Ford Transit / Tourneo Custom im Fahrbericht
So fährt der neue Ford-Van (und die Bulli-Basis)

Der neue Ford Transit Custom will die Grenze zum Pkw verwischen. Ob das gelingt, haben wir auf einer ersten Testfahrt ausprobiert.

Mit dem Transit Custom hat Ford einen Dauerbrenner im Programm, der nun in die nächste Runde geht. Auf der Nutzfahrzeug-IAA in Hannover hatte der Autobauer die neue Generation des mittelgroßen Kastenwagens im September 2022 vorgestellt. Im Oktober 2023, ein gutes Jahr später, konnten wir erstmals mit dem Transit Custom (Nutzfahrzeug-Variante) und dem Tourneo Custom (Großraum-Van) fahren. Die neue Generation basiert auf einer komplett neuen Plattform. Und diese wird auch die Basis für den kommenden VW T7-Transporter sein, was unserer ersten Testfahrt einen zusätzlichen Reiz verschafft.

Unsere Highlights

Die neue Plattform ermöglicht eine niedrigere Ladebodenhöhe und wird bei Ford mit den Karosserieformen Kastenwagen und Kombi angeboten. Der Kastenwagen ist mit einer oder zwei Sitzreihen (Einzel- oder Doppelkabine) verfügbar, hinter den jeweiligen Sitzen ist der abgetrennte und verblechte Laderaum. Der Kombi ist als Personentransporter komplett verglast. Neu ist eine Variante mit L-förmiger Anordnung der Trennwand mit zwei statt drei Rücksitzen, wodurch eine einseitige Durchlademöglichkeit auf der kompletten Ladelänge möglich ist.

Ford Transit Custom Modelljahr 2023 Premiere IAA Hannover
Ford
Praktisch: Fünfsitzer mit starrer Durchlade dank neuem Laderaum-Konzept.

Die Optik des neuen Ford Transit Custom setzt auf das bewährte und sehr charakteristische Design mit der leicht spitz zulaufenden Front, bringt aber neue Designmerkmale ins Spiel, allen voran die niedrigeren Scheinwerfereinheiten, die je nach Variante von einer LED-Leuchtleiste oberhalb des Kühlergrills verbunden werden. Am Heck sorgen die individuell gestalteten Hochkantleuchten und die strukturiert ausgeführten Türen dafür, dass der Transit Custom von hinten trotz der großen Flächen nicht plump wirkt, der Vorgänger war hier mit seiner glatten Fläche noch etwas einfacher gestaltet.

Auch wieder als Plug-in-Hybrid

Außer dem E-Transit Custom, den wir bereits ausführlich vorgestellt haben (siehe unten), gibt es künftig neben den Dieselmodellen auch wieder einen Plug-in-Hybrid. Dabei hat Ford nach dem Vorgänger, der mit seinem unkonventionellen Seriell-Hybrid-Aufbau nicht zur Gänze überzeugen konnte, nun auf bewährte Konzerntechnik zurückgegriffen. Zum Einsatz kommt der aus dem Ford Kuga PHEV bekannte Antriebsstrang mit der Kombination eines 2,5-Liter-Vierzylinders und eines Elektromotors, als Traktionsbatterie ist ein Lithiumionen-Akku mit 11,8 kWh Kapazität installiert. Die rein elektrische Reichweite wird für den Ford Transit Custom PHEV mit 56 Kilometer angegeben. Die Systemleistung für den PHEV gibt Ford mit 232 PS an.

Vier Dieselmotoren und Allradantrieb

Für Kunden, die weiterhin auf Dieseltechnik setzen, gibt es vier verschiedene Varianten des aktuellen Eco-Blue-Diesels mit zwei Liter Hubraum. Diesen gibt es in den Leistungsstufen 110, 136, 150 und 170 PS. Neben dem Standardgetriebe, eine Handschalt-Box mit sechs Gängen, ist künftig optional auch eine Achtgang-Automatik verfügbar. Wahlweise erhältlich ist außerdem ein Sperrdifferenzial. Ebenfalls neu und neben der Anwendung im Baustellenbetrieb oder in Bergregionen auch für Freizeit-Anwendungen hochinteressant: Ford wird den neuen Transit Custom Diesel erstmals auch mit Allradantrieb anbieten.

Ford Transit Custom L1 Dieselmotoren

Ford Transit Custom L1 Dieselmotoren

Leistung

110 PS

136 PS

150 PS

170 PS

Drehmoment

310 Nm

360 Nm

360 Nm

390 Nm

Normverbrauch l/100 km

6,8-10,3

6,8-11,1

6,9-10,3

7,4-11,1

Erste Fahreindrücke mit dem Transit Custom (11.10.2023)

Für den ersten Fahreindruck mit dem neuen Modell stand ein Transit Custom mit kurzem Radstand und dem 150 PS-Dieselmotor zur Verfügung. Die Automatik gibt es nur für die Dieselvarianten mit 136 und 170 PS, unser Proband war entsprechend mit dem Sechsgang Handschaltgetriebe ausgerüstet.

Schon der Einstieg bringt einen ersten Aha-Effekt gegenüber der Vorgänger-Generation. Die Trittstufe liegt durch die neue Plattform tiefer als zuvor, der Zustieg ist bequemer. Das werden besonders Kurierfahrer schätzen, die sehr oft ein- und aussteigen müssen. Das unten abgeflachte Lenkrad ist den Beinen nicht im Weg, so flutscht man geradezu auf den Fahrersitz. Der zeigt sich allerdings etwas unnachgiebig, drückt im Schulterbereich spürbar.

Ford Transit / Tourneo Custom Fahrbericht 2023
Ford

Ausstattungsumfang wie im Pkw, allerdings mit robustem Materialumfeld. Auffällig ist das unkonventionell geformte Lenkrad.

In Sachen Bedienung hat Ford den Transit Custom stark modernisiert und fährt dabei Technik wie im Pkw auf, mit volldigitalen Instrumenten und großem Zentraldisplay. Das wirkt schick, ist jedoch im Detail nicht restlos praktisch, zum Beispiel bei der Lüftungssteuerung. Die geschieht über das Display und lenkt beim Fahren durch die kleinteilige Bedienung zu stark ab. Immerhin gibt es aber noch einen echten mechanischen Drehregler für die Sound-Lautstärke.

Bedienung nicht ohne Schwächen

Die Schaltarbeit fällt leichtgängig aus, die Gänge lassen sich treffsicher sortieren. In bestimmten Beschleunigungssituationen fällt jedoch auf, dass die Motorleistung nach dem Schalten erst mit leichter Verzögerung wieder freigegeben wird. Generell läuft der 150-PS-Diesel recht kommod und mit ausreichendem Nachdruck, ein richtiger Stier ist die Zweiliter-Maschine in diesem Umfeld jedoch nicht. Auf der Autobahn lässt sich mit Anlauf die Tachoanzeige jenseits der 170-km/h-Marke aufplustern, ein Überholmanöver auf der Landstraße sollte dagegen sorgfältig kalkuliert werden.

Ford Transit / Tourneo Custom Fahrbericht 2023
Torsten Seibt

Im Nutzfahrzeug immer noch die meistverkaufte Technik: Beim Transit Custom stehen vier Leistungsstufen für den Dieselmotor zur Verfügung.

Dabei läuft der Vierzylinder verhältnismäßig ruhig und ohne störende Vibrationen im Hintergrund, wie auch die Geräuschdämmung generell gut gelungen ist. Der Transit Custom ist im Innenraum ein leiser Wagen, selbst die bei solchen großen Kastenwagen üblichen Windgeräusche halten sich in Grenzen. Das Fahrwerk wurde an der Hinterachse auf Einzelradaufhängung mit Schraubenfedern umgestellt, entsprechend gestiegen ist der Fahrkomfort, der sich weg vom Nutzfahrzeug in Richtung Pkw bewegt hat. Kleine Knuffer spart die Hinterachse auf schlechter Fahrbahn allerdings nicht aus.

Sehr übersichtlich

Gut gelungen ist die Übersicht aus der Kabine mit den großen Fensterflächen, das schafft ein sicheres Gefühl. Verstärkt wird das noch durch die serienmäßigen Weitwinkel-Außenspiegel, die unterhalb der Haupt-Seitenspiegel integriert sind. Beim Rangieren des hinten verblechten Kastenwagen bringt die Rückfahrkamera mit Draufsicht-Darstellung und dynamischer Linienführung weitere Sicherheit.

Während die Schaltarbeit leicht von der Hand geht, verlangt die Lenkung ein festeres Zupacken. Die Lenkkräfte sind hoch, die Lenkung selbst fühlt sich recht synthetisch und ohne übermäßige Rückmeldung an – aber wir sitzen hier auch nicht in einem Sportwagen. Dafür ist die Lenkübersetzung ziemlich direkt, was das flotte Befahren kurviger Landstraßen fast schon vergnüglich und ohne große Kurbelei gestaltet. Hier ist der neue Transit Connect ebenfalls deutlich in Richtung Pkw gewandert.

Im Video: Das Klapplenkrad

Die komplett neue Plattform erlaubt außerdem einige nette Gimmicks, die den neuen Transit Custom nochmals nützlicher machen. Das spannendste Detail ist sicher das klappbare Lenkrad (siehe Video oben), das sich in eine schräge "Laptop-Position" und in eine waagerechte Einstellung als Arbeits- und Esstisch schwenken lässt. Dabei wird der Lenkradkranz auf der Lenksäule geschwenkt, die in ihrer Position bleibt. Vor allem für Ausbau-Hersteller interessant: Ford schafft mit dem neuen Transit Custom eine integrierte Schnittstelle für Zusatzeinbauten ("Ford Pro Upfit"). So lassen sich branchenspezifische Zusatzausstattungen von Beleuchtungen bis hin zu Maschineneinbauten über das Fahrzeuginterface ansteuern und so auch in die Bedienung über das Multimedia-System einbinden. Für den Plug-in-Hybrid lässt sich zudem wie für den E-Transit Custom das "ProPower Onboard"-System bestellen. Damit stellt die Traktionsbatterie über eine entsprechende Steckdose Wechselstrom für Maschinen und Werkzeuge bis zu 2,3 kW Leistung bereit.

Ford Transit / Tourneo Custom Fahrbericht 2023
Ford

Als erstes kommen die Diesel-Fronttriebler zu den Kunden.

Die Markteinführung geschieht gestaffelt. Den Anfang machen noch in diesem Jahr die Fronttriebler mit Dieselmotor, als nächstes (ab Frühjahr 2024) folgen die Allradversionen und der Plug-in-Hybrid. Die letzte Charge stellt der E-Transit Custom (und das Pkw-Derivat E-Tourneo Custom) dar. Der kann zwar zum Jahresende 2023 bestellt werden, die Auslieferung beginnt aber frühestens im Sommer 2024.

Ford Transit Custom 2024 – die Preise

Dementsprechend stehen aktuell nur die Preise für die Dieselvarianten mit Vorderradantrieb zur Verfügung. Los geht es bei 42.305 Euro für den verblechten Kastenwagen in Basisausstattung mit 110 PS, das Ende der Preisliste erreicht man mit dem verglasten Transit Custom Kombi mit 170 PS in der Limited-Ausstattung für 61.285 Euro. Die später folgenden Allrad-Varianten und speziell der vollelektrische E-Transit Custom werden den Preislevel weiter liften.

Speziell für Privatkunden mit hohem Innenstadt- und geringem Langstreckenanteil könnte der Plug-in-Hybrid preislich interessant sein, der sich mit seinen 233 PS jeweils um 2.261 Euro unterhalb des stärksten Diesel mit Automatik einsortiert. Los geht es hier bei 53.074 Euro (Lkw in Ausstattung Trend), der Pkw Kombi PHEV kostet, ebenfalls in der Trend-Ausstattung, ab 56.822 Euro.

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Fazit

Mit dem neuen Transit Custom hat Ford die Messlatte für den Wettbewerb höhergelegt. Nicht nur mit dem vollelektrischen E-Transit Custom, der in seinem Segment mit der höchsten Leistung und der größten Reichweite punktet. Auch die optische Neugestaltung, die dem plumpen Kastenwagendesign den Kampf ansagt, ist gelungen. Selbstzünder-Fans bekommen weiterhin durchzugs- und reichweitenstarke Dieselmotoren angeboten. Dass es den Transit Custom künftig auch mit Allradantrieb und Achtgang-Automatik gibt, dürfte außerdem die Campervan-Gemeinde hellhörig machen.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024

Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten