BMW M440i xDrive (2020) Fahrbericht
So fährt das neue 374-PS-Sportcoupé

Das 4er Coupé soll eigenständiger werden. Zum Erstkontakt mit der neuen Baureihe fahren wir mit dem vorläufigen Topmodell, dem M440i. Bis zum Marktstart des noch radikaleren M4 fährt das Sechszylinder-Coupé an die Spitze.

Nein, diesmal keine Abhandlung über die Niere, das Thema ist durch. Sprechen wir lieber über B58B30TÜ1: Das ist der Kollege hinter dem vieldiskutierten Kühlergrill des neuen BMW M440i. Der Dreiliter-Reihensechszylinder in der "oberen Leistungsstufe" hat sich für den neuen Arbeitsplatz im 4er Coupé noch Verstärkung mitgebracht: Ein Mildhybrid-Verbund mit Startergenerator und 48-Volt-Batteriesystem bringt neue Spannung in das Umfeld des aufgeladenen Sechszylinders und verspricht mehr Effizienz durch Rekuperation. Dadurch können – auch manuell per Schaltpaddel befehligt – kurzfristig zusätzliche elf PS zu den 374 des Verbrenners addiert werden; BMW nennt Überholvorgänge als Einsatzszenario für diesen Vorgang.

Unsere Highlights

Freilich bleibt nach dem ersten Aufeinandertreffen mit dem M440i xDrive und seiner erwartbar massiven Kraftentfaltung die Frage, in welcher Überholsituation auf öffentlichen Straßen dieser Zusatz-Kick nötig sein sollte. Denn wie bereits im M340i sorgt der mit 350 bar direkteinspritzende Twin-Scroll-Turbo-Motor für nahtlosen und sehr gewaltigen Schub, der einen auf Landstraßen innerhalb kürzester Zeit in den tiefroten Flensburger Punktebereich katapultiert.

Stark individualisierte Karosserie

Die Verpackung macht im Unterschied zum F32-Vorgängermodell buchstäblich dicke Backen: Die BMW-Designer hatten eine klare Unterscheidbarkeit zum 3er-Modell im Fokus, was nicht nur mit der Dachlinie, sondern zum Beispiel auch mit den weit ausgestellten hinteren Radhäusern gelang, die BMW-untypisch ins Rückspiegelbild hineinschwellen. Das bringt dann auch gleich den nötigen Freiraum für die gegenüber der Limousine um 23 Millimeter verbreiterten Spur. Von außen unsichtbar sind dagegen umfangreiche Versteifungsmaßnahmen in der Karosseriestruktur, die gleichzeitig technische Unterstützung für das im Vergleich zum M340i weniger kernig-unnachgiebig abgestimmte Sportfahrwerk bieten.

So wird aus dem BMW M440i xDrive freilich kein weichgespülter Cruiser, aber die Abstimmung wirkt speziell im Landstraßenbetrieb frischer und definierter als in der M340-Limousine. Und das Fahrwerk bringt trotz der unbedingten Kurvenkompetenz tatsächlich einen Gran Turismo-würdigen Langstreckenkomfort zustande. Der ermöglicht es dankenswerterweise, das adaptive Fahrwerk (585 Euro) auch im Alltag in der Sport-Einstellung zu belassen und zwischendurch einmal spontan durchladen zu können, ohne die Individual-Einstellungen bemühen zu müssen.

BMW M440i xDrive (2020) Fahrbericht
BMW/Daniel Kraus
Das 4er Coupé soll eine Fahrspaß-Maschine sein: Beim M440i xDrive sorgen zusätzliche Versteifungsstreben für ein präziseres Fahrverhalten.

Adaptive Sportlenkung im BMW M440i xDrive

Unterstützt wird die furiose Beinarbeit von der adaptiven Sportlenkung, die je nach Fahrsituation messerscharf oder weiträumig agiert und in jeder Lebenslage mit bemerkenswerter Präzision arbeitet. Damit lässt sich der M440i sowohl mit hoher Akkuratesse über kurvige Landstraßen dirigieren als auch auf freier Autobahn stoisch-ruhig die Hochgeschwindigkeitsfahrt zelebrieren. Der xDrive-Allrad im M440i ist zwar variabel ausgeführt und treibt nur bei entsprechenden Fahrsituationen die Vorderachse an, bleibt aber auch bei engagiertem Einsatz immer leicht hecklastig ausgelegt.

Die Möblierung des M440i xDrive trägt zum Charakter des Coupés bei. Infolge der Absenkung der Dachlinie – insgesamt ist der neue 4er um 57 Millimeter niedriger als die 3er Limousine – wurde auch das Gestühl nach unten versetzt. Mit der niedrigeren Sitzposition in den beim M440i serienmäßigen Sportsitzen kommt, eingerahmt von Tür und hoher Mittelkonsole, entsprechend sportliche Stimmung auf. Die Rücksitzbank? Naja, es geht sich einigermaßen aus mit dem Platz. Aber für den regelmäßigen Transport von mehr als zwei Fahrgästen, womöglich dem Grundschulalter entwachsen, hält BMW ja noch den 3er Touring bereit.

BMW M440i xDrive (2020) Fahrbericht
BMW/Daniel Kraus
Die serienmäßigen Sport-Ledersitze sind bequem und geben einen richtig guten Seitenhalt. Auch große Insassen genießen noch jede Menge Kopffreiheit.

Das Mildhybrid-System unterstützt die Maschine nicht nur bei der Abforderung der vollen Leistung, sondern vor allem im Alltag. So erlaubt der Startergenerator das "Segeln" bis zu einem Tempo von 160 km/h. Beim Abbremsen wird das Stopp/Start-System bereits unterhalb von 15 km/h aktiv; außerdem sorgt die Energie-Rekuperation im Vergleich zu einer normalen Lichtmaschine für eine höhere Effizienz. Im Ergebnis kann der BMW M440i xDrive laut Bordcomputer auch bei zügiger Fahrweise im Achtliter-Bereich bewegt werden. Selbst die sehr engagierte Testfahrt samt schneller Autobahnetappe warf auf dem Verbrauchs-Display einen Durchschnittswert Wert von nur knapp über zehn Liter aus. Das ist angesichts der Leistung durchaus beachtlich.

BMW ruft für den M440i xDrive einen Listenpreis von 65.213 Euro auf (Stand Oktober 2020 mit 16% Mehrwertsteuer); immerhin rund 20.000 Euro weniger, als der kommende M4 mit 480 PS und Handschaltung kosten wird. Da stellt sich potentiellen Kunden zwangsläufig die Frage, ob dieses Modell letztlich nicht doch der bessere M ist.

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BMW M440i xDrive - er ist der bessere Kompromiss.BMW M4 - er ist das deutlich sportlichere Auto.

Fazit

Mit massivem Druck und exzellenter Abstimmung fährt der M440i direkt ins Herz sportlicher Piloten. Dass er dank Mildhybrid-Technik auch bei zügigem Betrieb relativ sparsam bleibt, ist das Sahnehäubchen auf dem Gesamtpaket.