Dacia Jogger im Fahrbericht
All-inclusive für unter 20.000 Euro

Dacia ersetzt mit dem Jogger gleich drei Modelle: den Kombi Logan MCV, den Hochdachkombi Dokker sowie den Minivan Lodgy. Klingt nach eierlegender Wollmilchsau? Na, dann schauen wir doch mal, was der Siebensitzer mit 110 PS-Benziner kann, wie viel reinpasst und natürlich wie er fährt.

DACIA JOGGER (RJI)
Foto: Dacia

Was ist er denn nun, der neue Jogger: Kombi, SUV oder doch ein Minivan? Die Antwort ist einfach: Ein Crossover. Und vor allem ist er ein Dacia. Also ein Auto, das möglichst viel, für wenig Geld bieten soll. Das heißt im Falle des Joggers, dass es ab 13.990 Euro losgeht. Wie Sie sicherlich schon bemerkt haben, steht hier aber kein Basis-Modell, sondern die limitierte Top-Version Xtreme+ als Siebensitzer mit dem 110 PS starken Top-Benziner für 18.790 Euro. Das ist immer noch verdammt günstig für ein 4,55 Meter Auto – zumal bis auf den Terrakotta-braunen Metalliclack alles drin ist, was die drei Seiten kurze Preisliste hergibt. Was fehlt? Vor allem moderne Fahrassistenz, denn mehr als einen Notbremsassistenten und Totwinkelwarner gibt's hier nicht. Auch Annehmlichkeiten wie Lederausstattung oder ein Automatikgetriebe sucht man vergeblich.

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DACIA JOGGER (RJI)
Dacia
Unter dieser Motorhaube schlummert ein 110 PS starker Benzinmotor.

Trotzdem ist’s nicht unwahrscheinlich, dass Sie den Crossover ab März meist genauso auf der Straße sehen, schließlich bestellte in der Vergangenheit kaum ein Dacia-Kunde ein Basis-Modell. Im Gegenteil: rund zwei Drittel aller Dacien – sagt man das so? – sind Stepways, also die offroadigen Top-Versionen, denen der Xtrem+ im Wesentlichen entspricht.

Sandero lässt grüßen

Wer so ein günstiges Auto anbietet, der muss irgendwo Kosten sparen. Deshalb schauen wir doch mal genau, wo. Nein, wir reiten nicht auf ungleichen Spaltmaßen herum auch, weil die in Ordnung gehen. Unübersehbar ist jedoch die Gleichteilpolitik der Rumänen. Der Jogger leiht sich LED-Scheinwerfer, Grill und Haube vom Sandero. Dazu gibt’s ein bisschen Offroad-Schminke, wie den angedeuteten Unterfahrschutz oder die Kunststoffumrandung der Radhäuser. Das passt, denn die Bodenfreiheit beträgt immerhin 20 Zentimeter – da kann so mancher Kompakt-SUV einpacken. Doch, bevor Sie auf die Idee kommen, damit in die nächste Kiesgrube abzubiegen: Allradantrieb gibt's nicht. Denn wie der Sandero basiert der Jogger auf der modularen CMF-B-Plattform von Renault, Nissan und Mitsubishi.

DACIA JOGGER (RJI)
Dacia
Wie im Flugzeug: Ein Tisch für die Mitfahrer.

Einfache Lösungen müssen nicht schlecht sein

Die Gleichteilstrategie dominiert auch im Cockpit des Joggers. Es stammt eins zu eins aus dem aktuellen Sandero Stepway inklusive der Stoffbahn auf dem Instrumententräger sowie Alu-Applikationen, die auch hier etwas Wohnliches ins Dacia-typische Hartplastik-Interieur bringen. Ebenfalls simpel: die Bedienung. Bei Dacia gibt es noch echte Drehregler für die Klimaanlage und für die wichtigsten Funktionen klassische Tasten. Die spart man sich nur beim Infotainment: Die Top-Variante nennt sich Media Nav. Sie bringt sechs Lautsprecher sowie Navikarten mit und spiegelt Smartphone-Inhalte kabellos per WLAN, während das Handy in der Halterung daneben hängt. Gutes Stichwort, denn im Gegensatz zu manch anderer überfrachteter Unterhaltungselektronik, reagiert der acht Zoll große Touchscreen zügig und gliedert seine Menüs übersichtlich.

DACIA JOGGER (RJI)
Dacia
Das Cockpit des neuen Dacia Jogger.

Platz für Sieben oder Umzüge

Apropos: Von den sehr weichen sowie konturlosen Sitzmöbeln genießt man einen guten Rundumblick, und zwar von jedem Platz aus. Wie im Kinosaal sind die hinteren Reihen höher montiert. Zudem ist die Beinfreiheit dank 2,90 Meter Radstand auch im Fond enorm. Schade nur, dass man hier Lüftungsausströmer einspart und sich Frischluft ganz hinten nur durch manuelle Ausstellfenster drängt.

DACIA JOGGER (RJI)
Dacia
Die dritte Sitzreihe im Dacia Jogger.

Klingt abenteuerlich? Dann klettern Sie mal durch die vier Zentimeter höher ausgeschnittenen Fondtüren auf die zwei Kofferraumplätze. Und überrascht? Selbst ganz hinten stoßen Großgewachsene nicht mit Beinen oder Kopf an. Allerdings schrumpft, das Ladeabteil von 565 Litern auf 160 Liter zusammen. Um das volle Ladevolumen von 1819 Litern auf der zwei Quadratmeter großen Ladefläche auszuschöpfen, müssen Sie erstmal die rund zehn Kilogramm schweren Sitze ausbauen. Und die zweite Reihe hochklappen. Theoretisch ergeben sich 60 Möglichkeiten der Sitzanordnung. Blöd nur, dass sich die Beifahrersitzlehne nicht umklappen lässt, um noch mehr Ladelänge und Variabilität zu schaffen. Dafür passen bis zu 80 Kilogramm schwere Lasten mit Überlänge auf die Dachreling mit den cleveren integrierten Querträgern.

110 PS müssen reichen

Jetzt nehmen wir aber endlich auf dem Fahrersitz mit der viel zu kurzen Beinauflage Platz und werfen mit einem Knopfdruck den 110 PS starken 1,0-Liter-Turbobenziner an, der sich dreizylindrisch wachrüttelt. Ist das nicht ein ganz schön kleiner Motor für so ein großes Auto? Jein. Zum einen wiegt der Jogger nur rund 1,3 Tonnen. Zum anderen tritt der Dreizylinder mit 200 Nm Drehmoment ausreichend kräftig an – zumindest so lange man die 582 Kilogramm Zuladung nicht ausreizt oder 1.200 Kilogramm schwere Anhänger zieht. Klar, mit einem Familienauto, das bestenfalls in knapp über elf Sekunden von null auf hundert beschleunigen soll und maximal 183 km/h läuft, will man ohnehin keine Rennen gewinnen. Zudem hakelt man sich auf dem Weg dorthin durch die Gassen des lang übersetzten Sechsgang-Schaltgetriebes.

Flüssiggas und Hybrid

Alternativ zum TCe 110 bietet Daica noch eine 100 PS starke Version mit zusätzlich 40 Litern LPG-Tank an. Der ECO-G soll nicht nur CO2 sparen, sondern senkt die Betriebskosten. Denn auch, wenn der Staat gerade schrittweise die Flüssiggas-Subventionen zurückfährt, kostet der Liter Autogas immer noch rund 90 Cent. Klingt nicht besonders innovativ? Nun, immerhin bringt Dacia nächstes Jahr den Hybridantrieb des Clio E-Tech in den Crossover. Und den gibt es dann mit Automatikgetriebe.

DACIA JOGGER (RJI)
Dacia
Die Sitze im Dacia Jogger könnten gern ein wenig komfortabler sein.

Schneller dürfte der Jogger damit zwar nicht werden, aber etwas leiser. Denn der Dreizylinder ist stets präsent, Verkehrsgeräusche dringen kaum gedämmt nach innen und ab 100 km/h bricht sich der Wind rauschend an der A-Säule. Das schmälert den soliden Komforteindruck. Denn lange Wellen im Belag federt das Fahrwerk gelassener als im Sandero weg und verhindert auch allzu starke Wankbewegungen in Kurven. Sobald jedoch Querfugen oder Gullideckel den Asphalt zieren, reagiert der Jogger so störrisch wie das Skateboard, mit dem Dacia ihn im Spot bewirbt. Gleiches gilt für die sehr leichtgängige sowie wenig präzise Lenkung. Doch das sind nur kleinere Makel an einem Crossover, der mehr ist als nur ein Kompromiss.

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Fazit

Im stetig kleiner werden Segment familientauglicher Siebensitzer punktet der Jogger mit viel Platz, seinem variablen Sitzkonzept und einfacher Bedienung. Dazu fährt er passabel und ist unschlagbar günstig. Trotzdem wünschen wir uns vor allem bequemere Sitze, moderne sowie kräftigere Antriebe und umfangreichere Fahrassistenz.

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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024

Erscheinungsdatum 08.05.2024

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