Ari 902: Elektro-Leichtfahrzeug im Fahrbericht

Ari Motors – nie gehört? Das dürfte für die meisten Menschen, die sich nicht mit kleinen Elektro-Nutzfahrzeugen für den beruflichen Alltag beschäftigen, der Fall sein. Ändern könnte dies der Ari 902. Auch er soll gewerbliche Kunden ansprechen, aber auch eine Alternative zum privaten Pkw für bestimmte Kundengruppen sein.

Ein richtiges Auto ist der Ari 902 eigentlich nicht. Zugelassen ist er als "Leichtfahrzeug der Klasse L7e". Die Bestimmungen hierfür sehen ein Leergewicht von maximal 600 Kilogramm ohne Akku und eine maximale Motorleistung von 15 kW (20 PS) vor. Die strengen Crashvorschriften für Pkw müssen Leichtfahrzeuge nicht einhalten, wichtige Sicherheitsbausteine wie Airbags oder ABS fehlen.

902 statt Twizy oder Microlino?

Populäre Vertreter dieser Klasse sind der jüngst eingestellte Renault Twizy oder der charmante Microlino. Als pragmatische Alternative will jetzt der Ari 902 bei diesem Spiel mit von der Partie sein. Ohne Rücksitzbank offiziell ein Nutzfahrzeug und damit ein zweisitziges City-Car mit großem Kofferraum.

Ari Motors ist ein in Sachsen beheimatetes Unternehmen, dass seine Modelle von Auftragsfertigern in China bezieht. In der tschechischen Republik und in Deutschland betreibt die Marke Werkstätten, in denen die Transporter und Leichtfahrzeuge den Marktgegebenheiten und Einsatzzwecken entsprechend nach- und umgerüstet werden.

Auch die Logos kommen dann ans Auto, womit ein Ari 902 geboren wird. Die Modellbezeichnung ist pragmatisch gewählt: 90 km/h schnell und zwei Personen an Bord – fertig ist die Typennummer. Drei Ausstattungen werden für den nur 2,95 Meter kurzen Dreitürer angeboten: Pure, Cargo und Comfort. Im Topmodell fährt eine leichte Fahrassistenz in Form von Verkehrszeichenerkennung und Spurhaltewarnung mit.

Kurz, schmal, wendig

Unser Testwagen ist ein Ari 902 Pure, der als Option ein Paket mit Klimaanlage und Servolenkung mitbringt. Am nicht verstellbaren Lenkrad, dessen Kranz auf Höhe der Fingerkuppen leider eine scharfe Plastiknaht aufweist, lässt sich der 902 dank seines kleinen Wendekreises von nur 7,90 Metern aus jeder Parklücke heraus und in jede schmale Ecke hineinkurbeln. Dank einer Breite von 1,49 kommt er auch in enge Gassen.

Bei Geschwindigkeiten unterhalb von 25 km/h macht er dabei mit einem lauten Piepton auf sich aufmerksam, ähnlich dem Signal eines rückwärtsfahrenden Lkw der Müllabfuhr. Dieses Geräusch dient dem Schutz von Fußgängern und Radfahrern, dürfte aber gerne anders gestaltet werden.

Geht es schneller voran, wird der Ari leiser. Am Ortsende beschleunigt der Frontmotor den kurzen Deutsch-Chinesen ausreichend kräftig voran. Die Höchstgeschwindigkeit ist bei 90 km/h begrenzt. Auf der Landstraße lässt sich die vorauseilende Anzeige des digitalen Tachos sogar auf den dreistelligen Wert von 101 km/h motivieren.

Es knistert und klappert

Überraschend gut fällt der Fahrkomfort aus. Trotz des kurzen Radstands hoppelt der 902 nicht wild von einer Bodenwelle zur anderen. Die kleinen 14-Zöller sind also keine zu große ungefederte Masse. Der Elektromotor ist präsent, aber nie störend. Der Microlino ist bei gleichem Tempo deutlich lauter. Leichte Geräusche machen im Ari 902 die knisternde Mittelkonsole und der wackelnde Fahrersitz des Testwagens. Bei der Verarbeitung ist also noch Luft nach oben.

Das gilt auch für die beiden Schrauben, die scheinbar sinnlos aus dem Kofferraumboden herausragen. Trotz eingelegter Matte dürften sie Gepäck und die Ladung von Pflegediensten oder Pizza-Kurieren, die zur Kernzielgruppe zählen, beschädigen. Für beide Einsatzwecke dürfte die überschaubare Nutzlast von 190 Kilogramm ausreichen.

Vom Smart Fortwo wurde das Konzept der leicht versetzt angeordneten Sitze übernommen, das sorgt für eine recht üppige Schulterfreiheit. Der Fahrer bekommt alle wichtigen Informationen über Geschwindigkeit, Akku-Füllstand und Reichweite auf einem Display hinter dem Lenkrad dargeboten. In der Mittelkonsole schrauben die Chinesen ein Audio-System mit blassem und kaum ablesbarem Touchscreen fest. Das Smartphone kann per Bluetooth gekoppelt werden. Im Zubehörmarkt sollte man sich eine Telefonhalterung besorgen, um die Navigations-App zu nutzen.

Basis mit 110 km Reichweite

Am Ende der Schicht oder nach privaten Ausflügen zu Supermarkt, Verwandten und Co. nuckelt der Ari 902 über den vorne mittig angebrachten Stecker Strom an der Haushaltssteckdose. 1,8 kW beträgt die Ladeleistung. Der nur 9,5 kWh große Akku ist somit in rund fünfeinhalb Stunden voll.

110 Kilometer Reichweite gibt der Hersteller für die Variante mit dem kleinen Batteriepaket an. Im Alltag kamen wir rund 100 Kilometer weit. Im mobilen Hilfs- und Sozialdienst oder mit Calzone, Sushi-Menü S4 und Co. im Laderaum eine ausreichende Reichweite für Einsätze im urbanen Gebiet.

Wer weitere Strecken fahren will, kann bei Ari Motor auch größere Akkus mit 10,35 und 18 kWh Speicherkapazität bestellen. Es soll auch Kunden geben, die sich für 38 kWh und 500 Kilometer Reichweite entscheiden, dafür dann fast 8.000 Euro Aufpreis (ohne Mehrwertsteuer) bezahlen.

Damit kommen wir zu den Preisen. Der Ari 902 Pure kostet ab 16.648,10 Euro (für Gewerbekunden wird der Netto-Preis von 13.990 Euro kommuniziert). Mit Klimaanlage und Servolenkung ist der hier gezeigte Testwagen für 17.112,20 Euro zu haben. Staatliche Fördermaßnahmen in Form einer Kaufprämie gibt es für elektrische Leichtfahrzeuge nicht. Auf kommunaler Ebene gibt es aber Geldtöpfe zur Auszahlung von Prämien.

Im Vergleich zum Microlino ist der Ari 902 deutlich günstiger zu haben. Mit der aktuellen Umweltprämien-Regelung für Elektroautos tritt er preislich aber auch in Konkurrenz eines geförderten Dacia Spring Electric. Der, ebenfalls in China gebaute, Fünftürer passt aber mit 78 Zentimetern mehr Länge in weniger freie Lücken als der Ari.