Suzuki Swift
Erste Fahrt im neuen Dreizylinder-Kleinwagen

Der Suzuki Swift nimmt in siebter Generation den Kleinwagenbegriff noch ernst und spart sich überbordenes Wachstum. Kann das japanische Fliegengewicht auch mit neuem Mildhybrid-Sauger statt den entfallenen Turbobenzinern überzeugen?

Alles ein bisschen wie früher: Aus dem Mitteltunnel ragt der Handbremshebel, ein Kleinwagen wiegt unter einer Tonne, misst deutlich unter vier Meter und wird von einem kleinen Saugmotor angetrieben. Klingt gestrig, könnte aber das Lastenheft für den neuen Suzuki Swift sein und das ist in diesem Fall explizit positiv gemeint. Schließlich belegt der Swift mit 3,86 mal 1,73 Metern eine nochmals deutlich kleinere Verkehrsfläche als ein 4,07 mal 1,75 Meter großer VW Polo. Und dabei transportiert er seine Kompaktheit und das geringe Gewicht auf direktem Weg ins Fahrgefühl. Irgendwie geht alles etwas zackiger, leichtfüßiger und befreiter. Tatsächlich bringt der Swift ohne Fahrer nichtmal eine Tonne auf die Waage. Dementsprechend zackig setzt der Kleinwagen die Befehle der harmonischen, aber nicht übermäßig direkten Lenkung in Richtungswechsel um.

Unsere Highlights
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Das geringe Gewicht macht den Swift angenehm agil und direkt.

Seitenneigung? Gering. Dieses leicht wuselige Fahrgefühl verliert auch auf kurzen Geraden nichts von seinem Charme, da der neu entwickelte, sehr langhubige (74 x 92,8-mm-Bohrung mal Hub) Dreizylinder-Saugbenziner mit 12V-Mildhybridsystem in Form eines integrierten Riemenstartergenerators seine 82 PS und 112 Newtonmeter gleichmäßig und willig auf die Vorderräder loslässt. Die Rekuperation und der elektrische Boost fallen jedoch äußerst mild aus. Auch hier sorgt das niedrige Gewicht dafür, dass die auf dem Papier geringe Leistung zu einer subjektiv durchaus lebendigen Kraftentfaltung führt. Dazu brummt der Dreizylinder fröhlich ohne Störfrequenzen und spürbare Vibrationen in den Innenraum, bevor man den kleinen Hebel auf kurzem Weg in die nächste Gasse ploppen lässt. Maximal sind 165 km/h drin. Okay, ein wenig vermisst man schon die druckvollen Turbobenziner des Vorgängers, denn mit ihnen surfte der vorige Swift auf der Drehmomentwelle wie ein Stück Balsaholz.

Fährt man den Swift zu sehr im Stile eines Sportkompakten limitieren seine rollwiderstandsoptimierten Yokohamas den Kurvenspaß. Dann schiebt er brav über die Vorderräder, auch Lastwechsel bringen das Heck nicht aus der Balance, jedoch auch nicht zum produktiven Mitlenken. Im Gegenzug dazu, muss man jedoch mit deutlichen Abstrichen beim Komfort leben. Auf kurzen Unebenheiten in der Stadt bockt und buckelt der Swift selbst für einen Kleinwagen in ungebührlicher Härte. Das simpel gestrickte Fahrwerk mit MacPherson-Vorderachse und Verbundlenker-Hinterachse bringt den Geradeauslauf bei stärkeren Unebenheiten auch immer wieder ganz leicht aus dem Tritt. Man muss stets ein wenig korrigieren. Alles ein bisschen wie früher eben.

Nervige Piepshow der Assistenz

Aus den schwarzweißen Gedanken reißt dich dann aber lautes Gepiepse. Auch der Swift muss sich den aktuellen Regularien beugen und bringt eine reichhaltige Auswahl an Assistenzsystemen mit. Viele davon gab es vorher bereits optional, wie den Adaptivtempomaten, den Totwinkelwarner oder die Verkehrszeichenerkennung. Letztere ist nun an den vielzitierten Tempolimitwarner gekoppelt, der auch beim Swift aufgrund der fehleranfälligen Verkehrszeichenerkennung oft falsch auslöst. Dazu wählt Suzuki einen sehr penetranten Piepton für die Warnung und noch schlimmer: Das System lässt sich nur im Stand über einen komplexen Ritt durch das Menü des Tachodisplays deaktivieren. Im Detail: Im Stand die Info-Taste am Lenkrad gedrückt halten und sich dann mit dem Bedienstab, der aus dem Tacho herausragt, sich durch die Abkürzungen klicken. TSR steht für "Traffic Sign Recognition". Bestätigen, dann die "Excess Speed Warning Method" deaktivieren oder auf "Visual Only" setzen. In dem Zuge am besten noch den "Speed Limit Change Buzz" deaktivieren, sonst folgt bei jedem erkannten Tempolimitschild ein weiterer Warnton.

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Komplexe Deaktivierung des Tempolimitwarners: Info-Taste am Lenkrad gedrückt halten, dann öffnet sich im Tachodisplay das Menü. „TSR“ mit dem Bedienstab aus dem Tacho auswählen, bestätigen, Warnmethode auswählen, deaktivieren oder auf „Visual only“ stellen.

Auch der Spurhalteassitent bekleckert sich auf der Landstraße nicht mit Ruhm und zupft ständig in der Lenkung herum, ihn kann man jedoch ganz einfach mit einer Taste links neben dem Lenkrad deaktivieren. Dabei verfügt der vollausgestattete Testwagen sogar noch über einen Blindschalter links daneben, den man ja für eine Deaktivierung des Speedlimitwarners hätte verwenden können. Der Notbremsassistent reagiert nun auch auf Querverkehr und der Adaptivtempomat kann nun in mehr Stufen Abstand halten und reagiert auf den Streckenverlauf, indem er vor Kurven situationsgerecht abbremst. Ein rein mechanisches Assistenzsystem ist dem Swift in neuer Generation erhalten geblieben: der Allradantrieb. Optional gegen 1.800 Euro Zuzahlung mit verlässlichem Schutz vor Traktionsverlust gibt es eine Antriebswelle nach hinten, die bei Bedarf über eine Viskokupplung Kraft an die Hinterräder überträgt. Kombinierbar ist der Allradantrieb nur mit dem 5-Gang-Getriebe, nicht jedoch mit der 1.600 Euro teuren CVT-Automatik. Alle Varianten dürfen 400 kg ungebremst und 1.000 kg gebremst ziehen, jedoch nur mickrige 296 kg zuladen.

Viel Raum auf wenig Verkehrsfläche

Innen überrascht das Platzangebot wie schon bei den Vorgängern. Trotz der kompakten Abmessungen finden große Personen nach einem leichten Einstieg durch ausreichend dimensionierte Türen eine gute Sitzposition auf den vorderen Stoffsitzen. Die Beinauflage ist sogar lang genug, der Einstellbereich von Lenkrad und Sitz so weitläufig, dass auch Größere passabel untergebracht werden können – nicht selbstverständlich in einem Kleinwagen. Die Sitze bieten passablen Seitenhalt, nur bei der Stützung des unteren Rückens darf man nicht viel erwarten, hier bietet der Sitz zu wenig Support. Eine Reihe weiter hinten die nächste Überraschung: auch hier finden Erwachsene ausreichend Platz, sowohl an den Knien als auch am Kopf. Der Kofferraum fasst mit 265 bis 980 Litern eine passable Menge Gepäck, das jedoch tief eingeladen werden muss, da die innere Ladekante sehr hoch liegt. Ein wirkliches Unterflurfach gibt es unter dem labberigen Ladeboden nicht. Bei umgeklappter Rückbank stört zudem die große Stufe im Laderaum. Qualitativ darf man nicht gerade Premium-Anmutung erwarten. Der Lack ist orangenhäutig, die leichten, dünnblechigen Türen müssen mit Nachdruck geschlossen werden und liefen bei verschiedenen Testwagen mal leichter und mal schwerer in ihren Scharnieren. Zudem wirkt die aufgesetzt wirkende Motorhaube mit wanderndem Spaltmaß nicht sauber montiert. Innen dominiert Hartplastik, dank des Schwarz-Weiß-Kontrasts wirkt die Anmutung jedoch nicht allzu trist. Der Sitzstoff ist von einfacher Machart, die Passungen gehen in Ordnung.

Update für das antike Infotainment

Dafür kehrte Suzuki im Inneren die Vergangenheit heraus. Das antike Infotainment bekam einen Nachfolger mit gewachsenem 9-Zoll-Monitor, das nun Navigation sowie Apple Carplay und Android Auto kabellos wie kabelgebunden serienmäßig bietet. In Sachen Auflösung und Darstellung ist auch das neue System keine Offenbarung, die Mobil-Kopplung funktioniert aber problemlos. Serienmäßig muss die Klimaanlage manuell bedient werden, die Toplinie Comfort+ bietet eine Klimaautomatik.

Aus den getunnelten Analoganzeigen des Vorgängers wurde ein etwas dubios anmutendes Tachoensemble mit weiterhin analogen Instrumenten mit kleinem TFT-Display in der Mitte – dem gleichen wie beim Vorgänger, was sich an der mäßigen Auflösung bemerkbar macht. Und während der Drehzahlmesser über eine silberne Umrandung verfügt, tanzt die Temponadel in ihrem Rund ohne Silberrock – muss man nicht verstehen. Die Bedienung fällt dank vieler Tasten und dem einfach aufgebauten, relativ funktionsarmen Infotainment simpel aus, es sei denn es geht in das bereits erwähnte Fahrassistenzmenü im Tachodisplay. Das Ensemble aus Abkürzungen erschließt sich selbst Experten nur schwer. Eine neue Kamera im Armaturenbrett beobachtet den Fahrer und aktiviert bei Ablenkung einen Warnton, das geschieht aber erst nach langem Blick auf den Screen und nervt nicht.

Ordentlich ausgestattet für 18.900 Euro

Ebenfalls positiv: Die Preiserhöhung zum Vorgänger fällt mit 760 Euro moderat aus. Mit 18.900 Euro Basispreis liegt der Swift rund 2.600 Euro unterhalb eines VW Polo, 1.400 Euro unter dem Opel Corsa, 290 Euro unter einem Skoda Fabia, aber auch 7.600 Euro über einem Basis-Dacia-Sandero. Dafür bringt der Swift bereits Navigation, Apple Carplay, Android Auto, LED-Scheinwerfer, Abstandstempomat, Einparkhilfe und Rückfahrkamera mit. Das wohl beste Angebot kommt aus der Mitte, mit der Linie Comfort: für 20.400 Euro gibt es den Zugang zu den Zweifarblacken, 16-Zoll-Alufelgen statt Stahlrädern, feinere Polster, Sitzheizung, die für große Fahrer wichtige Sitzhöhenverstellung, sechs statt nur zwei Lautsprecher und mehr USB-Buchsen. Comfort+ bringt dann noch eine Klimaautomatik, die auf den Bildern zu sehenden glanzgedrehten 16-Zöller, Alu-Applikationen im Innenraum sowie elektrische anklappbare, beheizbare Außenspiegel für 21.100 Euro mit. Die CVT und Allradoptionen sind nur mit den beiden Comfort-Linien kombinierbar. Insgesamt bietet der Swift so viel Ausstattung fürs Geld und spart zudem noch an der Tankstelle. Suzuki gibt 4,4 Liter für die Fronttriebler, 4,7 für die Variante mit CVT und 4,9 für die Allradversion nach WLTP an. Tatsächlich waren auf der Probefahrt trotz gelegentlich sportlicher Fahrweise unter fünf Liter kein Problem. Auf der Autobahn dürfte dies aufgrund des dann hohen Drehzahlniveaus des Dreizylinders durch die recht kurze Übersetzung anders aussehen.

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Fazit

Der Suzuki Swift ist der Kleinwagen für alle, denen moderne Kleinwagen zu wenig kleinwagig sind. Er ist preiswert, leicht, kompakt, hat ein ordentliches Platzangebot, bietet ein durchaus unterhaltsames Fahrerlebnis aber nicht sehr viel Komfort. Da schmerzt es umso mehr, dass die nervige, nur sehr umständlich zu deaktivierende Tempolimitassistenz so sehr beim Fahren stört. Die Wunschliste ist also klar: Direktwahltaste zum Abschalten und eine Neuauflage des Swift Sport.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024

Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten