BMW Zagato Coupé im Fahrbericht
Bellt wie schalldämpferbefreit

Das neue, rund 400 PS starke BMW Zagato Coupé wirkt polarisierend. Es bleibt dennoch hoffentlich kein Einzelstück. Wir haben das Coupé zum ersten Fahrbericht eingeladen.

BMW Zagato Coupé, Frontansicht
Foto: Hardy Mutschler

In der Atmosphäre bei der Präsentation des BMW Zagato Coupé flirren unentschlossene "Wir haben’s drauf"-Schulterklopfer und verschmitzte "Bloß nicht zu sehr auf die Pauke hauen"-Blicke umher. Schließlich bewies BMW bei den Z-Coupés der Vergangenheit eine eher diffizile Art der Stilsicherheit, nämlich ziemlich treffsicher deutlich neben der aktuellen Mode. Dennoch: Die verlöteten Z3- und Z4-Varianten steigen momentan stetig im Kurs, der ohnehin überschaubare Bestand dezimiert sich unterdessen in dritter oder vierter Hand weiter.

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Und nun? Das aktuelle Modell zieht sich unter sein Hardtop-Käppi zurück, wo es ständig sein "Deswegen braucht es kein Coupé"-Mantra hervormurmelt. Jetzt aber offenbar doch, wenngleich es sich bei dem auf einem Z4 35is basierenden BMW Zagato Coupé natürlich um ein Einzelstück handelt, wie beide involvierten Parteien nimmermüde betonen. Mit Sicherheit kratzt es jedoch zumindest bei den Bayern am Ego, dass die aktuelle Roadster-Generation bei den von ihnen geschätzten rennstreckenerfahrenen Sportfahrern wankend und rollend durchfiel.

BMW Zagato Coupé bellt und grantelt

Bereits beim Anlassen bellt die Studie laut aus den beiden scheinbar schalldämpferbefreiten Endrohren diesen Vorwurf vom Tisch, um im Leerlauf vehement vor sich hin zu granteln. Dabei setzt die akustische Unruhe eigentlich nur die typische Linienführung von Zagato um, die wie immer eher einer Visualisierung von Breakdance als Wiener Walzer gleicht. So gesehen befindet sich das BMW Zagato Coupé also in bester Tradition seiner Vorgänger, wenngleich die obersten BMW-Zeichenstift-Akrobaten Adrian van Hooydonk und Karim Habib eventuelle Kritik prima an Andrea Zagato und seinen Chefdesigner Norihiko Harada weiterleiten können. Bis dahin schwärmen jedenfalls alle vier von der tollen Zusammenarbeit beider Unternehmen.

Dem BMW Zagato Coupé selbst ist das ziemlich schnuppe. Er will raus zum Kurven-Brunch, um möglichst vielen Sonntagsfahrern sein pralles, laut BMW nach der Kamm-Philosophie besonders aerodynamisch geformtes Heck zu zeigen und die Pupillen des Publikums mit zahllosen Nuancen seiner sechs Schichten "Rosso Vivace"-Lack zu fluten. Natürlich wölbt sich auch bei dieser Zagato-Kreation das charakteristische Double-Bubble-Dach über den Sitzen. Darunter bleibt Platz für zwei in der gewohnten Z4-Umgebung, verfeinert durch metallisch schimmerndes Leder mit roten Ziernähten.

Rundumsicht wie in einem Briefkasten

Das bedeutet: tiefe Sitzposition, auf Anhieb treffsichere Bedienung – und eine Rundumsicht wie in einem Briefkasten. Im Rückspiegel macht sich der Steg zwischen gläserner Heckklappe und dem transparenten Element zwischen den Rückleuchten breit. Offenbar gelang es also der Form, die Funktion bei ihrer Verfolgungsjagd abzuhängen, doch das darf sie bei einer Studie wie dem BMW Zagato Coupé natürlich auch. Für eventuelle Verfolgungsjagden auf der Straße summt unter der scharfkantig gefalteten Haube des BMW Zagato Coupé das stärkste Triebwerk aus dem Z4-Angebot. Für BMW-Insider: der N54-Motor aus dem 35is. Für alle anderen: jener ekstatisch frei drehende Sechszylinder, der sich noch von zwei Turboladern die Drehmoment-Butter aufs Brot schmieren lässt. Das geschieht früh und mit kaum wahrnehmbarer Verzögerung, bevor er mit leicht disharmonischer, aber begeisternd dreckiger Stimme in Richtung 7.000/min-Marke trompetet.

Wie das BMW Zagato Coupé gehen soll? Genaue Werte behalten sowohl die Bayern als auch die Italiener für sich. Selbst die per Software-Update und neuer Auspuffanlage von 340 auf 400 PS angehobene Leistung geben sie nur hinter vorgehaltener Hand zu. Mangelnde Längsdynamik wirft dem Z4 ohnehin niemand vor, wohl aber sein etwas taumeliges Fahrverhalten am Ende der Geraden.

BMW Zagato Coupé als Cayman-Gegner

Das BMW Zagato Coupé mag hier von der steiferen Karosserie profitieren, ein belastbares Urteil lässt sich auf der ersten Probefahrt jedoch nicht fällen. Es lenkt dynamisch und direkt, aber nicht hektisch ein, das Doppelkupplungsgetriebe serviert auf Wunsch des Fahrers per Fingerschnipp den passenden Gang. Jetzt liegt es an den 19-Zoll-Rädern an der Hinterachse, die Kraft in Traktion umzuwandeln – auf trockener Fahrbahn kein Problem.

So bleibt der Eindruck haften, dass die Studie ihren Rock doch deutlich kürzer trägt als der zuweilen etwas mädchenhaft auftretende Roadster, auch nach der Ausfahrt beim Blick auf das schwungvoll in die hinteren Flanken modellierte Z. Es wird also Zeit für die Fortsetzung der Z-Coupé-Tradition und für einen Porsche Cayman-Gegner. Wie der aussehen könnte, liebe BMWler, zeigt Ihr ja gerade mit dem BMW Zagato Coupé. Und wie Ihr Sportwagen bauen müsst, wisst Ihr eh.

Zagato - Vom Karosseriebauer zum Entwicklungspartner

Als sich Ugo Zagato 1919 als Karossier selbstständig machte, nahm er Ideen aus seinem bisherigen Job als Direktor eines Luftfahrt-Unternehmens mit. Heute bietet Zagato die gesamte Spanne eines Entwicklungsdienstleisters für Automobilkonzerne.

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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

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