Ferrari Portofino M (2021)
Feinschliff fürs Achtzylinder-Cabrio

Nach nur drei Jahren erhält der Ferrari Portofino eine umfassende Modellpflege, mit kräftigerem Motor, neuem Getriebe, einer Reihe von Assistenz- und Komfortsystemen und einem M im Namen.

Ferrari Portofino
Foto: Wolfgang Groeger-Meier

Vielleicht beginnen wir gleich mit einer guten Nachricht: Viel besser als mit dem Portofino wird es vermutlich nicht mehr werden. Wirklich schneller sowieso nicht. 620 PS hat der offene 2+2-Sitzer nun, damit wahrt er einen Respektabstand zu den Zwölfzylinder- und Hybrid-Boliden der Marke und hat exakt gleich viele wie das Schwestermodell Roma. Kein einziges davon ist übrigens zu viel oder zu wenig, das fällt bereits nach wenigen Kilometern im neuen Portofino auf.

Unsere Highlights

Dabei hat der Tag gar nicht mal so gut begonnen. Auf den ersten Kilometern der Fahrt taumeln einzelne Schneeflöckchen in den geöffneten Ferrari, coronabedingt befinden wir uns nicht in Italien, sondern in Oberbayern. Starnberger See statt Golf von Genua, Starnberg statt Portofino, womit diesmal das Örtchen mit dem malerischen Hafen gemeint ist, und nicht das Auto. Die Offenlegungs-Zeremonie dauert rund 20 Sekunden und der Ferrari darf dabei sogar fahren.

Sitzklima-Menü im Zentraldisplay

Die Außentemperaturanzeige verharrt also bei einer einstelligen Zahl. So hatten wir uns das nicht gedacht, als es kürzlich hieß: Kannst du am Samstag einen Portofino M ausfassen und eine nette Geschichte mitbringen? Zum Glück zählen die Sitze zu den vielen modifizierten Ausstattungsdetails. Sie verfügen über Nackenföhn, Heizung und Lüftung. Ein Tapser auf einen kleinen Knopf neben der Sitzverstellung, schon öffnet sich das Sitzklima-Menü im Zentraldisplay, Heizung und Föhn auf Stufe drei, zack. Überhaupt die Sitze: In vielen Ferraris bis vor gar nicht allzu langer Zeit wirkten sie eher wie Behelfsmöbel, die jemand ins noble Interieur gestellt hat und die zur Aufnahme durchschnittlich gewachsener Mitteleuropäer nur bedingt taugten.

Ferrari Portofino
Wolfgang Groeger-Meier
Das Cockpit des neuen Ferrari Portofino.

Diese hier im Portofino sind nicht nur angenehm klimatisiert, sie bieten sogar ausreichend Platz, eine ausziehbare Oberschenkelauflage und ordentliche Abstützung um die Schultern. Na bitte, geht doch! Der nächste Schritt: die vier Seitenscheiben hochfahren, schon windet es deutlich weniger im Portofino. Dafür ist ab jetzt der Motor zuständig, sowas bräuchte eigentlich gar nicht extra erwähnt werden. Was sollte schon nicht passen, bei 620 PS, 760 Nm und rund 1.700 kg Fahrzeuggewicht? Tatsächlich kann da jede Menge schiefgehen, und wie ausbalanciert, dosierbar und feinfühlig dieser Ferrari zu fahren ist, verrät womöglich mehr über die wahre Kunst des Autobauens als der Gewinn von noch so vielen Formel 1-Weltmeisterschaften.

3,9 Liter großer V8

Ja, der Achtzylinder hängt gut und sauber am Gas. Nochmal ja, eine Turboverzögerung ist so gut wie nicht spürbar. Der 3,9-Liter-V8 aus der Motorenfamilie F154 setzt jeden Zehntelmillimeter Pedalweg in Beschleunigung um. Dabei hat der Fahrer die Wahl: Brachial vorwärtsstürmend oder sanft, aber dennoch vehement davonschleichend. Für alle, die es wirklich wissen wollen, gibt es einen Launch-Knopf. So könnte man den Portofino in weniger als dreieinhalb Sekunden auf 100 oder in knapp zehn Sekunden auf 200 km/h ballern lassen. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei knapp unter 320 km/h, dank des achten Ganges bei verträglichem Drehzahlniveau. Doch wozu? Viel mehr Spaß macht es, das seismographische Feedback und die ebenso fein modulierbare Soundkulisse dieses Antriebs zu bespielen.

Ferrari Portofino
Wolfgang Groeger-Meier
Der 3,9 Liter große V8 mit 620 PS.

Es ist ja gar nicht mehr so einfach, heute einen überzeugenden Verbrennungsmotor zu bauen. Dieser hier bekam etwa einen Benzin-Partikelfilter verpasst. Das führt üblicherweise zu erhöhtem Gegendruck im Auspufftrakt, und damit zu Leistungsverlusten. Geht gar nicht bei einem Ferrari. Also werden diverse Maßnahmen ergriffen, um den Verlust von rund 20 PS auszugleichen. Eine klassische: Diese F154-Version hat nun leichtere Ventile, daher können Nockenwellen mit steilerem Profil und leicht höherem Ventilhub verwendet werden.

Drehzahlsensoren in den beiden Turbos

Eine weniger klassische: Die beiden Turbos verfügen über Drehzahlsensoren. So weiß die Motorsteuerung wie schnell die Lader rotieren, kann die Drehzahlen auf beiden Seiten angleichen und die Limits der Aufladung besser ausschöpfen. Und falls Sie sich fragen, wie die Drehzahl der mit über 100.000/min rotierenden Turbinchen gemessen wird: Ein induktiver Sensor zählt die vorbeifliegenden Turbinenschaufeln. All das macht übrigens in der Summe so um die 40 PS aus. Ob man das beim Fahren merkt? Eher nicht, doch es tut gut zu wissen, dass man sich bei Ferrari richtig Mühe gibt fürs viele Geld.

Ferrari Portofino
Wolfgang Groeger-Meier
Nein, das ist kein Spoiler. Hier klappt sich das Verdeck innerhalb von 20 Sekunden auf.

Viel spürbarer scheint dagegen, wie sanft und unauffällig das Doppelkupplungsgetriebe im Normalfall agieren kann. Es hoppelt und ruckelt nicht, wenn der Portofino durch den Samstagsvormittags-Einkaufsverkehr in Starnberg roll. Und es kann ganz anders, wenn der Fahrer es will. Also jetzt. Die Schneeflocken haben sich verflüchtigt, das Grip-Level auf den Landstraßen bleibt dennoch zweifelhaft, Manettino auf "Wet". Das setzt die Regelschwellen der Assistenzsysteme etwas herab.

Fünf Manettino-Modi

Vorsicht ist dennoch angesagt, wenn der Portofino aus dem Kreisverkehr donnert. Kurzes Aufblitzen der Traktionskontrolle, die erste LED-Reihe am oberen Lenkradkranz beginnt zu blinzeln, dritter Gang, weiter. Eigentlich könnte man das Getriebe nun selbsttätig durch die acht Gänge doppelkuppeln und schalten lassen, und bei geschätzt 95 Prozent aller Autos mit Schaltwippen ausgerüsteten Autos ist es auch so: Du spielst zwischendurch ein wenig herum, überlässt aber die Schaltarbeit jedoch meist den automatischen Systemen. Nicht so bei einem Ferrari, auch nicht bei diesem. Das Betätigen der lenksäulenfest montierten Paddel macht so viel Spaß, dass man nur ungern im Alltag darauf verzichten mag.

Ferrari Portofino
Wolfgang Groeger-Meier
Hier kann der Pilot die Fahrmodi auswählen.

Schnell, ansatzlos, spielerisch wirkt der Portofino hinterm Lenkrad. Bis zu "Race" werden die Manettino-Modi durchprobiert. Fünf davon gibt es nun insgesamt: Wet, Comfort, Sport, Race und ESC off. Der Race-Modus führt zu etwas mehr Radau bei Hochdrehen und Schalten sowie zu merklichem Straffen der Adaptivdämpfer, auf Stufe vier von fünf möglichen, falls Sie es genau wissen wollen.

Alles auf Race

Wenn du das nicht magst, reicht ein Druck auf die Taste mit dem Stoßdämpfersymbol am Lenkrad, danach wird verbindlicher gedämpft. Bei Ferrari heißt sie Schumacher-Knopf. Weil der Maestro bei der Abstimmung der ersten Serienmodelle mit Adaptivdämpfern dabei war und diese Einstellung angeblich besonders mochte: alles auf Race, Dämpfer auf sanft. Nun sind wir schon fast am Ende, dabei gibt es noch viel zu erzählen über diesen Ferrari. Wie gut ansprechend das Fahrwerk den Portofino selbst über oberbayerische Dorfsträßchen rollen lässt. Oder wie einfach und intuitiv sich die Bedienung zeigt, vor allem auch im Gegensatz zum Roma, in dem kapazitative Tasten und mancherlei Verspieltheit eher ablenkend als helfend wirken.

Ferrari Portofino
Wolfgang Groeger-Meier
In weniger als dreieinhalb Sekunden sprintet der Ferrari Portofino bis Tempo 100.

Nicht so im Portofino. Das zeigt sich beim Lenkrad, das wirklich nur die Bedienelemente enthält, die man dort haben will. Das einzige entbehrliche Knöpfchen dort ist jenes für die Sprachbedienung. Und es zeigt sich in der ablenkungsarmen Handhabung des Dreh/Drückstellers. Solch ein Auto wie dieser Ferrari kann nur einer Firma gelingen, die seit 1947 nichts anderes macht, als hochklassige Renn- und Sportwagen zu bauen. Da beginnst du nach der Fahrt schon zu überlegen: Das Reihenhäuschen verkaufen, das wäre ein Anfang.

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Fazit

Mit vielen kleinen und einigen großen Änderungen hat Ferrari dem Roma mächtig auf die Sprünge geholfen. Der offene Sportwagen wurde alltagstauglicher und fahrbarer, ohne dabei an Faszination zu verlieren. Sowas können sie einfach gut bei Ferrari.

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