Audi RS3 Sportback (8Y)
Grip, Grip, hurra! Aber driften geht auch

Zu pummelig ist er nach wie vor, der Audi RS3, auch in der Generation 8Y, gar keine Frage. Wir konnten ihn ausprobieren und würden sagen: Dank gezielten Muskelaufbaus und durchschlagskräftiger Hinterbeinarbeit wird er nun aber vom drolligen Fünfzylinder-Maskottchen zu einem ernstzunehmenden Performance-Viech.

Audi RS3 Sportback (8Y)
Foto: Audi / Tobias Sagmeister

Wenn man Audis Verbrenner-Deadline und die durchschnittliche Dauer des A3-Modellzyklus gegenrechnet, dann kommt man zu der bitteren Erkenntnis, dass die Abschiedstournee des Fünfzylinders bereits begon… Ach, wissen Sie was: Lassen wir doch das mit dem Trübsal und stattdessen lieber den Lader blasen. Also alle schleunigst wieder raus aus der Endzeitstimmung und rein in die Stube, die in diesem Fall ein richtig gute ist: Gepflegter Audi-Stil gepaart mit Design-Anleihen aus der Lamborghinistik, Wagenfarbtupfern, fetziger Instrumenten-Grafik und einem schlüssigen, weil größtenteils tastenbasierten Bedienkonzept.

Unsere Highlights

Apropos Taste: Die wichtigste sitzt nordwestlich des kümmerlichen DSG-Kippschalters auf der Mittelkonsole. Erst macht‘s Klick, dann steht das Motor-Quintett uffftatata im Innenraum. Marschmusikalisch, mit Pauken untenrum, Trompeten obenraus und jetzt neu mit einer homogeneren Verteilung des Klangspektrums übers Drehzahlband – der vollvariablen Auspuffklappe sei Dank. Sitze? Slimfit, aber unisex – vor allem, weil die Kopfstützen nun tatsächlich den Kopf stützen und nicht mehr im Nacken enden. Gut so. Noch schnell den nervtötenden Spurhalter ausgeknipst, dann ran an den Speck, von dem weiterhin reichlich im Wagen liegt. 1.570 Kilo, 59 Prozent davon auf der Vorderachse. Kann das überhaupt heiter werden?

Vorne breitere Reifen als hinten

Kann es tatsächlich, was insbesondere mit drei Faktoren zusammenhänge, wie die Audianer oft und gern betonen. Ich möchte jedoch gleich noch einen vierten ergänzen: die schmissige Vorderachse. Ja, sie hat breitere Reifen als die hintere: 265/30 gegenüber 245/35. Wie schon beim ersten RS3 sind die aber auch hier weniger ein Fahrdynamik- als ein Trag-Last-Thema – und damit vielleicht nicht ganz so sexy, wie sie dastehen in ihren drallen Radhäusern. Der Drive kommt jedenfalls eher von innen: aus neuen Schwenklagern, dem erhöhten Negativ-Sturz und steiferen Stabis, mit denen der RS3 besser in der Hand liegt als jeder Quermotor-Audi zuvor. Die Lenkung reagiert piekfein um die Mittellage, spart sich allzu dolles Variabilitäts-Geschwurbel ebenso wie übertriebene Härtegrade und meldet für Audi-Verhältnisse verblüffend klar zurück.

Audi RS3 Sportback (8Y)
Audi / Tobias Sagmeister
Die Reifen des neuen Audi RS3 Sportback sind vorne zwei Zentimeter breiter als hinten.

Zusammen mit der bulligen Motor-Charakteristik entsteht so ein überaus anziehender Gegensatz. Auf der einen Seite die Feinmotorik, auf der anderen schuhplattlt der Wuchtbrummer in gewohnter Manier ums Turboloch herum. Unter 2.200/min passiert weiterhin wenig: es rumort und man spürt, dass sich irgendwo da vorne mal langsam was zusammenbraaaaaauuu, braaaaauuu, brrrraauuuut, das dann umso schlagartiger hereinbricht. Klarer Fall: Ein Turbo alter Schule, was angesichts seiner Indirektbeziehung in die Rallye-Welt der Achtziger aber auch so sein sollte, wenn nicht sogar muss.

Mehr Fleisch im Durchzug

Zahlen? Gibt’s auch, lesen sich jetzt aber nicht so mordsdramatisch: Die 400 PS hatte der Vorgänger ebenfalls, jedoch kletterte das Drehmoment-Maximum um 20 auf 500 Nm. Und weil man den Zuwachs nicht nur punktuell, sondern breitflächig anlegen wollte, floss reichlich Konstruktionsaufwand in einen optimierten Winkeltrieb – Punkt eins auf der Audi-Liste. Lohn der Mühen: mehr Fleisch im Durchzug, bis zu 290 km/h Spitze und 0-100-Sprints in 3,8 Sekunden, die einem erst die Klassenmaßstäbe und bei wiederholtem Genuss den Magen verrenken.

Audi RS3 Sportback (8Y)
Audi / Tobias Sagmeister
Die Leistung des Fünfzylinder-Turbobenziners blieb unverändert, aber das maximale Drehmoment stieg leicht an.

Doch an Kraft mangelte es nie. Weder dem Vorgänger noch dem davor. Handlungsbedarf bestand eher in Gegenrichtung: In der Brems-Performance auf der Rennstrecke, die zuletzt, nun ja, nicht die berühmteste gewesen ist. Ein reines Racer-Thema? Schon, aber RS steht – korrigieren Sie mich – immer noch für Rennsport und deswegen wurde diese Scharte zu Ansatzpunkt Numero zwei erklärt. Maßnahmen: bessere Belüftung, mehr Scheibensubstanz, griffigere Beläge. Oder wie es einer der verantwortlichen Ingenieure zusammenfasst: "Wenn’s da wieder hakt, fress' ich 'nen Besen!" Und auch wenn das sicher ulkig werden würde, deutet aktuell eher wenig auf eine Ernährungsumstellung des Kollegen hin. Zumindest wenn man es als Härtetest durchgehen lässt, dass die optionale Keramikanlage neun Runden Dauerfeuer auf dem griechischen Athens Circuit ohne zu Mucken – beziehungsweise sogar mit Bravour – bestanden hat.

Riesenschritt dank Torque Splitter

Den entscheidenden Dreh bekommt die RS3-Trilogie aber erst durch den dritten Entwicklungsschritt, der dem Kompaktsportler im wahrsten Sinne der Worte Beine macht. Erstmals wird die längsvariable Kraftverteilung des Haldex-Allrads nämlich um eine axiale zwischen den Hinterrädern erweitert. Was dahintersteckt, kennt man inzwischen: vom Focus RS, vom AMG A 45 und vom Golf R. Genau, der Torque-Splitter, der zwei elektronisch gesteuerte Kupplungen zu einer Art künstlichem Hüftgelenk vereint, indem er die hinten auflaufende Kraft (maximal 250 Nm) bei Kurvenfahrt in Richtung der belasteten Fahrzeugseite abzweigt. Das Ganze passiert binnen Millisekunden, in Abstimmung mit allen anderen Querdynamik-Variablen und natürlich gemäß der Fahrmodi. In Efficiency, Comfort und Auto ist da hinten weitgehend Ruhe im Karton. Dynamic bringt den reformierten Bewegungsapparat dann genau in dem Maße zum Vorschein, dass man sich die Landstraßenfahrt ein bisschen versüßen kann. Einlenken, zünftig ans Gas, schon merkt man, wie der Hebel wirkt.

Audi RS3 Sportback (8Y)
Audi / Tobias Sagmeister
"Torque-Rear" nennt Audi das System, das andere Hersteller "Drift-Mode" nennen.

Unterschied zum Vorgänger? Ein himmelweiter. Und mit Hilfe zweier Spezialprogramme ist der sogar noch ausbaufähig. Das eine nennt sich etwas verschmitzt Torque-Rear und ist im Grunde aber nichts anderes als das, was bei der Konkurrenz Drift-Mode heißt. Damit wird der Quattro- tatsächlich zum Dreiradantrieb. Sprich: die eine Kupplung öffnet, die andere schließt komplett, sodass man ungehindert seine Kreise ziehen kann. Kleine, große, halbe – aber vor allem: schwarze. Doch der neue RS3 kann eben auch anders. Im Performance-Modus, der auch spezielle Kennlinien für Dämpfung und Gaspedal einzieht, zurren die Torque-Vektoren das Fahrverhalten im Neutralen fest. Dann noch die Superhaftkraft der optionalen Trofeo-R-Reifen dazu und: "Grip, Grip, hurra!"

Erst Begeisterung, dann Trübsal

Doch nicht vergessen: die Balance bleibt kopflastig, der Kurveneingang also weiterhin ein Nadelöhr, das auch die gewiefte Momentenverteilung nicht aufzubiegen vermag. Der Trick geht so: Erst fertigbremsen, dann einlenken und sofort wieder ans Gas. Denn sobald Kraft in den Antrieb fließt, beginnt das Prinzip zu greifen: Der RS3 wird übers Hinterteil in den Streckenverlauf hineingedrillt, rotiert in eine stabile Seitenlage, um schließlich auf seiner enormen Power wieder herauszusliden. Mit fliegenden Fünfzylinder-Fäusten und einer derart beeindruckenden Mischung aus Effet und Traktion, dass es mit dem Begeisterungssturm wieder das Trübsal hereinweht. Denn eigentlich kommt das Beste ja immer zum Schluss.

Umfrage
Audi-Fünfzylinder in mehr Konzernmodellen?
7227 Mal abgestimmt
Der sollte exklusiv bei Audi bleiben.
Endlich, bitte noch weiter streuen.

Fazit

Das jecke Antriebskonzept gibt es auch bei Volkswagen und AMG, in Kombination mit dem heroisch anblasenden Fünfzylinder-Turbo ist es aber absolut einmalig. Ihnen alles zu wild? Keine Sorge! Einfach ab in die milden Modi, schon lässt der RS3 die Hinterbeine locker und kehrt eine erstaunlich kuschelige Seite raus.

Technische Daten
Audi RS3 Sportback
Grundpreis62.000 €
Außenmaße4389 x 1851 x 1436 mm
Kofferraumvolumen282 bis 1104 l
Hubraum / Motor2480 cm³ / 5-Zylinder
Leistung294 kW / 400 PS bei 5600 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
Verbrauch8,3 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024

Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten