Alfa Giulia GTAm trifft GTA 1600
Generationentreffen zum Jubiläum

Alfa Romeo feiert den 110. Geburtstag der Marke mit einem Sondermodell, das historische Vorbilder würdigt, ohne dabei in Retro-Gefühlsduseligkeit zu verfallen. Am Museo Storico parkt die neue Giulia GTAm neben dem GTA 1600 von 1965. Schauen wir mal.

Alfa Romeo Giulia GTAm, alt und neu im Vergleich
Foto: Hardy Mutschler

Einer der handfesten Vorzüge einer ruhmreichen Vergangenheit ist ja, dass man bei Bedarf darin herumkramen kann, um sich mit Inspiration zu versorgen. Nur wenige Autohersteller können mehr Vergangenheit aufführen als Alfa Romeo, immerhin feiert die Marke gerade ihren 110. Geburtstag. Da gibt es also einiges zu kramen, diesmal ist man auf das Kürzel GTA gestoßen.

Es steht für Gran Turismo Alleggerita, auf Italienisch klingt sowas ja immer, als habe das Giuseppe Verdi an den Rand einer Opernpartitur gekritzelt, dabei bedeutet es in diesem Fall nichts weiter als leichter gemacht. Da steht sie nun also vor uns, die allegerierte Giulia, mit vollem Namen Alfa Romeo Giulia GTAm. Wobei das kleine m für modificata, also verändert, stehen soll, auch das passte auf die Verdi-Partitur.

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Der neue GTA ist vergleichsweise günstig

Dunkelrot, die norditalienische Sommersonne funkelt auf den Lack, hinter dem Auto die alten Alfa-Verwaltungsgebäude, in denen nun das Werksmuseum untergebracht ist. Nebenan brummt die Autobahn nach Varese vorbei, als ehemalige Autostrada die Laghi die älteste reine Autostraße der Welt. Aber das ist nun wirklich eine andere Geschichte.

Mit den beiden Giulia-Modellen GTA und GTAm beschenkt sich Alfa also zum 110. Geburtstag ein wenig selbst. Und natürlich die 500 auserlesenen Kunden, die einen der neuen GTA und GTAm ausfassen dürfen, gegen eine Gebühr von mindestens 173.000 Euro übrigens. Der rote GTAm ist ein Prototyp, und nein, fahren dürfen wir damit noch nicht. Gern jedoch den alten GTA. Museumschef Lorenzo Ardichi hat einen Giulia GTA von 1965 neben das neue Auto gestellt, und nun müssen wir wirklich ein wenig ausholen.

Alfa Romeo Giulia GTAm, alt und neu im Vergleich
Hardy Mutschler
Kostet heute fast doppelt soviel wie die GTA-Modelle der aktuellen Giulia: der GT&A 1600 von 1965.

Der GTA 1600 von 1965 ist ein Wettbewerbsauto, das auf den ersten Blick wie eine Giulia GT Bertone "Kantenhaube" aussieht, sich vom Serienmodell erheblich unterscheidet. Etwa durch die leichte Aluminium-Karosserie, die Magnesium-Räder, zwei Zündkerzen pro Zylinder oder die viel geringere Bodenfreiheit. Mit den schnellen GTA beherrschte Alfa die Klasse im Tourenwagensport über Jahre. Später kamen die Versionen GTA Junior und GTAm dazu, insgesamt um die 1000 GTA sollen bis 1975 gebaut worden sein. Ein guter GTA 1600 kostet heute mehr als 300.000 Euro.

Doch zurück in die Gegenwart. Wir umrunden den neuen GTAm, die Unterschiede zur Giulia Quadrifoglio sind zu zahlreich, um sie hier alle aufzuzählen. Zu den auffälligsten gehören etwa das Dach aus Sicht-Kohlefaser, die ebenfalls aus Kohlefaser gefertigten Front- und Heckspoiler sowie die Kotflügelverbreiterungen rundum und der Heckdiffusor. So steht der GTA deutlich stämmiger da, als der Serienkollege Quadrifoglio, erst recht, wenn er, die das Auto auf den Fotos ein GTAm ist. Der verfügt zusätzlich über einen in Zusammenarbeit mit Sauber entwickelten Aerokit mit größeren Abtriebsflächen und eine Auspuffanlage mit zentralem Endrohr.

Fahren darf man den GTAm nicht, dafür jedoch reinsetzen. Innen gibt es zwei enge Schalensitze, einen Käfig aus dicken Rohren, feine Alcantara-Verkleidungen und eine ansonsten ziemlich serienmäßige Giulia-Instrumenteneinheit. Was man nicht sieht: die verfeinerte Abstimmung der per DNA-Schalter anwählbaren Fahrmodi, der um 30 PS auf 540 PS erstarkte Motor und das neu abgestimmte Fahrwerk mit 50 Millimeter breiterer Spur und steiferen Stabis. Auf der engen Einfahrpiste zwischen Museo Storico und Autostrada kann der GTAm sein Potenzial nur zart andeuten.

Alfa fahren wie früher

Der historische GTA wirkt zerbrechlich neben der breiten Giulia. In diesem Fall können nur Experten ihn von einem normalen Giulia Sprint GT, hierzulande meist "Bertone" genannt, unterscheiden. Falls Sie mal vor einer Giula GTA 1600 stehen sollten: Die kleinen Bügeltürgriffe sind ein Anzeichen, dass es sich um einen GTA handelt, außerdem die Nietpunkte der Alukarosserie in der Dachrinne. Die Großserien-Bertone verfügen über ein Stahlkarosserie Und ein Blick unter die Motorhaube: Der 1600er-Doppelnockenwellmotor hat zwei Zündkerzen pro Zylinder. Um die 115 PS leistete der Motor so im Serientrimm, um die 160 sollen es bei den verschiedenen Rennausführungen gewesen sein.

Die leichte Alutür klappt ins Schloss, Schlüssel drehen, der Alfa-Vierzylinder schnüffelt los, nicht anders als in jedem Alfa dieser Ära bevor Einspritzanlagen die Doppelvergaser-Batterien verdrängten. Erster Gang, los geht’s. Leichtfüßig folgt der 55 Jahre alte GTA seinem neuen Markenbruder um den engen Einfahrkurs fürs Fotoshooting ­– Alfa fahren wie früher: der Sitz soweit nach hinten, die Arme fast ausgestreckt, so dass man in den Kurven etwas hilflos mit dem großen Lenkrad und der nach heutigen Maßstäben indirekten Kugelumlauflenkung nach dem richtigen Lenkwinkel rudert. Herrlich! Da fühlt man sich fast wie Effendi in der legendären bayerischen Fernsehserie "Irgendwie und Sowieso", obwohl der ja gar keinen GTA, sondern bloß einen normalen GT Junior fuhr.

Alfa Romeo Giulia GTAm, alt und neu im Vergleich
Hardy Mutschler
Zwei enge Schalensitze, ein Käfig aus dicken Rohren, feine Alcantara-Verkleidungen und eine ansonsten ziemlich serienmäßige Giulia-Instrumenteneinheit: das Interieur der Giulia GTAm.

Ortswechsel, Beifahrersitz GTAm. Da sitzt du in freundlicher Umklammerung des in Alcantara gehüllten Schalensitzes, Sabelt-Sechspunktgurte zurren dich im Alfa fest. Der V6 brummt an, etwas lauter und präsenter als in zivilen Giulia Quadrifoglio, die Titan-Auspuffanlage kommt von Akrapovic. Alles klar. Beim alten GTA steckt der Schalthebel praktisch mitten im Getriebe, eine Patent-Sperrsynchronisation System Porsche hilft beim Schalten.

Nichts davon natürlich im neuen GTAm. Eine Achtgangautomatik besorgt die Gangwechsel, der Fahrer schnippst die Fahrstufen mit den Wippen hinterm Lenkrad rein, mehr als zwei der zur Verfügung stehenden acht Gänge benötigt der neue Alfa hier nicht. Offizielle Angaben zu den Fahrleistungen sind noch nicht verfügbar, man munkelt von 3,6 Sekunden von Null auf Hundert, was für eine hinterradgetriebene Sportlimousinen nicht so schlecht ist. Rund 100 kg leichter als ein Serien-Quadrifoglio (Werksangabe 1620 kg) soll der verschärfte GTAm sein, beim zivileren GTA sind es immerhin noch 50 kg.

Gerade, Kurve, Gerade, Kurve, dann sind wir wieder an der kurzen Boxenausfahrt. Die beiden GTA knistern in der italienischen Mittagssonne. Der 1600er duftet ein wenig nach hochoktanigem Superbenzin, der GTAm nach angewärmten Sportreifen. Bestellungen für den neuen GTA werden ab sofort entgegengenommen, und zwar in den Farben Montreal-Grün, Trofeo-Weiß und GTA-rot. Was nicht ganz zufällig auch der italienischen Nationalflagge entspricht. Die alten GTA glänzen meist im dunklen Alfa-Rot der frühen Jahre, so wie dieses Exemplar aus dem Museo Storico. Sollten Sie einen neuen GTA haben wollen, sollten Sie schnell bei Alfa vorstellig werden, es dürfte nicht lange dauern, bis die 500er-Geburtstagsauflage vergriffen sein wird.

Fazit

Da hat sich Alfa ein wunderschönes Geburtstagsgeschenk zum 110. hingestellt. Leider wird man nicht zu oft auf den Straßen zu Gesicht bekommen. Und wenn wir den GTAm fahren dürfen, kommen wir gern wieder nach Arese zum Museo Storico.