Investorinnen und Investoren vom Potenzial eines erschwinglichen Solar-Elektroautos zu überzeugen – trotz der nach eigenen Angaben hohen Nachfrage nach so einem Fahrzeug.

Die Sono-Verantwortlichen betonten, dass ihnen ihre Investoren zu einer Konzentration auf das einträgliche und weniger kapitalintensive B2B-Geschäft mit der Produktion von Solarpanels für andere Hersteller raten. Dies würde aber das Ende des Sion-Programms bedeuten – wozu Sono bereit ist. Retten sollten den Sion potenzielle Käufer – mit weiteren Vorbestellungen. Sono schärfte seiner Community vorher nochmal ein, dass für den Sion, der als Serienmodell lufterfrischendes Moos in seinem Armaturenbrett tragen soll, bereits mehr als 21.000 Vorbestellungen von Privatpersonen und 22.000 von Flottenbetreibern vorliegen. Wäre aus jeder Vorbestellung auch ein Kauf geworden, hätte Sono ein Nettoumsatz-Erlös in Höhe von einer Milliarde Euro erzielt.

Sono Sion
Sono
Das Moos im Armaturenbrett soll für gute Luft im Innenraum sorgen.

Viele Möglichkeiten zur Unterstützung

Clever gedacht: Die Abstimmung sollten die Fans mithilfe von Reservierungen vornehmen. Die Kampagne, die am 8. Dezember 2022 startete, hieß #saveSion und war zunächst auf 50 Tage angesetzt. Am 26. Januar 2023 verkündet Sono, die Kampagne um einen Monat bis zum 28. Februar zu verlängern. Im Rahmen der Kampagne hätten weitere 3.500 Sion vorbestellt werden müssen. Außerdem konnte jeder, der bereits bestellt hat, seine Anzahlung erhöhen. Zudem bat Sono um Spenden, Darlehen und Mundpropaganda. Am Ende reichte auch das nicht für die Rettung des Sion.

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Auf jeden Fall! So ein tolles Auto hat eine Chance verdient.Totaler Quatsch! Wenn das Auto kein Geschäft ist, dann ist es sinnlos.

Fazit

Sono Motors kämpfte um sein Solar-Elektroauto Sion. Mit einer großen Crowdfunding-Runde und einem Börsengang konnte das Münchner Start-up zunächst alle finanziellen Schwierigkeiten überwinden. Dann hatte der Kapitalmarkt aber viel von seiner Euphorie verloren und Tech-Werte waren nicht mehr im Trend. Das sorgt für Zurückhaltung bei den Investoren, was Sono bei den Produktionsvorbereitungen für den Sion in ernsthafte Schwierigkeiten brachte. Eine letzte Sammelaktion unter Fans sollte das Solarauto noch retten. Am Ende musste das E-Auto-Start-up aber dann doch aufgeben. Das Auto-Projekt wird eingestellt, man fokussiert sich auf den Geschäftsbereich Solartechnologie und sucht für das komplette Sion-Projekt einen Käufer. Allerdings bedroht die akute Geldnot von Sono auch das Solar-Business.

Nach der im April angekündigten Rückzahlung der Reservierungsgebühren an die Vorbesteller hat Sono Motors im Mai 2023 allerdings Antrag auf Anordnung eines Schutzschirmverfahrens gestellt, ein besonderes Verfahren des deutschen Insolvenzrechts. Das bedeutet wahrscheinlich für die Reservierer den Verlust ihrer Anzahlungen. Nach Medienberichten haben private Vorbesteller insgesamt rund 44 Millionen Euro Reservierungsgebühren an Sono Motors gezahlt.